Transformationskongress

Vom 8. bis 9. Juni 2012 veranstalteten der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Naturschutzring und Einrichtungen der Evangelischen Kirche in Deutschland einen Kongress zu den politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen unserer Zeit, den so genannten Transformationskongress.

Wer sich die Mühe macht, die Beiträge der EKD-Vertreter zu lesen, stößt schnell auf Formulierungen, die an die messianisch-marxistischen Agitationen der Diesseits-Eschatologen erinnern. Gerhard Wegner, Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland, solidarisiert sich mit dem politischen Programm der „große Transformation“: „Es braucht dringend eine Gesamtstrategie. Sie wird nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, eine grundlegende Transformation des die Welt beherrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftsystems zu erreichen, das sich immer noch am besten mit dem Begriff Kapitalismus erfassen lässt.“ „Die Menschen“, so Wegner, „wehren sich gegen die Reduzierung ihres Selbst auf die beliebig handelbare Ware Arbeitskraft.“ Die angestrebte Transformation – und beim Lesen dieser Zielbeschreibung fühlte ich mich dann doch sehr an meinen Marxismus-Unterricht erinnert –, sieht so aus:

Wir brauchen, heißt es im Vortrag „Gesellschaft im Umbruch: Transformation wohin? Kapitalismus 4.0“:

  • die konsequente Aufwertung der Rolle des Staates durch die Stärkung der Demokratie,
  • die Indienstnahme der Finanzmärkte: „Banking has to be boring again!“,
  • die Umstellung der Ökonomie in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit,
  • die Schaffung umfassend inklusiver, nachhaltiger und demokratischer Arbeitswelten, um Teilhabe aller zu verwirklichen.

In eine ganz ähnliche Richtung argumentiert auch der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider. Alles, was er fordert, könnte man ohne Bezug auf den christlichen Glauben (besser) formulieren. Aber da es sich für einen Kirchenvertreter gut macht, den Reichtum der biblischen Bildersprache zu nutzen, wird gleich das Pfingstfest bemüht:

Die Transformations-Aufgabe und dieser Transformationskongress sind sehr wohl auch eine Aufgabe der Kirche. Als Christinnen und Christen sind wir überzeugt: Es gibt immer Alternativen, auch wenn sie oft nur von wenigen gedacht, geträumt, erhofft, erstritten und erarbeitet werden. Wir können uns und wir können unsere Welt verändern. Gottes Geist kann unser Denken und Handeln erneuern. Und wir sind überzeugt, dass dieser Geist des Lebens nicht nur in der Kirche wirkt. Wir wollen mit allen zusammenarbeiten, die unterwegs sind zu sozialer Gerechtigkeit, nachhaltiger Wirtschaft, Bewahrung der Schöpfung und lebendiger Demokratie. Das ist möglich, auch wenn wir aus ganz verschedenen Traditionen und Kulturen kommen und in gewisser Weise verschiedene Sprachen sprechen. Diese Erfahrung haben wir vor kurzem mit dem Pfingstfest gefeiert.

Für so eine Transformation braucht man Jesus Christus nicht.

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26 Kommentare
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11 Jahre zuvor

Der letzte Satz sagt alles. Höchstbedauernswert….

Ralf E
11 Jahre zuvor

Diese „Transformation“ zielt darauf, die jetzige, diesseitige Welt zu einem „Paradies“ zu machen.
Da möchte man dagegenhalten: Kirche, besinne dich auf Hebr 13,14: „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“.

Roderich
11 Jahre zuvor

Nichts gegen das Transformieren, aber bitte nicht mit dem Marxismus. Das Hauptproblem ist ja, dass die angestrebte Transformation ja die Welt nicht verbessern, sondern wesentlich verschlechtern wird. Sozialistische Konzepte machen alle Beteiligten aermer. Zu dem Thema ‚Banking has to become boring again‘: es gibt ein Koernchen Wahrheit an der These, Banken haben die aktuelle Finanzkrise mitverursacht, aber der Grund waren falsche Anreize, die durch die Regierungen gesetzt wurden, also z.B. zu geringe gesetz. Eigenkapitalquoten. Wenn Banken nur 3-5% EK halten muessen, ist ihr Handeln viel risikoreicher, mit dem Problem, dass das Eigenkapital und damit die Haftung auf die 3-5% reduziert ist, die Gewinnmoeglichkeiten aber hoch sind; hinzu kommt, dass Banken meist davon ausgehen koennen, dass Verluste verstaatlicht werden. Das fuehrte und fuehrt zur Kasino-Mentalitaet mancher Banken, ein durchaus rationales Verhalten. Auch haetten die Gesetze nicht die Inflation sowie die Mindestrserveregelungen erlauben duerfen, die die Geldmenge, die im Umlauf war, drastisch erhoeht hat, und so durch den kuenstlichen Boom zu Fehlallokationen… Weiterlesen »

