Alexander Korte

Zur Debatte um Geschlechtsdysphorie

Alexander Korte klärt über Mythen in der Trans-Debatte auf und kritisiert eine affirmative Wunscherfüllungsmedizin (vgl. Das Geschlecht als Gefühl). Lange Zeit war er mit dieser Position allein, doch inzwischen hat ein Umschwung eingesetzt.

Zitat aus einem Artikel von Thomas Thiel:

In den zurückliegenden Jahren ist die Meinung, ein Mensch könne kraft seiner Worte von einem Geschlecht zum anderen wechseln, in manchen Ländern zum Gesetz geworden, ja fast zu einer Art Glaubensbekenntnis, gegen das nur gegen Entrichtung hoher Strafgelder verstoßen werden kann. Wer den Glauben nicht teilte, wurde von Aktivisten mit Hass verfolgt. So kam es, dass sich manche Feministin, die lange gegen patri archale Rollenbilder gekämpft hatte, plötzlich als Rechtsradikale gebrandmarkt sah und dass wissenschaftliche Differenzierung in einer besonders bei Kindern und Jugendlichen entscheidenden Frage verloren ging: Ist der Wunsch nach einem anderen Geschlecht dauerhaft oder vorübergehend?

Diese Frage stellt sich immer drängender angesichts eines sprunghaften Anstiegs von Minderjährigen, die sich in ihrem Körper unwohl fühlen. Einer der Ersten, die in Deutschland auf diese Entwicklung hinwiesen, ist der Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte. Weil davon anders als früher besonders Mädchen betroffen sind, vermutete er, dass der Anstieg auch kulturelle Gründe habe wie digitalen Narzissmus, medi zinisch-technisches Machbarkeitsdenken, ökonomische Verfügbarkeitsdoktrinen oder Kulturtheorien, die das Flüs sige und Hybride feiern. Korte, der seine Position jetzt in einem Buch zusammengefasst hat, sieht dagegen vor allem Sehn sucht nach Festem und Rigiden, die Rückkehr zu fixen Geschlechtern unter neuen, identitären Vorzeichen.

In medizinischer Hinsicht gilt seine Kritik dem transaffirmativen Ansatz, nach dem der Wunsch des Kindes nicht hinterfragt werden darf. Im Hintergrund steht die Annahme, es gebe ein dem Körper widersprechendes wahres Geschlecht, dessen physisches Subs trat nur noch nicht gefunden sei. Die kindliche Entwicklung wird nicht als offener Prozess begriffen, der je nach Sozialisation verschiedene Ausgänge nehmen kann, bemängelt Korte, sondern als determiniertes Programm, das notfalls mit Medikamenten und Operation zu vollenden sei. Der transaffirmative Ansatz bringt Ärzte in Verlegenheit, denn er hält sie dazu an, gegen das ethische Prinzip der Schadensvermeidung zu verstoßen, wenn sie der Meinung sind, dass der kindliche oder jugendliche Patient die Folgen seines Wunsches nicht überblicken kann.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Hinter dem Regenbogen

Gemäß dem affirmativen Modell gilt Transsexualität als ein subjektives Gefühl, das nicht hinterfragt werden darf. Frau Prof. Dr. med. Sibylle M. Winter von der Charité in Berlin sagte dazu einmal: „Für uns bedeutet das: Wir prüfen nicht, wir stellen es nicht infrage. Wir schauen nicht, ob es wirklich so ist“ (siehe hier). 

Dieser affirmative Behandlungsansatz gerät nun immer stärker in die Kritik. Nachfolgernd dazu der Auszug eines WELT-Interviews mit dem Jugendpsychiater Alexander Korte: 

WELT: Die Transgender-Diskussion ist zum Politikum geworden, wird auf Kosten körperlich gesunder Kinder und Jugendlicher ausgetragen, wie Sie es in Ihrem Buch darstellen. Wie kann man wieder – ohne allzu großen Gesichtsverlust der extremen Pole – zu einer sachlichen Auseinandersetzung kommen?

Korte: Der Gesichtsverlust, wenn man so will, findet seit Anfang dieses Jahres statt, seit nämlich der Cass-Review (britische Studie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie, Anm. d. Red.) den affirmativen Behandlungsansatz und Pubertätsblocker als das entlarvt hat, was sie sind: kindergefährdende Freistil-Medizin ohne jede Evidenz. Das Pendel des Zeitgeistes schlägt gerade zurück – auch wenn manche den Big Bang noch immer nicht gehört haben. Die Grünen haben es erkannt, ihre Chefs sind zurückgetreten und haben sich Asche aufs Haupt gestreut. Respekt! Auch so wahrt man sein Gesicht!

WELT: Könnten neben identitätspolitischen Motiven nicht auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen? Immerhin profitieren Ärzte und Pharmafirmen durch Eingriffe und Gender-Beratungszentren. Die Ampel-Regierung hat eine Kostenübernahme für „geschlechtsangleichende“ Maßnahmen im Koalitionsvertrag vereinbart.

Korte: In den USA machen Pharmakonzerne und körpermodifizierende Medizin schon jetzt ein dreistelliges Millionengeschäft mit der Transgender-Hausse. Mit exponentiellen Zuwachsraten, die wir auch bald bei uns sehen werden. Früher hieß der zynische Spruch amerikanischer Ärzte: „One pacemaker a day keeps your boat in the bay!“ Bald könnte es heißen: „I am a doctor in the gendertainment business!“

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Das mit Spannung erwartete Buch Hinter dem Regenbogen: Entwicklungspsychiatrische, sexual- und kulturwissenschaftliche Überlegungen zur Genderdebatte und zum Phänomen der Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen von Alexander Korte erscheint Ende Oktober und kann bereits vorbestellt werden.

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Selbstdiagnose «trans» ist überwiegend Zeitgeistphänomen

Alexander Korte ist leitender Oberarzt an einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in München. In einem NZZ-Interview redet er Klartext, was den Trans-Trend und die Hormontherapie bei unter 18-Jährigen angeht. Korte freut sich, dass das Gremium der Bundesärztekammer deutliche Grenzen für den Einsatz von Pubertätsblockern bei Kindern fordert. Denn: „Vor allem für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern ist es eine gute Nachricht, denn das biologische Geschlecht ist natürlich nicht frei wählbar. Medikamente zur Blockade der Pubertät sollen ‚nur im Rahmen kontrollierter wissenschaftlicher Studien‘ verabreicht werden. Im klinischen Alltag sehen wir eine immense Steigerung der Diagnose Geschlechtsdysphorie – das ist das, was der Laie als ‚transgender‘ versteht.“

Die Frage, ob die immense Steigerung der Diagnose Geschlechtsdysphorie mit mehr gesellschaftlicher Akzeptanz für verschiedene geschlechtliche Identitäten zusammenhängt, antwortet Prof. Korte: 

Heute sind die meisten Patienten weibliche Jugendliche. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen westlichen Ländern. Wäre allein Toleranz verantwortlich für die exponentielle Zunahme, müsste es auch deutlich mehr Transmänner über vierzig Jahre geben, doch das sehen wir Ärzte nicht. Die Selbstdiagnose «trans» ist überwiegend zum Zeitgeistphänomen geworden. Influencer auf Tiktok und Instagram werben geradezu dafür. Nemo, der «nonbinäre» Schweizer Gewinner des diesjährigen Eurovision Song Contest, wird den Hype noch verstärken. Ärzte und Psychologen sollten sich dem aber nicht unterwerfen. Hinter der Symptomatik Geschlechtsdysphorie stecken häufig ganz andere Probleme.

Mehr: www.nzz.ch.

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