Wegen Säkularisierung viele Kitas in Deutschland bedroht

Bei den großen Kirchen wird das Geld wegen des dramatischen Mitgliederschwunds knapp. Das hat auch Folgen für die Allgemeinheit – zum Beispiel bei der Finanzierung der Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft, die ein Drittel des Angebots stellen. Das könnte bald Folgen für das Angebot von Kindergartenplätzen haben. 

DIE WELT schreibt: 

Einerseits hätten die Kirchen wie alle freien Träger „ein wohlbegründetes Interesse an der Bildungsarbeit in Kitas“ und könnten sich daher nicht aus der Trägerschaft zurückziehen. „Andererseits hat der Staat die Rechtsansprüche auf Kita-Betreuung gesetzlich ausgeweitet und muss daher seiner finanziellen Verantwortung gerade gegenüber den freien Trägern gerecht werden. Denn ohne deren Einsatz würde das System nicht funktionieren, nicht zuletzt wegen der vielen Ehrenamtlichen, die in den Kirchen und auch bei anderen freien Trägern zur Organisation des Kita-Betriebs beitragen“, sagt der EKD-Finanzer. Zu suchen sei daher „je nach regionaler oder lokaler Lage nach einem Ausgleich zwischen Staat und freien Trägern“.

Worum es dabei gehe, formuliert Simmer so: „Konkret stellt sich, wenn freie Träger zur Finanzierung von Kitas nicht mehr fähig sind, für Kommunen die Frage, womit ihnen mehr geholfen ist: mit einer Erhöhung der Zuschüsse an die freien Träger? Oder damit, dass diese ausscheiden, die Kommunen selbst die Kita in vollumfängliche Verwaltung übernehmen müssen und dabei auch nicht mehr auf die Hilfe der Träger und die oft unentgeltlichen Unterstützungsleistungen ihrer Ehrenamtlichen etwa in Kirchengemeinden zurückgreifen können?“

Mehr: www.welt.de.

Pascal: „Wenn Gott das Herz nicht neigt“

Blaise Pascal (Gedanken, 2016, S. 227): 

Seid nicht erstaunt, wenn ihr einfache Menschen seht, die glauben, ohne vernünftig nachtzdenken: Gott gibt ihnen ein, ihn zu lieben und sich selbst zu hassen, er neigt ihr Herz zum Glauben. Man wird nie einsichtig in die eigene Schuld und getreulich glauben, wenn Gott das Herz nicht neigt. Und man wird von da an glauben, wo er es neigt. Und das wusste David wohl. Inclina cor meum, Deus, in, usw. [vgl. Ps 118,36. in der Vulgata].

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Folgen der Vergessenheit

Heike Schmoll bringt den wachsenden Antisemitismus auch mit der Geschichtsvergessenheit in Verbindung, die inzwischen an den Schulen zur Selbstverständlichkeit geworden ist. In Berlin und in Hamburg ist die Lage besonders schlimm. „Gerade für Schüler aus Familien mit Migrationsgeschichte wäre der Geschichtsunterricht eine Gelegenheit, nicht nur das Juden- und Christentum besser zu verstehen, sondern auch die Geschichte des Einwanderungslandes zu begreifen.“ Aber in der 5. und 6. Klasse der Grundschule und in den anderen weiterführenden Schularten wird nur noch das Mischfach Gesellschaftswissenschaften unterrichtet, das Geschichte, Geographie, Politik und Ethik umfasst.  

