Feminismus

Gesellschaft

Der Elite-Feminismus

In Deutschland und anderswo gibt es viel Aufregung. Die Quote stimmt nicht. Noch gibt es zu wenig Frauen in Führungspositionen, ist immer wieder zu hören. Die Ökonomin Alison Wolf lässt sich von den Informationsstürmen wenig irritieren und wertet Studien akribisch aus.

Das Ergebnis überrascht: Die Kluft trennt heute nicht Frauen und Männer, sondern die Frauen untereinander. Der Elite-Feminismus in den egalitären Wohlfahrtsstaaten hat eine neue „Kaste“ geschaffen:

Was ist in Schweden los? Was in allen reichen Industrienationen passiert, sagt Wolf, nur zeigt es sich in Schweden besonders deutlich: Während die Männer und Frauen zuoberst meist gleich viel verdienen, werden Frauen in schlechten Jobs immer noch miserabel bezahlt. Mehr noch: Mit dem Erfolg von Frauen entsteht gleichzeitig eine neue Klasse von Bediensteten, auf welche die Anwältin, Investmentbankerin oder Chirurgin zunehmend angewiesen sind. Es sind nun Nannys, Putzfrauen und Haushaltshilfen, die die Karrierepaare von häuslichen Aufgaben befreien. Wolf schreibt: «Skandinavische Länder halten den Rekord bei der Geschlechtertrennung, gerade weil sie traditionelle weibliche Aktivitäten am stärksten outsourcen und unbezahlte Hausarbeit in eine reguläre Beschäftigung verwandelt haben.»

Hier der sehr lesenswerte Beitrag von Birgit Schmid und ein Interview mit Alison Wolf (DAS MAGAZIN vom 24. Juni 2013): blog.dasmagazin.ch.

VD: TI

Zitate

Wie sollen die Esel Gott nennen?

Jürgen Moltmann:

Wenn Männer Gott „Vater“ nennen, um sich identifizieren zu können, und nun Frauen Gott „Mutter“ nennen, um religiös sich selbst zu finden, wie sollen dann die Esel Gott nennen?

Feuilleton

Töchter einer Revolution

Die aktuelle Geschlechtedebatte dreht sich vor allem darum, wie Frauen möglichst zackig in den Arbeitsmark integriert werden können. Von einem selbstbestimmten, freien Leben ist nicht die Rede. Antonia Baum, die 2011 ihren ersten Roman Vollkommen leblos, allenfalls tot bei Hoffmann und Campe publizierte, deckt auf, dass es nicht um das Wohl der Frau, sondern um ihre Arbeitskraft, geht.

Ich wünschte, mein Mann wäre so reich, dass ich nicht arbeiten müsste und zu Hause bleiben könnte, wo ich, in ganz langsamer Arbeit, Bücher schreiben würde, von denen ich nicht leben kann. Denn wie viel plausibler ist es, sich in die Abhängigkeit desjenigen Mannes zu begeben, den man liebt und dem man bis auf weiteres vertraut, als in die Abhängigkeit eines viel größeren Mannes, eines unendlich hungrigen Monster-Mann-Betriebes zu begeben, der subjektlos und also nicht zur Verantwortung zu ziehen ist und der bereit ist, mich, das heißt meine Arbeitskraft, bis zum letzten bisschen auszusaugen und zu verkaufen und in den zweiwöchigen Erholungsurlaub zu schicken, um mich dann: weiter auszusaugen.

Wie viel leichtsinniger, lebensgefährlicher, ja kopfverdrehter ist es, den eigenen Kopf an eine fremde Firma zu verkaufen, die ihn, über kurz oder lang, zu einem passenden Firmenwürfel deformiert, als einfach zu Hause zu bleiben. Es wäre so schön, würden die feministischen Schwestern und die über ihre Würfel-Förmigkeit erbitterten einem diesen Wunsch nicht zum Vorwurf machen. Zu Hause könnte ich (Akademikerin, gebärfähig, kinderlos) mir auch vorstellen, Kinder zu bekommen, die ich mit viel Liebe zu Akademikern erziehen würde. Denn wie viel leichtsinniger, lebensgefährlicher, ja kopfverdrehter wäre es, würde ich, wie es weithin für richtig gehalten wird, meinen Kopf an eine Firma verkaufen UND ein Kind bekommen? Das arme Kind! Von einer gestressten Würfel-Mutter und dem dazugehörigen Würfel-Vater unausgesetzt wegrationalisiert zu werden, möchte ich ihm nicht zumuten.

Mehr: www.faz.net.

Gesellschaft

Der feministische Betrug

Kürzlich schimpfte die noch junge Feministin Laurie Penny darüber, dass es immer noch das Ideal vieler Menschen sei, Kinder in einer stabilen Zweierbeziehung aufzuziehen:

Wir leben in einer sehr prüden Gesellschaft. Die Schulen kümmern sich kaum um Sexualerziehung, man redet nicht über Sex. Stattdessen flüstern Filme, Musik oder Literatur den Heranwachsenden ein, dass sie ein romantisches Ideal von Zweierbeziehung verfolgen und die große Liebe finden sollen, um zu heiraten und Babys zu haben.

Aus der Sicht von Rebecca Walker ist der tatsächliche Trend verheerend. „Der Feminismus hat eine ganze Generation von Frauen an die Kinderlosigkeit verraten.“ Rebecca ist die Tochter von Alice Malsenior Walker, einer international bekannten afroamerikanischen Feministin, die für ihren Roman Die Farbe Lila 1983 den Pulitzer-Preis erhalten hat. Weltweit berühmt wurde das Buch durch die Verfilmung von Steven Spielberg im Jahr 1986.

In einem sehr persönlichen Essay beschreibt Rebecca, was sie die Selbstverwirklichung ihrer Mutter alles gekostet hat (Übersetzung von Schandor. Danke!):

I was raised to believe that women need men like a fish needs a bicycle. But I strongly feel children need two parents and the thought of raising Tenzin without my partner, Glen, 52, would be terrifying. As the child of divorced parents, I know only too well the painful consequences of being brought up in those circumstances. Feminism has much to answer for denigrating men and encouraging women to seek independence whatever the cost to their families. My mother’s feminist principles coloured every aspect of my life. As a little girl, I wasn’t even allowed to play with dolls or stuffed toys in case they brought out a maternal instinct. It was drummed into me that being a mother, raising children and running a home were a form of slavery. Having a career, travelling the world and being independent were what really mattered according to her. I love my mother very much, but I haven’t seen her or spoken to her since I became pregnant. She has never seen my son – her only grandchild. My crime? Daring to question her ideology. Well, so be it. My mother may be revered by women around the world – goodness knows, many even have shrines to her. But I honestly believe it’s time to puncture the myth and to reveal what life was really like to grow up as a child of the feminist revolution.

– – –

Ich wuchs mit der Überzeugung auf: Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad. Heute bin ich davon überzeugt: Ein Kind braucht beide Eltern. Der Gedanke, Tenzin ohne meinen Mann Glen (52) aufziehen zu sollen, macht mir Angst. Als Kind zweier geschiedener Eltern weiß ich nur zu gut um die schmerzhaften Konsequenzen, die ein Erwachsenwerden unter solchen Umständen mit sich bringt. Der Feminismus hat viele Antworten, wenn es darum geht, den Mann zu verunglimpfen und die Frau zu ermutigen, nach Unabhängigkeit zu streben, was es die Familie auch kosten mag. Die feministischen Grundsätze meiner Mutter beeinflussten jeden Aspekt meines Lebens. Als kleines Mädchen durfte ich weder mit Puppen noch mit Plüschtieren spielen – ich hätte ja Mutterinstinkte ausprägen können. Mir wurde eingehämmert, dass Muttersein, Kinder aufziehen und einen Haushalt führen nichts als eine Form der Sklaverei darstellt. Was ihr wirklich etwas bedeutete, war Karriere, Weltreisen und Unabhängigkeit. Ich liebe meine Mutter sehr, doch seit meiner Schwangerschaft habe ich sie weder gesehen noch mit ihr gesprochen. Sie hat meinen Sohn – ihr einziges Enkelkind – noch nie gesehen. Mein Verbrechen? Ein Frevel, ihre Ideologie zu hinterfragen? Gut, dann soll es so sein. Meine Mutter mag von Frauen in aller Welt verehrt werden; sie mögen ihr weiß Gott noch einen Altar errichten! Ich glaube jedoch aufrichtig, dass es an der Zeit ist, den Mythos zu zerschlagen und zu offenbaren, wie das Heranwachsen als Kind der feministischen Revolution wirklich aussieht!

Hier mehr: www.dailymail.co.uk.

VD: AW

Bücher

Hanna Rosin befeuert die Geschlechterdebatte

410r0nQNg4L._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_AA300_SH20_OU03_.jpgDie US-Autorin Hanna Rosin befeuert mit ihrem neuen Buch The End of Men die Geschlechterdebatte. Ihre These: Der Mann nervt und ist am Ende, die Frau ist dagegen endlich auf dem Gipfel der Macht.

