Hat Augustinus die abendländische „Ursünde“ erfunden?

Wilson AugustinusMit Interesse habe ich das Buch War Augustin der erste Calvinist? gelesen. Autor ist der Nordamerikaner Ken Wilson. Arzt von Beruf, begeistert er sich gleichermaßen für theologische Fragen und studierte deshalb obendrein Theologie. Im Jahr 2012 wurde er von der Theologischen Fakultät Oxford (England) mit der Untersuchung Augustines Conversion from Traditional Free Choice to „Non-free Free Will“, A Comprehensive Methodology promoviert. Inzwischen lehrt Wilson als Professor für Kirchengeschichte und Systematische Theologie an der Grace School of Theology in The Woodlands (Texas, USA).

Die Grace School of Theology hat in ihrer theologischen Erklärung ausdrücklich den Passus aufgenommen, dass „der anfängliche Glaube, der zur Rechtfertigung und Erneuerung führt“, „kein Geschenk Gottes“ ist. Der Mensch kann nach Wilson aus eigenem Vermögen glauben. In dieser theologischen Schule stehend, bemüht er sich beharrlich darum, die Freiheit des Menschen zu schützen. Seine besondere Wertschätzung für die griechischen Kirchenväter überrascht daher nicht. Mehrfach würdigt er Origenes (185–ca. 254 n. Chr.), der wie manch anderer klar erkannt habe, dass Glaube menschlich sei: „Der erste Glaube kommt vom Menschen, er ist nicht göttliche Gabe. ‚Die Apostel, nachdem sie einmal verstanden haben, dass der Glaube, der nur vom Menschen kommt, nicht vollendet werden kann, es sei denn, dass das, was von Gott kommt, hinzugefügt wird, sagen zu ihrem Erlöser: ‚Mehre unseren Glauben!‘ (Com. Rom. 4.5.3)“ (S. 54).

Das Buch bietet dementsprechend allen, die noch immer Glaube als Geschenk verstehen, eine Ausfahrt an: „Es gibt Alternativen. Alle anderen Hauptzweige der Christenheit – der römische Katholizismus, die östliche Orthodoxie und alle nicht-calvinistischen Protestanten [wirklich?] – halten sich an die Perspektive der Willensfreiheit, so wie sie in den ersten vierhundert Jahren der Christenheit einstimmig und einmütig vertreten wurde“ (S. 148). Deshalb der abschließende Appell: „Folgen Sie bitte nicht einem heidnischen Gott, der Sie erst hypnotisiert und dann Ihren Geist manipuliert, sondern schließen Sie sich stattdessen dem liebenden Gott der Christen an, der Sie einlädt, eine freie Wahl zu treffen“ (S. 150).

Falls jemand mit Epheser 2,8–9 dagegenhält, wo Paulus davon spricht, dass die Errettung durch Glauben eine Gabe Gottes ist, steht er nach Wilson unter dem Einfluss des gnostischen Manichäismus. Der manichäische Priester Fortunatus habe diesen Text in dem Sinn verstanden, dass der Glaube ein göttliches Geschenk sei. Das aber könne so nicht sein, da ja dann die Antwort des Menschen auf den göttlichen Ruf etwas wäre, was Gott selbst schenkt. Die Errettung, nicht der Glaube, ist für Wilson Gottes Geschenk. „Sie geschah aus der Gnade Gottes durch den Glauben der Menschen (vgl. Eph 2,8)“ (S. 62).

Wie aber fand der Gnostizismus Eingang in die abendländische Theologie? Für Wilson liegt es auf der Hand. Der Kirchenvater Aurelius Augustinus (354–430 n. Chr.) habe die christliche Theologie mit heidnischen Glaubensvorstellungen korrumpiert und auf diese Weise der gesamten westliche Theologie eine verhängnisvolle Ausrichtung gegeben. Die reformatorische Theologie, die bekanntlich in weiten Teilen Augustinus für sich in Anspruch nimmt, sei diesem groben Missverständnis besonders drakonisch auf den Leim gegangen.

Die Fragen, die Ken Wilson diskutiert, sind keine einfachen. Ich habe viel Verständnis dafür, dass sie gestellt werden. Vielleicht kann ich in den nächsten Monaten eine ausführliche Besprechung des Buches ausfertigen und der Grundthese, dass nämlich der „augustinische Calvinismus“ ein Synkretismus aus Stoizismus, Neuplatonismus und Manichäismus sei, genauer nachgehen. Dafür ist allerdings viel zu lesen und es braucht Zeit. 

Eine Behauptung Wilsons möchte ich freilich schon jetzt hinterfragen. Er behauptet wiederholt, dass sich die Kirchenväter bei den Themen rund um Erbsünde, Vorsehung und Vorherbestimmung sowie Willensfreiheit weitgehend einig waren. Erst mit Augustinus (354–430 n. Chr.) seien heidnischen Ideen von Erbsünde, Determinismus und dem unfreien Willen in die christliche Theologie eingedrungen. Das klingt dann etwa so (S. 62):

In einer scheinbar seltenen theologischen Einstimmigkeit, über Hunderte von Jahren hinweg und durch den gesamten Mittelmeerraum hindurch, herrschte eine christliche regula fidei der Willensfreiheit. Origenes plädierte dafür, diese nicht als eine Regel des Glaubens zu betrachten, sondern als die Regel des Glaubens schlechthin.