markus
11 Jahre zuvor

Eine ehrliche Frage: Ich verstehe diese fast schon allergische Reaktion auf alles, was mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat überhaupt nicht? Oder ist es der Begriff Transformation? Was ist so schlimm daran, Unrecht auf dieser Erde zu beseitigen? Jesus selbst hat dies doch getan und wenn ich mir Matth 24 anschaue, dann muss ich sagen, dass ich diese Ablehnung erst recht nicht verstehe? Liegt es daran, dass es nicht direkt als „Evangelisation“ geschieht? Also ich denke, die Skalven, die keine Sklaven mehr sein mussten, haben nicht danach gefragt ob Sklaverei im engl. Parlament oder in einer Kirche verdammt wurden. Solange Unrecht beseitigt wird: prima! Ich frag doch meinen Bäcker doch auch nicht, pb er beim Backen Bibel liest??? @schandor: „Nichts gegen das Transformieren, aber bitte nicht mit dem Marxismus. “ Andersherum wird doch ein Schuh draus: Der Marxismus hat sich doch die messianische Strategie und Sprache doch von seiner „Großmutter“, dem Christentum geborgt – nicht andersherum – weil das Christentum… Weiterlesen »

markus
11 Jahre zuvor

@ralf E: die Perikope in Hebr 13 geht dann doch aber so weiter:

„….Und vergesst nicht, Gutes zu tun und einander zu helfen15. Das sind die Opfer, an denen Gott Freude hat. …“

????

Lutz
11 Jahre zuvor

@markus,

also ich bin mir sicher, dass sich Debatten über dieses Thema nicht lediglich an Begriffen entzünden. Verständnisse, die damit einhergehen, gibt es viele … Nicht alle sind abzulehnen.

Aber wie stellt man sich denn bspw. ein: (dein Zitat) „Als er nämlich mit dem Kommunisten Wilhelm Pieck durch das zerstörte Dresden lief, sagte Pieck zu Barth: “Deutschland braucht die Zehn Gebote.” Barth erwidert: “Besonders das Erste Gebot, mein Herr.”

vor – ohne Christus? Der Ungläubige, der das erste Gebot per Gesetzesverordnung hält oder bei Androhung von Strafe irgendwie äußerlich einhält, oder? Ist es das, worauf Gottes Segen ruht?

Lutz

ernst
11 Jahre zuvor

Also, langsam kann einem das wiederkehrende EKD- resp. Schneider-Bashing hier auf den Geist gehen.
Die sog. Volkskirchen haben sozialwissenschaftliche Institute, die sich mit vielem befassen, meinetwegen auch manchem Überflüssigen.
Immerhin setzt man sich aber mit Fragen auseinander, die auch sonst außerhalb der Kirche da sind. Das muss man nicht erst ins nebulös-marxistische rücken. (Dazu gab´s vor einiger Zeit schon mal eine diskussion hier, wenn ich mich nicht irre?)

markus
11 Jahre zuvor

@Lutz : Ihr bleibt bei Polemik stehen. Meine Frage war ernst gemeint. Eure Antworten gehen darauf nicht ein. @Lutz: Stell doch diese Frage bitte dem Text in Matthäus 24 und nicht mir. Ich möchte hier nicht Lager vs. Lager Diskussionen führen, ich frage mich ernsthaft wie man über solchen Texte hinweg gehen kann.

Roderich
11 Jahre zuvor

@markus, Allergie gegen ‚Soziale Gerechtigkeit‘ aus mehreren Gruenden. – Oekonomisch: weil mit ’sozial gerecht‘ meistens ‚Gleichheit und Umverteilung‘ gemeint ist – also ‚Diebstahl + buerokratisierte Naechstenliebe‘. Eigentlich ist das Sozialismus und anti-goettlich. – Philosophisch: Teilaspekt des (Neo-)Marxismus ist es, alle Probleme materialistisch zu definieren und sie dann durch den Staat loesen zu lassen. Das ist Goetzendienst – der Staat als Allheilmittel. Genau darum funktioniert es auch nicht. – Theologisch: weil Leute, die am lautesten nach ‚Sozialer Gerechtigkeit‘ rufen, meistens (nicht immer) das Evangelium als ‚Soziales Evangelium‘ umdeuten, also ANSTELLE der Erloesung durch Christus die Erloesung durch den Staat stellen; ANSTELLE der Erloesung von den Suenden durch das Blut Jesu Christi die Erloesung von Armut, Unwissenheit, etc stellen (bei den Kommunisten: durch das Blut der Burgeoisie). Da, wo die biblische Botschaft vernachlaessigt wird oder zweitrangig wird, muss man ’stopp‘ rufen. Andererseits hast Du recht: Christen haben einen gewissen Dualismus praktiziert; der Pietismus hatte zum ‚Rueckzug aus der Gesellschaft‘ geblasen. Christen haben… Weiterlesen »

Lutz
11 Jahre zuvor

@markus,

wo du Polemik siehst – überrascht mich denn doch extrem.

Wäre ich polemisch gewesen, dann hätte ich auf dein Zitat hin geschrieben: und darauf verfasste sofort W. Pieck die 10 Gebote für „Junge Pioniere“.

Deine Fragestellung hatte ich ernst gemeint gefasst und meine Antwort sollte nicht weniger ernst gemeint rüberkommen – auch wenn diese Fragen enthielt. Diese Fragen sind übrigens keineswegs polemisch zu fassen – sondern ernst gemeint.

Hoffe damit Missverständnisse ausgeräumt zu haben und bis auf Weiteres hat ja Roderich hier Gedankengänge nachgeliefert.

Lutz

ernst
11 Jahre zuvor

– ach ja…, ich vergaß es! Und ich glaube inzwischen wirklich, dass das mehr ein Beziehungs- als ein Sachproblem ist, was Du mit dem Bruder Nikolaus hast… 😉

Roderich
11 Jahre zuvor

@ernst,
Stimmt – die Beziehung von Hr. Schneider zu Jesus betreffend. 😉

Dafuer sollen wir jedenfalls beten – ohne Einbildung, denn wenn wir ‚recht‘ glauben, ist das reine Gnade.

Eine falsche Weltsicht kann einen aber auch um das ewige Leben bringen, deswegen wuerde ich auch aufpassen, Ernst. (So wie wir alle wachsam bleiben muessen). Aber eine starke Sympathie zu humanistischen Denkgebaeuden kann gefaehrlich werden. Denn: im Zentrum jeder falschen Weltsicht stehen Goetzen; letztlich wird sich entscheiden muessen, was man mehr liebt: den lebendigen Gott, oder das Zerrbild und die Goetzen der eigenen falscchen Weltsicht. Wenn man dem leisen Reden des Heiligen Geistes widerstrebt, der uns (v.a.) durch sein Wort zur Busse ruft, verstockt man irgendwann. Falsches Denken betrifft also indirekt oder direkt das Herz, und kann jedenfalls langfristig das Herz verstocken.

markus
11 Jahre zuvor

Nun, es ist wohl auch eines dieser Themen, die sich nur schwer in einer Blogdiskussion erörtern lassen. @Ron + @ roederich: Eure Gedanken zur Gleichheit teile ich definitiv. Mehr Staat bedeutet weder mehr Gerechtigkeit, noch mehr Freiheit (wie unsere Vergangenheit ja doppelt belegt hat). Ich würde davon aber nicht ableiten, dass dann automatisch „die andere“ Seite, die richtige ist. Denn ein „Laufen lassen“ individualsierter Gewinninteressen ist auch keine Lösung. Mal unabhängig von der geistlich-biblischen Ebene, finde ich gute Impulse für einen dritten Weg in einigen kommunitaristischen Ideen (z.B. Etzioni). Wenn allerdings das, was man soziologisch einmal mit „Gemeinschaft“ bezeichnet hat, immer weniger wird und als lebenswichtige Funktion in einer Gesellschaft wegfällt, dann bleiben nur noch die beiden Extremoptionen: Staat oder Individualismus. Um jetzt die geistlich-biblische Ebene wieder einzubinden ist dann beim Thema „Gemeinschaft“ wichtig, sich bewusst zu sein, dass die Gemeinschaft die wir vor Augen haben natürlich eine Funktion und eine Form hier im irdischen Alltag findet, ABER dass dieser… Weiterlesen »

markus
11 Jahre zuvor

@roederich, noch eine Ergänzung:

Du schriebst: „ANSTELLE der Erloesung von den Suenden durch das Blut Jesu Christi die Erloesung von Armut, Unwissenheit, etc stellen“.

