Urbane Mission: 10 Dinge
Jerome Gay, Pastor einer Gemeinde in Gilbert Ave (USA), hat die letzten Jahre in die „Gemeindegründungsarbeit“ investiert. Einen Einblick in die Arbeit seiner Gemeinde gibt er in diesem kurzen Video:
Freundlicherweise gab Jerome mir die Erlaubnis, zehn von ihm formulierte Tipps für Gemeindegründer im Kontext der Stadt hier zu veröffentlichen. Ich danke Lars R. für die Übersetzung.
Urbane Mission: 10 Dinge, die ein Gemeindegründer beachten sollte
Jerome Gay
Hier sind einige Dinge, die ich auf meiner Reise als Gemeindegründer gelernt habe:
1. Du bist ein begrenzter Leiter (Exodus 18,18)
Viele Leute werden in dir den allbegabten Superleiter sehen wollen und du wirst versucht sein dies zu glauben. Es ist wichtig, zu wissen, wer man ist – und wer nicht. Die einzige Sache, die schlimmer ist, als Leute, die dich als allbegabt sehen wollen, ist der Pastor, der denkt, er sei es. Dies würde dir schnell die Freude an deinem Hirtenamt nehmen. Kenne deine Grenzen und arbeite an deinen Stärken.
2. Verarbeite deine Verletzungen (1Petrus 5,7)
Pastoren sind nicht von schmerzlichen Erfahrungen ausgenommen und viele haben unverarbeitete Vaterkomplexe. Oft ist die Kanzel dann der Ort, an dem diese Komplexe ausgelebt werden, sei es aufgrund eines abwesenden Vaters oder einer überaggressiven Mutter. Was auch immer der Fall ist, es ist überaus wichtig, dass du deinen Bedarf an Gottes Gnade und Seelsorge anerkennst. Hole dir Hilfe und erkenne deine Zerbrechlichkeit und Abhängigkeit von dem König. Wenn du dies nicht tust, wirst du versuchen, die Kirche zur Heilung deiner Wunden zu benutzen, wobei deine alten Wunden in deiner Gemeindegründungsarbeit nur zum Vorschein kommen werden. Sich seelsorgerlich beraten zu lassen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von demütiger Stärke.
3. Du gründest Gemeinde nicht allein, sondern mit deiner Familie (Epheser 6)
Es ist wichtig, dass die Gemeindegründung nicht zu deinem Augapfel wird. Die Gründung könnte fehlschlagen und Gott wird so etwas sehr wahrscheinlich dazu nutzen, um dich näher zu Ihm zu ziehen. Ich weiß, du denkst, du wirst die Ausnahme sein und nicht versagen. Das ist auch in Ordnung so. Ich wünsche dir eine gelingende Gemeindegründung, jedoch ist dies in der Realität nicht immer der Fall. Gemeindegründung ist garstig, brutal und ermüdend, aber es beinhaltet auch den größten Lohn. Wenn die Gemeinde jedoch alles ist, wirst du deine Familie vernachlässigen und das verdient sie nicht. Enttäusche deine Familie nicht und sprich mit deiner Frau über wichtige Entscheidungen bezüglich der Gemeindegründung. Deine Familie arbeitet mit dir.
4. Dir werden innere und äußere Voreingenommenheiten begegnen
(Galater 2,11–21)
Viele Menschen deiner eigenen Hautfarbe werden deine theologischen Standpunkte nicht nachvollziehen können. Aufgrund des Mangels an evangeliums-zentrierter, biblisch-orthodoxer Theologie unter afroamerikanischen Pastoren wird man dich als eine Ausnahmeerscheinung betrachten. Diese Gegebenheit hängt natürlich von dem Ort, an dem du dich befindest. Bleib dem Wort treu und baue deine Identität nicht auf das eben Genannte, sonst siehst du dich womöglich als Erretter deines Kontextes und nicht als jemand, der in den Kontext berufen ist.
5. Ermutige Männer (1Timotheus 6,11–16)
In deinem Kontext brauchst du keine Begründung, um dich für Männer einzusetzen. Dies ist sprichwörtlich die vaterloseste Generation, die es jemals gegeben hat. Es ist wichtig, dass du mit Männern sprichst, sie ermutigst und ihnen eine Plattform gibst, auf der sie ihre Gaben für den König einsetzen können. Stärke die Männer in deinem Kreis und trainiere sie dazu, andere Männer in die Gemeinde zu bringen. Männer werden Familien in die Gemeinde bringen. Ich liebe meine Schwestern, aber es ist entscheidend, dass wir sie nicht auspowern, indem wir sie alles in der Gemeinde machen lassen. Hole dir Männer in die Gemeinde und versuche, so viele zu bekommen, wie du kannst.
6. Suche dir einen geistlichen Vater (1Timotheus 1,2 u. Philipper 2, 22)
Manche denken, dies sei einfach charismatisch, aber letztendlich ist es biblisch. Suche die Nähe von starken Männern, die Weisheit in dein Leben sprechen können. Dies sind Männer, denen du dich selbst unterordnen würdest. Gib ihnen Einblick in Bereiche deines Selbst, die nur deine Frau und deine Kinder kennen. Höre ihren Rat in Bezug auf Familie, Finanzen, Gemeinde, Sex und Verletzungen. Das wird sich sehr positiv auf dein Leben und auf das Leben deiner Gemeinde auswirken.