Ich wähle noch ein weiteres Zitat (S. 138–139): 

Augustins einzigartige und völlig überzogene Reaktion auf den Pelagianismus setzte erst im Jahre 412 n. Chr. ein und ließ ihn in ein Fahrtwasser geraten, das dem Christentum bis dahin unbekannt gewesen war. Er fügte die verdammenswerte Schuld zur Erbsünde hinzu und verlangte, dass eine radikale manichäische Gnade die tote Seele mittels göttlich eingeflößtem Glauben zum Leben erwecken müsse. Nicht ein einziger Autor vor Augustin hatte gelehrt, dass die Menschen bereits in einem verdammten Zustand geboren wurden und es deshalb nötig war, dass Gott zuerst die gefallene Natur einer Person verändern und mittels Glauben und Gnade erneuern müsse, bevor dieses Individuum in der Lage war, auf Gott zu reagieren. Alle vorherigen Autoren hatten gelehrt, dass Gott allen hilflosen Menschen in der Person Christi bereits ausreichend Gnade zur Verfügung gestellt hatte. Die Menschen mussten nur Gottes Geschenk der Errettung in Christus annehmen, und dies konnten sie mit Hilfe ihres eigenen ihnen verbliebenen Anteils an gottgegebener Gottesebenbildlichkeit, der Willensfreiheit.

Obwohl ich infrage stelle, dass die Einigkeit unter den Kirchenvätern in diesen Dingen so überwältigend war, wie Wilson das vorgibt (siehe dazu weiter unten), bin ich von der Einsicht, dass die Alte Kirche darum bemüht war, die natürliche Freiheit des Menschen zu verteidigen, nicht sonderlich überrascht. Die Alte Kirche hatte anderes im Blick als der späte Augustinus in seinem Konflikt mit Pelagius (ca. 350–418 n. Chr.). Otto Hermann Pesch, ein großer Kenner der Gnadentheologie, schreibt in der Theologischen Realenzyklopädie

Die Schriften der griechischen Kirchenväter sind zur Frage der Willensfreiheit nicht ergiebig, was neue Gesichtspunkte angeht. Der einfache Grund: Die Theologen verarbeiten das paulinische Erbe nicht, weil sie andere Probleme haben und in anderen Auseinandersetzungen stehen. … Wenn dennoch die Willensfreiheit einmal thematisiert, gar als wichtiges Problem wahrgenommen wird (s. o. I.1.1.), so sind die Gegner nicht eine Lehre von der Vorherbestimmung auf der Linie des Paulus, sondern gnostische und manichäische Lehren, die das Böse nicht auf die Wahlentscheidungen des Menschen, sondern auf ein widergöttliches böses Prinzip zurückführen.

Lassen wir noch einen großen reformierten Theologen zu Wort kommen. Bei Herman Bavinck ist nachzulesen: 

In der frühen Kirche, zu einer Zeit, als sie mit heidnischem Fatalismus und gnostischem Naturalismus zu kämpfen hatte, konzentrierten sich ihre Vertreter ausschließlich auf die moralische Natur, Freiheit und Verantwortung des Menschen und konnten daher der Lehre der Schrift über den Ratschluss Gottes nicht gerecht werden. Obwohl die Menschen mehr oder weniger durch die Sünde korrumpiert worden waren, blieben sie frei und konnten die angebotene Gnade Gottes annehmen. Die Lehre der Kirche enthielt keine Lehre von umfassender Prädestination und unwiderstehlicher Gnade. Der Ratschluss Gottes bestand in Vorauswissen und der Festlegung von Belohnung oder Strafe, die von diesem Vorauswissen abhing. Gott überlässt diejenigen, von denen er im Voraus weiß, dass sie nicht glauben werden, ihrem Unglauben und wählt diejenigen aus, deren Verdienste er vorhergesehen hat. Im Wesentlichen ist dies die Position der orthodoxen Kirche geblieben. Die Menschheit ist durch die Sünde geschwächt und sterblich geworden. Dennoch kann der Mensch immer noch das natürlich Gute wählen und die im Evangelium angebotene Gnade annehmen oder ablehnen (vorauslaufende Gnade). Wenn Menschen sie annehmen, werden sie von dieser Gnade unterstützt (kooperative Gnade) und müssen bis zum Ende durchhalten, denn sie können immer noch abfallen. Diejenigen, die diese Gnade annehmen und ausharren, sind für die Erlösung vorhergesehen und vorherbestimmt. Die anderen – auch wenn Gott durch einen vorausgegangenen Willen die Errettung aller will – sind in ihrem gefallenen Zustand belassen und zum Verderben vorherbestimmt.

Einer der letzten bedeutenden reformierten Theologen, der in Deutschland gewirkt hat, sah sehr klar, dass die patristischen Quellen trübe sind. Er behauptet im Grunde das Gegenteil von dem, wofür Ken Wilson steht. Nicht Augustinus habe die paganen Einflüsse in die Theologie hineingetragen. Umgekehrt habe er (unvollkommen) dazu beigetragen, die Theologie von den schon vorliegenden paganen Beeinflussungen zu befreien. Adolph Zahn (1834–1900) schrieb: 

Im großen und ganzen ist die Theologie der Kirchenväter ein mit christlichen Fetzen geschmücktes Heidentum, aus dem sich durch Gottes Providenz dennoch die vielen großen Wahrheiten Augustins von Prädestination, Sünde und Gnade und die logisch wahren Bestimmungen über die beiden Naturen in Christus herausgerettet haben: brauchbare Grundsäulen für die Zukunft.

