Papst Franziskus

Slavoj Žižek und der christliche Atheismus

Der Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Žižek meint, Papst Franziskus könne man auch als Atheist verehren, denn er stünde für ein Verständnis von Liebe, dass auch für Menschen zugänglich sei, die nicht an Gott glauben. Er schreibt:

„In Anlehnung an die bahnbrechende Idee von Pater Raffaele Nogaro über die dringende Notwendigkeit, Christus selbst zu befreien, schlage ich vor, dass Christus als verschwindender Vermittler in jeder echten Liebe wirkt – er ist immer anwesend, wenn es Liebe zwischen Menschen gibt: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich unter ihnen“ (Matthäus 18,20). Christus ist also weder Subjekt noch Objekt der Liebe, er ist die Liebe selbst: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe“ (Johannes 4,8): „Jesus hat das erste Gebot des alten Gesetzes ‚Du sollst deinen Gott, den Meister, lieben‘ (Deuteronomium 6,5) durch ein Gebot ersetzt, das als unmittelbaren Empfänger der Liebe nicht Gott, sondern den Nächsten nennt.“ Nogaro zitierte in unserem Gespräch Dietrich Bonhoeffer, der zum Schluss in diese Richtung geht: „Ein Christ ist nicht ein religiöser Mensch, sondern einfach ein Mensch, ‚ein Wesen für andere‘, wie Jesus.“

Aber von welcher Art der Liebe sprechen wir hier? Im Dialog zwischen Jesus und Petrus in Johannes 21,9 werden zwei verschiedene Wörter für „Liebe“ verwendet: agapaô (die Verbform des Substantivs agape) und phileô (die Verbform des Substantivs philia). Der Dialog läuft folgendermaßen ab: Jesus fragte: „Agapâis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Jesus fragte: „Agapâis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Jesus fragte: „Phileis du mich?“ Petrus antwortete: „Ich phileô dich.“ Ich stimme mit denjenigen überein, die behaupten, dass diese Änderung des fraglichen Verbs auf die gnädige Herablassung Jesu auf jene Ebene hinweist, auf der Petrus an diesem Punkt bereit war, zu antworten. Philia ist die Liebe zu einem anderen Menschen, in Abwesenheit Christi als verschwindendem Vermittler.

Genau genommen gibt es in der Heiligen Schrift vier Begriffe für die Liebe: Eros (sexuelle Liebe), Storge (elterliche, familiäre Liebe), Philia (ungeschlechtliche Zuneigung/Freundschaft) und Agape (die bedingungslose Liebe, die Menschen vereint, die ihr Leben einer Sache widmen). Auf der Ebene der Agape spielen Gefühle (sexuell oder nicht) keine Rolle mehr, was bleibt, ist einfach der Heilige Geist, eine egalitäre Gemeinschaft von Kameraden, die sich einer Sache verschrieben haben.“

Ich habe gerade nicht die Zeit, um detailliert auf diese Aussagen einzugehen. Aber es fallen auf Anhieb vier Dinge auf, die ich zumindest erwähnen möchte:

Erstens wird deutlich, dass Slavoj Žižek als Psychoanalytiker irgendwie von Erich Fromm beeinflusst ist, einem Vertreter der Frankfurter Schule. Fromm hat sinngemäß das biblische „Gott ist die Liebe“ (1Joh 4,8) umgekehrt und humanistisch-transzendent gedeutet: Da wo Liebe ist, ist Gott. Der Glaube an einen Gott ist der Glaube an das höchste in uns selbst. (vgl. Die Kunst des Liebens u. Psychoanalyse und Religion).

Zweitens übernimmt Slavoj Žižek, so wie viele Prediger auch, die semantische Unterscheidung zwischen agapaô und phileô (vgl. Nygren). Demnach beziehe sich agapaô immer auf eine höhere oder göttliche Liebe und phileô auf eine sinnlichere oder horizontale Liebe. Das gilt als widerlegt. So schrieb beispielsweise D.A. Carson (Die komplexe Lehre von der Liebe Gottes, 2022S. 29, [#ad]):

Selbst innerhalb des griechischen Alten Testaments ist es keineswegs eindeutig, dass sich die Wortgruppe agapaô immer auf eine „höhere“ oder edlere oder weniger emotionale Form der Liebe bezieht. Zum Beispiel vergewaltigt Amnon in 2.Sam 13 (LXX) seine Halbschwester Tamar inzestuös. Er „liebt“ sie, wird uns gesagt. Seine Tat ist ein bösartiger Akt, offensichtlich sexuell, emotional und gewalttätig – und sowohl agapaô als auch phileô werden verwendet.

