Katechese

Gegenkatechese für ein digitales Zeitalter

Wir werden heute täglich mit säkularen Narrativen bombardiert, etwa in Werbung, Tweets, Musik, Geschichten, Stellungnahmen usw. Säkulare Narrative sind Überzeugungen über die Wirklichkeit, die uns von den meisten kulturellen Institutionen als unumstößliche, offensichtliche Wahrheiten eingeschärft werden. Etwa:

  • Identität: „Man muss sich selbst treu sein.“
  • Freiheit: „Man sollte frei sein, so zu leben, wie man will, solange man niemandem wehtut.“
  • Glück: „Du musst das tun, was dich glücklich macht. Das darfst du für niemanden opfern.“
  • Wissenschaft: „Der einzige Weg, unsere Probleme zu lösen, ist durch objektive Wissenschaft und Fakten.“
  • Moral: „Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden, was richtig und falsch ist.“
  • Gerechtigkeit: „Wir sind verpflichtet, für die Freiheit, die Rechte und das Wohl aller Menschen auf der Welt zu arbeiten.“
  • Geschichte: „Die Geschichte neigt sich dem sozialen Fortschritt zu und weg von der Religion.“

Ein jüngstes Beispiel: Der Kinofilm „Call Jane“ vermittelt die Botschaft, dass Abtreibung eine Angelegenheit frauenfreundlicher Gesundheitsversorgung ist und die allermeisten, die abgetrieben haben, froh über ihre Entscheidung sind. Die Perspektiven der Kinder, die abgetrieben wurden, bekommen keinen Raum. Wichtig ist, dass der Entschluss zum Schwangerschaftsabbruch das Leben leichter macht. Was wir lernen sollen: Ein Recht auf Abtreibung macht die Welt gerechter, solidarischer und schöner.

Tim Keller meint, dass wir – um der Wucht solcher säkularen Narrative begegnen zu können, so etwas wie eine Gegenkatechese benötigen. Denn:

Während jede dieser kulturellen Botschaften teilweise wahr ist (und tatsächlich, trotz Verzerrungen, historisch in der christlichen Lehre verwurzelt ist), sind sie alle theologisch falsch und in der Tat sogar schädlich für das menschliche Leben. Viele biblische Lehren und Wahrheiten untergraben, schwächen oder gleichen alle diese Narrative aus, und doch zeigt unsere gegenwärtige geistliche Unterweisung das nicht. Wir brauchen einen Gegenkatechismus, der die Katechismen der Welt den Christen erklärt, widerlegt und neu erzählt. In unserer Gegenkatechese wird jede der grundlegenden Narrative des säkularen Katechismus identifiziert, mit Beispielen aus der heutigen Kultur belegt, zum Teil bejaht, weil sie gewöhnlich eine Verzerrung oder ein götzendienerisches Ungleichgewicht von etwas Wahrem darstellen. Außerdem müssen sie untergraben und kritisiert werden, und es muss gezeigt werden, dass sie in ihrer besten Form nur in Christus erfüllt werden.

Mehr hier: www.evangelium21.net.

Die allgemeine christliche Lehre

In Böhmen und Mähren hat sich während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Brüderunität der Böhmisch-Mährischen Brüder gebildet. Die Gruppe verfügte über Kontakte z.B. zu Martin Bucer und neigte sich nach und nach der reformierten Theologie zu. Die Brüder haben mehrere wertvolle Katechismen verfasst. Ich zitiere hier mal, leicht modernisiert, aus ihrem Katechismus von 1554 (N.L. von Zinzendorf, Schriften, Materialien und Dokumente, Ergänzungsband, 1982, S. 235–236):

Erstlich. Ich frage dich, was bist du?

Antwort. Ich bin eine vernünftige Kreatur Gottes. Das ist, ein Mensch von Gott geschaffen.

2. Frage. Warum hat dich Gott geschaffen?

Antwort. Auf das ich meinen treuen lieben Gott, erkenne, ehre und ihn allein über alle himmlische und irdische Dinge liebte und also in seiner Liebe beständig verharrte und darin ewig lebte.

