Wie haltbar ist die Zukunft?

Im Internet, heißt es, wird alles auf ewig Platz finden. Wer heute auf viele Websites klickt, sieht jedoch massenhaft gefrorene Zeitkapseln. Warum das Internet kein zuverlässiges Speichermedium ist, erörtert Valentin Groebner in einem Beitrag für die FAZ.

Ich sehe die Sache weniger kritisch als Professor Groebner. Das Internet ist eben kein Speicher, sondern ein Präsentationsmedium. Dennoch enthält der Artikel hilfreiche Beobachtungen, beispielsweise über die Machtposition der Anbieter:

Erstaunlich viel vom Reden über die Digitalisierung in den letzten fünfzehn Jahren war der Traum von einer Welt, in der elektrischer Strom für immer billig bleibe und in der die Firmen, denen wir unsere Daten und Infrastruktur anvertrauen, niemals pleite gehen werden. In der wirklichen Welt tun aber Firmen, ganz wie andere Institutionen, nicht immer das, was sie versprochen haben.

Hier ein einfaches Beispiel: Was passiert eigentlich mit den digitalen Büchern, wenn aus irgendwelchen Gründen so einflussreiche Firmen wie Amazon oder Logos vom Markt verschwinden? Der Kunde verfügt ja nicht über die erworbenen digitalen Texte, so wie der Käufer eines Buches sein Buch als Hardware im Regal stehen hat. Er hat lediglich die Lizenz für ein Buch erworben. Aber was passiert, wenn der Lizenzgeber, also beispielsweise Amazon oder Logos verschwindet? Dann sind auch die Texte weg. Und wenn jemand – sagen wir – 3000 Dollar in Lizenzen investiert hat, ist das bitter. Doch es kommt noch schlimmer: Was geschieht mit den vielen Markierungen und Notizen, die man im Laufe der letzten Jahre hinterlegt hat? Im Fall, dass ein Anbieter verschwindet, verschluckt das digitale Nirvana auch diese Schätze.

Ein finsteres Szenario, das wohl so schnell nicht eintreten wird. Anderseits steigt jedoch Jahr für Jahr das Machtgefälle zwischen Anbieter und Kunde. Der Kunde wird praktisch täglich abhängiger von der Firma, die seine Daten verwaltet. Ist es so lebensfern, damit zu rechnen, dass sich der Anbieter diesen Service immer „angemessener“ bezahlen lässt?

Drei Dinge lerne ich daraus:

Erstens sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man sich beim Kauf digitaler Lizenzen in ein Abhängigkeitsverhältnis begibt. Eine große digitale Bibliothek lässt sich nicht so ohne Weiteres oder überhaupt nicht verkaufen, wie beispielsweise eine Bibliothek, die im Regal steht. Es lohnt sich, die Geschäftsbedingungen genau zu lesen und Erkundigungen darüber einzuholen, wie Firmen in Konfliktfällen handeln. Logos hat zum Beispiel den Ruf, kulant mit seinen Kunden umzugehen und ermöglicht es sogar im Einzelfall, Lizenzen für Sammlungen auf andere Personen zu übertragen (beispielsweise auf Erben). Auch wenn solche Erfahrungswerte nicht in die Zukunft projiziert werden können, sind sie vertrauensbildend.

Zweitens sind verwertete Quellen aus dem Internet lokal zu sichern. Wenn ich also in einem wichtigen Aufsatz einen Artikel aus dem Internet zitiere, reicht es nicht, die Quelle anzugeben, sondern man sollte diese Quelle auch sichern. Obwohl es altmodisch klingt, drucke ich bei wirklich wichtigen Arbeiten den originalen Text sogar auf Papier aus und hefte ihn im Projektordner ab.

Drittens sollten man darauf achten, dass Datenbankdienste eine Exportmöglichkeit anbieten. Dann kann man nämlich seine Daten in regelmäßigen Abständen lokal sichern. Beispielsweise stellen Anbieter wie Evernote oder Facebook solche Funktionen zur Verfügung. Meines Wissen kann man bei der Bibelsoftware Logos seine Notizen nicht auf einen Schlag exportieren. Allerdings ist es möglich, einzelne Notizbücher im RTF-Format lokal zu speichern. Besonders wichtige Dokumente können so regelmäßig lokal gesichert werden. Tipps dazu, wie man Anmerkungen (umständlich) aus dem Amazon-Universum exportieren kann, gibt es hier.

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9 Kommentare
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8 Jahre zuvor

interessant ist in diesem Rahmen das bisherige Leserverhalten der jungen Generation.
Diese findet eBooks bisher scheinbar nicht sonderlich attraktiv.
Kinderliteratur lässt sich besser verschenken / bereitstellen in Papierform.
Fachliteratur ( IT ) veraltet so schnell, daß es kein Problem darstellt diese in 10 ? Jahren nicht mehr elektronisch zu haben.
Mich nervt jetzt schon, dass ich Bücher nicht „rückstandsfrei“ aus der Bibliothek löschen kann. Viele „trivial Literatur und elektr. Zeitschriften “ sind kein Verlust/ Gewinn für die Nachwelt. ?
Und noch ist Gott sei dank nicht alles nur in eBook Form verfügbar.
Im wissenschaftlichen Bereich mag das anders sein, der „einfache Leser “ hat durch günstige eBooks auch Vorteile. Und an einigen Orten ist das Buch einfach besser. ( Strand, Zug o.ä.)

Peter
8 Jahre zuvor

Mich nervt jetzt schon, dass ich Bücher nicht “rückstandsfrei” aus der Bibliothek löschen kann.

Hm – ich möchte hier nicht die Bücherverbrennung empfehlen (auch wenn ich es schon gemacht habe), es hat doch etwas Anrüchiges. Außerdem hinterlässt es Rückstände 😉 In unserer Gegend gibt es noch grüne Tonne.
😉

8 Jahre zuvor

Oh, Entschuldigung mit Bücher löschen meinte ich eBooks bei Apple/ Amazon
Vor allem Leseproben. Ich kann sie von Gerät entfernen aber nicht endgültig aus meiner “ Bibliothek“. So wird die Liste “ gekaufter Bücher“ immer länger und unübersichtliche. ?

8 Jahre zuvor

Es ist eine interessante Frage, was von „dem Internet“, wie wir es heute kennen, in 10, 20 Jahren noch übrig sein wird. Jedenfalls sollte man die eigene Internetnutzung sowie die Nutzung der ganzen kleinen digitalen „Helfer“ gründlich reflektieren.

Wer heute auf eine Notiz von vor 25 Jahren zurückgreifen will, hat diese hoffentlich in ein klassisches Notizbuch geschrieben und nicht auf eine 5,25 Zoll Diskette gespeichert. Und wer in wenigen Jahren noch seine eBooks lesen möchte, obwohl er den Anbieter gewechselt oder ein neues Lesegerät gekauft hat, der kauft heute am besten eBooks mit einem DRM, das es ermöglicht, ggf. diese elektronischen Bücher auch in andere Formate zu konvertieren. So bietet der christliche eBook-Anbieter cebooks.de weitgehend Bücher ohne starken Kopierschutz an (die Zahl der Anbieter, die das tun, scheint zu steigen: siehe Weiße Liste).

8 Jahre zuvor

PS: : Bist Du denn auf Logos umgestiegen? LG!

Schandor
8 Jahre zuvor

Was übrigbleiben wird? Alles. Es wird zum Simusensenetz. Das ist der totale Ersatz des (bisher) richtigen Lebens. Strom, Wellen, alles, restlos alles wird darüber laufen. IPV6 wird es ermöglichen, das Internet der Dinge wird das Leben von Grund auf ändern. Man wird es nicht mehr mit heute vergleichen können, weil Vergleichspunkte fehlen werden. Es wird das Bewusstsein ändern, verändern, bis das digitale Bewusstsein als eigentliches Bewusstsein erkannt wird.

Peter
8 Jahre zuvor

Was von elektronischen Notizen und Dokumenten übrig bleiben wird? Relativ einfach zu beantworten: Wenn es quelloffene Formate sind (ASCII, Open Document Format, etc.) werden sie auch noch in Jahrzehnten lesbar sein. Wer proprietäre Programme benutzt (Microsoft, Apple, etc) wird aber erhebliche Probleme haben.

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