Göttlicher Plan und menschliche Freiheit
Die nachfolgende Rezension zu dem Buch:
- Luis de Molina. Göttlicher Plan und menschliche Freiheit. Concordia: Dispuation 52. Latein â Deutsch. Eingeleitet, ĂŒbersetzt und kommentiert von Christoph JĂ€ger, Hans Kraml und Gerhard Leibold. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 2018. ISBN: 978-3-7873-3023-2, 284 S. ⏠48,00
erschien in der Zeitschrift GLAUBEN UND DENKEN HEUTE 1/2019 (Nr. 23), S. 74â77):
Der jesuitische Philosoph, Theologe und Rechtstheoretiker Luis de Molina (1535â1600) war einer der einflussreichsten und kontroversesten Denker des 16. Jahrhunderts. Sein Studium wurde von der Auseinandersetzung mit Aristoteles und Thomas von Aquin bestimmt. (1) Molina lehrte nach seinem Studium in den portugiesischen StĂ€dten Coimbra und Ăvora. 1571 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. In der erst 1559 gegrĂŒndeten UniversitĂ€t von Ăvora entwickelte er sich schnell zu einer akademischen Leitfigur und erwarb sich âin Europa den Ruf eines fĂŒhrenden zeitgenössischen Religionsphilosophen und Theologenâ (S. XIV).
Ab 1583 bereitete Molina den Druck eines Kommentars zu den Fragen 1â74 des ersten Teils der Summa Theologiae von Thomas von Aquin vor. Aus diesem Kommentar entstand schlieĂlich sein religionsphilosophisches Hauptwerk Liberi Arbitrii cum Gratiae Donis, Divina Praescientia, Providentia, Praedestinatione et Reprobatione Concordia, das kurz Concordia genannt wird (der Kommentar zur Summa erschien erst 1592). Die Ausarbeitung erschien nach heftigsten innerkirchlichen Kontroversen erstmals 1588 in Lissabon und in einer ĂŒberarbeiteten Fassung 1595 in Antwerpen. Nun liegt die zentrale Disputation 52 unter dem Titel Göttlicher Plan und menschliche Freiheit in einer lateinisch-deutschen Ausgabe mit ausfĂŒhrlicher Einleitung und umfangreichem Kommentar vor.
Unter seinen AnhĂ€ngern wie Gegnern gilt Molinas Konzept bis heute als einer der geistreichsten Versuche zum Thema Willensfreiheit, die in der Geschichte der Philosophie und Theologie formuliert wurden. Allerdings löste er von Anfang an erbitterte philosophische und theologische Dispute aus. Sie erreichten ihren Gipfelpunkt in dem berĂŒhmten Gnadenstreit zwischen 1597 und 1607, der mit seiner Zuspitzung der Frage nach der Existenz und Reichweite menschlicher Handlungs- und Entscheidungsfreiheit eine gewichtige Rolle beim Ăbergang in die Neuzeit spielte.
