2018

#NETZDG erweist sich als Desaster

Der 30. Juni 2017 war ein denkwürdiger Tag. Zuerst hat der Deutsche Bundestag mit 393 Ja-Stimmen geradezu berauscht die „Ehe für alle“ eingeführt. Und anschließend wurde in Gegenwart von nur 40 bis 60 Politikern das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NETZDG) bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Grüne und nur einer Gegenstimme aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion verabschiedet.

Maas sagte in der kurz geführten Debatte (alles nachzulesen im Protokoll der Sitzung):

Mit diesem Gesetz beenden wir das verbale Faustrecht im Netz und schützen die Meinungsfreiheit aller, die im Netz unterwegs sind und sich dort auch äußern wollen. Wir stellen sicher, dass jeder seine Meinung äußern kann, ohne deswegen beleidigt und bedroht zu werden. Das ist keine Einschränkung, sondern es ist eine Voraussetzung für die Ausübung der Meinungsfreiheit.

Das Gesetz gegen Hass im Netz erweist sich bereits nach wenigen Tagen als Desaster. Die sozialen Netzwerke werden nicht befriedet, sondern wirken zunehmend toxisch. DIE WELT hat eine kurze Zwischenbilanz veröffentlicht:

Und selten gab es wohl ein Gesetz, bei dem sich bereits nach einer knappen Woche konstatieren lässt, dass es nicht das tut, was es tun soll. Beziehungsweise: Es tut viel zu viel. Oder noch präziser: Es verleitet die Netzwerke dazu, viel zu viele Beiträge aus ihren Netzwerken zu löschen, die zwar möglicherweise schwer zu ertragen, aber vom Grundsatz der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Selbst in Fällen, die juristisch zweifelhaft sind, wird – wie im Vorfeld prognostiziert – lieber ein Kommentar gelöscht, um sich als profitorientiertes Unternehmen nicht angreifbar zu machen. Denn eine Geldstrafe für das Löschen von zu vielen Postings gibt es natürlich nicht. Zumal die Betreiber der Netzwerke auf ihren Plattformen im rechtlichen Rahmen letztlich schalten und walten können, wie sie wollen.

Hier: www.welt.de.

Der Genfer Theologe François Turrettini

Tony Reinke stellt in einem Artikel, der bei Evangelium21 erschienen ist (vielen Dank an Stefan für die Übersetzung), den Genfer Theologen François Turrettini vor. Turrettini war einerseits ein großer Scholastiker der reformierten Theologie. Seine Institutes of Elenctic Theology (auch über Logos erhältlich) kann ich sehr empfehlen. Andererseits betonte der scharfe Denker das Leben und verband so auf vorbildliche Weise Theorie und Praxis miteinander.

Tony Reinke schreibt:

Turrettini unterscheidet noch klarer zwischen dem Theoretischen und dem Praktischen. „Ein theoretisches System ist dasjenige, welches nur im Nachsinnen bewohnt wird und kein anderes Objekt als das Wissen hat. Ein praktisches System ist dasjenige, welches nicht nur im Wissen eines Dings allein besteht, sondern in seinem Wesen und durch sich selbst in die Praxis überführt und eine Wirkung als Objekt hat“ (1:21). Theologie ist demnach theoretisch (manchmal mit einer Sicht der göttlichen Mysterien endend), aber auch (und meistens) praktischer Natur.

Also nimmt die Antwort auf die Sozinianer und die Remonstranten in den folgenden Argumenten Gestalt an:

1. Theologie ist eine Wissenschaft. Für Turrettini ging es bei Wissenschaft nicht nur um theoretische Spekulationen und Datensammlung, sondern um das Studium eines Objekts und das Ordnen von Schlüssen. Zum Beispiel bei der Medizin. Das Endziel von medizinischer Forschung ist nicht, ein Kompendium aller Krankheiten und Zustände zu erhalten, sondern diese Krankheiten und Zustände zu heilen. Nur weil Theologie, wie Medizin, teilweise theoretisch ist, heißt das nicht, dass sie unpraktisch ist (1:21). Ganz im Gegenteil.

2. Das Theoretische ist wesentlich für Anbetung. „Es gibt kein Geheimnis, das als Objekt des Glaubens unserem Denken vorgestellt wird, welches nicht in uns die Anbetung Gottes anregt und nicht eine Voraussetzung für richtige Anbetung ist“ (1:21). Gott gebraucht den tiefen Brunnen der Theologie über sich selbst (die in seinem Wort offenbart ist), um Anbetung anzuregen. Demnach sind die theoretischen Aspekte der Theologie unmittelbar in der Anbetung anwendbar. Theologie „entfacht“ Anbetung und bildet die „Voraussetzung“, um Gott anzubeten.

