Hirntod

Das „Hirntod“-Konzept auf dem Prüfstand

In den USA wächst die Kritik am Konzept des Hirntodes und seiner praktischen Umsetzung. Dies wurde Ende Februar auf einem Symposium an der Catholic University of America in Washington deutlich, an der über hundert Ärzte, Theologen, Bioethiker, und Vertreter weiterer akademischer Disziplinen teilnahmen. DIE TAGESPOST berichtet:

Auch wenn sich die rechtlichen Regeln zum „Hirntod“ in den Vereinigten Staaten von denen in Deutschland unterscheiden, betreffen die auf der Tagung in Washington diskutierten Probleme auch das deutsche Todesfeststellungsverfahren. Vor einer Organentnahme wird nach den Regelungen der Bundesärztekammer angeblich der „irreversible Hirnfunktionsausfall“ festgestellt. Tatsächlich werden aber nicht alle, sondern nur wesentliche Teile des Gehirns auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüft. Nicht getestet wird das Kleinhirn, obwohl es zum gesetzlich geforderten Umfang des Funktionsausfalls gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 Transplantationsgesetz gehört. Ferner soll nach den deutschen Richtlinien die Produktion bzw. Abgabe von Hormonen durch den Hypothalamus dem „irreversiblen Hirnfunktionsausfall“ nicht widersprechen. Das Gleiche gilt für noch messbare elektrische Aktivität in der Großhirnrinde oder eine gewisse geringfügige Hirndurchblutung. Es stellt sich daher die Frage, wie man unter diesen Umständen überhaupt von einem „irreversiblen Hirnfunktionsausfall“ sprechen kann.

Auf der Tagung in Washington wurde auch das „Hirntod“-Konzept als solches kritisiert. So fragte der Arzt und Philosoph Michael Accad, wie ein Teil des menschlichen Organismus (das Gehirn) für die Integration des gesamten Organismus verantwortlich sein könne. Der Mensch sei bereits in seinen vorgeburtlichen Entwicklungsstadien, in denen noch kein Gehirn existiert, ein integrierter Organismus. Deshalb könne das Gehirn nicht das „Integrationsorgan“ des Menschen sein. Nach christlicher Auffassung sei die Seele das Lebensprinzip des Menschen. Die Trennung von Leib und Seele könne nicht direkt naturwissenschaftlich festgestellt werden. Solange ein integrierter Organismus existiere, müsse davon ausgegangen werden, dass auch das Lebensprinzip noch wirke. Erst wenn es zu erkennbarer Desintegration komme (nachweisbar zum Beispiel durch das Auftreten der traditionellen sicheren Todeszeichen „Leichenflecke“ und „Leichenstarre“), könne auch sicher vom Eintritt des Todes ausgegangen werden.

Mehr: www.die-tagespost.de.

Ist die Organspende noch zu retten?

Bundesregierung und Ethikrat möchten diese Debatte vermeiden: Was wir heute über den sogenannten Hirntod wissen, stellt die Transplantationsmedizin auf den Prüfstand. Biologische und neurologische Kriterien genügen nicht zur Entscheidung über Leben und Tod.

Stephan Sahm schreibt für die FAZ:

Doch die biologische Hirntoddefinition kann nicht aufrechterhalten werden. Die Annahme, Hirntote zeigten keine somatische Integration mehr, hat sich als falsch erwiesen. So halten Hirntote ihre Homöostase aufrecht, den Gleichgewichtszustand des Organismus. Sie regulieren Körpertemperatur und bekämpfen Infektionen, produzieren Exkremente und scheiden sie aus. Die Wunden heilen bei Hirntoten ebenso, wie ihr proportioniertes Wachstum gesteuert wird. Schwangere Hirntote können gesunde Babys austragen. Nicht zuletzt reagieren Hirntote mit Ausschüttung von Stresshormonen auf Schmerzreize. Ein britischer Anästhesist wird mit den Worten zitiert, er befürworte die Transplantation von Organen, gedenke aber nur dann einen Spenderausweis bei sich zu führen, wenn er sicher sein könne, dass er vor der Entnahme betäubt würde.

Brisant formuliert Sahm:

Wenn es um brisante Themen der Biopolitik wie die Embryonenforschung geht, werden Philosophen, die naturphilosophische Argumente vortragen, ebenso wie Theologen oft als Ewiggestrige verunglimpft. Im Falle des Hirntods könnte sich das ändern. Vielleicht ist er anders tatsächlich nicht zu retten.

Hier mehr: www.faz.net.

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