Säkularisierung: „Katholikenphobie“

Bei Günther Jauch wurde gestern Abend wieder einmal über die Kirche diskutiert. Ausgerechnet Oscar Lafontaine beklagte dabei den rasanten gesellschaftlichen Werteverfall. Deutlich wurde vor allem eins: Kirche ist in Ordnung, solange sie sich den Erwartungen der Gläubigen und Ungläubigen beugt. Kurz: Wenn ich glauben und machen kann, was ich für richtig halte, ist alles „ok“.

Falls jemand es noch nicht gemerkt haben sollte: Deutschland ist ein nachchristliches Land.

Die von Kardinal Meisner beklagte „Katholikenphobie“ – oder gar die aus Rom diagnostizierte „Pogromstimmung“ – ist lediglich der Ausdruck für die Selbstüberschätzung des katholischen Klerus bezüglich seiner eigenen Bedeutung. Im Grunde nimmt man ihn nur noch ernst, weil er halt noch da ist, und nicht wegen seiner Überzeugungen. Selbst die überzeugten Katholiken machten das bei Jauch deutlich. Bekanntlich waren Konfessionslose, Atheisten oder Muslime nicht eingeladen. Es bliebe damit noch Matthias Matussek als Vertreter der katholischen Postmoderne. Aber er ist wohl mehr ein Symptom der Krise des Katholizismus als ein Beitrag zur Wiedergewinnung verlorener Identität. So hat es sich gestern Abend durchaus gelohnt, ein Thema der vergangenen Sendung wieder aufzunehmen. In 2.000 Jahren Kirchengeschichte ist ein vergleichbarer Fall nicht bekannt. In Rom wird man das vielleicht sogar zur Kenntnis nehmen.

Hier die Frühkritik der FAZ: www.faz.net.

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Tim-Christian
11 Jahre zuvor

Es gibt halt längst zwei katholische Kirchen in Deutschland: eine deutsch-katholische, die den evangelischen Landeskirchen in Sachen Liberalismus in nichts nachsteht, die aus Millionen von ungläubigen Taufscheinchristen besteht und sich institutionell in ‚ZdK‘ und ‚WiSiKi‘ formiert; und eine zahlenmäßig wesentlich kleinere römisch-katholische, die hilfesuchend nach Rom blickt (‚Forum deutscher Katholiken‘) und die vom Papst geforderte Entweltlichung herbei sehnt. Man darf sich da nichts vormachen, das Verhältnis dürfte beinahe 99/1 sein. So gesehen leben wir tatsächlich in einem nachchristlichen Land – und leider vielfach auch in nachchristlichen Gemeinden. Gott sei Dank ist die deutsche Kirche im Weltmaßstab nur bedingt relevant.

Havalim
11 Jahre zuvor

Ich weiss nicht, ob es so etwas wie ein nachchristliches Land überhaupt geben kann. Gewiss, Menschen können vom Glauben abfallen. Religiöse Institutionen können an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren und diejenigen, die solchen Institutionen angehören, ängstigen sich verständlicherweise um ihr persönliches Ansehen in einer „unchristlichen“ Gesellschaft. Aber deshalb ist doch Gottes Heilsgeschichte mit uns Menschen nicht am Ende. Und wenn sie es wäre? Am Ende der göttlichen Heilsgeschichte steht das Reich Gottes. Das Ende von Raum und Zeit sollte für Christen Ziel aller Hoffnung und nicht Anlass zur Besorgnis sein.

Wirklicher Gottesglaube war immer schon eine Angelegenheit von Wenigen. Die privilegierte Stellung des Christentums in vergangenen Jahrhunderten beruhte in der Regel auf Machtausübung und Gewalt. Wir sollten uns als Christen darüber freuen, dass diese Zeiten vorüber sind.

ernst
11 Jahre zuvor

@ havalim: „Die privilegierte Stellung des Christentums in vergangenen Jahrhunderten beruhte in der Regel auf Machtausübung und Gewalt.“

In dieser Knappheit ist das leider eine völlig undifferenzierte Aussage oder mal plakativ gesagt: ziemlicher Nonsens!

Havalim
11 Jahre zuvor

@ernst,
Vielen Dank für die differenzierte Analyse meines Kommentars.

theonik
11 Jahre zuvor

eines dürfte /müsste doch allen Bloglesern und Blogleserinnen klar sein, wir leben in einem säkularisierten und damit sich in einem nachristlichen Land, davon sollte man die Situation der Großkirchen und die (innerkirchliche) Situation der römisch katholischen Kirche in der Diskussion doch trennen, ebenfalls ist auch klar dass die katholische Kirche als Institution um die Verfolgung der Christen (nicht der römisch katholischen Christen) in der ganzen Welt weiss, deshalb halte ich die „diagnostizierte“ Katholikenphobie oder Progromstimmung nicht für einen Ausdruck von Überheblichkeit sondern für eine präzise Beschreibung dessen, was medial (!) immer wieder geschieht. Wenn in den Medien über Glaube und Kirche oder Kirche als Arbeitgeber gesprochen wird, dann meint man mittlerweile völlig undifferenziert immer die römisch katholische Kirche, ebenfalls spricht man über die Kirchen in den Medien nicht bezogen auf ihren Glauben oder ihr sozial Caritatives Engagement sondern in der Regel über die Sexualmoral , für das erste fehlen die TV Formate und auch die Quoten und die Zielgruppe oder… Weiterlesen »