Noch etwas: Augustinus ist schon zu seinen Lebzeiten mit den Vorwürfen konfrontiert worden, die Ken Wilson vorträgt. Dem afrikanischen Bischof wurde vorgehalten, dass seine Sichtweise den Lehren der Väter widerspreche. Augustinus reagierte gescheit darauf. Er zeigte nämlich zunächst, dass sich die Väter hinten anzustellen haben, da es vor allem auf das ankommt, was in der Heiligen Schrift steht. Gleichwohl hat er sich dann die Mühe gemacht, akribisch Väterzitate zusammenzustellen, die die seiner Meinung nach biblische Auffassung stützen. Sicher, er hat sich dabei durchaus hin und wieder vertan. Er war eben ein Mensch. Wie sorgfältig er jedoch aufs Ganze gesehen gearbeitet hat, wird m. E. aus dem folgenden Zitat des Kirchenhistorikers Michael Fiedrowicz ersichtlich:

Hatte Augustinus bislang also primär die Väterzeugnisse seiner Gegner zu widerlegen versucht, ohne das patristische Argument selber voll zu entfalten, so fand dieses nun auch bei ihm reiche Anwendung in der Kontroverse mit Julian von Eclanum, der nicht nur Vernunftargumente und Schriftbeweise, sondern insbesondere die griechische Vätertradition gegen Augustinus (c. Jul. 1,29) ins Feld zu führen suchte. Prägnant fasste Augustinus (c. ep. Pel. 4,20) die Intention seines eigenen Väterbeweises zusammen: „Es sollen solche, die an den Wert der Worte dieser Männer glauben, darauf hingewiesen werden, wie in diesen Dingen schon vor jenem leeren Gerede katholische Bischöfe den göttlichen Worten folgten. Sie sollen wissen, dass von uns der rechte und von alters her grundgelegte katholische Glaube gegen die neue verhängnisvolle Anmaßung der häretischen Pelagianer verteidigt wird.“ Hatte Julian von Eclanum Augustinus der Erfindung der Erbsünde bezichtigt, so hielt ihm der Bischof von Hippo (c. Jul. 1,5–35; c. Jul. imp. 1,52) die Autorität acht abendländischer Väter (Irenäus, Cyprian, Reticius, Olympius, Hilarius, Ambrosius, Innozenz I., Hieronymus) und mehrerer Vertreter der griechischen Kirche (Basilius, Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomus) entgegen. Selbstbewusst konnte Augustinus (c. Jul. 1,30; 2,37) darauf verweisen, dass seine Ansichten nicht, wie Julian es hinzustellen versuchte, auf einem „Komplott verrufener Männer“ und einer unbewältigten manichäischen Vergangenheit beruhten, sondern in völligem Einklang mit den Überzeugungen jener waren, „die in der katholischen Kirche durch ihre Bemühungen um die gesunde Lehre hervorleuchteten“ und die universale Kirche sowohl chronologisch wie geographisch zu repräsentieren vermochten. Im einhelligen Zeugnis der Väter artikulierte sich also der Glaube der Kirche selbst (c. Jul. 1,34). Augustinus bemühte sich, die von ihm zitierten Autoren durch jeweilige Angabe ihres Bischofssitzes als authentische Glaubenslehrer zu erweisen, insofern sie als Amtsträger zeitlebens in Gemeinschaft mit der Kirche standen und diese repräsentierten. Dass diese Väter vor dem Aufkommen der aktuellen Kontroverse lebten, qualifizierte sie in besonderer Weise, da „sie über die Sache zu einem Zeitpunkt entschieden, wo niemand behaupten kann, sie hätten die eine Partei benachteiligt, die andere begünstigt“ (c. Jul. 2,34). Augustins Väterbeweis ist nicht nur durch ein klares Methodenbewusstsein gekennzeichnet, das verifizierbare, objektiv-korrekte und eindeutige Belege verlangte. Darüber hinaus ist auch das Verhältnis zwischen Schriftautorität und Väterargument von ihm bedacht worden. Als Ausleger der Bibel (divinarum scripturarum tractatores: Aug., pecc. mer. 3,12) werden die Theologen dieser untergeordnet. Allein ihr kommt die canonica auctoritas (pecc. mer. 3,14) mit dem Anspruch der Irrtumslosigkeit zu.

Schließlich soll ein konkretes Beispiel belegen, dass Wilson in dem patristischen Befund eine Übereinkunft sieht, die es so nicht gegeben hat. Es ist nur ein kleines Beispiel und es greift sein Hauptargument allein nicht an. Aber es zeigt, dass auch er nur ein Mensch ist. 

