Verdrängter Linksextremismus

51jl8Vjt0+L._SL500_AA300_.jpgHunderttausende waren in den 1970er Jahren in linksradikalen Gruppen organisiert. Sie versammelten sich in marxistischen, trotzkistischen, maoistischen oder – im Extremfall – terroristischen Gruppen (z.B. der RAF).

Warum brach in einer Zeit des Wandels hin zu mehr individueller Freiheit ein Großteil des intellektuellen Nachwuchses mit der Bundesrepublik? Faktenreich geht der 1973 geborene Gunnar Hinck dem Phänomen auf den Grund. Welche Bedeutung hatte es, dass viele Aktivisten aus Familien kamen, die durch den Nationalsozialismus beschädigt waren? Warum glorifizierten die Linken Diktatoren wie Lenin, Mao Tsetung oder Pol Pot? Und inwiefern wirkt die zentrale Erfahrung des Bruchs bis heute nach?

Frank Decker hebt in seiner FAZ-Buchbesprechung heraus, dass gängige Interpretationsmuster in diesem Buch aufgebrochen werden. Die einflussreichen Agitatoren der 68er-Generation „waren weder verwöhnte Wohlstandskinder, noch mussten sie sich in der Regel gegen die Nazi-Vergangenheit des Vaters beziehungsweise der Eltern auflehnen“ (FAZ vom 07.09.2012, S. 8).

Sehr Interessant:

‚Überdurchschnittlich häufig stammten sie aus dem Bürgertum, jedoch aus beschädigten, gebrochenen bürgerlichen Familien.‘ Oft wuchsen sie ohne Vater auf oder hatten ein Vertriebenenschicksal.

Ich zitiere weiter:

Leser des Buches werden erstaunt sein, wie viele Angehörige des „politisch-medialen Komplexes“ hierzulande eine kommunistische Vergangenheit haben. Hans-Jochen Vogels schönes Bonmot, wonach „der Marsch durch die Institutionen die Marschierer stärker verändert hat als die Institutionen“, lässt sich an der Vita bekannter Spitzenpolitiker belegen. Allein das Führungspersonal der 1998 ins Amt gekommenen rot-grünen Bundesregierung bestand zu einem erklecklichen Teil aus ehemaligen dogmatischen Marxisten, auf der SPD-Seite etwa Olaf Scholz, Klaus-Uwe Benneter und Ulla Schmidt, bei den Grünen Joschka Fischer, Jürgen Trittin, Kerstin Müller, Andrea Fischer, Krista Sager, Angelika Beer und Reinhard Bütikofer.

Bei so viel „Marxismuserbe“ in Verantwortung fragt man sich, in welcher Welt Oscar Lafontaine lebt, wenn er sich heute (auch in der FAZ) über das strukturelle Untergewicht der Linken in der Öffentlichkeit beschwert.