Großbritannien

Ethik, Pädagogik

Großbritannien verbietet Aufklärung über Transidentität an Schulen

Während Deutschland die Regierung vom Selbstbestimmungsgesetz schwärmt, setzt die britische Regierung ihren strikten Anti-Transgender-Kurs fort. Neue verbindliche Richtlinien sollen das Thema Geschlechtsidentität gänzlich aus den Schulen verbannen. Mandoline Rutkowski berichtet aus London: 

Innerhalb der konservativen Partei wird die Existenz eines Geschlechts jenseits der Mann-Frau-Binarität infrage gestellt. In einer Ankündigung der Regierung heißt es, dass die überarbeiteten Richtlinien für Beziehungs-, Sexual- und Gesundheitserziehung (RSHE) sicherstellen sollen, dass die unterrichteten Inhalte „faktenbasiert“ und „angemessen“ sind.

Den Schulen ist es künftig untersagt, Sexualerziehung vor der fünften Klasse, also vor dem neunten oder zehnten Lebensjahr der Schüler, zu unterrichten. Auch die „umstrittene Theorie der Geschlechtsidentität“ darf nicht mehr behandelt werden.

Bisher heißt es in den Richtlinien für Schulen lediglich, dass Schüler in einem „angemessenen Alter“ über Geschlechtsidentität aufgeklärt werden sollen, ohne dass ein Alter konkretisiert wird. Eltern haben außerdem das Recht, die Unterrichtsmaterialien einzusehen. Die neuen Regeln werden rechtsverbindlich sein, wann sie in Kraft treten, ist noch offen. Auf Nachfrage von WELT, welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung drohen, äußerte sich das Bildungsministerium nicht konkret.

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Bücher, Zeitgeist

Rollenbilder in Werbung verbieten

Die Selbstregulierung der Werbebranche in Großbritannien setzt Anzeigen auf einen Index, die althergebrachte Rollenbilder vermitteln. Ballerina-Träume für Mädchen, Ingenieurskarriere für Jungs gelten künftig als unzeitgemäß.

Als Selbstkontrolle der Industrie kann die ASA keine Geldstrafen verhängen, aber sie kann Online-Anzeigen, die gegen die Regeln verstoßen, entfernen lassen. Auch die britischen Rundfunk- und Fernsehanstalten haben sich verpflichtet, sich an die Regeln der ASA zu halten.

Ein Bann der Darstellung von Geschlechterrollen sei mit den neuen Regeln ausdrücklich nicht vorgesehen, stellte Smillie klar. Aber ein Motiv, das Familienmitglieder zeigt, die eine heillose Unordnung anrichten, während eine Frau alleine verantwortlich zeichnet, wieder Ordnung zu schaffen, sei nicht länger akzeptabel, heißt es in den ASA-Empfehlungen.

Das gelte auch für Werbung, die den Eindruck vermittle, gewisse Aktivitäten seien ungeeignet für Mädchen oder Jungs, da sie traditionell mit dem anderen Geschlecht in Verbindung gebracht würden.

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„Freiheit bedeutet die Freiheit, zu sagen, daß zwei und zwei vier ist. Gilt dies, ergibt sich alles übrige von selbst“, heißt es in George Orwells 1984. Das Buch ist eine gute Empfehlung für die Urlaubslektüre. Sehr aktuell!

Gesellschaft

Hassverbrecherindustrie

Großbritannien ist das Land mit den meisten Hassverbrechen in Europa. Die Leute sind dort aber gar nicht schlimmer als anderswo. Staatsanwaltschaft und Polizei haben eine Hassverbrecherindustrie etabliert. Jemand, der meint, er sei ein Diskrimnierungsopfer, kann ohne Nennung von Indizien oder Beweisen online eine Anzeige einreichen. Auch anonym. Das kann freilich Leben und Karrieren ruinieren.

Jochen Buchsteiner schreibt für die FAZ:

Dabei ist es nie leichter gewesen, ein Hassverbrechen anzuzeigen – und nie war es vager definiert. Als Staatsanwaltschaft und Polizei vor acht Jahren in der Spätphase der Labour-Ära den Tatbestand neu umrissen, fassten sie darunter „jedes kriminelle Delikt, das vom Opfer oder irgendeiner anderen Person als eines wahrgenommen wird, das von Feindseligkeiten oder Vorurteilen motiviert ist, die auf persönlichen Charakteristika gründen“. Im Leitfaden der Polizei zum Umgang mit Hassverbrechen ist ausdrücklich festgehalten, dass keine Beweise vorliegen müssen, um ein Hassverbrechen zu den Akten zu nehmen. „Das Opfer muss seine Wahrnehmung weder rechtfertigen noch Indizien liefern, und die Polizei darf seine Wahrnehmung nicht unmittelbar anzweifeln.“ Nicht allen leuchten diese Polizeirichtlinien ein. Die Polizei, hieß es in unlängst in der Zeitschrift „The Spectator“, werde „entmutigt“, ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen und zu ermitteln. Beweise würden durch Gefühle ersetzt.

In Deutschland gibt es die von Anne Wizorek gegründete Kampagne #Aufschrei, die sexuelle Hassverbrechen öffentlich, etwa in sozialen Netzwerken, anzeigen sollen. In Großbritannien werden viele solcher Delikte offenbar schon über den Rechtsstaat geklärt.

In einigen Grafschaften registriert die Polizei inzwischen Hassverbrechen, die nicht einmal mehr Rückschlüsse auf die Motivation zulassen. In den Richtlinien der Polizei von Surrey wird das Beispiel eines Mannes erwähnt, der eine Schimpftirade über sich hat ergehen lassen müssen, die „absolut nichts über seine sexuelle Orientierung enthielt“. Wenn dieser Mann das „so wahrnimmt, dass er wegen seines offenen Schwulseins angegriffen wurde“, müsse die Polizei das „als Hassverbrechen registrieren, das auf sexueller Orientierung beruht“. Dabei reicht es nicht mehr, so die Polizeirichtlinien in Manchester, den Vorfall ungerührt zu den Akten zu nehmen. „Gleichgültigkeit“ könnte den Betroffenen „zum zweiten Mal zum Opfer machen.“

Ein Gutteil der Hassverbrechen wird mittlerweile online registriert. Dazu genügt es, eine Website aufzurufen und ein Formular auszufüllen. Das kann anonym geschehen, ohne Angaben zur Person, des Anzeigenden oder des Opfers. O’Sullivan, der noch immer in der Kneipe sitzt, nimmt die Weinkarte in die Hand und klappt sie auf wie einen Laptop. „Sehen Sie, ich könnte jetzt auf die Webpage gehen und berichten, was mir gerade irgendwo schräg vorgekommen ist. Und in alle Felder, die nach Details fragen, tippe ich: Nein, Nein, Nein.“ Er faltet die Weinkarte wieder zusammen. „Das ist reinster Orwell, ein Dienst an der Gedankenpolizei, der Tod des gesunden Menschenverstandes.“

Ich empfehle die Lektüre des FAZ-Artikels mit großem Nachdruck!

Hier: www.faz.net.

VD: JS

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