Damit ist ist auch widerlegt, dass es im Spektrum von Agape keine Leidenschaft gibt.

Drittens kommt, anders als Žižek es oben behauptet, der Begriff érōs in der Bibel (streng genommen) nicht vor, auch wenn dort natürlich auch auf die leidenschaftliche und erotische Liebe bezug genommen wird. Zu finden ist érōs lediglich in der LXX (also der griechischen Übersetzung des hebräischen AT) in Spr 7,18 u. Spr 24,51.

Viertens empfehle ich im Blick auf die religionslose Interpretation des Christseins bei Bonnhoeffer die Untersuchung Widerstand und Versuchung: Als Bonhoeffers Theologie die Fassung verlor (2022, [#ad]). Frisch deutet den erstrebten und in Widerstand und Ergebung dokumentierten Versuch eines religionsfreien Glaubens bei Bonhoeffer als Anfechtung. Frisch im O-Ton: „Man kann nicht dem metaphysischen Gott den Laufpass geben und sich zugleich von guten Mächten wunderbar geborgen in diesem Gott wiederfinden“ (S. 59, siehe die Buchbesprechung hier: RalfFrisch_Bonhoeffer.pdf).

Ist der Papst häretisch?

Zwischen einem lockeren Gespräch und theologischen Verlautbarungen zu unterscheiden, ist eine gute Sache. Trotzdem finde ich es beunruhigend, mit was für einer Selbstverständlichkeit Redakteur Guido Horst den amtierenden Papst Franziskus verteidigt, der kürzlich wieder davon sprach, dass alle Religionen zu Gott führen und jeder Mensch ein Kind Gottes ist. Wie kann ich einem Papst vertrauen, der dies offensichtlich glaubt und dennoch hinter den Dekreten der Kirche stehen muss? Furchtbar! Zumal solche Äußerungen ja keine Versehen sind (vgl. hier und hier).

Trotzdem meint Guido Horst:

Auf Deutsch klingt der entscheidende Satz von Franziskus auf der offiziellen Homepage des Vatikans so: „Alle Religionen sind ein Weg, um zu Gott zu gelangen. Sie sind – ich mache einen Vergleich – wie verschiedene Sprachen, verschiedene Idiome, um dorthin zu gelangen. Aber Gott ist Gott für alle. Und weil Gott der Gott für alle ist, sind wir alle Kinder Gottes.“

Ja, kann man missverstehen. Besonders dann, wenn man Papst Franziskus schon seit geraumer Zeit böse Absichten unterstellt. Die „sprungbereite Feindseligkeit“, über die sich schon Benedikt XVI. beklagte, muss Franziskus besonders aus dem Lager der Konservativen und Traditionalisten erfahren. Aber bitte: einmal durchatmen und sich abregen – es war nur ein Gespräch! Kein theologischer Vortrag und erst recht kein „ex-cathedra“-Spruch. Zumal Franziskus kein Theologe, sondern ein Mann der Seelsorge ist. Er hat mit mehreren Jugendlichen gesprochen – so wie vielleicht vier vernünftige Leute in einem Zugabteil sitzen, feststellen, dass ein Hindu, ein Christ, ein Muslim und ein Buddhist zusammen sind, und anfangen, über das Miteinander der Religionen zu reden. Da wird der Christ auch nicht aufstehen und die anderen ultimativ zu Bekehrung und Taufe auffordern. 

Mehr: www.die-tagespost.de.

Papst Franziskus: „Alle Menschen sind fundamental gut“

Papst Franziskus hat ein Interview gegeben und wieder einmal ist nicht so recht klar, was er sagen will. Ich empfehle, ab Minute 12 reinzuhören. Einmal: Alle Menschen sind Sünder. Und dann: Alle Menschen sind fundamental gut. Es gibt ein paar Sünder, aber das Herz selbst ist gut.

