Digitalisierung

Die Illusion einer digitalen Schule

Deutschland will bis 2030 Milliarden in die Digitalisierung von Schulen investieren. Doch ausgerechnet Vorreiter Dänemark lässt am Sinn der Offensive zweifeln. Denn Auswertungen zeigen, dass der bedingungslose Digital-Kurs längst nicht den erhofften Erfolg gebracht hat. Im Gegenteil. Felix Seifert berichtet:

Denn: Beispiele wie Dänemark zeigten, dass die elektronische Ausstattung nicht automatisch zu tiefgreifenderem Themenverständnis – und damit besseren Schülern – führe. „Die elektronischen Tools sind oft nicht dazu geeignet, Themen tiefgehender zu reflektieren. Es ist etwa ein riesiger qualitativer Unterschied, ob ich eine WhatsApp-Nachricht tippe oder einen kohärenten längeren Text verfasse.“

Studien der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU) bestätigen das: Die Wissenschaftler stellten dort mittels Gehirnscans fest, dass etwa das Schreiben per Hand eine höhere geistige Aktivität auslöst als bloßes Tippen am Computer. Renkls Urteil: „Es muss ein Nutzungskonzept für die digitalen Medien geben. Dann kann ihr Einsatz eine sinnvolle Ergänzung sein. Wir sollten uns aber immer fragen: gibt es wirklich einen benennbaren Vorteil?“

Wie sich das auf die Strategie bei den Bildungsausgaben auswirken kann, zeigt etwa das Beispiel Harvard. Der Elite-Universität im US-Bundesstaat Massachusetts steht zusammengerechnet jedes Jahr ein Vermögen von 31 Milliarden Dollar (etwa 27 Milliarden Euro) aus Spendengeldern zur Verfügung. Und bis dato setzte die Universität trotzdem weiterhin auch auf Kreidetafeln und ausgedrucktes Unterrichtsmaterial.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Kein Mensch lernt digital

Wie problematisch die Digitalisierung des Schulunterrichts ist, wird inzwischen vielerorts erkannt. Nur in Deutschland noch nicht. Allen gut begründeten Warnungen zum Trotz, meint Professsor Werner Thiede: 

International haben Forschungen und Erhebungen die unerwartete Einsicht gefördert, wie problematisch es doch ist, Minderjährige an digitale Geräte heranzuführen – und wie positiv sich Smartphone-Verbote an Schulen aufs soziale Wohlbefinden und die schulischen Leistungen auswirken. So zeichnet sich in Großbritannien ein Ende der Digital-Euphorie ab: Der Bildungsausschuss des House of Commons fordert ein Smartphone-Verbot in Schulen und „klare gesetzliche Regelungen zum Schutz der unter 16-Jährigen“. Auch in Schweden und Dänemark sieht man im Hinblick auf digitale Klassenzimmer ein: „Wir haben zu viel digital gemacht!“ Smartphone-Verbote gibt es jetzt unter anderem in Italien, Holland und einigen US-Staaten; Lettland marschiert neuerdings in dieselbe Richtung. In Frankreich hat dieses Frühjahr eine Studie für die Regierung gefordert, Kinder sollten ihr erstes Smartphone keinesfalls vor dem Teenager-Alter bekommen. Und auch Australien gedenkt aktuell die Nutzung von Online-Netzwerken wie Facebook und TikTok für Kinder und Jugendliche zu untersagen. Aber Deutschland scheint auf dem besten Weg, den neuen Trend zu verpassen.

Mehr: www.die-tagespost.de.

Grenzen digitalen Lernens

 Durch Corona erleben die Schulen gerade einen Digitalisierungsschub. Was sich dabei bewährt hat und was man zukünftig besser lassen sollte, beschäftigt den Pädagogen Michael Felten beim DLF Kultur. Die Überlegungen sind hörenswert: 

So bringt es kaum etwas, Klassen nur mit Laptops auszustatten, interaktive Lernvideos hingegen können hilfreich sein. Wenn ein Fach oder eine Altersstufe viel geistige Auseinandersetzung erfordert, fällt der IT-Nutzen gering aus. Bei reinem Training zeigen sich aber auch überdurchschnittliche Effekte. Hattie selbst bilanziert, IT verbessere den Unterricht nur, wenn es sich nicht um Ersatz, sondern Ergänzung des pädagogischen Settings handele – und wenn die Vielfalt der Lernarten und die Häufigkeit von Feedback steige.

Beinahe klingt es dialektisch: Digitales Handwerkszeug muss für Schulen selbstverständlich werden. Gleichzeitig erstrahlt die Lehrperson als Zentralfaktor für kindliche Entwicklung. Versäumen wir also nicht, nach der Coronakrise zu fragen, was wir von ihren Notlösungen wirklich behalten wollen. Die Antwort sollte datenbasiert sein – und nicht nur das Bauchgefühl widerspiegeln „Hat doch irgendwie ganz gut hingehauen“. Die CEOs im Silicon Valley jedenfalls bevorzugen für ihre Kinder analoges Lernen.

Hier der Beitrag: 

Großer Unfug

Viele „Bildungspolitiker“ träumen davon, dass eine Welle der Digitalisierung die Schulen in Deutschland nach vorn bringt. Demnächst sollen Schüler in NRW sogar ihr eigenes Smartphone im Unterricht nutzen.

Großer Unfug, meint Jürgen Kaube und spricht mir aus dem Herzen:

An vielen Schulen dieses Landes sind Smartphones nicht als Lösung, sondern als Problem bekannt. Man hat darum mancherorts die Nutzung der Geräte im Bereich der Schule untersagt: um Ablenkung im Unterricht zu verhindern. Um die Schule nicht zur Versammlung isoliert computerspielender oder filmchenschauender Atome zu machen, die sich der Bildschirme halber nur noch in den schattigen Zonen des Pausenhofs bewegen. Um Cybermobbing wenigstens ein paar Stunden lang zu verhindern. Die Behauptung, es handele sich bei Smartphones in Händen von Kindern und Jugendlichen in erster Linie um Instrumente der Wissensgesellschaft, ist abenteuerlich.

Mehr: www.faz.net.

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