Staatsanwaltschaft fordert im Malatya-Mord-Prozess drei Mal lebenslänglich

Am 24. Prozesstag forderte die Staatsanwaltschaft im Prozess um die Ermordung von Necati Aydin, Ugur Yüksel und Tilmann Geske drei Mal lebenslange Haft ohne Bewährung für jeden der fünf Angeklagten. Dies meldet der Informationsdienst Bonner Querschnitte am 9. April 2010 (siehe ausserdem hier).

Die drei Opfer, zwei türkische und ein deutscher Christ, waren am 18. April 2007 brutal von fünf jungen Männern in Malatya, einer südosttürkischen Stadt, ermordet worden. Wie der christliche Informationsdienst Compass Direct weiter mitteilt, würden sowohl die Richter als auch die Staatsanwälte sehr darauf drängen, den jetzt fast drei Jahre währenden Prozess zu Ende zu bringen.

Der Staatsanwalt, der das Ergenekon-Verfahren in Istanbul führt, habe einen Polizei-Bericht an das Gericht in Malatya geschickt, in dem die fünf Angeklagten mit einer größeren Operation des »tiefen Staates« in Verbindung gebracht werden. Seit Oktober 2008 wird gegen Dutzende Mitglieder von Ergenekon der Prozess geführt. Die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft stuft diese Organisation als terroristische Vereinigung ein. Ihr wird vorgeworfen, für viele politische Attentate verantwortlich zu sein, vor allem aber einen Putsch gegen die Regierung von Ministerpräsident Erdogan geplant zu haben. Unter den Angeklagten sind pensionierte hohe Militärs, Professoren, Journalisten, Rechtsanwälte und Politiker.

Der Richter in Malatya lehnte allerdings eine weitere Untersuchung möglicher Verbindungen zwischen den fünf Angeklagten und Ergenekon ab, obwohl es nach Ansicht der Vertreter der Nebenklage viele Indizien dafür gäbe. So seien die Morde von Malatya Teil einer Serie von Anschlägen gegen die christliche Minderheit, die alle auf das Konto dieser Vereinigung gingen. Dies gelte nicht nur für die Morde an dem katholischen Priester Andreas Santoro (Februar 2006, Trabzon) und dem armenischen Publizisten Hrant Dink (Januar 2007, Istanbul), sondern auch für die Entführung eines syrisch-orthodoxen Priesters, eine schwere Messerattacke gegen einen Priester in Izmir, schwere Bedrohungen gegen einen protestantischen Pastor in Samsun – alles Vorfälle der letzten Jahre. Sollte der Istanbuler Staatsanwalt bis zum Ende des Malatya-Prozesses keinen Plan vorgelegt haben, um diesen Hinweisen im Istanbuler Ergenekon-Verfahren nachzugehen, würden sich die Nebenkläger vorbehalten, den Prozess vor das oberste Berufungsgericht zu bringen, so Erdal Dogan, ein Vertreter der Nebenklage.

Susanne Geske, eine der Witwen, findet es »schade, dass nur die fünf verurteilt werden und die Hintermänner auf freiem Fuß bleiben.« Sie befürchtet, dass sich letztere einfach neue Leute suchen könnten, um Ähnliches zu verüben. Die Nebenklage und die Verteidiger werden am 15. April, dem nächsten Prozesstag, ihre Plädoyers halten, sodass Einschätzungen türkischer Quellen zufolge möglicherweise schon am 16. April das Urteil verkündet werden könnte.

Die kleine protestantische Gemeinde in Malatya hat in den letzten drei Jahren eine schwere Zeit gehabt. Einige Mitarbeiter haben die Stadt verlassen, manche einheimischen Gläubige trauten sich nicht mehr, in die Gemeinde zu kommen. Familie Geske ist wie damals angekündigt in der Stadt geblieben. Im Laufe der Zeit sind aber auch neue Mitarbeiter dazugekommen. Und im letzten Jahr sind auch einige Einheimische zum Glauben gekommen und gehen jetzt gemeinsam mit der Gemeinde den Weg mit Jesus. An Karfreitag gab es gerade einen »Jesu-Kreuzigung-Gedächtnis-Gottesdienst«. Und am Ostersonntag haben die Christen wieder vor Ort zum Gottesdienst eingeladen, und Gäste aus anderen Gemeinden kamen hinzu, um die Gemeinde zu ermutigen.

Aus Anlass des dritten Jahrestages der Morde von Malatya am 18. April hat die Allianz der Protestantischen Gemeinden in der Türkei zu einem »Weltweiten Gebetstag für die Türkei« aufgerufen. Da der 18. April dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, werden Gemeinden überall auf der Welt ermutigt, einige Minuten der Gebetszeit in ihren Gottesdiensten dazu zu verwenden, gemeinsam mit Millionen von Christen die Türkei und ihre Kirche vor den Thron Gottes zu bringen, so Pastor Zekai Tanyar (Izmir), derzeit Vorsitzender der Vereinigung Protestantischer Kirchen in einem eMail.

Als Hilfe dafür gibt es ein kurzes, 4-minütiges Video sowie einen Gebetsbrief (beides in verschiedenen Sprachen, darunter auch in deutscher Übersetzung) unter: www.prayforturkey.com.

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5 Kommentare
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Jörg
14 Jahre zuvor

Im 4. Absatz ist der Text vor „Susanne“ abgebrochen

Jörg
14 Jahre zuvor

Hallo Ron

„…den Prozess vor das oberste eine der Witwen…“

ich glaube, da ging wieder was daneben: der Relativsatz ist noch immer (nach „oberste“) abgebrochen, dafür steht jetzt ein Teil des Textes zweimal da

10 Jahre zuvor

[…] in der Türkei lebenden protestantischen Christen ein sehr schwerer Tag gewesen (siehe dazu hier . An jenem Tag wurden die Mitarbeiter des Zirve-Verlags Necati Aydin und Ugur Yüksel sowie […]

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