Vor 500 Jahren verfasste Luther seine Streitschrift Vom unfreien Willen als Antwort auf eine Veröffentlichung des Gelehrten Erasmus von Rotterdam. Rückblickend bezeichnete der Reformator diese Publikation neben seinen Katechismen als die bedeutendste. Worum es dabei ging, zeichnet Laura-Marie Dudat in dem Artikel „Zwiegespräch großer Köpfe: Erasmus und Luther“ nach.
Hier ein Auszug:
Spätestens im März 1518 war die Schrift Luthers auch Erasmus bekannt, denn er schickte sie unkommentiert an einen Freund weiter. Der Humanist verfolgte die Geschehnisse um Luther, der seine Ansichten immer wieder auf der Weltbühne erklären, rechtfertigen und schärfen musste. Auch äußerte er sich „in einem Schreiben an einen Mitstreiter Luthers … sehr positiv über dessen Werk“, aber mahnte vor dem Einbezug der Öffentlichkeit und vor einer Eskalation. Luther indes vermutete über Erasmus bereits vor dem Thesenanschlag: „Die menschlichen Dinge wiegen für ihn schwerer als die göttlichen.“ Trotzdem wandte sich der Reformator im März 1519 zum ersten Mal schriftlich an Erasmus und bemühte sich in respektvollen Worten um eine Annäherung, obwohl ihm die theologischen Differenzen bewusst waren. Als „unsere Zierde und Hoffnung“ betitelte er den Adressaten huldvoll. „Luther wollte offensichtlich schreiben, was Erasmus gerne hörte.“ Dieser jedoch blieb ausdrücklich distanziert und betonte gegenüber Gegnern und Befürwortern Luthers immer wieder, er habe Luthers Abfassungen nicht gelesen und könne sich daher kein Urteil erlauben. Zeitgenossen und Biographen erkennen in dieser Taktik und in der Weigerung, Stellung zu beziehen, „Ängstlichkeit“ und schreiben ihm außerdem sogar Naivität30 „Menschenfurcht“ und „Unzuverlässigkeit in Stunden ernster Entscheidung“ zu. Das äußerte sich nicht nur in der Auseinandersetzung mit den Reformatoren, sondern auch in einer allgemeinen Rastlosigkeit, die ihn veranlasste, nie lange an einem Ort zu bleiben. Diese Schwächen mögen Erasmus dazu bewogen haben, stets einen Weg zu suchen, der ihn nicht angreifbar machte, kontinuierlich zu schlichten und niemanden gegen sich aufzubringen. In der Gegenwart gilt Erasmus aber teils aufgrund dieses Musters als europäischer Vermittler und friedliebender Meisterdiplomat.
Erasmus beantwortete Luthers Brief am 30. Mai 1519 und erklärte, man verdächtige ihn in Löwen „bei der Abfassung der Schriften Luthers assistiert zu haben und der Bannerträger von dessen Partei zu sein“. Luther solle durch Mäßigung mehr erreichen „als mit stürmischem Angriff“. Zum Bedauern sowohl des Absenders als auch des Empfängers gelangte dieser Brief an die Öffentlichkeit und man sah darin die Unterstützung der Reformatoren durch Erasmus bestätigt. „Immer dringlicher“ wurden „Erasmus’ Beteuerungen, er habe nichts mit Luther zu tun“ und schließlich bat er Luther darum, seinen Namen besser gar nicht mehr zu nennen, was Luther versprach.
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