Havalim
11 Jahre zuvor

@theonik,
Bezüglich der erbärmlichen Diskursqualität gegenwärtiger Religionskritik, vor allem wenn es gegen die katholische Kirche geht, teile ich Ihre Meinung uneingeschränkt. Ich gestehe auch gerne zu, dass die Religionskritik hierzulande zum Teil diskriminierende, wenn nicht menschenverachtende Züge annimmt. Ich erwarte jedoch auch von denen, die sich gegen solche Diskriminierung zu Recht wehren, einen sorgfältigeren Umgang mit der Sprache. Der Begriff Pogrom beschreibt nicht diskriminierendes Verhalten oder herabwürdigende Rede. Beim Pogrom geht eine Mehrheit systematisch und gewaltsam gegen eine Minderheit vor. Es sterben Menschen und es brennen Häuser. Die Verwendung dieses Begriffes im vorliegenden Zusammenhang, legt den gleichen Mangel an Differenzierungsvermögen offen, den kirchliche Amtsträger bei ihren Kritikern beklagen. Außerdem beleidigt sie die Opfer tatsächlicher Pogrome. Beim Stammtisch der katholischen Landjugend von Hinterdingenskirchen mögen nach dem fünften Bier solche Vereinfachungen verzeihlich sein. Für Würdenträger einer christlichen Kirche oder Blogger, die auf intellektuelle Redlichkeit Wert legen, ist eine solche Wortwahl völlig inadäquat.

theonik
11 Jahre zuvor

@havalim: Danke für die Hinweise ich stimme zu… ich frage mich aber dennoch welcher Begriff gut wäre diese offensichtlich beobachtbaren, undifferenziert, agressiven und kirchenfeindlichen Vollzüge zu beschreiben, sicher ist Progrom schlägt dem Fass den Boden aus. Gruß

Roderich
11 Jahre zuvor

Ich denke „Propaganda“ (oder etwas milder:“Desinformation“) wäre der geeignete Ausdruck. Denn noch befinden wir uns in Westeuropa im Stadium der Desinformation.
Schirrmacher unterscheidet die drei Schritte 1.) Desinformation, 2.) Rechtliche Diskriminierung, 3.) Verfolgung, auch wenn die Uebergaenge fließend sind.

Havalim
11 Jahre zuvor

@theonik,
Da braucht es keine besonderen Begriffe. Schlechten Argumenten, kann man nur seine besseren Argumente entgegenstellen. Und wenn die Gesellschaft die nicht hören will, oder wenn man bessere Argumente nicht hat, dann muß man die Kritik eben aushalten. Kirche, die sich auf ihren eigentlichen Auftrag, nämlich die Verkündigung des Evangeliums beschränkt, hat es zu allen Zeiten schwer gehabt. Ansehen in der Mehrheitsgesellschaft hat Kirche immer nur dann, wenn sie sich von der Staatsmacht, ihrer Öffentlichkeitswirkung oder ökonomischer Sicherheit korrumpieren läßt.

Roderich
11 Jahre zuvor

Zwei gute Artikel dazu auf http://www.thomasschirrmacher.info (vom 7. und 10. Februar).

@Havalim,
Der Konzentration auf das Wesentliche (den Auftrag, das Evangelium zu verkündigen) widerspricht ja nicht die Suche nach geeigneten Begriffen, um die Vorstufe der Verfolgung zu beschreiben.

Tim-Christian
11 Jahre zuvor

@Havalim

Ich halte die Wahl des Begriffes Pogrom ebenfalls für suboptimal; der Fairness halber sollten wir aber darauf hinweisen, dass Erzbischof Müller lediglich vor einer aufkommenden Pogrom*stimmung* gewarnt hat.

Aber stimmt, die Unterscheidung von Thomas Schirrmacher, die Roderich ins Spiel bringt, ist wesentlich hilfreicher und weniger missverständlich.

Havalim
11 Jahre zuvor

@Roderich,
Evangelikale Christen mit „Salafisten“ zu vergleichen ist völlig daneben und als Wort zum Sonntag ein Skandal. In Deutschland jedoch eine Vorstufe zu Christen-Pogromen anzunehmen, grenzt an Paranoia. Verbale Religionskriege in Internet-Blogs können Christen nur verlieren. Denn je klarer sie im Meinungsstreit argumentativ obsiegen sollten, desto zielsicherer verfehlen sie das Evangelium. Mit einiger Irritation stelle ich auch fest, dass Christen, die nicht mit dem Mainstream dieses Blogs schwimmen, hier auch nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst werden.

Roderich
11 Jahre zuvor

@Havalim, In Deutschland jedoch eine Vorstufe zu Christen-Pogromen anzunehmen, grenzt an Paranoia. Ja, das stimmt – noch geht es uns gut. Eine unmittelbare „Verfolgung“ ist nicht in Sicht. Aber es darf erlaubt sein, auf die ersten Anzeichen aufmerksam zu machen. Ich empfehle dazu diesen Beitrag von Thomas Schirrmacher, in dem er die ganz gezielte Desinformation über bzw. Propaganda gegen Evangelikale durch die Autoren des Buches „Mission Gottesreich“ zu Recht kritisiert. So etwas hat z.T. Methode. „Wehret den Anfängen“ – das gilt sowohl für Antisemitismus wie auch für Christentumsphobie, und auch für unfaire Stimmungsmache gegen den friedlichen Teil der Muslime. http://www.dieevangelikalen.de/index.php?option=com_content&view=article&id=31:mission-gottesreich&catid=2:beitraege Verbale Religionskriege in Internet-Blogs können Christen nur verlieren. Ich würde da unterscheiden zwischen Sach-Argumentation (die hast Du ja oben auch gutgeheißen hast) und unpassender Polemik bzw. ad-hominem Angriffen. Denn je klarer sie im Meinungsstreit argumentativ obsiegen sollten, desto zielsicherer verfehlen sie das Evangelium. Es geht ja wohl mehr um die Form. Wenn man auf ruhige Weise – sachlich und mit… Weiterlesen »

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