Sie schreibt (FAZ vom 01.12.25, Nr. 48, S. 57):

Am auffälligsten, so die Fachwissenschaftler in ihrer Kritik, sei die fehlende Grundeinführung in die Geschichte der Religion. In den wählbaren Vertiefungsmodulen im ersten Halbjahr war Religion bisher nur noch als Teil des Oberthemas „Umbrüche, Transformationen und Krisen“ in den Blick gekommen. Bei der Vormoderne wurden als mögliche Schwerpunkte „Entstehung und Ausbreitung des Islams“ und „Die Reformation im Europa als Ausgangspunkt für Transformation“ genannt. Die Weichenstellung für die erste radikale Transformation, die im spätrömischen Reich einsetzende Verbindung von Staat und christlicher Religion, die in Byzanz und im Westen über mehr als ein Jahrtausend fortgesetzt wurde, wurde dagegen nicht einmal auf dem Gymnasium eingeführt. Das bedeutet, dass die historischen Grundlagen aller drei abrahamitischer Religionen ausfallen. Das ist umso fataler, als es in Berlin auch keinen Religionsunterricht als Wahlpflichtfach wie in anderen Bundesländern gibt. Die derzeitige Berliner Koalition wollte ihn laut Koalitionsvertrag einführen, doch daran hat von Anfang an niemand geglaubt. Inzwischen spricht niemand mehr davon.

Für eine respektvolle Interaktion von Schülern unterschiedlicher Herkunft und die Entwicklung ihrer historischen Identität sind solche Grundlagen allerdings unerlässlich. Historische Kenntnis allein wird nicht ausreichen, um antisemitische Gesinnungen zu verhindern, aber politische Bildung auch nicht. Es tut sich eine riesige Kluft zwischen den Sonntagsreden mit dem gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus gerade an Schulen mit mehrheitlich muslimischer Schülerschaft und der schulischen Wirklichkeit auf.

Aus der jüngsten Shell-Studie geht hervor, dass die Gottesfrage für Jugendliche mit christlichem Hintergrund dramatisch abfällt (auf 38 Prozent), bei muslimischem aber konstant hoch bleibt (72 Prozent). Über die Qualität der religiösen Unterweisung wird man andernorts Rückschlüsse ziehen müssen, aber der Befund als solcher ist Anlass genug, das Wissen über Christentum und Judentum gerade bei Kindern aus Migrantenfamilien, aber auch bei den vielen Agnostikern zu vertiefen. Genau das geschieht an den Schularten unterhalb des Gymnasiums in Berlin genauso wenig wie eine Unterweisung in der älteren und mittleren Geschichte.

Weihnachten 2024

Wir nähern uns der Adventszeit 2024. Schon in wenigen Wochen feiern wir wieder Weihnachten. Vielleicht sogar bewusster, als in den letzten Jahren. Denn die Krisen im Land und in der Welt lassen besser erahnen, wie verloren die Welt ist und wie sehr wir auf einen Retter angewiesen sind. Auch wenn die Finsternis es nicht ergreift – das Licht scheint.

Ich möchte mich auch in diesem Jahr bei allen TheoBlog-Lesern für das Interesse, die Dialoge sowie die vielen anregenden Kommentare bedanken! Schön, dass sich so viele Leute hier Anregungen und Denkanstöße einholen.

In diesem Jahr gibt es leider keine Weihnachtsaktion mit einer Verlosung der Bibelsoftware Logos. Wie viele Leser gewiss mitbekommen haben, hat die Firma Faithlife auf eine Abo-Modell umgestellt. In Zukunft werden also keine Versionen mehr angeboten, sondern verschiedene Abonnements angeboten. Weitere Informationen dazu gibt es hier: de.logos.com.

Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass die Arbeit für den TheoBlog Zeit und auch Geld kostet. Besonders seit der Verabschiebung der Europäischen Datenschutzverordnung sind die Kosten für datenschutzkonforme Dienste in die Höhe geschossen. Auch Abos für Zeitschriften etc. haben ihren Preis. Daher bin ich dankbar für jeden, der mit einer Spende dem TheoBlog „unter die Arme greift“. Dafür gibt es eine Bankverbindung oder ein Paypal-Formular.

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Ein Körper, zwei Personen

Wer Mensch ist, ist es von Anfang an. Das Grundgesetz spricht ausnahmslos jedem Menschen die Menschenwürde zu. Trotzdem gibt es es eine starke Reformbewegung, die Schwangerschaftsabbrüche vollständig entkriminalisieren möchte. Politker der SPD und der Grünen gehen in die Offensive und wollen sogar, dass die Krankenkassen die Kosten für die Abtreibungen übernehmen. 

Einige Intellektuelle haben heute in der FAZ ihren Unmut über diese Entwicklung zum Ausdruck gebracht, denn die Pränatalmedizin erkennt immer deutlicher: „Schwangerschaft bedeutet das weitgehend autonome Heranreifen eines genetisch wie strukturell neuen Menschen im Körper einer Frau“. 

In „Ein Körper, zwei Personen“, schreiben sie (28.11.2024, Nr. 278, S. 8):

Die wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisfortschritte, welche die Pränatalmedizin in den vergangenen dreißig Jahren (seit der Neufassung der §§ 218 ff. StGB) gemacht hat, lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass der Fetus als eigenständiges Wesen immer früher und immer präziser in seiner individuellen genetischen und strukturellen Verfasstheit erkenn- und darstellbar ist. Damit ist eine ganzheitliche (genetisch-körperliche) Analyse des Gesund heitszustands des Feten bei Abschluss der Embryonalperiode (zwölfte Schwangerschaftswoche – SSW) mit einer hohen diagnostischen Genauigkeit möglich.

Der ungeborene Mensch tritt damit für den diagnostizierenden Arzt wie für die Schwangere zunehmend aus dem unscharf ausgeleuchteten Bezirk einer eher abstrakten, allgemein gehaltenen Vagheit heraus in den Fokus einer hellen, klaren Begrifflichkeit und damit Individuation. Aus den Möglichkeiten der Diagnostik haben sich inzwischen auch Möglichkeiten der Therapie entwickelt. Der Fetus kann selbst Patient sein.

Für den behandelnden Arzt ergibt sich daraus die Notwendigkeit, in einem Schwangerschaftskonflikt sowohl die individuelle Lage der Schwangeren zu erfassen und ihr gerecht zu werden als auch die fetale Individuation zu adressieren. Wenn Ärzte zögern, einen Schwangerschaftsabbruch auf Wunsch der Schwangeren vorzunehmen, dann nicht, weil der Schwangerschaftsabbruch mit Strafe bedroht ist, sondern weil sie sich ihrem Selbstverständnis nach auch für das Wohl des von ihnen in seiner Individualität erfassten Ungeborenen als eines zweiten Patienten verantwortlich fühlen und wissen.

Mehr: zeitung.faz.net.

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Tim Keller: Richter

Richter Keller.

Das Buch der Richter erinnert an die heutige Zeit. Die Zusammenfassung des Buches könnte lauten: „In jenen Tagen gab es keinen König in Israel; jeder tat, was in seinen Augen recht war“ (Ri 21,25; a. 19,24; 17,6).

Leider wird über das Buch wenig gesprochen – etwa in Predigten oder Hauskreisen. Das mag unter anderem daran liegen, dass es voller Gewalt „steckt“ und Bibellesern keinen leichten Zugang bietet. Der bei Verbum Medien neu erschienene Kommentar in der Reihe „Die Bibel erklärt“ erleichtert es, sich dem Buch mit Unterstützung zu nähern. Tim Keller hilft mit seiner Auslegung, die Bedeutung der Erzählungen von den zweifelhaften Helden zu verstehen. Er zeigt, wie das wiederholte Scheitern der Richter uns auf den wahren Helden Jesus hinweist und wie dies unser Herz und unser Leben verändern kann. Neben dem Kommentar gibt es ein Arbeitsbuch für Gruppen und Leiter, um das Buch in Kleingruppen zu erarbeiten.

Hier eine Leseprobe.

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Andreas Reckwitz: Vom Umgang mit Verlusten

Nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen, kulturellen und individuellen Wachstums müssen wir uns nun an Unangenehmes gewöhnen: Verlust von Ressourcen, Waohlstand, Status und Perspektiven. Sind Verlusterfahrungen schon zum Signum unserer Gesellschaft geworden?

Der Soziologe Andreas Reckwitz hat ihm DLF (auf der Grundlage seines neuen Buches) über Verlustangst durch Krieg, Klimawandel und alltäglichen Alltag gesprochen: 

 

Die anglikanische Kirche auf der Suche nach einem Oberhaupt

Justin Welby ist als Oberhaupt der anglikanischen Kirche, die außerhalb Großbritanniens vor allem in Afrika und Amerika viele Gemeinden hat, zurückgetreten. Sie verliert damit nun ein geistiges Oberhaupt, das in den vergangenen zwölf Jahren versucht hat, die religiösen und gesellschaftlichen Fliehkräfte durch Kompromissen zu bremsen.

Die FAZ berichtet (23.11.2024, Nr. 274, S. 10): 

Die Führungskrise trifft die Church of England in einer Zeit, in der sie von der Glaubenskrise erfasst ist, die alle Konfessionen in der westlichen Welt erschüttert. Die Zahl der Einwohner von England und Wales, die sich selber als „Christen“ einschätzen, ist erstmals auf weniger als 50 Prozent gefallen – die größten Zuwächse gibt es in der Gruppe jener, die sich gar keiner Religion zuordnen. Und die Zahl der Teilnehmer an Sonntagsgottesdiensten sinkt immer weiter, obwohl doch die Königsfamilie jede Woche den Kirchgang durch Fotos vorbildhaft dokumentiert. Während 2012, zu Beginn der Ära Welbys, noch mehr als eine Million regelmäßige sonntägliche Kirchgänger gezählt wurden, waren es im vergangenen Jahr weniger als 700.000.

Der ausgeschiedene Erzbischof ist mit den Konflikten in seiner Kirche ebenso öffentlich umgegangen wie mit seinen persönlichen Anfechtungen – bis hin zu Phasen der Depression. Es wird dauern, bis nach seinem Abgang ein Nachfolger gefunden ist, auch weil die Erwartungen an dessen Rolle immer vielfältiger werden. Wo sich die einen eher einen politischen Krisenmanager wünschen, hoffen die anderen auf einen spirituellen Führer, der die geistliche Faszination der Kirche stärkt. Wo viele englische Kirchenfunktionäre die Hoffnung hegen, die Zeit könne reif sein für die erste Erzbischöfin von Canterbury, droht der Klerus in manchen afrikanischen Ländern, dies werde endgültig zur Spaltung führen.

In der Findungskommission, die dem britischen Premierminister einen Namen präsentieren (und einen zweiten in Reserve halten) muss, sind erstmals auch die fünf Weltregionen der anglikanischen Gemeinschaft von je einem Geistlichen repräsentiert. Das wird die Zeit der Suche nach dem 106. Erzbischof von Canterbury kaum verkürzen. 

 

Joe Biden verleiht die „Presidential Medal of Freedom“ an Cecile Richards

Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden, Mitglied der Katholischen Kirche, hat die ehemalige Vorsitzende der Abtreibungsorganisation „Planned Parenthood“, Cecile Richards, mit der „Presidential Medal of Freedom“ ausgezeichnet. Diese ist neben der „Congressional Gold Medal“ die höchste zivile Auszeichnung der USA. 

Die TAGESPOST berichtet: 

Über den Kurzmitteilungsdienst „X“ begründete Biden die Verleihung an die Abtreibungsaktivistin Richards: „Mit ihrem unerschütterlichem Mut leitet sie uns furchtlos dabei an, das Amerika zu sein, das wir zu sein behaupten – eine Nation der Freiheit.“ Mit ihrem Einsatz „zum Schutz der Würde von Arbeitern, zur Verteidigung und Stärkung der reproduktiven Rechte und der Gleichstellung von Frauen und zur Mobilisierung der Amerikaner, damit sie ihre Macht zu wählen ausüben, hinterlässt sie ein inspirierendes Erbe“.

Während Richards‘ mehr als zwölfjähriger Amtszeit an der Spitze von „Planned Parenthood“ stieg die Zahl der Abtreibungen um mehr als zehn Prozent. Wie der „National Catholic Register“ vermeldet, wurden in dieser Zeit jährlich mehr als 320.000 Abtreibungen durchgeführt.

Mehr: www.die-tagespost.de.

Transbewegung – eine Neoreligion

Schon mehrfach habe ich im TheoBlog über die die Biologin Marie-Luise Vollbrecht berichtet, die sich mutig zur Zweigeschlechtligkeit bekennt und dafür von Trans-Aktivisten angefeindet wird (vgl. hier, hier u. hier). 

Jasmin Kosubek hat jüngst ein längeres Gespräch mit Frau Vollbrecht über das Geschlecht, das Selbstbestimmungsgesetz und die Trans-Lobby geführt. Dabei wird übrigens deutlich, dass sie mal mit dem „New Atheism“ sympathiert hat. Wie auch immer: Wer mehr über die Transbewegung und ihre Einflussnahmen in Deutschland wissen möchte, wird bei diesem klugen Austausch fündig (besonders ab Minute 18:00):

 

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Mutiger beten

Alistair Begg schreibt in Mutiger beten – und ich fühle mich ertappt (Verbum Medien, 2024, S. 45):

Schau dir die Gebete von Daniel an, da ist es genauso. In Daniel 9, wo beschrieben wird, dass Gottes Volk unterdrückt wird und ringsum Chaos herrscht, betet er nicht für praktische Dinge. Er spricht vielmehr über die Größe und Herrlichkeit Gottes und seines Reiches und über die Tatsache, dass Gott souverän ist. Das ist gewaltig. Ich werde demütig angesichts von Daniel, Nehemia und Paulus. Wie klein und begrenzt sind doch meine Gebete. Sie drehen sich hauptsächlich um „sei mit …“.

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Was ist aus der Vrije Universiteit Amsterdam geworden?

Roelof Bouwman beschreibt in einem Artikel, was aus der von Abraham Kuyper gegründeten Freien Universtität von Amsterdam (VU) geworden ist:

Geblieben ist die Freie Universität, Alma Mater einer Reihe prominenter Politiker – von Pieter Sjoerds Gerbrandy bis Jan Peter Balkenende und von Pim Fortuyn bis Dilan Yeşilgöz – aber auch von Geert Mak, Linda de Mol und Lale Gül. Auf den ersten Blick scheint Kuyper nicht vergessen zu sein. Anlässlich des 140-jährigen Bestehens der Universität wurde 2020 sogar ein echtes Kuyper-Jahr ausgerufen. Bei dieser Gelegenheit wurde der Gründer der VU vor allem als „sozialer Unternehmer“ und „Verfechter der Vielfalt“ gepriesen, Charakterisierungen, die seine Zeitgenossen sehr überrascht hätten.

In Wirklichkeit gibt es an der VU keine Affinität mehr zu Kuyper. Die 1879 in der Satzung festgeschriebene „vollständige und ausschließliche Erziehung auf der Grundlage reformierter Grundsätze“ ist längst als Ziel gestrichen worden, und auch die ökumenisch-christlichen Ambitionen, die eine Zeit lang als Zugeständnis an die Anhänger dienten, wurden über Bord geworfen.

Seit 2015 ist ein brahmanischer Hindu als Rector magnificus im Amt, und seit 2016 heißt es in der Satzung lediglich, dass die VU „christliche Wurzeln“ hat. Das eigene Akademische Krankenhaus (ab 2001: VUmc) fusionierte 2018 mit dem Akademischen Medizinischen Zentrum (AMC), und 2023 wurde das Votum bei akademischen Zeremonien abgeschafft: weil es nicht „inklusiv“ genug wäre.

Kürzlich berichteten die Zeitungen, dass die VU die Fakultäten für Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften und Religion & Theologie zusammenlegen wird. Sie werden zu drei Schulen – auf Englisch ausgesprochen – innerhalb einer Fusionsfakultät, die ab 2025 den Namen ‚Social Sciences and Humanities ‚ tragen wird. Der Name der neuen Fakultät wird das Wort ‚Theologie‘ nicht enthalten, berichtete Trouw, „weil die beiden anderen Fusionspartner nichts wollen, was an Theologie erinnert“.

