Christen müssen sich nicht an die Gesellschaft anpassen

Vor 25 Jahren formierte sich im Studienzimmer von Prof. Dr. Thomas Schirrmacher das Martin Bucer Seminar, das in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten zu einer großen deutschsprachigen theologischen Ausbildungsstätten gewachsen ist und sich einem reformatorischen und bibeltreuen Ansatz verpflichtet weiß. Am vergangenen Samstag, also dem 11. Juni 2022, haben wir das Jubiläum in Bonn in einer kleinen Runde gefeiert. Der Staffelstab wurde eigentlich schon vor zwei Jahren an Dr. Frank Hinkelmann übergeben. Doch wegen der Covid-19-Auflagen haben wir den Festakt auf das Jahr 2022 verschoben.

Während des vorangehenden Mitarbeitertreffens und der Jubiläumsfeier gab es eine Reihe von wertvollen Vorträgen. Ein Highlight für mich war der Vortrag „Gegen den Strom – was wir von den Christen der frühen Kirche lernen können“ von Prof. Dr. Roland Werner. Falls meine Notizen korrekt sind, hob er sieben Merkmale heraus, die kennzeichnend für viele Gemeinden in den ersten beiden Jahrhunderten gewesen sind und die heute Gemeinde Jesu ebenfalls auszeichnen sollten:

  1. Ein zentrales Bekenntnis zum Christusglauben.
  2. Eine eindeutige Definition dessen, was es bedeutet, ein Christ zu sein.
  3. Die tiefe Identifikation mit Jesus Christus.
  4. Das ziehen von Grenzen (eine Unterscheidung zwischen drin oder draußen).
  5. Offene Türen für Außenstehende (Credo, Einladung, Teil der neuen Familie zu werden, Werke der Barmherzigkeit (etwa bei den antiken Pandemien).
  6. Eine Unterscheidende Ethik. Christen leben anders als Menschen, die Jesus nicht kennen (unter Berufung auf): „So sage ich nun und bezeuge in dem Herrn, dass ihr nicht mehr leben dürft, wie die Heiden leben in der Nichtigkeit ihres Sinnes“ (Eph 4,17). Das schließt ein: Liturgia (Feier des Glaubens), Koinonia (Gemeinschaft) u. Martyrium (Bereitschaft, für den Glauben zu leiden).
  7. Feste und starke Hoffnung: Das Beste kommt noch.

Epheser 4 enthält übrigens auch den Leitvers für das Martin Bucer Seminar: „damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes“ (Eph 4,12a).

Die Nachrichtenagentur Idea war auch dabei und schreibt in dem Artikel „Christen müssen sich nicht an die Gesellschaft anpassen“:

Christliche Gemeinden müssen sich nicht an die Gesellschaft anpassen. Diese Ansicht vertrat der Vorsitzende der Evangelisationsbewegung proChrist, der Theologe und Sprachwissenschaftler Prof. Roland Werner (Marburg), bei der Jubiläumsfeier „25 plus 1“ des Martin Bucer Seminars (MBS/Bonn). Die Veranstaltung fand am 11. Juni in den Räumen der FeG Bonn statt.

Werner hielt einen Festvortrag mit dem Titel „Gegen den Strom – was wir von den Christen der frühen Kirche lernen können“. Die Situation heutiger Christen werde derjenigen der frühen Kirche immer ähnlicher, sagte er. Wegen der fortschreitenden Säkularisierung könnten sie sich nicht mehr auf die Unterstützung des Staates verlassen. Stattdessen müssten sie die Menschen wieder durch Worte und Taten überzeugen. Die frühen Christen hätten als kleine Minderheit innerhalb weniger Generationen das riesige Römische Reich grundlegend verändert. Das sei ihnen unter anderem durch ihr klares Bekenntnis zu Jesus Christus gelungen.

Außerdem hätten sie sich in ihrem Lebenswandel erkennbar von ihrer Umgebung unterschieden, etwa durch ihre Sexualethik. Sie seien zwar offen für jeden Menschen gewesen, hätten von ihren Mitgliedern aber eine konsequente Entscheidung für Jesus verlangt. Die heutige Zeit brauche wieder starke christliche Gemeinden, die erkennbar seien, statt sich an die Gesellschaft anzupassen.