Wilson schreibt: „Kein anderer Autor vor ihm hatte gelehrt, dass Säuglinge aufgrund von Adams erster Sünde schuldig und verdammt waren und die Wassertaufe zur Errettung benötigten“ (S. 86). Das Thema „notwendige Taufe“ klammern wir hier mal aus. Ich selbst bin ein Kritiker der augustinischen Tauftheologie. Aber stimmt es, dass die christliche Theologie bis zu Augustinus keine strenge Lehre von der Ursünde kannte, nach der die Menschen unter dem Fall verloren waren? Ich denke, so einfach ist das nicht und kann mit mindestens einem Zitat belegen, dass der patristische Befund mehrdeutiger ist als Wilson das suggeriert. Melito von Sardes (gest. Um 180 n. Chr.) schrieb in seiner heilsgeschichtlichen Osterpredigt Vom Passa:

Dieser aber [gemeint ist Adam], nachdem er sehr zahlreich und alt geworden war, dadurch, daß er vom Baume gekostet und sich ausgebreitet hatte auf Erden – von ihm wurde ein Erbe hinterlassen seinen Kindern; er hinterließ nämlich seinen Kindern nicht Züchtigkeit, sondern Unzucht; nicht Unvergänglichkeit, sondern Vergängnis; nicht Ehre, sondern Unehre; nicht Freiheit, sondern Knechtschaft; nicht Königsherrschaft, sondern Tyrannei; nicht Leben, sondern Tod; nicht Heil, sondern Verderben. Unerhört und schrecklich wurde auf Erden das Verderben der Menschen. Dieses nämlich fiel ihnen zu: Von der tyrannischen Sünde wurden sie unterjocht und wurden in die Wogen der Begierden geführt, in die sie von den unersättlichen Lüsten hineingetaucht wurden durch Ehebruch, durch Hurerei, durch Schwelgerei, durch Geiz, durch Morden, durch Blutschuld, durch Tyrannei der Schlechtigkeit, durch Tyrannei der Gesetzlosigkeit; der Vater zog gegen den Sohn den Dolch und der Sohn legte Hand an den Vater; und der Frevler schlug die nährenden Brüste, und Bruder tötete den Bruder, und Gast tat dem Gaste Unrecht und Freund mordete den Freund und Mensch schlachtete den Menschen mit tyrannischer Rechten hin; alle waren sie entweder Menschenmörder oder Brudermörder auf Erden geworden. Aber noch schlimmere und schrecklichere Dinge wurden erfunden: Ein Vater legte Hand an sein eigenes, von ihm gezeugtes Fleisch; eine Mutter legte Hand an jene, die sie mit ihren Brüsten genährt; sie vergrub die Frucht ihres Schoßes im Schoße und die unglückliche Mutter wurde ein schreckliches Grab, da sie das Kind verschlang, das sie getragen hatte.

Diese Schilderung des Lebens unter dem Fall erinnert doch stark an das, was der Apostel Paulus über die Herrschaft der Sünde geschrieben hat. Nicht die Tatsünden machen uns zu Sündern, sie sind Ausdruck der über den Menschen herrschenden tyrannischen Sünde. Nachfolger Adams sind keine unschuldigen Menschen mit dem Potential zur Sünde. Nein, sie haben den Zustand der Verdorbenheit geerbt.

Nun weiß ich, dass Ken Wilson in seinem großen Buch Melitos Sichtweise kurz erörtert und sich dort der Deutung von Stuart G. Hall anschließt, der Melito so versteht:

Einmal im Gefängnis, ist der Mensch der Tyrannei der Sünde und seinem Kollegen, dem Tod, ausgesetzt, beides höchst personifizierte Figuren. Auf diese Weise hinterlässt Adam seinen Nachkommen ein unangenehmes Erbe, aber obwohl Paulus die Verbindung des Todes mit der Sünde verfolgt, gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Sündhaftigkeit selbst den Nachkommen Adams weitergegeben wird, wie in der späteren augustinischen Lehre.

Handfeste Begründungen für diese Interpretation fehlen. Dass es hingegen gute Indizien dafür gibt, Melito anders zu verstehen, ist beispielsweise bei dem katholischen Dogmatiker Leo Scheffczyk nachzulesen:

Melito sieht die Wirkung des Todes Christi in der Befreiung der Menschheit von dem durch Adam verursachten Verderben, der „hinausgeworfen wurde in diese Welt wie ein Verurteilter ins Gefängnis“ (§ 48). Im Lichte der Erlösungstat Christi beurteilt er nun auch den vorhergehenden Zustand der Menschheit und schildert ihn sehr drastisch und in dunklen Farben. Bemerkenswert ist an der Formulierung, daß hier erstmals die Folgen der Adamstat als Erbe (κληρονομια) bezeichnet werden, […]. Hiernach ist Adam offensichtlich der Stammvater aller Menschen, dessen Tat eine universale Unheilswirkung verursachte. Daß die Tat eines einzelnen am Anfang der Geschichte solches vermochte, wird genau so wenig als problematisch empfunden wie auf der Gegenseite die universale Effizienz der Heilstat Christi.

Ganz zum Schluss: Wer nicht durch Gott von der Herrschaft der Sünde befreit und in den Dienst gestellt wird, mag in der Lage sein, zivil zu leben. Gott lieben und zu seiner Ehre leben kann nur, wer erkannt hat, dass in seiner eigenen Natur nichts Gutes wohnt, noch nicht einmal das Vermögen, zu glauben. Wer nicht von Gott berufen wird, kann die Freude, die der Heiligen Geist jenen schenkt, die sich von ihm regieren lassen, nicht finden. Gott hat uns die Gnade erwiesen, dass wir an Christus glauben (vgl. Phil 1,29). Jesus ist der Anfänger und Vollender des Glaubens (vgl. Hebr 12,2). Der kostbare Glaube wird – wie ein Geschenk – empfangen (vgl. 2Petr 1,1). Apostelgeschichte 3,16 spricht sogar davon, dass der Glaube an Christus ein Glaube ist, der durch Christus selbst gewirkt wird (δίδωμι = gegeben, gewährt).

