Alfred de Quervain (1896–1968)

Alfred de Quervain (1896–1968) war ein Schweizer Theologe mit reformiertem Bekenntnis. Nach seinem Theologie- und Philosophiestudium wurde er Pfarrer in mehreren Kirchengemeinden, unter anderem auch in der Niederländisch-reformierten Kirche von Elberfeld, der Gemeinde, in der Mitte des 19. Jahrhunderts Kohlbrügge wirkte.

Während des Kirchenkampfes stand Quervain klar auf der Seite der Bekennenden Kirche. 1944 wurde er als ausserordentlicher Professor für Ethik an die Universität Bern berufen. Ab 1948 lehrte er dort als ordentlicher Professor Ethik, Soziologie, praktische Exegese sowie französische Theologie.

Das Kirchenlexikon sagt über Quervains Ethik:

Als Ethiker lehnte er mit Karl Barth und anderen gesinnungsethische Entwürfe ab, weil diese unmöglich mit der Botschaft von der in Christus Wirklichkeit gewordenen Gnade zu vereinbaren sei. Ebenfalls der dialekt. Theologie verpflichtet ist seine Betonung der Humanität des Menschen als freie Setzung Gottes im Schöpfer- und Gnadenakt, durch die die menschliche Welt der Sittlichkeit radikal in Frage gestellt werde. Deshalb kann de Q. nicht von einem christlichen Humanismus reden, sondern nur von der Liebe Gottes zum Menschen. – Die wesentlichen Schwerpunke seiner wissenschaftlichen Arbeit sind die politische Ethik und Grundsatzreflexionen über das menschliche Handeln angesichts des Willens Gottes.

Jan Rohl schreibt über Quervain in seiner Geschichte der Ethik (Tübingen: Mohr Siebeck, 1999, S. 687):

Ganz auf dem Boden ihrer christologischen Begründung bei Barth bewegt sich die Ethik Alfred Quervains, die grundsätzlich die Heiligung zum Gegenstand hat. Die Heiligung bestimmt de Quervain dabei als den Stand der in Christus von Gott Erwählten, die ihren Wandel als Glieder des Volkes Gottes im Dank für diese Gnade führen. Unser Tun ist also nur Dank für den Glauben und Gehorsam Christi, durch die er über die Welt gesiegt und sie geheiligt hat. Die Königsherrschaft Christi erstreckt sich daher über die ganze Welt. Wie nun die alttestamentlichen Gebote bereits Zeugnisse der Gnade Gottes sind, so ist auch Mose für de Quervain nicht der Überbringer eines vom Evangelium getrennten Gesetzes, sondern Verkündiger der Königsherrschaft Christi. Die Kirche hat dann die Aufgabe, der Welt als Zeichen dafür zu dienen, daß diese nicht dem Fürsten dieser Welt, sondern Christus als ihrem König unterstellt ist. Daher muß umgekehrt auch der Staat die Kirche als freie Kirche anerkennen. De Quervain entwickelt seine theologische Ethik so als schriftgebundene Ethik, für die das Tun des Guten ausschließlich das Tun des gnädigen Willens Gottes ist.

Bei Quervain fand ich das Kohlbrügge-Zitat, dass vor einigen Tage einen regen Austausch auslöste (siehe hier). Die nächsten Blog-Beiträge werden einige Zitate aus der Ethik von de Quervain enthalten. Ihr Thema ist »Das Freisein von der Herrschaft der Sünde«. Trotz aller kritischen Einflüsse bei de Quervain beeindruckt der Tiefgang, mit dem er das Thema Heiligung behandelt.

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