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Dankrede von Prof. Thomas Kinker für den Gründungsrektor Prof. Dr. Thomas Schirrmacher (Bild: RK)
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Prof. Dr. Roland Werner (Bild: RK)
Der neue Rektor Dr. Frank Hinkelmann (Bild: RK)

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5 Kommentare
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Robert Ford
1 Jahr zuvor

„Stattdessen müssten sie die Menschen wieder durch Worte und Taten überzeugen.“
„Die heutige Zeit brauche wieder starke christliche Gemeinden, die erkennbar seien.“
Womit überzeugen? Und woran erkennbar sein?

Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass viele der Christen, mit denen ich eigentlich dasselbe Bekenntnis teile, unter „nicht anpassen“, „durch Worte und Taten überzeugen“ oder als „Gemeinde erkennbar“ sein eher folgendes verstehen: Ungläubige sind widerliche Wesen, halte dich von ihnen fern, lies nicht ihre Bücher, höre nicht ihre Lieder, spiele nicht mit ihren Kindern und zeige ihnen durch (herablassende) Worte und Taten, dass du etwas Besseres bist, in der Hoffnung, dass sie erkennen, wie sehr sie Jesus brauchen!

Da hab ich echt keinen Bock drauf!

Jesu Liebesgebot beschränkt sich nicht allein auf die Liebe der Jünger untereinander (Joh 13,34), sondern auch auf Nichtchristen (Lk 6,27). So spiegeln wir Gottes Wesen wider (Lk 6,35; Joh 3,16). Nicht absondern, sondern in der Nachbarschaft/Gesellschaft präsent sein.

Udo
1 Jahr zuvor

Was für ein Segen, dass es solche Ausbildungsstätten wie das Martin Bucer Seminar gibt! Herzlichen Glückwunsch zum „Silberjubiläum“.
Roland Werner ist zuzustimmen. Wir müssen aber gar nicht soweit in die Vergangenheit gehen. Schauen wir auf die heutige verfolgte Kirche, entdecken wir vieles wieder, was die frühe Kirche ausmachte. Besonders nachdenklich macht mich die Feindesliebe und die Bereitschaft zum Vergeben, selbst Menschen gegenüber, von denen man schlimmstes Unrecht erfahren hat. Viele Menschen haben durch dieses starke Zeugnis zum lebendigen Glauben an unseren Herrn und Retter Jesus Christus gefunden. Möge diese Kraft des Heiligen Geistes auch uns neu erfassen.

Chris
1 Jahr zuvor

@Robert Ford: Ich will Ihnen nichts unterstellen, wirklich nicht, ehrlich, aber die Hinweise auf die „Liebe Gottes“ lese und höre ich zu fast 100 Prozent nur von Leuten, die die durch Gott in der Heiligen Schrift begründete Liebe mit der weltlichen Vorstellung von Liebe (wie sie Ungläubige leben und sehen) verwechseln. Ich verlinke mal einen kurzen Austausch, den ich beim Pro Medienmagazin zum Thema „Olaf Latzel“ hatte. Dort wird mir auch vorgeworfen, ich sei selbstgefällig und verstünde die Liebe Gottes nicht, weil ich als Schwuler meine Neigung nicht lebe. Die Liebe des HERRN schmiert aber niemandem Honig um den Mund, sie redet Sünde nicht schön, sie sagt nicht, wonach einem die Ohren kitzeln, sie bestätigt nicht den gottlosen Lebenswandel, sie sagt nicht „Hej, du bist gut so, wie du bist, mach dein Ding, Gott hat dich lieb“, ganz im Gegenteil, sie rüttelt wach, ermahnt, warnt und bietet Ungläubigen durch Christen, die sie leben und verkündigen, Umkehr, Bekehrung, Gnade und Erlösung… Weiterlesen »

Martin
1 Jahr zuvor

Vielen Dank fürs Teilen dieser Punkte. Ähnliche Gedanken (Was hat die Kirche in den ersten Jahrhunderten anziehend und überzeugend gemacht?) finden sich auch in Tim Kellers Buch „Wie wir den Westen wieder neu erreichen“, das auf der Seite des „Restauratio-Instituts“ als ebook verfügbar ist (restauratio.org/ressourcen/).

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