Führt der Glaube, dass der Glaube ein göttliches Geschenk ist, in den Fatalismus oder in die Passivität? Der Kompatibilismus, die Annahme also, dass Gott souverän regiert und der Mensch zugleich für sein Handeln verantwortlich ist, hat diesen Verdacht vehement zurückgewiesen. Ich behaupte nicht, dass dies einfach zu verstehen ist. Der kürzlich verstorbene Althistoriker Albrecht Dihle hat es nüchtern einmal so gesagt: „Im ganzen Alten Testament ist der Glaube an die Macht Jahwes, der alles Geschehen bestimmt und lenkt, ebenso lebendig wie die Überzeugung, daß der Mensch in seinem Tun und für sein Tun darum verantwortlich sei.“

So viel dazu von mir in aller Kürze und unsortiert. Vielleicht melde ich mich ja noch einmal sortiert zu Wort. 

– – –

Als PDF-Datei gibt es diesen Text auch mit Fußnoten: Wilson_Augustinus.pdf.

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27 Kommentare
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Jutta
3 Jahre zuvor

Danke, Ron, für diesen Kommentar. Ich habe das Buch angefangen zu lesen, aber nur angefangen, ich bin nicht weitergekommen .. Blockade. Und: ich weiss auch nicht so recht, wie ich all die vielen Informationen nachprüfen soll, ich habe kein Studium in irgendwas, keine Kenntnisse usw .. selbst in dieser Kurzform finde ich den Inhalt des Buches eher verwirrend und mein Empfinden meldet: konstruiert, da will jemand .. was ich früher auch wollte .. aber das eigene Empfinden ist ja nun wirklich kein guter Maßstab. Die Schwester, die seit ich mich der Reformation zugewandt habe, Abstand von mir genommen hat, weil sie diesen Gedanken nicht ertragen kann, ist gleichzeitig aber jemand, der sich sehr schwer tut, vom liebenden Gott und Seiner Rettungsbotschaft weiterzusagen. Und sie findet es „sarkastisch“ wenn „Calbinisten“ beten. Wozu? Wenn doch alles vorherbestimmt ist. Das finde ich dann auch sehr eigenartig. Aber vielleicht ist das jetzt ungerecht von mir – allerdings habe ich keine Probleme damit, und kann… Weiterlesen »

Last edited 3 Jahre zuvor by Jutta
Zemp Sacha
3 Jahre zuvor

Ich würde mich freuen wenn es eine englische oder deutsche Rezension geben würde , da ein Ältester in meiner Gemeinde das
Buch gelesen und begeistert war. Er hat bei uns im Newsletter geschrirben: „Dieses Buch ist für Menschen die keine Angst haben, die Wahrheit über die Tradition triumphieren zu lassen.“.

Mir würde es helfen, wenn jemand das Buch kritisch rezensieren würde.

Gruss
Sacha

Markus Jesgarz
3 Jahre zuvor

Meine Meinung ist: Der alte Augustinus von Hippo wechselte zu einer eher deterministischen Perspektive. 1. Im Beitrag: Haben die frühen Kirchenväter „den Calvinismus“ gelehrt? https://www.youtube.com/watch?v=YTSEh1o8HdE&list=RDCMUCPRJ7X3hyFvm-3Jo8rVWYOw&index=2 am 05.08.2019 von „Soteriology101“ steht am Anfang: Dr. Leighton Flowers, Direktor für Evangelisation und Apologetik bei den Texas Baptists (texasbaptists.org), hat Dr. Ken Wilson wieder eingeladen, um seine Oxford-Dissertation über die Lehre der frühen Kirchenväter im Gegensatz zu Augustinus und dem Anspruch einiger moderner Calvinisten zu diskutieren, die versuchen, die Kirchengeschichte neu zu definieren, um ihre eher deterministische Perspektive zu unterstützen. 2. Im Beitrag: Augustinus: Verfechter des freien Willens, Verteidiger der Prädestination http://sites.nd.edu/ujournal/files/2014/07/Peterson_05-06.pdf von Brandon Peterson steht unter „Weakness of the Will: The Enchiridion, 421-422“ („Schwäche des Willens: Das Enchiridion, 421-422“) am Ende: Es gibt Teile des Enchiridion, die für das moderne katholische Ohr recht beängstigend klingen und deren schrecklichste noch nicht angesprochen wurden. Gegen Ende des „Handbuchs“ beginnt Augustinus, eine Sprache zu verwenden, die überraschend calvinistisch klingt, indem er den späteren Begriff der „doppelten… Weiterlesen »

Daniel
3 Jahre zuvor

Danke, Ron! Ich fange gerade an, Wilson’s Buch auf Englisch zu lesen. Vielleicht ist er in seiner Dissertation gründlicher (die liegt mir noch nicht vor), aber mir scheint, dass das Hineinlesen der Determinismusdebatte in die Vätertexte zu anachronistischen Interpretationen führt. Diese Gefahr besteht sicherlich für beide Seiten in der Debatte. Wilson wartet nicht gerade mit präzisen Definitionen von „Wille“ und „Vorherbestimmung“ aufwartet (oder habe ich da etwas übersehen?). Auffallend ist dabei die Dehnbarkeit so mancher Belegstelle.Wilson behauptet etwa: „In The Epistle of Diognetus God does not compel anyone. Instead, God foreknows choices by which he correspondingly chooses his responses to humans.“ (S. 20) Doch kann Diogn. 10,4 interessanterweise in beide Richtungen gelesen werden (vgl. die dt. Übersetzung in Lindemann/Paulsen): „Und wundere dich nicht darüber, dass ein Mensch Nachahmer Gottes zu werden vermag; er vermag es, wenn er (sc. Gott) es will.“ „Wenn er es will“ kann auf griechisch grammatisch als Genitivus absolutus sowohl auf Gott (so Lindemann) als auch auf… Weiterlesen »

Günter
3 Jahre zuvor

Herzlichen Dank für die sehr hilfreiche Vor-Arbeit!