7. Nimm dir Zeit für deine Frau (Epheser 5)
Es ist einfach, deine Frau gegen die Gemeinde einzutauschen. Mache es ihr leicht, dir gegenüber ehrlich über ihre Gefühle zu sprechen. Nimm dir vor, mit ihr auszugehen, sie zu lieben, ihr zu zuhören und sei romantisch. Erachte sie nicht für selbstverständlich, sie ist wertvoll und verdient dein Bestes. Gib nicht deiner Gemeinde alles, so dass für deine Frau nur noch ein kleiner Rest an Kraft übrigbleibt. Wenn du über die Zukunft der Gemeinde nachdenkst, beachte immer, wie du deiner Frau zeigen und sagen kannst, dass du sie liebst.
8. Fördere die Einheit in deiner Kerngruppe (Philipper 1, 27–28)
Sei dir deiner Überzeugungen für den Dienst bewusst und kommuniziere sie gegenüber deinen Mitarbeitern in der Gemeindegründung. Ihr solltet an drei großen Fronten Einheit suchen: Theologie, Beziehungen und Arbeitsphilosophie. Definiere theologisch geschlossene sowie offene Fragen, prüfe dein Verhältnis mit den anderen Leitern in deiner Gruppe und frage sie explizit, ob sie deiner Philosophie des Dienstes zustimmen. Dies wird Einheit und Gesundheit in der Leitung hervorbringen und zur Langlebigkeit der Gemeindegründung beitragen.
9. Leute werden gehen (Johannes 6, 58–66)
In Johannes 6 haben viele Menschen Jesus verlassen, nachdem er harte Wahrheiten ausgesprochen hat und viele werden auch dich aus diesem Grund verlassen. Deswegen musst du nicht ins Wanken geraten, jedoch solltest du dir anhören, was diejenigen, die gehen, sagen. Du solltest diese Leute nicht ohne ein Abschlussgespräch ziehen lassen, nur weil du verletzt bist. Einige von ihnen haben möglicherweise begründete Kritik. Die Tatsache, dass Menschen die Gemeinde auch wieder verlassen werden, ist ein notwendiger Dorn im Fleisch (2Kor. 12,7–10) und wird dich „auf den Knien“ halten. Tue nicht so, also ob dich der Verlust von Gemeindemitgliedern kalt lassen würde, aber lass dich von der Sache auch nicht übermannen. Manche werden das Gespräch mit dir suchen, andere werden nur eine Mail schreiben. Bei anderen wirst du erst über Facebook erfahren, dass sie eine neue Gemeinde gefunden haben. Obwohl es nicht dein Anliegen ist, dass Leute die Gemeinde verlassen, sollte ein Ausstieg doch geregelt sein. Führe ein Gespräch mit den Leuten, die dabei sind, die Gemeinde zu verlassen, vielleicht gibt es Defizite in der Leiterschaft, auf die du dadurch aufmerksam gemacht wirst. Es muss noch gesagt werden, dass die meisten Menschen nicht völlig aufrichtig über ihre Beweggründe sind, wenn sie die Gemeinde verlassen. Lass dir das Ganze eine Erinnerung daran sein, dass Christus seine Gemeinde baut.
10. Sammele Ressourcen, die für eine lange Zeit ausreichen (Philipper 4, 15–20)
Sichere deinen Lohn und deine Krankenversicherung und einen weiteren Mitarbeiter als allererstes. Wenn du während der Gemeindegründung noch irgendwo eine halbe Stelle hast, um Geld zu verdienen, hast du damit natürlich noch Luft. Jedoch solltest du bereits vor der Gemeindegründung so viel Geld wie möglich angesammelt haben, weil du neben all den Herausforderungen einer Gemeindegründung nicht auch noch eine finanzielle Last tragen willst.
In alledem, liebe Jesus und sein Evangelium. Deine Identität liebt nicht im Erfolg oder dem Versagen bei der Gemeindegründungsarbeit, sondern in Ihm. Auch wenn diese Wahrheit einfach klingt, wirst du dazu neigen, sie zu vergessen. Denk daran, du bist einzigartig und du bist einzigartig, weil Er dich erwählt hat (Joh.15, 16). Die Wahrheit ist, dass du nicht das Zeug dazu hast, um eine Gemeinde zu gründen. Wenn deine Freude also in der Gemeindegründung als solcher und nicht in Christus liegt, wird dies sehr schnell deutlich werden. In diesem Fall wirst du ausbrennen und aufhören oder deine Mitmenschen schlecht behandeln und dich in das Zentrum der Gemeindegründung stellen.
Christus liebt dich und du bist sein Sohn. Er ist nicht für dich gestorben, damit du ein toller Gemeindegründer wirst, sonder er ist für dich gestorben, damit du als sein Sohn lebst – und das ist mehr als genug. Ich bete für dich und wünsche dir viel geistlichen Erfolg.
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Jerome Gay.
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Hier der Artikel als PDF-Datei: 10Tipps.