Im Wesentlichen geht es darum, ob das VerhĂ€ltnis zwischen einer libertarischen Theorie menschlicher Willens- bzw. Entscheidungsfreiheit auf der einen Seite und unfehlbarer göttlicher Vorsehung und Allwissenheit auf der anderen Seite widerspruchsfrei gedacht werden kann. Libertarische Freiheitskonzepte gehen davon aus, dass die Freiheit einer Handlung mit einer Determiniertheit durch Quellen, die auĂerhalb des Agierenden liegen und von diesem nicht kontrolliert werden können, unvereinbar ist. Behauptet wird also, dass zumindest fĂŒr etliche Handlungen von Personen Freiheit gegeben ist. Das Konzil von Trient (1545â1563) hatte etwa in seinem Dekret zur Rechtfertigung festgelegt, dass menschliche Geschöpfe Entscheidungsfreiheit besitzen und sich Gott aus freien StĂŒcken zuwenden. In Kan. 3 heiĂt es entsprechend: âWer sagt, der von Gott bewegte und erweckte freie Wille des Menschen wirke durch seine Zustimmung zu der Erweckung und dem Ruf Gottes nichts dazu mit, sich auf den Empfang der Rechtfertigungsgnade zuzurĂŒsten und vorzubereiten, und er könne nicht widersprechen, wenn er wollte, sondern tue wie etwas Lebloses ĂŒberhaupt nichts und verhalte sich rein passiv, der sei mit dem Anathema belegtâ (DH 1554, vgl. 1525). Aber wie soll so eine libertarische Freiheit mit göttlicher Vorsehung und Allwissenheit harmonisiert werden? Vorherwissen des ZukĂŒnftigen setzt die Entscheidungsfreiheit auĂer Kraft. Also können Entscheidungsfreiheit und Vorherwissen Gottes hinsichtlich des kontingenten ZukĂŒnftigen nicht zusammen bestehen. Wenn Gott die Entscheidungen der Menschen nicht ordnet (und so von ihnen wissen kann), muss er ein Wissen ĂŒber das konditional ZukĂŒnftige haben, d. h. ein Wissen, wie der Mensch sich unter verschiedenen Bedingungen verhalten wĂŒrde. Molina nannte dieses Wissen das Mittlere Wissen (scientia media) und glaubte, damit den Raum zwischen dem rein Möglichen und dem ZukĂŒnftigen gefunden zu haben. (2)
Die Herausgeber des rezensierten Bandes schreiben:
âMolinas Grundidee lautet, dass Gott durch jenes Mittlere Wissen bereits in der Schöpfungssituation, d. h., explanatorisch betrachtet, noch ehe eine bestimmte mögliche Welt zur aktualen geworden ist, von jedem auch nur möglichen freien menschlichen Wesen weiĂ, fĂŒr welche Handlung es sich in jeder möglichen Entscheidungssituation, in der es sich in einer bestimmten Welt vorfinden könnte, aus freien StĂŒcken entscheiden wĂŒrde. Unter anderem im RĂŒckgriff auf dieses Wissen, sagt Molina, entscheide Gott sich fĂŒr die Aktualisierung einer bestimmten möglichen Welt. Da somit alles, was dann dort geschieht, einschlieĂlich freier kreatĂŒrlicher Handlungen und Entscheidungen, in letzter Instanz vollstĂ€ndig vom göttlichen Willen abhĂ€ngt, bleibt Molina zufolge Gott die absolut souverĂ€ne causa prima allen Geschehens. Insofern hĂ€ngen alle Wirkungen der Vorsehung in der Welt von Gottes freiem Willen ab. Gleichwohl bleiben zumindest viele menschliche Handlungen frei, da sie weder kausal durch NaturvorgĂ€nge noch durch göttliches Eingreifen, göttliche Vorsehung oder göttliches Vorauswissen determiniert sind.â
Schauen wir uns genauer an, wie Molina die Spannung zwischen der SouverĂ€nitĂ€t Gottes und der Freiheit des Menschen aufzulösen versucht. In Abschnitt 52.9 fĂŒhrt er zunĂ€chst seine berĂŒhmt gewordene Unterscheidung zwischen drei Arten göttlichen Wissens ein (Hervorhebungen von mir).
â9. FĂŒr uns gilt es, drei Arten von Wissen in Gott zu unterscheiden, wenn wir bei dem Versuch, unsere Entscheidungsfreiheit und die Kontingenz der Dinge mit dem göttlichen Vorherwissen zu versöhnen, vermeiden wollen, gefĂ€hrlich irrezugehen.
