Hexenkult

Devi, die nette Hexe von nebenan

Gilbert Keith Chesterton hatte bekanntlich mal behauptet, dass Menschen, die aufhören, an Gott zu glauben, nicht an nichts – sondern irgendetwas glauben. Das gilt inzwischen auch für den Raum der Kirche. Alles ist möglich. Dort, wo das Evangelium von Jesus Christus nicht mehr geglaubt wird, nisten sich allerlei andere Glaubereien ein. Ein jüngstes Beispiel zeigt, dass die Kirche auch offen dafür ist, die angeblichen Schnittstellen von evangelischem Glauben und Hexerei anzuerkennen.

Um was geht es?

Das digitale Projekt Basis:Kirche soll eine Alternative zu den klassisch-analogen Angeboten der Kirche liefern. Zielgruppe des kirchlichen YouTube-Kanals sind junge Menschen, die viel im Internet surfen. Produziert wird laut Selbstauskunft der Kanal vom Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen-Bremen (ekn) im Auftrag der verschiedenen Landeskirchen in Niedersachsen sowie dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (also BEFG, der Baptistenbund). Das ist der Kanal, auf dem schon mal der Auftritt einer Drag-Queen oder die Qualitätsarbeit des Sexarbeiters André gefeiert wird (vgl. hier).

Im neusten Beitrag trifft die Pastorin der Basis:Kirche die modernde Hexe Devi in ihrer Wohnung in Berlin. Devi zeigt das Tarot-Kartenlegen, führt Rituale durch und erklärt dem Team der Basis:Kirche, wie Magie funktioniert und wann man sie einsetzt. In jedem ihrer Zimmer steht ein Schrein, auf dem sie beispielsweise ihren verstorbenen Mops verehrt.

Pastorin Juli findet das alles total spannend. Da überschneide sich so viel. Der evangelische Glaube sei ja gar nicht so verschieden vom Hexenglauben. Hexi Devi meint, in der Kirche gäbe es halt andere Namen.  Kurz: Hier wie dort glaubt man an etwas, ist offen und bleibt optimistisch.

Es ist – soweit ich das sehen kann – keine Parodie. Es soll bewusst einladend und locker wirken. Dennoch ist die Sache in einer gewissen Weise bitterernst und offenbart unfreiwillig sehr viel über das kirchliche Leben in Deutschland. Ob die Macher die Sendschreiben an die Gemeinden in Thyatira und Sardes kennen?

Hier:

Eine neue Generation Hexen

Hexen werden auch heutzutage mit groben Vorurteilen bekämpft, erklärt ein kurzer Artikel in der Welt. Das Christentum war etwas für alte, weiße Männer. Die Zukunft gehört den Feministinnen. Die Lieben Zauberei und Kontrolle:

Und doch haben die gemeinsamen Aktionen dazu beigetragen, dass der Hexenkult nicht mehr nur als seltsames Hobby einer Gruppe Esoterikfans gesehen wird, sondern als feministische Waffe selbstbewusster Frauen, die sich gegen den konservativen Männermainstream auflehnen. Eben so, wie es Frauen schon Jahrhunderte vor ihnen getan haben. „Männer, die katholische Kirche und der von Weißen geprägte Mainstream haben Zauberkraft stets verteufelt. Aber sie überlebt bis heute“, sagt Frankie.

„Die alten Hexen lebten stets in der Angst davor, entdeckt zu werden, ihre Arbeit zu verlieren oder vor Freunden und Familie für verrückt gehalten zu werden“, sagt sie. Dass nun jeder einen so direkten und unkomplizierten Zugang zum Erfahrungsschatz der Hexen hat, beobachtet sie mit Vorsicht.

Mehr: www.welt.de.

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