September 2015

Richard Schaefflers Erkenntnislehre

NewImageKant hat die Frage nach den Bedingungen gestellt, die es möglich machen, dass uns überhaupt etwas als Gegenstand gegenübertritt. Seine Antwort auf die so verstandene „transzendentale Frage“ lautete, dass die Formen unseres Anschauens und Denkens den Gegenständen ihre Gesetze vorschreiben. Der katholische Philosoph Richard Schaeffler versucht, die Einseitigkeit der kantischen Rede von einer „Gesetzgebung“ des Subjekts über die Gegenstandswelt zu überwinden und das Verhältnis zwischen dem Subjekt und seinen Gegenständen als ein dialogisches Verhältnis zu beschreiben. Der Alber Verlag schreibt über sein jüngstes Buch Erkennen als antwortendes Gestalten: Oder: Wie baut sich vor unseren Augen die Welt der Gegenstände auf?:

[Schaeffler] zeichnet den antwortenden Charakter unseres Erkennens Schritt für Schritt auf allen Stufen des Erkennens nach: in den Akten der Wahrnehmung, ohne die alle Formen der Begriffsbildung inhaltslos bleiben, in den Akten des Begreifens, durch die wir unsere subjektiven Eindrücke erst in objektiv gültige Erkenntnisse verwandeln, und schließlich in der Beschreibung des Vorgangs, in welchem sich der Gegenstand all unseren Gestaltungsversuchen immer wieder „entgegenwirft“ und so erst zum „Objectum“ und zum Maßstab unserer Selbstbeurteilung werden kann. Diese dialogische Betrachtungsweise macht die Widersprüche deutlich, in die die Vernunft sich verwickelt, wenn sie sich einseitig als „Gesetzgeberin“ versteht. Aus diesen Widersprüchen kann sie sich befreien, indem sie die Impulse zum antwortenden Gestalten wie auch die Ergebnisse ihres Gestaltens als Entsprechungen einer göttlichen Gesetzgebung versteht.

Christoph Böhr hat in seiner Rezension „Ein Theologischer Realist“ über das erkenntnistheoretische Spätwerk Richard Schaefflers geschrieben (FAZ, 19.08.2015, S. N3):

Am Ende der Postmoderne steht Ratlosigkeit. Welchen Weg soll die Philosophie einschlagen? Richard Schaeffler (geboren 1926, bis zu seiner Emeritierung in Bochum  lehrend) versucht eine Antwort, indem er jener Frage nachgeht, die das neuzeitliche Denken in Bewegung hielt: Was ist gemeint, wenn wir sagen, eine Sache „erkannt“ zu haben? Konstruktivismus wie Dekonstruktivismus sehen die Antwort entschwinden. Während sich große Teile der Philosophie auf diese oder jene Seite schlagen, zugleich aber auch ein neuer Realismus Fahrt aufnimmt, öffnet Schaeffler den Blick für eine neue Sicht der Dinge: Unser Denken, so seine vermittelnde Behauptung, antwortet auf eine Wirklichkeit, die ihm im Eigenstand der Dinge gegenübersteht; in der Empfängnis des Seins der Wirklichkeit allerdings gestaltet unser Denken deren Erkenntnis. Dinge gerinnen zum Bild, indem wir im Erkennen dessen, was wir wahrnehmen, auf deren Widerständigkeit antworten.

VD: JS

Thomas Schreiner über: The Righteousness of God

Vor einigen Wochen habe ich das Buch:

  • Charles Lee Irons: The Righteousness of God: A Lexical Examination of the Covenant-Faithfulness Interpretation, WUN T II, 386, Tübingen: Mohr Siebeck, 2015, ISBN: 978-3-16-153518-5, 444 S., 89,00 €

besprochen (PDF-Datei hier: Irons.pdf).

Heute ist eine Rezension von Prof. Thomas Schreiner veröffentlicht worden. Fazit:

To sum up, the gauntlet has been thrown down. Those who defend the covenant-faithfulness view of God’s righteousness must reckon with and refute Irons. He has demonstrated that the gift character of God’s righteousness is the view of most interpreters throughout church history. He has also demonstrated, with remarkable care and wonderful clarity, that such is the meaning in Paul’s writing as well. When finishing a dissertation like this, I couldn’t help but think, this should’ve been written a long time ago. But it hasn’t been tackled until now.

The notion that God’s righteousness is a gift given to us in Christ, and that our righteousness is an imputed righteousness, has been powerfully defended in this outstanding work.

Hier die Rezension des Neutestamentlers: www.thegospelcoalition.org.

Die weiche Wissenschaft

In der Zeitschrift SCIENCE ist eine Untersuchung veröffentlicht worden, deren Ergebnis die Fachwelt schockieren dürfte. Nachgewiesen wird dort nämlich durch Stichproben, dass von 100 psychologischen Studien 61 nicht reproduzierbar sind. Die Psychologie ist eine weiche Wissenschaft, die sich hervorragend dafür eignet, zu finden, was man finden will.

Science veröffentlichte Untersuchung eines 269-köpfigen Teams um den amerikanischen Sozialpsychologen Brian Nosek. Das Resultat schockiert eine Disziplin, deren Ansehen nach diversen Betrugsfällen ohnehin nicht das beste ist. Dieser Hinweis durfte in keinem Bericht über die Arbeit des Nosek-Teams fehlen, genauso wenig wie die Forderung, es müsse sich dringend etwas ändern in der experimentellen Psychologie, auf dass mehr Geld, Reputation und Mühe in die wiederholende Überprüfung ihrer Studien gesteckt werde.

Mehr: www.faz.net.

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