Can Mayaoglu stellt in ihrer Rezension die entscheidende Frage und schreibt Rosin ein unbeabsichtigtes Verdienst zu:

Damit stehen wir vor einer entscheidenden Frage: Können wir es wirklich als Gewinn betrachten, wenn die vermeintliche Selbstverwirklichung beider Geschlechter einem falschen Erfolg geopfert wird? Und es ist ein falscher Erfolg, wenn einer auf der Strecke bleibt. Bei aller Liebe für mein eigenes Geschlecht: Das kann es doch nicht ernsthaft gewesen sein? Was ist lebenswert an einer Gesellschaft, die bei der Nabelschau bloß das Geschlecht geändert hat, auf das sie schaut? Was bitte schön ist daran emanzipiert? Das wirklich große Verdienst, das Rosin erbringt, ist daher womöglich völlig unbeabsichtigt. Sie erinnert uns daran, dass wir weiter aufmerksam beobachten müssen: Denn so, wie es ist, ist es nach wie vor nicht gut.

Hier: www.spiegel.de.

Bücher, Gesellschaft

Die Gleichberechtigungsfalle

201206130815.jpgIm Mai 2011 wurde Monika Ebeling aus ihrem Amt der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Goslar abberufen, weil sie sich in ihrer Gleichstellungsarbeit auch für Männer engagiert hatte. Im Buch Die Gleichberechtigungsfalle erzählt Monika Ebeling nicht nur die Geschichte ihrer Abberufung. Bruno Köhler hat seine Rezension des Buches freundlicherweise online gestellt. Er schreibt:

Sie hat die Antworten auf ihre Fragen für sich gefunden. Eine wahre, nachhaltige Geschlechterdemokratie kann nur dort entstehen, wo sich Männer und Frauen im geschlechterpolitischen Diskurs auf gleicher Augenhöhe gegenüber stehen, wo die objektive Berücksichtigung der Anliegen beider Geschlechter eine Selbstverständlichkeit ist, wo man sich vom Geschlechterkriegsdenken mit den Stereotypen der ausschließlich männlichen Täter und ausschließlich weiblichen Opfer verabschiedet hat. Monika Ebeling will diese Erkenntnisse mit ihrem eindrucksvollen und bewegenden Buch anhand ihrer eigenen Geschichte aber auch in grundlegenden Erörterungen dem Leser nahebringen. Gerade, weil die Geschlechterpolitik in Deutschland und auch in der EU eben genau das Gegenteil von dieser Vision ist. Monika Ebeling will, dass sich das ändert.

Das Buch ist absolut empfehlenswert. Wer einen tiefen Einblick in die rücksichtslose Realität von Gleichstellungspolitik in der Praxis, fernab vom uns täglich einlullenden Euphemismus der Geschlechterpolitiker/innen, bekommen möchte, oder wer einfach wissen will, wie hegemoniale Gleichstellungspolitik funktioniert, für den ist dieses Buch ein alternativloses Muss. Eines der besten Bücher über das, was schon Katharina Rutschky als den „real existierenden Feminismus“ bezeichnete.

Hier die vollständige Rezension: cuncti.net.

 

 

VD: AH

Bücher, Rezensionen

Einführung in die feministische Bibelauslegung

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Andreas Köstenberger ist nicht nur ein exzellenter Exeget, er ist mit einer exzellenten Exegetin verheiratet. Margaret Elizabeth Köstenberger hat jüngst eine Einführung und Kritik der feministischen Theologie vorgelegt, die ich sehr empfehlen möchte.

Wayne Grudem sagt über das Buch:

Dieses Buch ist ein außergewöhnlich wertvolle Einführung zu den feministischen Schriften über Jesus. Es fasst die gesamten Geschichte der feministischen Textauslegung zusammen, indem es jeden Autor fair darstellt und dann eine durchdachte Kritik vorlegt. Köstenberger’s einfühlsame, klare Auseinandersetzung zeigt, dass die verschiedenen feministischen Re-Interpretationen von Jesus nicht mit dem tatsächlichen Text der Evangelien übereinstimmen. Sie bietet auch hervorragende zusammenfassende Tabellen. Ein sehr nützliche, lesbare Ressource für alle, die verstehen wollen, wie der Feminismus die Bibel ständig neu interpretiert, um seine eigene Agenda durchzusetzen.

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