Gelobt sei das Ich

Auf dem Ökumenischen Kirchentag in München wurde Margot Käßmann frenetisch bejubelt. Warum eigentlich? Ihre Feier des Gefühls und der Subjektivität hat nur geringe geistliche Qualitäten.

Käßmann nahm das Buch Genesis zum Anlass, um über die Lage in Afghanistan und die dort gefallenen »über 1.700 Koalitionssoldaten« zu referieren. Sie präsentierte ein ums andere Mal »mein persönliches Gottesbild«, »mein eindrücklichstes« Erlebnis eines Regenbogens, »meine drei Kinder«, auch »meine Doktorarbeit«. Sie wünschte sich persönlich »weiterhin mehr Fantasie für den Frieden«, und gern verband sie ihren einen mit ihrem anderen Gedanken durch die Scharnierfloskel »finde ich«. Dass jedoch »die Vermehrung der Menschen zur Belastung der Erde« geworden sei, präsentierte sie als Tatsache.

Tags darauf missverstand sie deshalb ihr Gastrecht im katholischen Liebfrauendom als Freifahrtsschein für antikatholische Polemik: Die Antibabypille sei ein »Geschenk Gottes« – woraus erhellt: Dieser Gott ist ihr Gott, ist Margot Käßmanns privater Taschengott, ein handlicher Jack in the Box, der das Tun und Reden der heiteren Margot zuverlässig segnet. In der Bibel ist er nicht zu finden. Was wäre biblisch an einem Weltenschöpfer, der die Frauen zum Vorteil männlicher Libido sexuell verfügbar hält, indem er ihnen Hormoncocktails in den Leib wirft, sie einem erhöhten Krankheitsrisiko aussetzt und obendrein die Umwelt durch Giftausscheidung belastet?

Vermutlich ist es auch Margot Käßmanns Privatgottheit, ist es Käßmann selbst, die sich ebenfalls an Christi Himmelfahrt den Satz eingab: »Ich mag diesen Begriff ›Fantasie‹.« Fantasie solle man, wie weiland Dorothee Sölle, sagen, wenn die Bibel von Gehorsam redet. Fantasie trage »etwas von der Freiheit eines Christenmenschen« in sich. Und wohl dieselbe Instanz, dieselbe gefühlige, im geborgten Kleid der Demut triumphalistisch sich spreizende Ichbezogenheit sprach mit Käßmanns Zunge die Worte aus: Kirche müsse ein Ort sein, an dem gleichgeschlechtlich Liebende »angstfrei« leben und so eine »Tischgemeinschaft« ohne Grenzen entstehe: Kirche als sexualtherapeutischer Imbisswagen?

Lesen Sie, wie Alexander Kissler Frau Käßmann wahrgenommen hat: www.theeuropean.de.