»Nicht so einen stockfinsteren Glauben«

Der Fernsehpfarrer Burkhard Müller erklärt im Interview mit Till-Reimer Stoldt, weshalb er die traditionelle, und seiner Meinung nach perverse, Deutung des Kreuzestodes von Jesus Christus ablehnt.

Wer nach 200 Jahren aufgeklärten Christentums immer noch behauptet, man müsse die Bibel wörtlich nehmen und Gott habe Jesus mit dem Foltermord am Kreuz für unsere Sünden büßen lassen, um kurz darauf seine Leiche wieder zu beleben, der verdeckt die zeitlose Substanz des Glaubens.

Sogar an seinem Auferstehungsglauben lässt er uns teilhaben:

Die Auferstehung ist ein bildlicher Ausdruck für die Erfahrung der Jünger, dass mit dem Tod Jesu und mit unser aller Tod nicht alles vorbei ist, sondern dass der Schöpfer dieser Welt größer ist als der Tod und das Nichts. Darin besteht das Zentrum der christlichen Botschaft – nicht in der Fixierung auf einen schaurig-sinnlosen Mord am Kreuz, der uns angeblich erlöst.

Ich befürchte, Müller spricht nur offen aus, was viele Theologen unter dem Mantel frommer Wortspiele denken. Vergessen hat er, dass die Jünger keine Sophisten oder Bultmann-Schüler (siehe hier), sondern einfache Leute waren. Konsequent sollte er sein, die Kanzel meiden und von mir aus Humanist werden. Ihr Pfarrer und Theologen (Apg 20,28): »Gebt acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der heilige Geist als fürsorgliche Hirten eingesetzt hat, zu weiden die Kirche Gottes, die er sich erworben hat durch sein eigenes Blut« (siehe auch Röm 3,25; 5,9; Eph 2,13).

Hier das Interview: www.politik.de.

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8 Kommentare
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Christian
13 Jahre zuvor

„Sage mir, ist das christlich geredet, also von Gottes Werken urteilen nach unserem Dünken?“ (Luther, Christlicher Wegweiser für jeden Tag, 17.September)

Andreas
13 Jahre zuvor

Das schlimme ist, dass diese Leute, so sie denn wie in diesem Fall Pfarrer sind, auf Schrift und Bekenntnis ordiniert wurden. Wären sie ehrlich und würden sie zu ihrem Wort stehen, müssten sie ihren Talar und ihre Bäffchen zurückgeben, mitsammt ihrer Ordinationsurkunde. Hätte die Kirche Rückgrat, müsste sie diese Dinge von ihnen zurückfordern. Seufz!

13 Jahre zuvor

Es kann einem schon ganz anders werden, wenn man das liest. Es werden keine Argumente, keine Indizien dafür gebracht, dass die Bibel ein falsches Zeugnis liefert. Es wird nur propagandistisch postuliert, dass man „nach 200 Jahren aufgeklärten Christentums“ soetwas nicht mehr glauben könne (das hat Bultmann schon erfolglos durchbuchstabiert). Die Argumentation von Pfarrer Müller ist meines Erachtens ziemlich schwach und bei seiner optimistischen Zukunftshoffnung auf ein gloreiches Zeitalter des liberalen Christentums übersieht er denzent, dass wir schon einige Jahre liberales Christentum hinter uns haben – und das war nicht gerade eine kirchliche Erfolgsgeschichte. Zudem übersieht er, dass das Kreuz gerade nicht einen folternden und willkürlich handelnden Gott zeigt, sondern einen Gott des Rechts, der Gerechtgkeit, der Liebe und der Versöhnung – einen Gott der sich selbst hingibt, um „mit uns“ zu sein. Aber um das im Kreuz zu sehen, müsste man die Bibel dann doch beim Wort nehmen …

Liebe Grüße, Johannes

13 Jahre zuvor

Wie ist denn das Gerechtigkeitsprinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ aus 2. Mose 21mit der ewigen Verdammnis zusammen zu bringen? Auge um unendliche Augen?

Der Schrecken der christlichen Hölle fällt halt auf Jesu Sühneopfer zurück, weshalb ich es zumindest nachvollziehbar finde, wenn Menschen damit ein emotionales Problem haben.

Ungeachtet dessen wäre es wichtig, dass ein Theologe die Quellen seiner Erkenntnis transparenter macht. Damit wären dann auch solch schwach begründeten Aussagen vermieden. Dieses Problem haben aber nicht allein Theologen gepachtet, die mit dem Sühneopfer Jesu auf Kriegsfuß stehen.

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

Klingelt das Telefon im Kloster.
Anruf aus dem Heiligen Land.
Wir haben das Grab von Jesus gefunden,
und er lag drin!
Darauf der Pater:
Den gab’s wirklich?

Ein Witz aus einem Artikel der FAZ vom 07.08.2010
„Im Land der Mutlosen“ über die Situation der katholischen Kirche

Der Witz charakterisiert allerdings besser die evangelische als die katholische Kirche.

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

„Die verminderte Akzeptanz des biblischen Sühnegedankens unter Theologen
stand im Mittelpunkt einer Tagung über „Jesus von Nazareth“,
zu der Papst Benedikt XVI. … auch die beiden evangelischen Neutestamentler
Martin Hengel und Peter Stuhlmacher … eingeladen hatte.

Die Vorträge und Diskussionen dokumentiert der Verlag Mohr Siebeck in einem Tagungsband.

Im Ausgang seines Referates „Jesu Opfergang“ erklärte Stuhlmacher:
„Die Unkenntnis der biblischen Sühnetradition,
der Widerwille gegen den Gerichtsgedanken und den biblischen Gottesbegriff
sowie die von Kant begründete Überzeugung
von der Autonomie und Unvertretbarkeit des Individuums
fügen sich zu einer dicken Schutzmauer
gegen die biblische Opfer- und Sühneanschauung zusammen.
Gegen diese Mauer ist mit Argumenten kaum anzukommen.
Bis heute nehmen viele Theologen lieber den Verlust
des halben Alten Testaments und des halben Neuen Testaments auf sich,
als dass sie diese Mauer einreißen.
Ich dagegen bin nicht bereit, die Heilige Schrift als Ganzes aufzugeben.
Ich bleibe lieber bei meiner Minderheitenposition.“ “

Aus der Vorstellung des Tagungsbandes
in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.08.2010

10 Jahre zuvor

Ganz falsch liegt der Fernsehpfarrer aber ebenfalls nicht – jedenfalls nicht mit dem, was er meint: Entgegen seiner Aussage muß die Bibel sehr wohl und auch ganz konequent wörtlich genommen werden, aber „lebendiger Hampelmann mit zwei Beinen und Armen“ ist nicht die wortwörtliche (eigentliche) Bedeutung des Nomens „Mensch“. Wenn also aufgrund biblischer Aussagen tatsächlich jemand annimmt, auf Golgatha wäre eine Person vom Format „Nachfahre des Affen“ gekreuzigt worden, dann liegt er so ziemlich verkehrt, und zwar genau deshalb, weil er die Bibel dann eben NICHT WÖRTLICH genommen hat. Wer glaubt, dass der Ausdruck „Mensch“ einen Nachfahren des Affen bezeichnet, der glaubt nicht an die Bibel oder Gott, sondern an die Zoologie und moderne Linguistik. Er glaubt an „Definitionen“ und akademisch generierte Idiome, doch eben die kommen nicht von Gott, sondern von Adam und laufen Gottes Gebot so ziemlich zuwider. Und glaube nun bloß keiner, dass dieses Problem oder „Phänomen“ nur ein ganz besonders „fachspezifisches“ oder nur ein nebensächliches Problem wäre… Weiterlesen »

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