Lady Gaga: Meisterin der Provokation

In dieser Woche ist mein Artikel über Lady Gaga erschienen. Darin heißt es:

Vor ziemlich genau einem Jahr drehte Lady Gaga zusammen mit Beyoncé den Videoclip zu ihrem Song »Telephone«. Mit Unterstützung von Wicked Pictures, einem Unternehmen, das sonst Pornofilme produziert, wurde zusammen mit dem Regisseur Jonas Åkerlund das bisher erfolgreichste Musikvideo gedreht. Innerhalb von nur vier Tagen ist der Clip weltweit siebzehn Millionen Mal im Internet abgerufen worden.

Der Film wurde von der Presse frenetisch gefeiert und in der Szene eifrig analysiert. »Ein filmisches Meisterwerk«, schrieb Tanner Stransky von ew.com. Niemand habe »im vergangenen Jahrzehnt mehr für das Genre des Musikvideos getan als diese Lady«. Gaga ist »für Youtube das, was Madonna und Michael Jackson für MTV waren: Ein Killerheilmittel«, jubelte das Magazin »New York«.

Mit »Telephone« wurde Gagas Ruhm besiegelt. Endlich war sie angekommen, wo sie immer schon hin wollte. Lady Gaga ist Mitte zwanzig und schon ein Mythos. Gängige Superlative verblassen inzwischen bei ihr. Sie ist das grösste Pop-Phänomen, die berühmteste Frau, eine so begnadete »Performerin«, dass sie erfolgreiche Selbstdarsteller wie David Bowie oder Madonna mühelos übertrumpft.

Die Künstlerin aus Manhattan hat über 15 Millionen Alben und 40 Millionen Singles verkauft. Ihre Videos wurden mehr als eine Milliarde Mal im Internet angeklickt, ihre Seite bei Facebook zählt zehn Millionen Fans. Bald wird ihr neues Album »Born this Way« erscheinen und die Diva wieder auf allen Medienkanälen zu sehen sein.

Lady Gaga, das ist der rätselhafteste, scharfsinnigste und verrückteste Superstar, den unsere Welt derzeit zu bieten hat. Es gibt keinen anderen Musiker, der in so kurzer Zeit aus dem Nichts auftauchte und die Massen in seinen Bann zog. Die »New York Times« berichtete im April 2010 sogar, dass Teenager in China nicht mehr »Oh mein Gott«, sondern inzwischen »Oh meine Lady Gaga« ausrufen.

Der Artikel:

  • Ron Kubsch: »Die Meisterin der Provokation«, factum 2/2011, S. 24–26.

kann im Einzelheft hier bestellt werden: www.factum-magazin.ch.

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Schandor
13 Jahre zuvor

„Sie ist das grösste Pop-Phänomen, die berühmteste Frau, eine so begnadete »Performerin«, dass sie erfolgreiche Selbstdarsteller wie David Bowie oder Madonna mühelos übertrumpft.“

Das hat m. E. weniger mit ihrer ethisch-ästhetisch großen Schaffenskraft als mehr mit dem Umstand zu tun, dass sie halt zur rechten Zeit lebt. Hätte es in der ersten Hälfte youtube gegeben und heute nicht mehr, wäre vermutlich Norma Jeans die grand dame geworden. Seltsam verhohlene Verwunderung einer Ethikrebellin,

meint Schandor, der sich die Videos nicht mehr ansehen will, weil es in dieser Welt schon genug Ekelerregendes gibt.

13 Jahre zuvor

Das Spannende an ihr ist, dass sie Avantgarde und Popkultur auf eine sehr eigene Weise vermischt, sie wird geliebt, weil sie weitestgehend gar nicht verstanden wird. Das ist schon eine neue Qualität und erklärt auch die quasi-religiöse Verehrung. Es ist diesselbe Mischung, die auch den Opferkult plausibel macht (damit spielt sie ja auch immer wieder): Ekel und Faszination. Sie ist ja, nach landläufigem Muster, noch nicht einmal hübsch.

Klaus Nomi z.B. hat das nicht geschafft. Er hatte natürlich auch nicht die Medien zur Verfügung.
Ansonsten ist ihre Provokation natürlich für jemanden, der mit Avantgarde-Kunst vertraut ist, keine wirkliche. Sie hat nur die Abkürzung genommen und nicht gewartet, bis bestimmte Entwicklungen in den mainstream abgesunken sind.
Textlich und musikalisch finde ich das alles nicht so besonders, Pop-Musik eben (von der ich nicht wirklich was verstehe).

Bettina Klix
13 Jahre zuvor

Danke, Ron, all Deine Gedanken zu Lady Gaga erschließen mir jetzt ein Erlebnis, das ich zwichenzeitlich völlig vergessen hatte. Jahrelang hatte ich kein Musikvideo mehr gesehen. In einem Café, in das ich mich nur geflüchtet hatte, um mich mit einem Tee aufzuwärmen, liefen Videos, auf einem sehr großen Bildschirm, plötzlich kam „Telephone“, ich kannte die Performerin nicht und starrte fassungslos auf das Video – es wurde in ganzer Länge gezeigt – und, als hätte ich noch nie so etwas gesehen, als käme ich aus einer anderen Welt, sah ich zum ersten Mal ein Musikvideo nicht ästhetisch, sondern bloß „ethisch“. Voller Empörung dachte ich nur: Das geht nicht!
Es bezog sich auf die Art, wie so „nebenbei“ gemordet wurde.
Jetzt begreife ich allmählich, warum ich so „kindlich“ darauf reagierte.

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