Regis Martin zu Papst Franziskus: „Legen Sie das Amt nieder“

Regis Martin, Professor für Theologie und Fakultätsmitglied des Veritas-Zentrums für Ethik im öffentlichen Raum an der Franziskaner-Universität von Steubenville (Ohio, USA), hat angesichts „Fiducia Supplicans“ scharfe Kritik an Kardinal Manuel Fernandez (Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre) und Papst Franziskus geübt: 

Was sollen Sie also dem Papst raten? Wenn ich es wäre, würde ich Folgendes sagen: „Eure Heiligkeit, bei allem Respekt, es gibt zwei Dinge, die Sie tun müssen, und zwei weitere, die Sie tun könnten. Die ersten beiden sind ziemlich einfach. Werden Sie Fernandez los; dann werfen Sie die Erklärung weg. Was die beiden anderen angeht, so sind sie optional, aber ich würde beides dringend empfehlen. Legen Sie das Amt nieder, das Ihnen so zur Qual geworden ist, und gehen Sie ins nächste Kloster, um ein Leben in Gebet und Buße zu führen.“ 

Hier der lesenswerte Artikel: crisismagazine.com.

Der Papst und das schwarze Loch

Der katholische Journalist Dan Hitchens hat für FIRST THINGS die Erklärung Fiducia supplicans über die pastorale Sinngebung von Segnungen untersucht. Nimm man die Erklärung ernst, so Hitchens, haben bisher die Christen missverstanden, was ein Segen ist:

Offensichtlich hat jeder bisher ein unzureichendes Verständnis von Segnungen gehabt. Dieser neue Text bietet „einen spezifischen und innovativen Beitrag zur pastoralen Bedeutung des Segens“ (Kursivdruck im Original). Es folgen 2.800 Wörter mit Überlegungen zu Segnungen – Segnungen in der Bibel, warum Menschen, die um Segen bitten, eine „aufrichtige Offenheit für die Transzendenz“ zeigen, die Feststellung, dass Priester manchmal Pilgerreisen ebenso segnen wie „ehrenamtliche Gruppen und Vereine“.

Nichts von alledem ist merklich innovativ oder gar spezifisch. Wiederum schreiten wir in völliger Dunkelheit zu einer zuversichtlichen Schlussfolgerung: „Innerhalb des hier skizzierten Horizonts erscheint die Möglichkeit von Segnungen für Paare in irregulären Situationen“ usw. Welcher Horizont soll das sein? Zu spät merken Sie, worum es geht: Es ist der Ereignishorizont. Sie befinden sich wieder im schwarzen Loch.

Nun, wenn das Dokument mit der katholischen Lehre und sogar mit sich selbst nicht in Einklang zu stehen scheint, sollte man vielleicht überlegen, ob das Problem bei den eigenen Annahmen liegt. Immerhin korrigiert das Dokument mit Nachdruck ein offenbar häufig anzutreffendes Missverständnis. „Von denjenigen, die den Segen suchen“, so heißt es darin, „sollte nicht verlangt werden, dass sie zuvor moralisch vollkommen sind“.

Nur: Wer hat denn diesen Irrtum verbreitet? Wer hat behauptet, dass nur moralisch perfekte Menschen gesegnet werden können, und was hat das eigentlich mit dem vorliegenden Thema zu tun? Aber schon beginnt man den Halt zu verlieren und fühlt sich hilflos an den Rand gedrängt … 

Angesichts der Tatsache, dass es nun zwei widersprüchliche päpstliche Lehren gibt – das Dokument von 2021 und das von 2023 – ist es logisch unmöglich zu leugnen, dass Päpste, wenn sie nicht ex cathedra sprechen, manchmal irren können. 

Mehr: www.firstthings.com.

Papst setzt ein Signal gegen Konservative

US-Präsident Joe Biden, ein engagierter Kämpfer für die Abtreibung und die LTBGQ-Bewegung, sei laut Papst Franziskus ein guter Katholik und soll die Kommunion empfangen. Dabei will er die Abtreibungen bis zur Geburt erleichtern und sogar das Grundrecht auf Abtreibung einführen. Zu einer Kirche, die offiziell für den Lebensschutz eintritt, passt das nicht. Matthias Rüb schreibt für die FAZ: 

Auf die Frage, ob in dem Gespräch mit dem Papst vom Freitag auch das Thema Abtreibung zur Sprache gekommen sei, antwortete Biden am Samstagmittag vor amerikanischen Journalisten: „Nein, es kam nicht zur Sprache. Wir haben nur darüber gesprochen, dass er froh darüber ist, dass ich ein guter Katholik bin und dass ich weiter die Kommunion empfangen soll.“

Nach dem Gottesdienst vom Samstagabend sagte Pater Joe Ciccone, Hauptzelebrant der Abendmesse und Spender der Sakramente für die Bidens: „Die Kommunion vereint uns in Gott, unserem Herrn. Keiner von uns ist rein und perfekt. Wir alle haben Kämpfe zu bestehen in unserem Leben. Wir sind Heilige und Sünder zugleich.“ Damit brachte Pater Ciccone genau die Haltung von Papst Franziskus im Streit um die Kommunion für katholische Politiker zum Ausdruck, die sich entgegen der Lehre ihrer Kirche für das Recht auf Abtreibung einsetzen. So wie Joe Biden und Nancy Pelosi etwa.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Der Vatikan erklärt die Worte des Papstes

Vor einigen Tagen habe ich darüber berichtet, dass Papst Franziskus in einer Dokumentation die zivilrechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partner befürwortet hat und damit innerkirchlichen Diskussionen ein Steilvorlage gegeben hat (siehe hier). Der Vatikan hat sich inzwischen in die Auseinandersetzung um die richtige Deutung der zitierten Worte eingeschaltet. Er weist laut FAZ darauf hin, „dass es sich um aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen aus einem früheren Interview handele“. Die FAZ weiter:

Der Vatikan teilte den Bischöfen nun mit, es handle sich um zwei Aussagen aus einem früheren Interview des Papstes, das er 2019 mit dem mexikanischen Fernsehsender Televisa geführt habe. Die beiden Sätze stammten ursprünglich aus unterschiedlichen Zusammenhängen, seien in dem Dokumentarfilm jedoch zu einer Antwort zusammengefügt worden. Das habe Verwirrung gestiftet.

Der Satz über das Recht auf eine Familie bezieht sich laut vatikanischer Darstellung in seinem ursprünglichen Zusammenhang darauf, dass Homosexuelle von ihrer Familie nicht diskriminiert werden sollten. In diesem Sinne hatte sich Franziskus 2016 auch in seinem Schreiben „Amoris laetitia“ geäußert. Der Satz über die rechtliche Anerkennung fiel demnach in einem anderen Teil des Interviews, in dem es um die Ablehnung eines Gesetzes zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe 2010 in Argentinien ging. Der heutige Papst und damalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, hatte dieses Gesetz damals abgelehnt.

Hier der vollständige Artikel von Thomas Jansen: www.faz.net.

Papst befürwortet homosexuelle Partnerschaften

Der Papst Franziskus hat einen Preis für unklare Kommunikation verdient. Mit Aussagen, die er in einer am Mittwoch in Rom vorgestellten Dokumentation gemacht hat, setzt er die Katholische Kirche und die Welt allgemein in Erstaunen. Domradio meldet:

In einer Szene sagt er: „Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben.“ Sie seien Kinder Gottes. „Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht.“ Betroffene sollten rechtlich abgesichert sein. Dafür habe er sich auch eingesetzt.

Während der Papst schon in früheren Aussagen eine Duldung eingetragener Partnerschaften für Homosexuelle signalisierte, spricht er sich dieses Mal ausdrücklich für eine solche rechtliche Form der Partnerschaft aus. Eine gleichgeschlechtliche Ehe hingegen lehnt er weiterhin ab.

Zuvor hatte er 2010 als Erzbischof von Buenos Aires anlässlich der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in seinem Heimatland Argentinien von einem „Schachzug des Teufels“ gesprochen. Die zuvor dort geltende eingetragene Partnerschaft duldete er hingegen.

Was meint Franziskus nun, wenn er von dem Recht spricht, in einer Familie zu leben? Will er damit auch das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partner einfordern? Was genau meint er mit: „Sie sind Kinder Gottes?“.