Das halte ich für einen Gegensatz, den ich in der Bibel nicht sehe. Auch wenn Erlösung von Armut, Unwissen und Ungerechtigkeit zu kurz greift, so ist doch andersherum gesehen in der Erlösung von den Sünden AUCH (nicht stattdessen!) die Befreiung von Ungerechtigkeit mit inbegriffen. Zumindest verstehe ich die Verkündigungsbevollmächtigung durch Jesus in Lukas 24 so. Das αφεσιν αμαρτιων – Befreiung von Schuld – beinhaltet auch ‚Erlösung von Sünden‘, aber eben nicht nur. Es darauf zu reduzieren ist für mich eine Verkürzung. Eine dramatischere Verkürzung ist natürlich, wenn „Befreiung von Schuld“ komplett OHNE die „Erlösung von Sünden“ verkündet wird.

Würde ich euch von der Seite her richtig verstehen, dass das fast komplette öffentliche Auslassen dieses Aspektes euch bei der EKD so aufregt?

Johannes Heiner
11 Jahre zuvor

@ Roderich Ich stimme mit manchem überein, was du schreibst. Aber ist die Tatsache, dass viele die laut nach soz. Gerechtigkeit schreien das Evangelium vernachlässigen/vergessen, für dich genug Grund von der anderen Seite des Pferdes zu fallen? Das ist doch das häufigste Problem das wir in der Theologie haben, dass etwas (tatsächlich) Falsches gesehen wird und dann sofort ins extreme Gegenteil geschwenkt wurde. Das ist auch der Fehler den viele begehen, die laut nach soz. Gerechtigkeit schreien. Sie haben den Mangel an soz. Gerechtigkeit gesehen (der tatsächlich vorhanden ist), haben aber dafür das Evangelium geopfert. Wir sollten immer nach dem biblischen Weg suchen, der meist zwischen zwei Extremen liegt. So ist das auch mit sozialer Gerechtigkeit und Transformation. Viele diesbezügliche Anliegen sind richtig, aber nicht alle. Und ganz bestimmt ist es nicht richtig, das Evangelium dafür zu opfern. Aber deshalb muss man nicht gleich so ablehnend reagieren. Was du als Sozialismus und anti-göttlich beschreibst ist Quatsch. Lies bitte nochmal nach,… Weiterlesen »

Roderich
11 Jahre zuvor

@markus,
der Kommunitarismus mag gute Ideen beinhalten, aber – er muss sich auch äußern dazu, wie die Rahmenordnung der Wirtschaft denn nun gestaltet werden soll.

ein “Laufen lassen” individualsierter Gewinninteressen ist auch keine Lösung

Ja, insofern als der Staat gewisse Rahmenbedingungen setzen muss, wie der Ordoliberalismus sagt. (vergleiche dazu „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“ von Walter Eucken – sehr gut!)
Wie gesagt, zu der Weltwirtschaftskrise (wo man die falschen Rahmenbedingungen gesetzt hat und Anreize für die Banken gesetzt hat, zu riskant zu spielen – wo man also „Chance“ von „Risiko“ losgekoppelt hat, weil die Risikohaftung begrenzt wurde) empfehle ich das Buch von Hans-Werner Sinn.

Also, im allgemeinen sollen die Gewinninteressen durchaus frei laufen können. Konkurrenz dient letztlich den Konsumenten. Wenn Gewinne für einzelne Marktteilnehmer zu hoch werden, kommen sofort Nachahmer, die auch abschöpfen wollen; daher wird das Angebot größer, es entsteht Preiswettbewerb, dadurch senken sich die Preise, zum Nutzen der Konsumenten.

Roderich
11 Jahre zuvor

@markus, mit „ANSTELLE“ habe ich die Fälle gemeint, wo die eigentliche Kernbotschaft des Evangeliums (Vergebung der Sünden) vernachlässigt wird. Das ist in vielen Fällen bei der Befreiungstheologie der Fall. Denn wirkliche Veränderung muss im HERZEN des Menschen geschehen. Vergebung der Sünden ist der „Einstieg“ in das Reich Gottes. (Auch wenn das Reich Gottes sich nicht auf „Vergebung“ beschränkt.) @Johannes, nein, ich setze mich (natürlich) nicht dafür ein, dass man „auf der anderen Seite vom Pferd fällt“. 🙂 Die Frage ist natürlich so gestellt, dass man sie nur verneinen kann. 🙂 Dazu empfehle ich mal das Buch „The Tragedy of American Compassion“ von Marvin Olasky – er setzt sich für ein auf christlichen Prinzipien basierendes „System“ der Armenhilfe ein; den Armen muss geholfen werden, und zwar ganzheitlich (geistlich UND leiblich, nicht nur leiblich), und zwar ohne Wohlfahrtsstaat. Gegen freiwilliges Spenden habe ich nie etwas gesagt. Das sollen wir selbstverständlich sehr fördern. Aber frage doch mal bei der Konferenz, die Ron erwähnt… Weiterlesen »