Eine Art ist das rein NatĂŒrliche Wissen, das als solches auf keine Weise anders in Gott hat sein können. Durch dieses Wissen kennt er all das, worauf sich die göttliche Macht unmittelbar oder unter Mitwirkung von Zweitursachen erstreckt, und zwar sowohl hinsichtlich der Naturen der Einzeldinge und der notwendigen Zusammensetzungen aus ihnen als auch hinsichtlich ihrer kontingenten Zusammensetzungen. Dabei weiĂ er nicht etwa, dass die letztgenannten in festgelegter Weise zukĂŒnftig vorkommen oder nicht vorkommen wĂŒrden, sondern er weiĂ, dass sie gleichermaĂen vorkommen oder nicht vorkommen konnten, was ihnen notwendigerweise zukommt und daher ebenfalls unter das NatĂŒrliche Wissen Gottes fĂ€llt.
Die zweite Art ist das rein Freie Wissen, durch das Gott nach dem freien Akt seines Willens ohne irgendeine Voraussetzung und Bedingung absolut und in festgelegter Weise weiĂ, welche von allen kontingenten Zusammensetzungen tatsĂ€chlich kĂŒnftig vorkommen werden und welche nicht.
Die dritte Art schlieĂlich ist das Mittlere Wissen, durch das Gott in seinem eigenen Wesen kraft des höchsten und unerforschlichen Erfassens eines jeden freien Entscheidungsvermögens unmittelbar erkennt, was es aus seiner angeborenen Freiheit heraus tun wĂŒrde, wenn es sich in dieser oder in jener oder auch in unendlich vielen Ordnungen der Dinge befĂ€nde, auch wenn es tatsĂ€chlich das Gegenteil tun könnte, falls es wollte, wie aus dem in den Abhandlungen 49 und 50 Gesagten klar hervorgeht.â (S. 11â13)
Das NatĂŒrliche Wissen (scientia naturalis) bezieht sich auf metaphysisch notwendige Sachverhalte. Durch dieses Wissen kennt Gott alles, worauf sich seine Macht unmittelbar oder mittelbar durch die Mitwirkung von Zweitursachen bezieht (vgl. S. 144). Das Freie Wissen (scientia libera) liegt erst dann vor, wenn Gott durch einen Willensakt eine bestimmte Welt aktualisiert hat. Es umfasst alles, was in der Zukunft der Schöpfung tatsĂ€chlich passieren wird. âIm Hinblick auf Molinas atemporalistische Konzeption göttlicher Ewigkeit ist dabei zu beachten, dass Gottes Freies Wissen als seinem kreativen Willensakt nicht etwa zeitlich, sondern logisch oder explanatorisch nachgeordnet gedacht werden mussâ (S. 145). Das NatĂŒrliche Wissen ist schon da, bevor Gott etwas schafft. Das Freie Wissen besitzt Gott erst, nachdem er etwas geschaffen hat. Das Mittlere Wissen bedeutet, dass Gott schon vor dem Schöpfungsakt von jedem möglichen freien menschenlichen Wesen weiĂ, fĂŒr welche Handlungen es sich in jeder kontingenten Entscheidungssituation entscheiden wĂŒrde. Gott beschlieĂt demzufolge aufgrund des NatĂŒrlichen und des Mittleren Wissens die Aktualisierung einer bestimmten möglichen Welt. Alles, was dann realisiert wird, hĂ€nge damit vom souverĂ€nen Willen Gottes ab und sichere zugleich freie menschliche Handlungen.