3. Der Verstand und der Wille sind verbunden. „Die Form umfasst das Wesen wahrer Religion und verfolgt die Erkenntnis und Anbetung Gottes, die untrennbar verbunden sind (genauso wie Sonne, Licht und Wärme nie voneinander getrennt werden können). Demnach kann die Erkenntnis Gottes nicht wahr sein, wenn sie sich nicht in der Praxis äußert (Joh 13,17; 1Joh 2,5). Gleichermaßen kann keine Praxis richtig und rettend sein, die nicht von der Erkenntnis gesteuert wird (Joh 17,3)“ (1:22). Turrettini bezieht sich in diesem Abschnitt auch auf Johannes 13,17, um die Seligkeit des Mannes zu zeigen, der erkennt und gehorcht. Das Wissen ist eine Voraussetzung für das Tun. Das Theoretische und das Praktische sind so miteinander verbunden, wie Sonne, Licht und Wärme. Später schreibt er: „Es gibt nichts, was so theoretisch und so weit von der Praxis entfernt ist, dass es nicht Liebe und Anbetung zu Gott anregt. Weder gibt es irgendeine Theorie, die rettend ist, welche nicht zur Praxis führt (Joh 13,17; 1Kor 13,2; Tit 1,1; 1Joh 2,4; Tit 2,12)“ (1:23).

4. Theologie und die „Schau Gottes“. Turrettini schreibt: „Wenn vom ewigen Leben gesagt wird, dass es in der Erkenntnis Gottes (Joh 17,3) und in der Freude der Schau Gottes besteht, dann zeigt das in der Tat, dass Theologie auch spekulativ ist, dass es viele theoretische Objekte hat. Aber wir können daraus nicht schließen, dass sie nur spekulativ ist, weil diese Erkenntnis selbst nicht nur theoretisch ist, sondern praktisch (1Joh 2,5). Schau bezeichnet nicht nur Erkenntnis, sondern auch Erfreuen (nach dem Gebrauch der Schrift)“ (1:22). Und später schreibt er: „Die Theologie der Heiligen im Himmel kann nicht bloß theoretisch genannt werden, weil ihre Freude nicht nur das Wahrnehmen des höchsten Gutes durch Schauen umfasst (was der Intellekt ist), sondern auch ein Erfreuen daran in Liebe (welches ein Willensakt ist)“ (1:23). Gott zu sehen und sich an ihm zu erfreuen beweist in alle Ewigkeit die Verbindung des Theoretischen mit dem Praktischen.

Turrettinis Auffassung von der Theologie wird von Richard Muller gut zusammengefasst: „Die Perspektive der Sozinianer und Remonstranten entfernt von der Religion alle fundamentalen Artikel – einschließlich der Dreieinigkeit und der Fleischwerdung – und, so schließt Turrettini, führt letztendlich zum Atheismus. Während die Sozinianer und Remonstranten gewiss leugnen würden, dass ihre Ansichten zum Atheismus führen, hofften sie doch, die Rolle von fundamentalen oder notwendigen Artikeln bei der Bestimmung eines normativen Christentums leugnen zu können. Das Gegenmittel für solch einen Reduktionismus war für Turrettini das Aufrechterhalten des Gleichgewichts zwischen den theoretischen und praktischen Dimensionen der Theologie … Eine rein theoretische Disziplin ist nur dem Nachdenken gewidmet und hat kein anderes Ziel als Kognition; eine rein praktische Disziplin ist nur dem Handeln gewidmet und hat kein anderes Ziel als die Anleitung einer Tätigkeit (operatio) oder einer Praxis. Es ist klar, dass keine der beiden Definitionen vollkommen auf die Theologie zutrifft: Theologie beinhaltet sowohl dogmata seu decreta fidei und praecepta Christianarum virtutum – sowohl die notwendigen Lehren des Glaubens als auch die Regeln christlicher Tugend“ (PRRD, 1:351-352).

 

„Man hat nicht auf den Herrn der Kirche gehört“

Der reformierte Theologe Wilhelm Niesel schrieb während des Kirchenkampfes im Dritten Reich an Karl Barth (Brief vom 21.07.1933, in: Karl Barth und Wilhelm Niesel: Briefwechsel 1924-1968, Vandenhoeck & Ruprecht, 2015, S. 113; es ging um Verhandlung mit dem Reichsbischof Ludwig Müller, der eine führende Rolle bei den mit den Nationalsozialisten kooperierenden Deutschen Christen einnahm):

Was wir heute erleben, ist die Katastrophe einer kirchengeschichtlichen Epoche, in der man in der Kirche die Wahrheitsfrage nicht ernst genommen hat. Der Ruf, die Kirche vom Bekenntnis her, vom verantwortungsvollen Verständnis des Wortes her zu gestalten, ist wirkungslos verhallt, nachdem es anfangs schien, als wollte man auf ihn hören. Man hat in Berlin im Lärm und in Loccum in der Stille auf alles Mögliche gehört, auf die Stimme seiner eigenen Überzeugung und auf die Forderung von allen möglichen Gruppen; aber man hat nicht auf den Herrn der Kirche gehört, …