Und das an der Universität von Kuyper, für den die Theologie die Krone der Wissenschaften war und an der die theologische Fakultät – die über Generationen hinweg als „Vikarsfabrik“ fungierte und die ältesten Papiere besitzt. Sollte jemals der Niederländer gewählt werden, dessen publizistisches, politisches und theologisches Erbe am gründlichsten vergeudet wurde, so steht der Sieger fest.

Aus dem Wikipedia-Artikel zur VU geht außerdem hervor, dass die Hochschule zwischenzeitlich unter dem Einfluss Chinas stand. 

Mehr: www.wyniasweek.nl.

Eva Illouz: Von der „Bindung an die eigene Verwundung“

Die Soziologin Eva Illouz hat am 21. Oktober in Berlin den Frank-Schirrmacher-Preises verliehen bekommen. Ich habe mich weder mit ihrem Gesamtwerk noch mit dem Inhalt ihrer Dankesrede eingehend beschäftigt (erschienen als: „Schuld ist das Schlüsselthema der extremen Rechten – und Beleg für die zerstörerische Kraft der Identitätspolitik“, FAZ vom 18.11.2024, Nr. 269, S. 12). Mir fiel allerdings auf, dass sie sich bemerkenswert kritisch zur Identitätspolitik äußert.  Sie schreibt unter anderem:

Das Problem mit der Opferkultur ist nicht, dass manche sie missbrauchen, wenngleich manche sie missbrauchen. Es ist auch nicht, dass sie Leute zu Jammerlappen macht, die sich nicht selbst zu helfen wissen, wenngleich auch das mitunter der Fall sein mag. Das ist ein Preis, den die Befreiung des Opferstatus wert ist. Es bringt aber drei andere Probleme mit sich. Erstens macht die Verwandlung der Opferrolle in einen existenziellen Zustand auch das Vergehen des Täters zur bleibenden Schuld. Die Schuld wiederum wurzelt in der Gruppe ein, die durch die in der Vergangenheit verübte Unterdrückung definiert wird. Shelby Steele, afroamerikanischer Wissenschaftler der Universität Stanford, beschreibt dies in seinem gleichnamigen Buch am Beispiel der „White Guilt“. Ihm zufolge hat sich die schwarze Politik der Emanzipation im Kampf gegen den Rassismus in eine Politik verwandelt, in der die Weißen die moralische Autorität erlangt haben, Schuld zu tragen und somit als Einzige moralische Akteure zu sein.

Steele vergleicht den schwarzen Kampf gegen die „weiße Schuld“ mit der Art von Militanz eines Malcolm X, die in seinen Worten authentisch war, weil sie die Schwarzen aufforderte, sich von den Weißen abzuwenden und die geistigen und moralischen Mittel zu finden, um die Verantwortung für ihre Befreiung zu übernehmen. Die Opferkultur dagegen will die „Bindung an die eigene Verwundung“ nicht aufgeben, weil sie nicht auf die Schuld der anderen Seite verzichten will und sich so durch die Schuld des Täters selbst konstituiert. Sie will keine Rechnungen begleichen. Während Duelle oder Racheakte eine Rechnung begleichen und einen Schlussstrich unter ein Vergehen ziehen, verfügt die Opferkultur über keine vergleichbaren Mechanismen, um einen Verletzungskreislauf zu beenden. Die Opferrolle ist vielmehr Teil der eigenen Identität. Sie kann nicht zwischen der historischen Wahrheit und der historischen Wunde trennen, wie Dipesh Chakrabarty sagt. Die Identität wird durch die Erinnerung an die Wunde bestimmt und verlangt darum, dass der Täter die Erinnerung ebenfalls bewahrt.

Ich finde, das ist eine sehr kluge Beobachtung. In der Identitätspolitik wird die Opferrolle zum Teil der eigenen Identität. Es entsteht ein Teufelskreis: „Die Identität wird durch die Erinnerung an die Wunde bestimmt und verlangt darum, dass der Täter die Erinnerung ebenfalls bewahrt.“ Genau dieser Kreislauf wird vom Evangelium durchbrochen. Wer seine Identität „in Christus“ findet, muss sich nicht mehr über die erlittende Schuld definieren. Er findet – mit Gottes Hilfe – sogar die Freiheit und Kraft, den „Verletzungskreislauf“ zu verlassen und den anderen aus seiner Schuld zu entlassen. „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“ (Mt 6,12).

Gesunder Menschenverstand bei Transgender-Themen

Die eher links orientierte NEW YORK TIMES erwähnt in einem überraschend ausgewogenen Artikel von Pamela Paul zum Thema „Transgender“ die zunehmende Skepis in vielen europäischen Ländern bezüglich Geschlechtsangleichung:

In den letzten Jahren wurden die Konzepte der Geschlechtsidentität und der Möglichkeit, im falschen Körper geboren zu sein, bereits in der Grundschule eingeführt. Eine Umfrage der Washington Post ergab jedoch, dass 77 Prozent der Amerikaner nicht wollen, dass Lehrer diese Ideen im Kindergarten bis zur dritten Klasse besprechen, und mehr als die Hälfte sind dagegen, dass über Transidentität sogar in der Mittelschule gesprochen wird.

Das Parteiprogramm der Demokraten enthält ein Versprechen, sich für eine geschlechtsangleichende Betreuung von Minderjährigen einzusetzen. Für Menschen, die sich mit dem Thema nicht auskennen, mag dies wie eine Therapie klingen, damit sich Kinder in ihrem Körper wohlfühlen; in der Praxis bedeutet dies in der Regel, dass Kindern erlaubt wird, einen neuen Namen und neue Pronomen anzunehmen, und in vielen Fällen wird ihnen ermöglicht, ihren Körper so zu verändern, dass er dem des anderen Geschlechts ähnelt. Dieser Prozess kann pubertätshemmende Medikamente, geschlechtsübergreifende Hormone und in einigen Fällen auch Operationen umfassen. Mehr als 14.000 amerikanische Kinder wurden zwischen 2019 und 2023 geschlechtsspezifischen medizinischen Eingriffen unterzogen.

Während sich ein Großteil Europas vom Modell der Geschlechtsangleichung zurückgezogen hat, gibt es Hinweise darauf, dass die Befürworter dieses Ansatzes in den Vereinigten Staaten die Wissenschaft von der Politik beeinflussen lassen.

Mehr: www.nytimes.com.

VD: WH

Gesetzentwurf zum Schwangerschaftsabbruch

Eine Abgeordnetengruppe zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten versucht, den Paragrafen 218 im Schnellverfahren zum Ende der Wahlperiode abzuschaffen. DIE WELT berichtet dazu:

Mit dem Vorstoß solle versucht werden, „den Paragrafen 218 jetzt noch im Schnellverfahren zum Ende der Wahlperiode abzuschaffen“, sagte Merz. „Das ist skandalös, was der Bundeskanzler da macht.“ Es handele sich um ein Thema, „das wie kein zweites das Land polarisiert, das wie kein zweites geeignet ist, einen völlig unnötigen weiteren gesellschaftspolitischen Großkonflikt in Deutschland auszulösen“.

Schwangerschaftsabbrüche sind derzeit laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches rechtswidrig. Tatsächlich bleiben sie in den ersten zwölf Wochen aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Über die Abschaffung des Paragrafen 218 wird seit Jahren gestritten.

Nach dem Vorschlag der Abgeordneten sollen Abtreibungen bis zur 12. Woche rechtmäßig werden. Die Pflicht zur Beratung bliebe bestehen, allerdings ohne die derzeit geltende Wartepflicht von drei Tagen zwischen Beratung und Abtreibung. Wenn eine Abtreibung ohne Beratungsbescheinigung vorgenommen wird, soll sich künftig nur der Arzt strafbar machen. Die Frau bliebe straffrei.

Mehr: www.welt.de.

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