3 Jahre zuvor

[…] bin Ron Kubsch dankbar, dass er die Diskussion über der Kurzversion von Ken Wilsons Dissertation aufgenommen hat. Diese Auseinandersetzung ist sehr anspruchsvoll, dies aus mehreren […]

Tim-Christian
3 Jahre zuvor

Ein Blick in Luthers Kleinen Katechismus genügt, um zu zeigen, dass nicht nur Calvinisten so denken:

„Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird.
Das ist gewißlich wahr.“

Last edited 3 Jahre zuvor by Tim-Christian
Jörg
3 Jahre zuvor

@Daniel Wobei bei Bezug auf den Menschen ein einfaches Partizip Conjunctum naheliegender wäre (außer es liegt eine Stilbesonderheit von Diogn vor )

Mitleser
3 Jahre zuvor

Wenn ich mich nicht irre, gehörten zu den „gandenbetonten katholischen Christen“ nicht nur Pascal und die Jansenisten, sondern auch u.a. und besonders Thomas von Aquin und von ihm ausgehende Strömungen. Der jahrhundertelang schwellende und bis heute nicht entschiedene innerkatholische Gnadenstreit wurde in der (heute leider kaum bekannten) Schule von Salamanca (Banez vs. Molina) ausgelöst, die im Wesentlichen in der Tradition des Aquinaten stand und den Neuthomismus begründete 😉

Daniel
3 Jahre zuvor

@Jörg: man kann natürlich den Satz auch auf den Mensch beziehen, muss das aber natürlich in irgendeiner Form begründen oder diskutieren (nebenbei: auch Lightfoot/Holmes und die BKV übersetzen explizit auf Gott bezogen; Ehrmans Übersetzung lässt das offen). In der Kurzfassung von Wilson‘s Dissertation wirkt das argumentativ meist eher wie Prooftexting mit ein paar passenden Kommentaren aus der Sekundärliteratur. Mich stört zudem schon beim ersten Lesen das Runterbrechen der Kirchenväter auf ein angeblich allen gemeinsames Akronym, zumal bekanntlich nicht wenige Kirchengeschichtler schon stark hinterfragen, ob man Calvins Theologie einfach auf das sekundäre Akronym TULIP herunterbrechen kann. Ebenso irritiert, dass Wilson anscheinend methodisch im Vorhinein ausschließt, dass Augustinus seine späte Position auf Grundlage der Schrift gewonnen haben könnte. Das erinnert sehr stark an die mittlerweile stark in Frage gestellte These von der „Hellenisierung“ des Christentums. Es ist eine Sache, philosophisches Vokabular zu gebrauchen, was sich ebenfalls bei den Stoikern usw. findet, es ist etwas ganz anderes, nachzuweisen, dass Augustinus seine Argumentation darauf… Weiterlesen »

Daniel
3 Jahre zuvor

Nachtrag: Wilson’s Umgang mit Diognet ist anscheinend nicht nur an der Stelle etwas schlampig, James White weist darauf hin, dass er auch in Diogn 9,5-6 in seiner Dissertation ganz wesentliche Aussagen unterschlägt bzw. uminterpretiert, die ausdrücklich vom Unvermögen des Menschen sprechen. https://www.aomin.org/aoblog/church-history/working-on-wilsons-dissertation-2-the-epistle-to-diognetus/

Günter
3 Jahre zuvor

Wilson schreibt: „The Gnostic Manichaeans cited John 6:65, 14:6, and Ephesians 2:1–9 as proof-texts for unconditional election against Christian free choice. Fortunatus the Manichaean had quoted Eph. 2:8–9 as evidence for initial faith being God’s gift by grace (DUPIED).[131] But Augustine had previously correctly attacked this error: „I say it is not sin, if it be not committed by one’s own will; hence also there is reward, because of our own will we do right“ (c.Fort.21). Such pagan ideas had been refuted by Augustine until 412 CE when he readopted the Manichaean interpretations against all prior Christian authors.“ Wilson, Ken. The Foundation of Augustinian-Calvinism (S.69). Regula Fidei Press, LLC. Kindle-Version (Hervorhebung am Schluss von mir.) Hier würde sich für Wilson ein Blick in den Epheserbrief-Kommentar von Hieronymus lohnen (ca. 387-389): „Whether Faith Is Itself Finally Our Work. Jerome: Paul says this in case the secret thought should steal upon us that “if we are not saved by our own works,… Weiterlesen »

Jörg
3 Jahre zuvor

@Daniel Wenn die seltenere und kompliziertere Syntaxvariante gewählt wurde, kann man davon ausgehen, dass dies notwendig war. Entweder weil grammatisch keine andere Möglichkeit bestand (das wäre bei einem Bezug auf „Gott“ der Fall), oder weil es stilistisch gewollt war, z.B. zur Entzerrung des Gesamtsatzes (das wäre bei einem Bezug auf den Menschen der Fall). Die Syntax ist aber hier völlig unproblematisch/einfach. In jedem Fall aber trägt die Beweislast derjenige, der letzteres annehmen will gegen die typische Verwendung.