Im folgenden Abschnitt erörtert Molinas die Beziehungen von mittlerem Wissen (lat. scientia media) zum Freien und NatĂŒrlichen Wissen. Mittleres Wissen ist keine Spielart von Freiem Wissen, denn es liegt prĂ€volitional (also noch nicht durch den Willen bestimmt, d. h. explanatorisch) vor dem Schöpfungsakt vor, was ja fĂŒr Freies Wissen nicht gilt. AuĂerdem unterliegt das, was Gott durch dieses Wissen weiĂ, nicht seiner Macht. Das gilt fĂŒr Freies Wissen ebenfalls nicht. Denn hĂ€tte sich Gott fĂŒr die Aktualisierung anderer freier Geschöpfe entschieden, wĂ€re sein Freies Wissen darĂŒber, was in der Welt geschieht oder geschehen wird, ein anderes (vgl. S. 148). Die Herausgeber schreiben:
âMittleres Wissen ist aber auch kein NatĂŒrliches Wissen, denn dieses hĂ€tte nicht anders ausfallen können; es gibt fĂŒr Molina keine mögliche Welt, in der Gottes Wissen hinsichtlich des Notwendigen ein anderes ist als das, was er faktisch besitzt. Gottes Mittleres Wissen hingegen umfasst freie geschöpfliche Handlungen und Entscheidungen, und da freies Handeln fĂŒr Molina bedeutet, dass seine Subjekte auch anders handeln und entscheiden könnten, könnte auch Gottes Mittleres Wissen ein anderes sein. Das Mittlere Wissen hĂ€ngt somit nicht allein von Gottes Natur, sondern wesentlich auch von den möglichen Geschöpfen ab, auf die es sich bezieht. Insofern das Mittlere Wissen bereits vor dem Schöpfungsakt in Gott vorliegt, teilt es gleichwohl eine Eigenschaft mit dem NatĂŒrlichen Wissen, die aber das Freie Wissen nicht hat. Und insofern es sich auf kontingente Inhalte bezieht, teilt es eine Eigenschaft mit dem Freien Wissen, die das NatĂŒrliche Wissen nicht hat. Insofern ist es ein Mittleres zwischen diesen beiden anderen Wissensformenâ (S. 148)
Schon zu Molinas Zeiten war es schwer, zu verstehen, was genau mit dem Mittleren Wissen gemeint ist. Deshalb hat sich der Theologe bemĂŒht, durch weitere ErklĂ€rungen MissverstĂ€ndnisse auszurĂ€umen. Er erlĂ€utert das Mittlere Wissen folgendermaĂen:
âDamit dich aber diese Lehre auf den ersten Blick nicht verwirre, bedenke, dass alle folgenden SĂ€tze ganz offensichtlich miteinander ĂŒbereinstimmen und zusammenhĂ€ngen: (i) Nichts ist in der Macht des Geschöpfes, was nicht auch in Gottes Macht ist. (ii) Gott in seiner Allmacht kann unsere freie Entscheidung lenken, wohin er will, auĂer zur SĂŒnde; dieses nĂ€mlich impliziert einen Widerspruch, wie in Abhandlung 31 gezeigt wurde, (iii) Was immer Gott unter Hinzutritt einer Zweitursache bewirkt, kann er auch aus sich allein bewirken, es sei denn, die Wirkung beinhaltet, dass sie von einer Zweitursache stammt, (iv) Gott kann SĂŒnden zulassen, aber nicht anordnen oder zu ihnen anregen oder eine Neigung zu ihnen hervorrufen. (v) Ebenso gilt: Die Tatsache, dass ein mit freiem Entscheidungsvermögen ausgestattetes Wesen sich entweder zur einen oder zur anderen Seite wendet, wenn es sich in einer bestimmten Ordnung von Dingen und UmstĂ€nden befindet, geht nicht auf Gottes Vorherwissen zurĂŒck. Vielmehr weiĂ Gott dies deshalb vorher, weil es zu einem mit freiem Entscheidungsvermögen ausgestatteten Wesen gehört, eben dies selbst frei zu tun. Jene Tatsache geht auch nicht darauf zurĂŒck, dass Gott will, dass sie von diesem Wesen so herbeigefĂŒhrt wird, sondern darauf, dass es selbst dies frei tun will.