3. Frage. Warum bist du dann sterblich geworden?

Antwort. Wegen der Sünden und Übertretung unserer ersten Eltern im Paradis, um der willen auf alle Menschen der Tod gekommen ist. Deshalb werden wir alle in Sünden empfangen und sterblich auf der Welt geboren.

4. Frage. Dieweil du nun in Sünden geboren und im Tode bist, wie kannst du dann selig werden und in das ewige Leben eingehen, zumal nichts Unreines und Sündiges zu Gott kommen kann?

Antwort. Aus eigenen Kräften kann kein Mensch selig werden und Gott gefallen. Aber durch dessen Kraft, Werk und Hilfe, der die Sünde und den Tod zerstört und das ewige Leben wiedergebracht hat, werden wir allein gerecht und selig. Das ist, durch den einzigen Sohn Gottes, Jesus Christus, den wir im Glauben annehmen, durch welchen wir auch aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wiedergeboren werden müssen.

Ein Plädoyer für die Katechese

201102031440.jpgAls ich vor einigen Tagen das Buch:

  • J.I. Packer u. Gary A. Parrett: Grounded in the Gospel: Building Believers the Old-Fashioned Way, Baker Book House, 2010

in die Hände bekam, bin ich zunächst erschrocken. Schon in der Einleitung loben die Autoren die Päpste Johannes Paul II. und Benedict XVI. und machen die Jungschararbeit in den evangelikalen Gemeinden mitverantwortlich dafür, dass der Durchschnittschrist von heute seine Glaubensgrundlagen nicht kennt. Je mehr ich mich jedoch in das Buch hineingelesen habe, desto stärker war ich beeindruckt. Die Autoren haben nichts gegen Kinder- und Jugendarbeit per se, sondern plädieren dafür, dass die systematisch-biblische Unterweisung wieder aufgewertet wird. Wir sind sehr geprägt von der Fast food-Kultur, auch im Gemeindeleben. Um der Lehre angemessen Raum zu geben, müssen – so Packer und Parett – die unterhaltsamen Anteile zugunsten der Katechese reduziert werden. Außerdem: Systematisch Lehren kann nicht jeder, sondern nur derjenige, der selbst mit dem christlichen Glauben vertraut ist. Leider spielt diese Qualifikation bei der Auswahl von Mitarbeitern heute oft nur eine untergeordnete Rolle, frei nach dem Motto: Hauptsache, es kümmert sich jemand um die Kinder. Die Autoren wollen gegen den Strom schwimmen und führen sehr überzeugend in die Grundlagen der Katechese ein.

Zu dem Buch, das Packer gemeinsam mit einem ehemaligen Studenten verfasst hat, schreibt der Verlag:

Historically, the church’s ministry of grounding new believers in the essentials of the faith has been known as catechesis – systematic instruction in faith foundations, including what we believe, how we pray and worship, and how we conduct our lives. For most evangelicals today, however, this very idea is an alien concept. Packer and Parrett, concerned for the state of the church, seek to inspire a much needed evangelical course correction. This new book makes the case for a recovery of significant catechesis as a nonnegotiable practice of churches, showing the practice to be complementary to, and of no less value than, Bible study, expository preaching, and other formational ministries, and urging evangelical churches to find room for this biblical ministry for the sake of their spiritual health and vitality.

Die Gospel Coalition schreibt in einer Besprechung des Buches:

Packer and Parrett move from history to explanation to application in their vision to see catechesis restored to the body of Christ. Anyone would benefit from reading Grounded in the Gospel for this is no dry exercise in educational theory within the church. Rather it is a thoroughly informed and passionate plea to fully comprehend the essence and faithfully apply the implications of the Gospel. Pastors, elders, and parents will benefit especially from the vision and strategy of this timely and important book.

Ich kann das Buch, das die Meta-Ebene immer wieder verlässt und allerhand konkrete Vorschläge für eine »Katechesierung« der Gemeinden unterbreitet, sehr empfehlen.

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner