Stress

Stadtstress

Stadtbewohner haben ein höheres Risiko, psychisch zu erkranken, als Menschen, die auf dem Land leben. Allein die Gefahr der Schizophrenie ist – so einige Experten – doppelt so hoch. Die Kombination von sozialer Dichte und Vereinsamung wirkt sich besonders gravierend aus.

Miriam Hollstein schreibt für die WELT:

In einer 2011 im Magazin „Nature“ veröffentlichten Studie wies der Mannheimer Psychiater Florian Lederbogen gemeinsam mit Kollegen nach, dass Stadtbewohner stärker auf bestimmte Stressreize reagieren als Menschen auf dem Land. Dies ließ sich nachweisen, weil jene Hirnregionen, die Stress verarbeiten, bei ihnen schneller auf die Reize reagierten. Und noch eine Erkenntnis gewann das Wissenschaftlerteam: Das Phänomen ließ sich nicht nur bei Menschen beobachten, die aktuell in der Stadt lebten, sondern auch bei solchen, die in der Stadt aufgewachsen waren.

Das allein, sagt der Berliner Stressforscher Adli, sei aber noch nicht schlimm: „Es kann eine ganz normale Anpassung an die Umwelt sein.“ Problematisch werde es, wenn weitere Risikofaktoren hinzukämen. „Der Faktor Stadt alleine ist noch kein Problem. Es ist immer ein Summenspiel.“ Was also macht den besonderen Stress der Stadt aus? „Die Kombination von sozialer Dichte und sozialer Vereinsamung“, sagt Adli. „Vereinzelung ist ein echter Killer.“

Studien zeigen, dass soziale Isolation das Sterberisiko stärker erhöht als Fettleibigkeit und Alkoholkonsum. 2013 kamen Forscher des University College London zum Schluss, dass Menschen, die isoliert lebten, binnen sieben Jahren ein 26 Prozent höheres Sterberisiko hatten. Auch die Gefahr, an Demenz und Arthritis zu erkranken, erhöht sich. Unter Vereinsamung litten meist ältere und unverheiratete Menschen. Auch Armut ist ein Risikofaktor. In Verbindung mit der stärkeren Stressreaktion kann sie Stadtbewohner schneller krank machen.

Mehr: www.welt.de.

Seelennöte der Stadtmenschen

Immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Städte. Zugleich verdichten sich die Hinweise darauf, dass das Leben in Ballungszentren die menschliche Seele stark belastet. Der Psychiater Andreas Meyer-Lindenberg erklärt für den SPIEGEL, was im Gehirn gestresster Großstädter schief läuft. Eine große Rolle spielt nachweislich der soziale Stress.

Schon seit vielen Jahrzehnten wissen Psychologen, dass das Leben in einer Großstadt die seelische Gesundheit belastet – etliche schwere psychische Erkrankungen treten hier verstärkt auf: Städter leiden auch in Deutschland zu etwa 40 Prozent häufiger an Depressionen; die Quote der Angststörungen ist um rund 20 Prozent erhöht. Noch dramatischer steigt das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, für Menschen an, die in einer Stadt zur Welt kamen und dort ihre frühe Kindheit verbracht haben. So fanden Lydia Krabbendam und Jim van Os von der niederländischen Universität Maastricht nach Auswertung von zehn Studien heraus, dass sich das Risiko für dieses schwere psychische Leiden bei Stadtkindern verglichen mit auf dem Land aufgewachsenen Personen mindestens verdoppelt. Andere Forscher gehen sogar von einer Verdreifachung aus.

Diese Daten gelten zwar als gut gesichert, sie lassen jedoch die Frage offen, welche Ursachen dahinterstecken. Prinzipiell könnte es ja sein, dass Ballungszentren auf Menschen mit einem erhöhten Risiko für seelische Erkrankungen oder bereits offenkundigen psychischen Störungen besonders anziehend wirken oder dass solche Menschen krankheitsbedingt seltener aufs Land ziehen. Diese „Drift“-Hypothesen haben Epidemiologen allerdings ausgeschlossen. Insofern müssen wir davon ausgehen, dass es tatsächlich Faktoren in der Stadt selbst gibt, die das Risiko für psychische Leiden erhöhen.

Hier der lesenswerte Artikel: www.spiegel.de.

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