Die ewige Zeugung des Sohnes

Heinrich Bullinger (Schriften IV, S. 507–508):

Der ewige Vater, Ursprung und Schöpfer aller Dinge, hat in einer ewigen und unaussprechlichen Zeugung den Sohn hervorgebracht. Denn die ganze Schrift nennt Gott übereinstimmend den Vater, und zwar den ewigen Vater. Keiner aber ist der Vater seiner selbst, sondern stets der Vater eines Sohnes. Und weil dieser Vater ewig ist, muss er notwendigerweise auch einen ewigen Sohn haben, der ihm in allem gleich, ebenso ewig und gleichen Wesens ist. Paulus führt zur Bestätigung dieser anerkannten Wahrheit zwei Zeugnisse aus dem Alten Testament an (vgl. Ps 2,7; 2Sam 7,14). Er sagt (Hebr 1,5): „Zu welchem von den Engeln hat Gott jemals gesagt: ‚Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt‘? Und wiederum: ‚Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein‘?“ Dies alles bezieht er auf Jesus Christus, den Sohn Gottes, von dem auch Micha bezeugt hat (Mi 5,2): „Und du, Bethlehem-Ephrath, bist zwar der kleinste unter den Gauen Judas; aus dir soll mir der Herrscher in Israel hervorgehen; und sein Ursprung“ – d.h. sein Hervorgehen aus Gott ist in der Urzeit, von Ewigkeit her.“ Darum spricht der Sohn Gottes selbst im Johannesevangelium (Joh 8,58): „Wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich.“ Und Johannes sagt Joh 1,1): „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Unter „Wort“ versteht er hier aber nicht ein vergängliches Lautgebilde, auch nicht den Ratschluss Gottes, sondern die Person des Sohnes. Denn kurz danach fugt er hinzu (Joh 1,14): „Und das Wort ward Fleisch.“ Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes nicht, wie die Ketzer töricht daherreden, der Gedanke oder Plan Gottes ist, der Fleisch wurde. Vielmehr war er, der Fleisch wurde in der Zeit, schon vor ewigen Zeiten beim Vater und ist daher mit dem wahren Gott wahrer Gott. Denn es heißt (Joh 1,1): „Das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“, weil es von Anfang an, d.h. von Ewigkeit her, bei Gott war. Diese einfache Auffassung von der ewigen Zeugung des Sohnes aus dem Vater, die von der Schrift überliefert wird und deshalb nichts anderes als wahr sein kann, genügt, wie ich meine, denen vollauf, die nicht vorwitzig sind.

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3 Kommentare
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toblog
3 Jahre zuvor

Warum spricht man eigentlich immer von der Jungfrauengeburt? Warum nicht – auch in Bezug auf Weihnachten – nicht von Gotteszeugung?

FrankS
3 Jahre zuvor

Die Aussage Bullingers muss ich mir mehrmals durchlesen. Beim ersten Durchlesen habe ich gemerkt, dass ich die Tragweite dessen, was er da aus der Bibel zusammenträgt nicht überblickt habe. Das fing damit an, dass ich die Überschrift für einen Zeitraum gehalten habe. Also eine ewig andauernde Zeugung.

Auch jetzt weiß ich nicht, ob ich alles erkannt habe. Das Interesse an den Schriften Bullingers ist jedoch geweckt. Noch viel mehr ist jedoch der Wunsch geweckt, dieses Thema erneut in der Bibel selbst nachzuvollziehen.

Danke dafür.

Clemens Altenberg
3 Jahre zuvor

Das Gedenken an die Geburt Jesu wird bei mir leider getrübt durch das aktuelle Nichthandeln einer Partei, die sich immer noch „christlich-sozial“ nennt.

https://www.derstandard.at/story/2000122756615/ihr-kinderlein-kommet-nicht

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