Daniel
3 Jahre zuvor

@Jörg: im Zweifelsfall würde ich auch immer die grammatisch leichtere Lesart vorziehen. Entscheidend ist hier aber meines Erachtens der Zusammenhang. Wenn der Mensch nach Diogn 9,5-6 der „Unfähigkeit unserer Natur, das Leben zu erlangen“ (Lindemann/Paulsen) unterliegt, macht es wenig Sinn, dass der Mensch in 10,4 aus eigenem Willen vermögen soll, Gottes Nachahmer zu werden. Auf Gott bezogen würde die Aussage sich stimmig in den Gesamtzusammenhang einordnen, auf den Menschen bezogen wäre die inhaltliche Pointe seltsam: „wundere dich nicht, darüber dass ein Mensch Nachahmer Gottes zu werden vermag; er vermag es, wenn er will.“ Gerade vor dem Hintergrund von Diogn 9 steht hier die Rechtfertigungsbotschaft und der „süße Tausch“ im Mittelpunkt, nicht das mangelnde Selbstvertrauen in die eigene Willenskraft.

Clemens Altenberg
3 Jahre zuvor

Ich kenne Wilson nicht und weiß daher nicht ob er neue Fakten auf den Tisch legt (das Cover und der Untertitel wirken jedenfalls fürchterlich reißerisch).
Aus dem letzten ausführlichen Standardwerk über Augustinus von Robin Lane Fox (als gründlicher Althistoriker verfolgt er keine theologische Agenda in irgendeine Richtung, kann ich Ron sehr für die Recherche empfehlen) geht klar hervor, dass Augustinus lange den freien Willen gegen die Manichäer verteidigte und sich auch als frischgebackener Bischof noch gegen eine hundertprozentige Determination durch Gnade ausgesprochen hat. Soweit ich mich erinnere hat er sich erst durch den Konflikt mit Pelagius in eine Extremposition hineinsteigern lassen.
Das Konzept der Erbsünde hat er natürlich nicht erfunden, aber er hat ihm den Namen gegeben. Durch seinen persönlichen Kampf um die Bekehrung zur Enthaltsamkeit, von dem die Confessiones berichten, hat er es so sexuell aufgeladen und zugespitzt.  

Markus Jesgarz
3 Jahre zuvor

Meine Meinung ist:
Herr Roger Liebi setzt sich vehement für die Ansichten von Herr Ken Wilson ein.
Im Beitrag:
Roger Liebi Streiflichter aus der Kirchengeschichte: War Augustinus wirklich der erste „Calvinist“?
https://www.youtube.com/watch?v=DP9enWSphN8&list=UULYllfXf1xqDBnoKPxTfXkw&index=19
am 24.05.2020 von „Roger Liebi LIVE“ steht am Ende:
Dr. med. Ken Wilson ist ein US-amerikanischer Chirurg, spezialisiert auf Hände und Unterarme. 2013 legte er an der Universität Oxford (England) eine zweite Doktorarbeit vor. Diese Arbeit ist ein Schock für viele Gläubige! Ken Wilson belegte darin, dass Calvin seine Prädestinationslehre nicht selber aufgebaut, sondern sie einfach von Augustinus übernommen hatte. Ab dem Jahr 412 änderte Augustinus seine Ansichten über Prädestination grundlegend, indem er philosophische Gedanken, die schon in früheren Zeiten von den Gnostikern, Manichäern, Neoplatonikern und Stoikern gelehrt worden waren, übernahm. Damit brach er mit den Lehrüberzeugungen aller Bibellehrer vor ihm.
Wir begeben uns mit der Bibel in der Hand auf eine spannende Entdeckungsreise durch die Kirchengeschichte!

Clemens Altenberg
3 Jahre zuvor

Ich kenne Roger Liebi nicht, aber denke, dass es nicht ketzerisch ist zu behaupten, dass die frühen christlichen Philosophen um einiges weiter weg von Calvin waren als der späte Augustinus. Ich frage mich, was neu und skandalös an der Behauptung sein soll. Hab ich bei Karamanolis schon vor ein paar Jahren gelernt, der Kollege von der Uni Wien verdankt seine Professur einem vielgelobten Buch über die frühchristliche Philosophie:

https://www.amazon.de/Philosophy-Early-Christianity-Ancient-Philosophies/dp/1844655687

Markus Jesgarz
3 Jahre zuvor

Meine Meinung ist: Der christliche Theologe Origenes setzte sich für den freien Willen ein. Im Beitrag: Frühchristliche Philosophen über den freien Willen https://www.academia.edu/43310388/Early_Christian_Philosophers_on_Free_Will von George Karamanolis steht auf der Seite 18 von 20 in der Seitenanzeige unter „5 Conclusion“ („5. Schlussfolgerung“) 1. am Anfang: Aus den obigen Ausführungen wird, so hoffe ich, deutlich, dass sich die frühen christlichen Philosophen stark mit der Frage des freien Willens und der menschlichen Verantwortung beschäftigt haben. Ein genauer Blick auf ihre Argumente erklärt die Gründe für diese Beschäftigung. Sie wollten die Ansicht gegen diejenigen verteidigen, die argumentierten, dass unsere Entscheidungen auf diese oder andere Weise bestimmt werden, dass wir die Macht und die Autorität haben, zu wählen, und dass nichts unsere Zustimmung erzwingen kann. 2. am Ende: Gottes Heilsangebot respektiert diese Entscheidung und wird entsprechend belohnt. Clemens ist ein wichtiges Bindeglied in der Entwicklung einer Theorie des freien Willens im frühen Christentum, denn er ebnet den Weg für die Theorie des freien Willens des… Weiterlesen »

Clemens Altenberg
3 Jahre zuvor

Bevor Augustinus durch Ambrosius die von Origenes entwickelte allegorische Bibelauslegung kennengelernt hatte, konnte er sich nicht für die Bibel begeistern. Er war ein „versnobter“ Rhetoriker, und der Stil der Bibel konnte für ihn nicht mit Cicero, Vergil… mithalten. Ich zitiere aus Robin Lane Fox´ Buch über Augustinus: Augustinus sagt klar, „dass Ambrosius der Erste war, der ihm zeigte, dass sich hinter sperrigen Bibeltexten eine weitere tiefe Bedeutung oder Metapher verbergen konnte. Eine Textstelle musste nicht bedeuten, was sie auf den ersten Blick zu sagen schien. […] Jetzt zeigte sich, dass hinter dem unbeholfenen Stil der lateinischen Bibeltexte eine tiefere Bedeutung verborgen war. Ambrosius konnte die Tiefen des Textes ausloten, weil Christus Schlüssel zur Verfügung gestellt hatte. […] In diesem Sinn predigte Ambrosius: „Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber belebt“, die Worte des Paulus an die Korinther, die seinen Zuhörer Augustinus sehr beeindruckten. Sie waren eine Art „Regel“ für das Verständnis der Bibel, die aufgrund der Tiefe ihrer Bedeutungen wie… Weiterlesen »

Markus Jesgarz
3 Jahre zuvor

Meine Meinung ist: 1. Das Konzept von Augustinus passt ziemlich gut zu der späteren reformierten Doktrin der totalen Verderbtheit. Im Beitrag: WAS DENKEN SIE ÜBER ROM? (Fünfter Teil): Die katholisch-protestantische Rechtfertigungsdebatte http://www.equip.org/PDF/DC170-5.pdf von Norman L. Geisler, und Ralph E. MacKenzie, mit Elliot Miller steht auf der Seite 2 von 10 in der Seitenanzeige unter „Augustine“ („Augustinus“): Augustinus (354-430 n. Chr.) war ein intellektueller Riese. Niemand hat einen größeren Einfluss auf die Entwicklung des christlichen Denkens im Westen ausgeübt als der Bischof von Hippo. Wenn man sich mit der Rechtfertigungslehre von Augustinus befasst, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sein Denken in dieser lebenswichtigen Frage eine bedeutende Entwicklung durchgemacht hat. Schon früh betonte Augustinus die Rolle des menschlichen Willens in Fragen der Errettung, eine Ansicht, die er später in seinen Disputationen mit dem britischen Mönch Pelagius modifizieren sollte. Pelagiusʹs lehrte das theologische System die völlige Freiheit des menschlichen Willens und leugnete die Doktrin der Erbsünde. Nachdem er über Paulus‘ Erkenntnisse nachgedacht… Weiterlesen »

3 Jahre zuvor

[…] sich die Mühe macht, das Buch War Augustinus der erste Calvinist? durchzulesen (vgl. dazu hier), wird schnell erkennen, dass der Autor Ken Wilson im Geiste von Erasmus schreibt. Anders […]

Markus Jesgarz
3 Jahre zuvor

Meine Meinung ist: 1. Die Perspektive der Willensfreiheit war in den ersten vierhundert Jahren der Christenheit weit verbreitet. Im Gespräch: War Augustinus der erste, der den „Calvinismus“ in die Kirche eingeführt hat? (Prof. Dr. Leighton Flowers / Dr. Ken Wilson) http://www.calvinismus-check.de/war-augustinus-der-erste-calvinist/ im März 2019 übersetzt von Esther Dorendorf steht ab dem 19. Absatz: Flowers: Es gibt ein Video auf Youtube, in dem ähnlich vorgegangen wurde. Es wurde da Folgendes gesagt: Um zu entdecken, was die frühen christlichen Autoren lehrten, müssen wir zu den frühsten Kirchenvätern zurückgehen. Und den ersten, den sie zu Wort kommen lassen, ist Augustinus. Moment mal, was ist mit Tertullian, Polycarp, Ignatius und Irenäus? Was lehrten sie? Haben Sie in der Vorbereitung für Ihre Arbeit auch die Werke dieser frühen Kirchenväter gelesen? Wilson: Das habe ich in der Tat. In meiner Dissertation gibt es viele Kapitel, in denen ich die Ansichten aller Kirchenväter in Bezug auf die Erbsünde und die Freiheit des Willens diskutiere. Die frühsten Christen, die Theologen,… Weiterlesen »

2 Jahre zuvor

[…] Kenneth Wilson hat sich sogar zu der Aussage hinreißen lassen, der Gott, an den Augustinus, Luther oder Calvin geglaubt haben, sei ein heidnischer Gott, der die Menschen hypnotisiere und manipuliere (siehe Kenneth M. Wilson, War Augustin der erste Calvinist?, 2020, S. 150; vgl. dazu „Hat Augustinus die abendländische ‚Ursünde‘ erfunden?“). […]

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