Daraus folgt mit gröĂter Klarheit: Das Wissen, durch das Gott vorhersieht, was ein mit freiem Entscheidungsvermögen ausgestattetes Wesen unter der Voraussetzung tun wird, dass es sich in einer bestimmten Ordnung der Dinge befindet, bevor er beschlieĂt, es zu erschaffen, hĂ€ngt davon ab, dass jenes Wesen selbst aufgrund seiner Freiheit das eine oder etwas anderes tun wird, und nicht umgekehrt. Das Wissen hingegen, durch das Gott unabhĂ€ngig von irgendeiner Voraussetzung absolut weiĂ, was durch die BetĂ€tigung von einem geschaffenen freien Entscheidungsvermögen tatsĂ€chlich geschehen wird, ist in Gott immer Freies Wissen und hĂ€ngt von der freien Festlegung seines Willens ab, durch die er ein solches freies Entscheidungsvermögen in einer solchen oder einer anderen Ordnung der Dinge zu erschaffen beschlieĂt.â (S. 16â17)
Die mit dieser Auffassung angesprochenen Fragen weisen weit ĂŒber ihren historischen Kontext hinaus. Sie sind bis heute aktuell und berĂŒhren Freiheitskonzepte, Handlungstheorien, KausalitĂ€tstheorien, Metaphysik oder auch die Gotteslehre. Innerhalb der Theologie hat sich neben AnsĂ€tzen, die die Freiheit Gottes betonen (vgl. reformiertes Lager) und jenen, die die Freiheit des Menschen herausheben (vgl. arminianisches Lager bis hin zum Open Theism) der Molinismus sogar im evangelikalen Raum als vermittelnde Position etablieren können. Ein bekannter christlicher Religionsphilosoph, der den Molinismus in unseren Tagen verteidigt, ist William Lane Craig. (3)
Noch heute disputieren AnhĂ€nger und Gegner ĂŒber das Mittlere Wissen. Christoph JĂ€ger skizziert in diesem Band gewichtige EinwĂ€nde gegen Molinas Theorie sowie mögliche Erwiderungen (S. CXXXVIIâCLXXVI); sogar einige von Molina in Anschlag gebrachte biblische BegrĂŒndungstexte werden verhandelt. ErlĂ€utert wird ebenfalls der Einwand, der aus der Sicht thomistischer und reformierter Theologie besonders denkwĂŒrdig ist. Er lautet: Gottes Mittleres Wissen ist mit seiner uneingeschrĂ€nkten SouverĂ€nitĂ€t unvereinbar. Gottes Einfachheit fordert nĂ€mlich, dass sein Wissen nicht durch etwas ihm Extrinsisches oder durch etwas, das nicht durch ihn selbst verursacht ist, bestimmt werden kann. Der Molinismus macht aber nun Gott von etwas anderem abhĂ€ngig und so ist er in seinem Wissen passiv und nicht mehr actus purus (vgl. S. CXLIVâCXLV). Molina besteht darauf, dass göttliches Wissen in bestimmter Weise darauf beruht, was freie Geschöpfe in bestimmten UmstĂ€nden tun wĂŒrden. Zwar versucht er, Gott so darzustellen, als bleibe er die erste Ursache allen weltlichen Geschehens. Die Freiheit seiner Entscheidungen scheint aber letztlich doch von dem abhĂ€ngig zu sein, was kreatĂŒrliche Akteure tun, falls sie tatsĂ€chlich aus freien StĂŒcken heraus handeln. Der Molinismus stellt demnach Gottes AseitĂ€t, seine absolute UnabhĂ€ngigkeit, infrage. (4)
Wie beim Meiner Verlag ĂŒblich, ist der Druck ausgezeichnet umgesetzt worden. Ein Index hilft bei ErschlieĂen des Werkes. Die Herausgeber haben mit der lateinisch-deutschen Ausgabe der Disputation 52 einschlieĂlich der ausfĂŒhrlichen Einleitung und des vorzĂŒglichen Kommentars eine bemerkenswerte Arbeit geleistet. Ihnen, der UniversitĂ€t MĂŒnster, an der dieses Buch entstanden ist, und dem Meiner-Verlag, ist fĂŒr die Verwirklichung dieses Projektes sehr zu danken.