 

Interview mit Kian Kermanshahi

Michael Blume hat in seinem religionswissenschaftlichen Blog „Natur des Glaubens“ mit dem früher radikalen Schiiten Kian Kermanshahi über seine Abkehr vom Islam gesprochen. Kermanshahi studierte vier Jahre lang islamische Quellenliteratur. Die Aggression und Gewalt, die zum Islam gehören, haben schließlich zum Rückzug geführt:

Ich habe mich während der 4 Jahre immer noch als Muslim bezeichnet, allerdings als “Reform-Schiite” oder “Reform-Muslim.” Erst in diesem Jahr, also im Sommer 2017 entschloß ich mich offen, mich als nicht-Muslim zu bezeichnen. Der Grund, warum ich das offen tat und nicht einfach meinen stillen Rückzug angetreten habe, war jener, dass ich bereits auf FB und im Internet diverse Blogs aufgebaut habe, wo ich meine Untersuchungen der (muslimischen) Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt habe. Für mich war nun klar, das es eine „Blümchenliteratur“ im Islam gibt, in welcher der Islam als eine liebevolle, freundliche und barmherzige Religion vorgestellt wird, die aber nur selten die unglaublichen Dinge in den Urwerken der Muslime widerspiegelt. Fakt ist, der Islam wird verniedlicht und kaum ein Muslim ahnt, das die alten Lehrmeister der Religion die Menschen in “Rein” und “Unrein” aufteilen und Frauen per göttlichem Dekret zu Menschen zweiter juristischer und religiöser Klasse machen. Dass der Islam durch drastische Androhungen mit der Hölle eine permanente Angst in den meisten Muslime auslöst und sie so in eine Lethargie versetzt, dass sie aus der bloßen Angst heraus keine kritischen Fragen zur Religion stellen können.

Hier: scilogs.spektrum.de.

VD: TI

„Falsches Leben“ als Norm

Hans-Joachim Maaz war 28 Jahre lang Chefarzt einer psychosomatischen Klinik in Halle. Obgleich sie in der DDR offiziell verpönt war, wandte er sich früh der Psychoanalyse zu. In seinem 1990 erschienenen Buch „Der Gefühlsstau“ untersuchte Maaz den Einfluss staatlicher und familiärer Repression auf die Psyche der DDR-Menschen und diagnostizierte bei ihnen eine emotionale Verkrüppelung.

In einem Interview mit dem TAGESSPIEGEL kritisiert er nun die Vergesellschaftung der Erziehung in den Kindergärten. Zudem ist er der Auffassung, dass die ganze Gesellschaft in eine falsche Richtung läuft und spricht von Normopathie: Wenn die Fehlentwicklung des Einzelnen zu einem Massenphänomen wird, dann erscheint „falsches Leben“ als Norm.

Wenn die Fehlentwicklung des Einzelnen zu einem Massenphänomen wird, dann erscheint „falsches Leben“ als Norm. Heute ist die narzisstische Störung nahezu zur Bedingung geworden, um erfolgreich zu sein. Wenn etwa die Frühbetreuung von Kindern durch die Eltern für weniger wichtig gehalten wird als die Fremdbetreuung durch Kitas oder Krippen, dann halte ich das für absolut falsch. Es gibt Belege dafür, dass Kitas Kindern schaden.

Mehr: www.tagesspiegel.de.

 

3. E21-Regionalkonferenz in der Schweiz startet bald

Dem Apostel Paulus ist es wichtig, dass sein Mitarbeiter Timotheus weiss, „wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches ist die Gemeinde des lebendigen Gottes, ein Pfeiler und eine Grundfeste der Wahrheit“ (1Tim 3,15). Schon an der letzten Regionalkonferenz haben wir uns mit dieser erstaunlichen Einrichtung Gottes beschäftigt, anhand des Epheserbriefes wurde uns die Herrlichkeit der „Gemeinde des lebendigen Gottes“ vor Augen geführt.

Nun sollen praktische Aspekte des Gemeindelebens den Schwerpunkt der E21-Regionalkonferenz 2018 bilden. Mike Cain wird uns durch das Buch Nehemia führen, Matthias Lohmann ergänzt diese Serie mit zwei Themenvorträgen über Gemeindeleitung und Gemeindemitgliedschaft und Beat Tanner widmet sich dem Aspekt der Seelsorge in der Gemeinde. Wir wollen dazulernen, „wie man sich verhalten soll im Hause Gottes“ und freuen uns auf eine ermutigende Zeit der Gemeinschaft unter Gottes Wort.

Der Flyer zur Konferenz kann hier heruntergeladen werden: Flyer E21_2018_END_web.pdf.

Zum Anmeldeformular geht es hier.

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner