Das Böse

Das Böse, der Teufel und Dämonen

Folgende Rezension erschien zuerst in Glauben und Denken heute (Nr. 20, 11. Jg., 2/2017, S. 63–64):

  • Jan Dochhorn, Susanne Rudnig-Zelt u. Benjamin Wold. Das Böse, der Teufel und Dämonen – Evil, the Devil, and Demons. WUNT II 412. Tübingen: Mohr Siebeck, 2016. 84,00 Euro

8527 00 detailIm Zentrum des Sammelbandes steht die Frage nach dem Bösen in den monotheistischen Religionen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Judentum und Christentum sowie insbesondere dem Alten Testament als dem Buch, das beide Religionen entscheidend geprägt hat. Berücksichtigt werden aber auch neutestamentliche Passagen, Texte aus Qumran und mittelalterliche Überlieferungen.

Die Beiträge des Bandes zeigen, dass es in den antiken jüdischen und christlichen Traditionen eine Vielfalt von Vorstellungen und Verkörperungen des Bösen gibt. Wir finden etwa das Böse als Dämonen oder den Teufel. Etliche Texte deuten das Böse auch als menschliches Vermögen. Prinzipiell sind schon in der Antike beide Sichtweisen zu finden. Das Böse wurde sowohl internalisiert als auch externalisiert.

In der alttestamentlichen Forschung ist seit Langem umstritten, ob dort ein Dualismus zwischen Gut und Böse vorliegt. Ein Schlüsseltext in der Debatte ist zweifellos der Prolog des Hiobbuches (1,6–12). Der Text, der bei unvoreingenommener Lektüre einen Dialog zwischen Gott und Satan schildert, wird heute zumeist nicht­dualistisch interpretiert. Demnach spiegele dieser Text ein widersprüchliches Gottesbild. Satan repräsentiere nicht eine selbstständige Macht jenseits eines allmächtigen Got­tes, sondern vielmehr die dunkle Seite dieses einen Gottes. Dämonen und ihr schädliches Wirken seien in Jahwe integriert worden und folglich habe dieser einen dämonischen Charakterzug bekommen. Der Teufel sei maximal ein Beamter Gottes.

Susanne Rudnig­Zelt hinterfragt genau diese prominente Deutung und zeigt in ihrem Aufsatz „Der Teufel und der alttestamentliche Monotheismus“, dass der Satan im Buch Hiob und anderswo als „weitgehend selbstständige Größe“ erscheint und auch nur so seine theologische Funktion erfüllen könne. „Es scheint, dass die alttestamentliche Forschung zum Satan zu sehr von einer modernen Sicht des Monotheismus bestimmt wurde, nach der Gott nicht nur der einzige Gott, sondern auch die

einzige Macht ist“ (S. 3). „Einen Monotheismus im modernen Sinne, der die Existenz aller Mächte außer Gott ausschließt, wird man im Alten Testament folglich nur schwer finden“ (S. 17). Allerdings ist der alttestamentliche Dualismus nicht mit manichäischen Konstellationen vergleichbar, in denen Gott und dem Satan vergleichbare Machtfülle zukommt. „Vielmehr scheint man von der Herrschaft Jahwes über andere Himmelsmächte auszugehen, seien das Götter oder der Satan. Ähnliche Vorstellungen finden sich in zwischentestamentlichen Texten und im Neuen Testament (vgl. z. B. 1 Kor 8,5f; Phil 2,10; Kol 1,16), so dass hier eine größere Kontinuität zwischen dem Alten Testament und jüngerer Literatur besteht, als die bisherige Forschung gesehen hat“ (S. 17).

Im Sammelband werden viele andere Fragen behandelt, etwa geht Ryan E. Stokes in „What is a Demon, What is an Evil Spirit, and What is a Satan?“ der Frage nach, ob die heute geläufige Gleichsetzung von Dämonen und bösen Geistern durch die frühjüdische Literatur gedeckt ist. Stokes belegt, dass bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. zwischen Dämonen und bösen Geistern unterschieden wurde. „In Anknüpfung an das Alte Testament wurden die falschen Götter, die die Heiden verehren, meist als Dämonen bezeichnet. Böse Geister waren dagegen dafür zuständig, die Menschen zu quälen, mit Krankheiten zu schlagen und zu bösen Taten zu verführen“ (S. XI).

Oda Wischmeyer favorisiert in ihrem Beitrag „Zwischen Gut und Böse: Teufel, Dämonen, das Böse und der Kosmos im Jakobusbrief“ eine internalisierte Sichtweise. Zwar lasse der Brief eine Verselbständigung des Bösen erkennen. Diese Tendenz werde freilich zugleich abgebremst (S. 167):

„Das Böse spielt im Jakobusbrief eine entscheidende Rolle, in gewisser Weise kann man das Böse als die Größe beschreiben, die für den Verfasser die eigentliche Realität im Kosmos und auch in den christlichen Gemeinden darstellt. Die Kategorie des Bösen ist für die Anthropologie des Briefes von entscheidender Bedeutung. Der Brief endet mit der Schlussklausel: ‚die Menge der Sünden‘ (5,20). Die Sünden sind die konkrete Erscheinungsform des Bösen, so wie die guten Taten die konkrete Erscheinungsform des Glaubens sind. Demgegenüber sind die Dämonen Staffage des von der Religion des Judentums bestimmten Weltbildes des Verfassers, Teil des als negativ erlebten Kosmos und haben keine eigene positive Bedeutung. Auch der Teufel hat keine eigene Rolle. Ex negativo macht das religiös korrekte Bekenntnis der Dämonen aber deutlich, dass sie zur Welt des Bösen gehören, die destruktiv und zu guten Taten unfähig ist. Das Böse selbst liegt weder im Teufel noch in den Dämonen, sondern im Menschen, und der Mensch muss es bekämpfen, indem er das königliche Gesetz bzw. das Gesetz der Freiheit hält, das Gebot der Nächstenliebe nach Lev 19,18 (2,8.12).“

Eine aus meiner Sicht befangene Deutung, schreibt doch der Autor des Briefes (Jak 4,7): „So seid nun Gott untertan. Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch.“ Dass der Teufel und die Dämonen bei Jakobus nur als polemische Strategie im Kampf gegen Ängste und Sünde in Anschlag gebracht werden und das Dämonische letztlich zur Sphäre des Psychischen gehört, ist eine Anschauungsweise, die von der Annahme: Satan oder Dämonen kann es aus heutiger Sicht nicht geben, bestimmt ist.

Obwohl so manche präsentierte These kritische Rückfragen oder sogar Einspruch provoziert, ist es erfreulich, dass durch das Buch ein neues Interesse an der theologischen Durchdringung des Bösen erkennbar wird. Es ist tragisch, dass die christliche Theologie angesichts der grauenhaften Präsenz des Bösen bei dieser Frage so zurückhaltend auftritt. Bleibt zu wünschen, dass man sich nicht nur religionswissenschaftlich und religionshistorisch dem Thema nähert, sondern es auch wieder biblisch­theologisch aufarbeitet. Die Heilige Schrift hat zu dieser Thematik erstaunlich viel zu sagen.

Sehr erfreulich finde ich, dass trotz divergierender Auffassungen im Resümee zum Ausdruck gebracht wird: a) die jüdisch­christliche Literatur kennt sehr wohl den Dualismus und zugleich ist b) das Böse dem souveränen Gott deutlich untergeordnet (vgl. XIII).

(rk)

 

Fantômas: Der erste Psychopath der Popkultur

In Deutschland wurde Fantômas vor allem durch drei französische 60er-Jahre-Spielfilme bekannt, in denen Louis de Funès als orientierungsloser Kommissar dem souveränen Verbrecher mit der Maske erfolglos hinterher jagte. Ich habe alle Filme mehrmals gesehen und immer wieder von Neuem lachen können.

Mit der Romanvorlage haben diese Filme allerdings wenig gemeinsam. Eine deutschsprachige Neuauflage der Serie bietet nun die Gelegenheit, herauszufinden, was viele an diesem finsteren und gesetzlosen „Herr des Terrors“ so faszinierend fanden. Mit Fantômas wurde der Böse zum umjubelten Helden.

SPIEGEL online schreibt:

Was die Angelegenheit aber besonders macht: Der Böse ist hier der Star und – so viel sei ausgeplaudert – kommt selbstverständlich davon. Dabei ist nichts Positives an Fantômas zu finden. Fantômas ist kein wilder Kerl mit gutem Herzen, sondern wohl der erste finstere Psychopath der Kriminalliteratur – was wohl auch seine ungebrochene Popularität begründet. Er hat keine Freunde, keine Vertrauten, kein Mitleid und verschont nicht mal seine Kinder. Spaß hat er allein am Verbrechen, am Töten und Rauben.

Weil Serien-Killer wie der TV-Psychopath „Dexter“ en vogue sind, ist auch Fantômas auf der Höhe der Zeit. Wem also Weihnachten viel zu besinnlich war, der kann seine dunklen Phantasien mit diesem restaurierten Roman pflegen.

Mehr: www.spiegel.de.

Die Mächte des Bösen im Neuen Testament

Wir denken oft, dass die Überwindung des Bösen eine exklusive Angelegenheit zwischen dem frommen »Ich« und meinem Gott ist. Tatsächlich sieht das Neue Testament den Sieg über das Böse in der Gemeinschaft der Gläubigen verwirklicht, nicht im Leben des Einzelnen.

Rob Bradshaw hat freundlicherweise den Artikel:

  • Roy Yates: »The Powers of Evil in the New Testament», The Evangelical Quarterly 52.2 (April–June, 1980), S. 97–111

digitalisiert. Yates zeigt darin, dass nach dem Zeugnis der Bibel das Böse in unserer Welt real ist, Jesus Christus es überwunden hat, der endgültige eschatologische Triumph jedoch noch aussteht.

Hier: 1980-2_097.pdf.

Das Böse: Es macht ihnen Spaß

_images_I_41WAwWn33aL._SL160_.jpgDie Lust an der Grausamkeit ist größer als alle moralischen Hemmungen. Drei neue Studien gehen dem Ursprung des Bösen nach. Über Die Lust am Bösen: Warum Gewalt nicht heilbar ist von Eugen Sorg schreibt DIE WELT:

Für Eugen Sorg, den weitgereisten Reporter mit psychiatrisch belehrtem Blick, ist die Antwort klar. Das Böse ist eine Leidenschaft, die nur sich selbst kennt. Es ist keine Folge pathogener Zustände, keine Ausgeburt von Verzweiflung und keine Rache für erlittenes Unrecht. Das Böse ist auf der Welt, seit Menschen sich dazu entschließen, Böses zu tun.

Die Übeltäter wissen genau, dass ihre Untaten unrecht sind. Aber der Spaß an der Grausamkeit ist größer als alle Hemmnisse. Bosheit ist durch keine Zivilisation zu tilgen. Menschen sind gewalttätig, nicht weil sie müssen, sondern wenn sie dürfen. Nicht soziale, seelische, politische oder kulturelle Umstände produzieren Gewalt. Sie eröffnen nur Gelegenheiten, welche die Subjekte allzu gern nutzen.

Sorgs Belege für die brutalen Potenzen des Gattungswesens sind erdrückend. Umso stärker ist sein Zorn auf die Verleugnung des Bösen, auf die Torheit falscher Hoffnung, die den medialen und akademischen Diskurs bestimmt. Sorgs Buch steht in der besten Tradition einer Kritik der Illusionen und Klischees. Der populäre Therapiekult glaubt beharrlich an die Heilbarkeit des Bösen.

Hier mehr: www.welt.de.

Der Wolf in Schafskleidern als eigentliche Aufgabe

Dietrich Bonhoeffer schreibt in Schöpfung und Fall (München, 1955, S. 83) über das Böse:

Dort, wo das Böse sich in seiner Gottlosigkeit zeigt, dort ist es ganz machtlos, dort ist es ein Kinderschrecken, dort brauchen wir es nicht zu fürchten, ja dort konzentriert es dann auch gar nicht seine Gewalt, sondern dort lenkt es meist nur ab von dem anderen Ort, an dem es durchbrechen will. Der Wolf in Schafskleidern, der Satan in der Lichtgestalt des Engels – das ist das angemessene Bild des Bösen.

Die Erstauflage erschien 1937.

Leben zur Ehre Gottes

201009171241.jpgDas von Christian Herrmann herausgegebene Themenbuch zur christlichen Ethik:

  • Leben zur Ehre Gottes, Bd 1: Ort und Begründungen, TVG, Witten: R. Brockhaus, 2010, 473 S., nur 16,95 Euro

enthält Aufsätze von Armin Wenz, Thomas Jeising, Rainer Mayer, Berthold Schwarz, Thomas Schirrmacher, Edith Düsing und vielen anderen.

Der Titel des Buchprojektes deutet die theozentrische Fokussierung der Ethik an. Dieses Anliegen eint bei aller unterschiedlichen Nuancierung die Autoren. Sie tragen bei zu dem Versuch bei, eine evangelikale Ethik als Sammelwerk vorzulegen. Im ersten Band geht es dabei mehr um die so genannte formale Ethik, während sich der zweite Band den materialen Konkretionen widmen wird. Behandelt werden im ersten Band Themen wie: Situationsethik, Gottebenbildlichkeit, Rechtfertigungslehre und Heiligung oder Gewissen.

Mein Beitrag zum Buch trägt den Titel: »›Du hast noch nicht erwogen, von welcher Schwere die Sünde ist‹ – Die ethische Bedeutung des Bösen« und ist nicht ganz einfach verdaulich.

»Charles Manson war nicht cool«

180px-Susieq.JPGVor 40 Jahren hat die so genannte »Manson Family« in Hollywood mehrere grausame Morde begangen. Susan Atkins, heute 61 Jahre alt, ist verantwortlich für den Mord an der Schauspielerin Sharon Tate, damals die im achten Monat schwangere Ehefrau des Regisseurs Roman Polanski. (Polanski hatte zuvor (1968) den Film »Rosmaries Baby« in dem Haus gedreht, vor dem 1980 John Lennon ermordet wurde).

Vor Gericht gestand Atkins, der Schauspielerin die Kehle durchgeschnitten zu haben. Während des neunmonatigen Prozesses zeigte die Mörderin keine Reue, stattdessen äußerte sie Loyalitätsbekundungen an Charles Manson, den sie auch Jesus Christ nannte und der heute noch von vielen Menschen verehrt wird, unter anderem von dem Musiker Marylin Manson (vgl. hier).

Susan Atkins, die noch immer im Gefängnis sitzt, ist seit vielen Jahren schwerkrank (die Ärzte geben ihr nur noch wenige Monate). Sie ist bereits zu 85 Prozent gelähmt und nicht mehr in der Lage, sich selber aufzurichten. Seit Jahren deutet sie die Vorgänge in der Kommune neu. Auf ihrer Internetseite hat sie zu ihren grausamen Taten geschrieben:

Das ist die Vergangenheit, mit der ich leben muss, und ich muss jeden Tag damit leben. Anders als viele andere Menschen, die glauben, dass Charles Manson cool war, kann ich nicht einfach eine Stunde über die Vergangenheit nachdenken und dann mein Leben weiterleben. Genau wie die Familien und Freunde der Opfer trage ich das jeden Tag mit mir herum. Ich muss jeden Tag damit aufwachen und egal, was ich für den Rest meines Lebens mache und egal wie viel ich der Gemeinschaft zurückgebe, ich werde nie ersetzen können, was meine Tat ausgelöscht hat. Und das ist nicht nett und das ist nicht cool. (Quellen der Übersetzung: www.sueddeutsche.de.)

Susan kann die Vergangenheit nicht mehr korrigieren und leidet noch immer unter den Schmerzen, die sie anderen Menschen durch ihren Fanatismus zugefügt hat. Sie selbst hat sich aber verändert. Sie hat ihre Veränderung in dem Buch Kind Satans, Kind Gottes beschrieben und erklärt dort ihre neue Perspektive damit, dass sie Jesus Christus kennengelernt hat.

Der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus kann Herzen auch heute noch verändern. Jesus lebt! Egal ob wir Versager, Verbrecher oder Verzweifelte sind, er lädt uns ein, zu ihm zu kommen: »Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken« (Mt 11,28). Höre auf seine Stimme! Gott kann auch versteinerte Herzen neu machen (vgl. Hes. 11,19).

Auf der Internetseite von Susan Atkins sind einige von ihr selbst entwickelte Bibelstudien zu finden. Hier zudem ein Artikel dazu aus der FAZ und der Mittschnitt eines sehr bewegenden Interviews mit Susan.

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