Jordanus
11 Jahre zuvor

Eine gute Richtschnur für diesen Konflikt ist vielleicht das Verhalten der Juden im babylonischen Exil und das Verhalten der Christen im Römischen Reich. Haben sie sich geweigert, an gesellschaftlichen Entwicklungen mitzuwirken? Wenn nein, wie haben sie mitgewirkt? War es dabei ihr einziges Anliegen, Menschen für ihren Glauben zu gewinnen oder haben sich auch voraussetzungslos beteiligt?

markus
11 Jahre zuvor

@roederich: ich kann verstehen, was du sagst. ich sehe aber trotzdem „blinde flecken“. du schreibst z.b.: „Jesus spricht nirgends von “Umverteilung”. Er spricht von Barmherzigkeit. Das ist ein wesentlicher Unterschied.“

das modell das die bibel allerdings vorraussetzt, ist ja das wirtschaftssystem der torah. ich würde meinen, dass das darin angesprochene (wenn auch wohl nie umgesetzte) jubeljahr eine umverteilung ist. aller 50 jahre ging jeder landbesitz wieder an die ursprüngliche besitzerfamilie zurück. d.h. individuelle freiheit war möglich, aber doch eindeutig begrenzt durch ein gemeinschaftliches (nicht kollektives!) gerechtigkeitsideal.

Johannes Strehle
11 Jahre zuvor

„Die Reduzierung der Menschen auf Arbeitskräfte“
– das haben Sozialismus und Kapitalismus gemeinsam.
Neuestes Beispiel:
Die gemeinsame Stellungnahme der Arbeitgeber und Gewerkschaften
gegen das Betreuungsgeld, unterstützt von der „evangelischen“ „Diakonie“.

Noch alle Versuche der Menschen, das Paradies auf Erden zu schaffen,
haben zwangsläufig zu einer Hölle auf Erden geführt.

„Die konsequente Aufwertung der Rolle des Staates“
führt in die Unfreiheit und Bevormundung durch Politiker.
Ganz im Gegenteil zu diesem Trend:
Der Staat muss auf seine Mindestaufgaben zurückgeführt werden,
und die muss er erfüllen.
Auch ich empfehle, Sinn und Eucken zu lesen.

„Gottes Geist kann unser Denken und Handeln erneuern“,
meint der EKD-Ratsvorsitzende.
Der Bundespräsident (gelernter Theologe) forderte zu Pfingsten
die (als Zusammenschluss) neu gegründete Nordkirche auf,
den Heiligen Geist und den Zeitgeist nicht zu verwechseln.

Roderich
11 Jahre zuvor

@markus, ich würde meinen, dass das darin angesprochene (wenn auch wohl nie umgesetzte) jubeljahr eine umverteilung ist. aller 50 jahre ging jeder landbesitz wieder an die ursprüngliche besitzerfamilie zurück. Das würde ich nicht als Umverteilung ansehen. Es war mehr ein *Verbot eines Verkaufs* des Landes. Stattdessen durfte man das Land für max. 49 Jahre pachten bzw. verpachten. Der Preis war dann marktwirtschaftlich, nämlich gemäß der Anzahl der Jahre, die bis zum Jubeljahr verbleiben, also gemäß des Ertrages, den man in der verbleibenden Zeit erwirtschaften konnte. Kaufst du von deinem Stammesgenossen, so berücksichtige die Zahl der Jahre nach dem Jubeljahr; verkauft er dir, dann soll er die noch ausstehenden Ertragsjahre berücksichtigenn. … denn es ist die Zahl von Ernteerträgen, die er dir verkauft (3. Mose 25,15.16) Man verkauft also die Zahl von jährlichen Ernteerträgen – nicht das Land, das war (letztlich) unverkäuflich. – Agreed? Diese Regelung verhinderte, dass Menschen bzw. Familien auf Dauer in Armut verfielen; es war ein Auffangnetz nach… Weiterlesen »

Roderich
11 Jahre zuvor

@markus,
Siehe dazu auch das Buch „Der AT Faktor“ von Landa Cope – gerade neu erschienen. Im Kapitel über Wirtschaft zeigt sie, was man vom Pentateuch für unsere Wirtschaft heute lernen kann. Sie betont auch die Verantwortung des Menschen zur Arbeit und spricht sich gegen den Wohlfahrtsstaat (und damit gegen das herkömmliche Verständnis von „soziale Gerechtigkeit“) aus.

Für ein praktisches Alternativsystem zum Wohlfahrtsstaat empfehle ich wie gesagt Marvin Olaskys Buch „The Tragedy of American Compassion“.

markus
11 Jahre zuvor

@roederich: danke für die lesetipps!

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