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FuĂnoten:
- Allerdings beschĂ€ftigte sich Molina ebenfalls mit Martin Luther und Johannes Calvin. Er meinte, die Vorstellung, Gnade sei eine Art göttliche Substanz, die die Menschen befĂ€hige, gute Werke zu vollbringen, sei falsch. Sein Biograph Kirk MacGregor schreibt (Luis de Molina. Grand Rapids (Michigan): Zondervan Academic, 2015, S. 18): âStattdessen stimmte Molina mit Luther und Calvin ĂŒberein, die Gnade als Gottes unverdiente Gunst gegenĂŒber sĂŒndigen Menschen und Gottes unverdiente Hilfe bei der Sicherung ihrer Wiedergeburt und Heiligung zu verstehen. Aber im Gegensatz zu Luther und Calvin bekrĂ€ftigte Molina, dass Gott jedem Menschen, den er erschaffen hat, ausreichend Gnade fĂŒr seine Rettung schenkt. Er begrĂŒndete das mit biblischen Texten wie 1. Timotheus 2,4 (â[Gott unser Retter] will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommenâ) und 2. Petrus 3,9 (âder Herr hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur BuĂe finde.â).
- Reinhold Seeberg schreibt ĂŒber Molinas Entwurf (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Zweite HĂ€lfte, 1895, S. 442â443): âDer Mensch ist auch als SĂŒnder frei, nicht blos zu natĂŒrlichen, sondern auch zu ĂŒbernatĂŒrlichen Handlungen, vorausgesetzt die Mitwirkung der Gnade. Die Gnade erhebt und beschwingt die Seele, sie macht sie fĂ€hig zum ĂbernatĂŒrlichen, aber der eigentliche Akt der Entscheidung wird nicht von der Gnade im Willen bewirkt, sondern der Wille vollzieht ihn selbst und zwar in Verbindung mit der Gnade. Wie also der freie WillensentschluĂ und die BefĂ€higung der Seele zum ĂbernatĂŒrlichen (Gnade) in ihrer Cooperanz den wirklichen Anfang des Heilsstandes bezeichnen, so bringen beide fortdauernd concursu simultaneo die ĂŒbernatĂŒrlichen Akte hervor. Sie wirken zusammen wie zwei MĂ€nner, die an einem Seil ein Schiff ziehen. Nun wĂŒrde aber die hierdurch erzielte, durchgehende Cooperanz hinfĂ€llig, wenn wirklich alle freien Akte der Geschöpfe, wie die Thomisten wollen, von Gott in sich als von ihm selbst gewollt erkannt werden. Hier kommt Mol. der Begriff der scientia media zu Hilfe. Gott sieht nĂ€mlich von den freien Geschöpfen voraus, was sie unter Eintritt bestimmter Bedingungen tun oder nicht tun werden. Die scientia media ist also die Erkenntnis des Bedingt-ZukĂŒnftigen. Vermöge derselben erschaut Gott das kĂŒnftige Weltbild und gestaltet die Weltordnung.â
- Siehe besonders: William Lane Craig. Divine Foreknowledge and Human Freedom: The Coherence of Theism â Omniscience. Leiden: Brill, 1991.
- Siehe zur Einfachheit Gottes: Steven J. Duby. Divine Simplicity: A Dogmatic Account. London, New York, Oxford u. a.: t & t Clark, 2017, bes. S. 118â132. Reziprok deutet ĂŒbrigens James N. Anderson die Probleme des Molinismus. Er spricht von einem determinierenden Indeterminismus, da eben Gott durch die Ă€uĂeren UmstĂ€nde die Entscheidungen des Akteurs letztlich doch prĂ€disponiere. Siehe dazu: URL: https://www.proginosko.com/2014/01/the-fallible-god-of-molinism und URL: https://www.proginosko.com/2014/05/a-brief-response-to-william-lane-craig-on-molinism (Stand: 30.04.2019). Eine gute Darstellung der reformierten Entgegnungen auf den Molinismus ist zu finden in: Richard A. Muller. Post-Reformation Reformed Dogmatics. Bd. 3. Grand Rapids (Michigan): Baker Academics, 2003, S. 417â432.