Piusbruderschaft

„Logik der Integration“

Der Sekretär der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, Guido Pozzo, diagnostizierte kürzlich eine klare Willensbekundung des Papstes, „den Weg zur vollen und dauerhaften kanonischen Anerkennung [der Piusbruderschaft] zu fördern.“ Christian Geyer kommentiert die hinter dem Vorgang stehende „Logik der Integration“ bissig:

Just zu den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils, die diese beiden Themen behandeln, verweigern die Piusbrüder bis heute ihre Zustimmung. Für Franziskus offenbar kein Grund, schwarz-weiß zu malen. Verwirklichen die Piusbrüder Europas Werte nicht „zumindest teilweise und analog“, wie man in Anlehnung an das antinormative Argumentationsmuster des jüngsten päpstlichen Schreibens „Amoris laetitia“ fragen könnte? Warum „kleinlich“ und „unerbittlich“ auf der Anerkennung von abstrakten Zivilisationsgesetzen bestehen, wenn die Piusbrüder nun einmal „nicht in der Lage sind, die objektiven Anforderungen des Gesetzes zu verstehen, zu schätzen oder ganz zu erfüllen“?

Entscheidend ist laut „Amoris laetitia“ die „Logik der Integration“, ohne dass diese Logik mit belastbaren Kriterien ausgestattet werden bräuchte: „Es geht darum, alle einzugliedern.“ Auf die Piusbrüder gewendet heißt das: Maßgeblich sind die guten Absichten und mildernden Umstände, unter denen das Meta-Lehramt der Bruderschaft zustande kam, nicht sein objektiver Gehalt. Wenn die Piusbrüder deshalb nach entsprechender Gewissensprüfung zu dem Ergebnis kommen, die Religionsfreiheit theologisch ablehnen zu müssen, dann sollen sie selbst entscheiden dürfen, wie katholisch das ist, welche Dokumente des Zweiten Vatikanums sie anerkennen möchten und welche lieber nicht.

Tatsächlich geht es auf dem Weg zur kirchenrechtlichen Anerkennung der Piusbrüder genau darum: Die wichtigen Texte zum Judentum und zur Religionsfreiheit sind, so wünscht es der Vatikan, in ihrer bloß relativen Normativität darzustellen, so dass von ihrer Anerkennung nicht länger die kanonische Anerkennung der Piusbrüder abhängen soll. Das Vorgehen entspricht präzise dem eklektischen, sich um den Zusammenhang der Lehre weiter nicht scherenden Stil des Papstes der „Barmherzigkeit“, welcher heute diese und morgen jene Regel – nein, nicht für unerheblich erklärt, aber sie so zur Anwendung bringt, dass sie für die Beurteilung einer „Situation“ (der Begriff hat unterm aktuellen Pontifikat beinahe schon Fetisch-Charakter) nicht länger den Ausschlag gibt, sondern als regulative Idee in den Hintergrund tritt.

Mehr: www.faz.net.

Rebellen gegen Rom – die Piusbrüder

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. ist eine Priestervereinigung katholischer Traditionalisten, die 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet wurde. Die Bruderschaft kam in den in den letzten Jahren oft in Verruf, nicht zuletzt wegen umstrittener Äußerungen von Richard Williamson zum Holocaust.

Das Schweizer Fernsehen hat gestern die Dokumentation »Rebellen gegen Rom – die Piusbrüder« des Filmemachers Günther B. Ginzel ausgestrahlt. Die halbstündige Sendung ist liebevoll gemacht, gewährt aber auch Einblicke in Spannungen und Sonderbarkeiten. In der Programmbeschreibung heißt es:

Der Skandal erschütterte 2009 die katholische Kirche: Völlig überraschend hatte Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier Bischöfen der von Rom abtrünnigen, ultrakonservativen Piusbruderschaft aufgehoben. Die Entscheidung des Papstes wurde auch von vielen Bischöfen in seltener Offenheit kritisiert. Wirkte diese Entscheidung nicht wie eine Rehabilitierung, ja eine Akzeptierung einer alten Theologie, die das Zweite Vatikanische Konzil überwunden hat? Lehnen die Piusbrüder nicht seit vier Jahrzehnten alles ab, was modernen Katholiken lieb und teuer ist: die Aufwertung der Laien, die Liturgiereform, der Dialog der Religionen? Leugnete nicht einer ihrer vier Bischöfe, Richard Williamson, öffentlich den Holocaust? Die Verhandlungen zwischen dem Vatikan und der Piusbruderschaft finden seither im Geheimen statt.

Wo stehen die Piusbrüder? Welche Theologie vertreten sie? Wie ist es für junge Menschen, in einer so eingeschworenen Gemeinschaft zu leben? Erstmals öffnet sich die Priesterbruderschaft einem Fernsehteam und gewährt Einblick in ihren Alltag der Priester- und Schülerausbildung. Der Film «Rebellen gegen Rom» von Günther B. Ginzel begleitet eine junge Schülerin und den angehenden Priester Elias Stolz zu seiner Priesterweihe im Juni 2010 in Deutschland und die letzten Wochen davor. In ihrem Hauptsitz, in Menzingen, Kanton Zug, spricht ausserdem der Generalobere Bischof Bernard Fellay Klartext über die Vorstellungen der Bruderschaft: Trotz der laufenden Verhandlungen kritisiert er den Vatikan überraschend scharf und lehnt den Dialog mit den reformierten Kirchen kompromisslos ab.

Ein Dokumentarfilm über prinzipientreue Jugendliche, hinreißend schöne Messen und eine ungebrochene Haltung: Wir haben Recht! Die Rebellion gegen den Papst geht weiter.

Hier das Video, allerdings nur für Blog-Leser aus der Schweiz (Leser  aus anderen Ländern können den Film hier als Podcast herunterladen.):

VD: J

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