Der evangelische Theologe Werner Tiki Küstenmacher versucht seit mehr als 30 Jahren, das Bild von Kirche mit seinen Cartoons und Büchern zu beeinflussen. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „Gott 9.0 – Wohin unsere Gesellschaft spirituell wachsen wird“. Darin entwickelt Küstenmacher ein Stufen-Modell von Religion – und Glaubenszweifel wird hier zu einer tragenden Säule. Das Buch ist populär und es ist irreführend (eine Buchkritik wurde hier 2011 veröffentlich).
Der DLF hat Tiki Küstenmacher die Möglichkeit gegeben, seine gnostische self-made-Religion vorzustellen:
Nur wer sich eindeutig zu seinem Gott bekennt, wer regelmäßig betet und meditiert, findet zu einem tieferen Glauben. Mit dieser Behauptung räumt Werner Tiki Küstenmacher gleich zu Beginn auf. Religion sei nichts Konstantes, sondern wie der Mensch auf Entwicklung angelegt, sagt der evangelische Autor und Karikaturist:
„Ich wurde immer gewarnt von den Predigern: Man darf sich seinen Glauben nicht selber zusammenbasteln. Du musst das nehmen, was du da vorfindest. Aber dann hab ich gemerkt: Die Menschen haben sich immer ihren Glauben aus verschiedenen Quellen zusammengestellt.“
…
Eine seiner Kernbotschaften ist: Gottesbilder sollten nicht festgefügt sein, sondern sich entwickeln. Niemand solle sich seinen Glauben vorgeben lassen, weder von der Kirche noch von anderen Religionsführern. Vielmehr plädiert der evangelische Pfarrer dafür, sich den persönlichen Glauben immer wieder neu durch Nachdenken, Lesen und Diskutieren anzueignen. Und dabei durchaus über die Grenzen der eigenen Religion hinauszuschauen. Natürlich kann man das, was dabei herauskommt, für einen religiösen Flickenteppich halten und fragen: Was bleibt von der Tradition, wenn jeder auf seinem individuellen Glaubenstrip ist?
„Es gibt einen schönen Spruch von Richard Dawkins, dem Religionskritiker. Der sagt: Du bist auf jeden Fall ein Atheist, du glaubst nicht mehr an Zeus, du glaubst nicht mehr an Thor, oder an was deine Vorfahren geglaubt haben. Indem ich mich zu einem Glauben bekenne, habe ich mich auch von anderen Glaubensformen, die es davor gab, verabschiedet. Dass wir uns weiter entwickeln, bestimmte Glaubenssätze, Glaubensüberzeugungen hinter uns lassen, das gehört zum Glauben dazu.“
Hier der Audiomitschnitt:
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Brückenbauer, Küstenmacher und andere Himmelsstürmer …
Wenn das so einfach ist, dann schreibe ich auch mal ein Buch und behaupte irgendeinen Quatsch. Es wird dann bestimmt Leute geben, die sich davon beeinflussen lassen. Aber leider habe ich nicht genug Phantasie dafür.
Ach, was heißt „leider“, ist vielleicht auch besser so. Dann bleibe ich doch lieber ganz einfach beim unfehlbaren Wort Gottes – der Bibel. Besser als diese albernen, leeren, postmodernen Dogmen der Küstenmachers und Hebels.
Der Mann nennt sich Tiki (!). Wahrscheinlich trägt er auch lila Latzhosen. Die EKD sollte sich überlegen, ob sie den Talar durch lila Latzhosen ersetzen möchte. Das wäre irgendwie konsequenter…
In der verlinkten Buchkritik wird ja erwähnt, dass Küstenmacher von Vorläufern wie z.B. Ken Wilber inspiriert ist, das Modell von Gott 9.0 also nicht originär von ihm stammt. Wäre vielleicht gut gewesen, dies im Artikel auch noch mal zu erwähnen. Generell werden solche und ähnliche Ansätze aber in vielen Kreisen und unter unterschiedlichen Namen diskutiert, oft auch im Zusammenhang mit der sog. Prozesstheologie.