Klar ist bei allen offenen Fragen, dass sich der Papst von der Auffassung verabschiedet hat, die die von ihm geleiteten Kirche offiziell vertritt. In den „Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen“ aus dem Jahr 2003 heißt es unter Punkt 11:

Nach der Lehre der Kirche kann die Achtung gegenüber homosexuellen Personen in keiner Weise zur Billigung des homosexuellen Verhaltens oder zur rechtlichen Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften führen. Das Gemeinwohl verlangt, dass die Gesetze die eheliche Gemeinschaft als Fundament der Familie, der Grundzelle der Gesellschaft, anerkennen, fördern und schützen. Die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften oder deren Gleichsetzung mit der Ehe würde bedeuten, nicht nur ein abwegiges Verhalten zu billigen und zu einem Modell in der gegenwärtigen Gesellschaft zu machen, sondern auch grundlegende Werte zu verdunkeln, die zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehören. Die Kirche kann nicht anders, als diese Werte zu verteidigen, für das Wohl der Menschen und der ganzen Gesellschaft.

Ich gehe mal davon aus, dass in der Katholischen Kirche in den nächsten Wochen viel diskutiert wird.

Selbstpolitisierung der Kirchen schadet

Immer mehr gefallen sich die Kirchen als politische Akteure mit einer linken Agenda. Besonders in Deutschland. So verraten sie ihre Botschaft, vertiefen die gesellschaftliche Spaltung und werden wohl früher oder später überflüssig. Das meint Alexander Kissler in einem Beitrag für die NZZ:

Bei Franziskus und vielen ökumenischen Geschwistern wird deutlich, woraus die Flucht ins Politische sich letztlich speist: aus Kulturpessimismus. Die politisierende ist auch die panische Kirche, die sich die Gegenwart in düsteren Farben malt. Der Papst fordert einen aktiven, präsenten Staat und «wirksamere Weltorganisationen», damit diese einer «kranken Gesellschaft» und dem «moralischen Zerfall» Einhalt gebieten. Weltliche Akteure sollen einer universalen Moral zum Durchbruch verhelfen. Mehr als eine ideologische Anschubfinanzierung trauen sich die Kirchen nicht zu. Ihren grössten Gegner kennen sie. Ein abgründiger Satz in «Fratelli Tutti» behauptet, radikaler Individualismus sei «das am schwersten zu besiegende Virus». Nicht nur in Corona-Zeiten kann man diese Aussage abgeschmackt finden. Sie wirft ein grelles Licht auf das Grundproblem der Politkirchen: Sie misstrauen dem Menschen.

Noch eine Anmerkung: Möglicherweise meint Franziskus mit Individualismus den Egoismus, der aus dem menschlichen Herzen kommt. Diesem zu misstrauen, gehört zur Berufung der Kirche. Die  kollektivistische Weltordnung, die vom Papst in „Fratelli Tutti“ beschworen wird, kann freilich nicht besser sein als die menschlichen Herzen, die ihn erschaffen. Hier hat Kissler völlig recht: marxistisch inspirierte Utopien werden die Welt alles andere als zum Guten transformieren.

Hier: www.nzz.ch.

Neue Enzyklika: Universelle Geschwisterlichkeit

Papst Franziskus hat mit der neuen Enzyklika „Fratelli tutti“ eine – theologisch eher blutleere – gesellschaftspolitische Utopie auf die Reise geschickt. Zum ersten Mal nennt ein Papst einen führenden Vertreter der islamischen Religion als Inspirationsquelle für seine Enzyklika: den Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo.

Thomas Jansen meint:

Das Neue des Schreibens liegt ohnehin nicht in der Kapitalismus-Kritik oder den Willkommenskultur-Appellen. Bemerkenswert ist etwas Anderes: … Es hat große Symbolkraft, dass die Enzyklika in der Wiedergabe einer gemeinsamen Erklärung mündet, die der Papst und der führende sunnitische Gelehrte im Februar 2019 unterzeichnet haben. „Fratelli tutti“ könnte so ein Meilenstein im katholisch-islamischen Dialog werden – wenn die muslimische Seite reagiert.

Zugriff auf den päpstlichen Entwurf der Geschwisterlichkeit gibt es hier: www.vatican.va.

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