Richard Rorty

Richard Rorty über die liberale Theologie

In einem Interview mit dem Magazin Modern Reformation (Juli/August Vol. 12 No. 4, 2003) sagte Richard Rorty (1931–2007) über die liberale Theologie:

Ich bin erfreut darüber, dass liberale Theologen ihr Bestes geben, um das zu machen, was laut Pio Nono [Papst Pius IX.] nicht getan werden sollte – sie versuchen das Christentum an moderne Wissenschaften, moderne Kultur und demokratische Gesellschaft anzupassen. Wäre ich ein fundamenalistischer Christ, wäre ich entsetzt von dieser [liberalen] wischi-waschi Version des christlichen Glaubens. Doch weil ich ein Ungläubiger bin, der sich vor der Barbarei vieler fundamentalistischer Christen fürchtet (z.B. vor ihrer Homophobie), heiße ich theologischen Liberalismus willkommen. Vielleicht werden die liberalen Theologen einmal so eine wischi-waschi Version des Christentums entwickeln, dass niemand mehr Interesse daran hat, Christ zu sein. Wenn dem so wäre, dann wäre etwas verloren gegangen. Doch höchstwarscheinlich hätten wir noch mehr gewonnen.

Richard Rorty ist tot – ein Paradigmenwechsel?

Der amerikanische Philosoph und Kulturwissenschaftler Richard Rorty ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Wie die Stanford-Universität auf ihrer Internetseite mitteilte, erlag der emeritierte Professor am 8. Juni im kalifornischen Palo Alto einem Bauchspeicheldrüsenkrebsleiden.

Rorty galt als einer der einflussreichsten zeitgenössischen Denker. Am 4. Oktober 1931 in New York geboren, wurde Rorty besonders als Vertreter des neuen amerikanischen Pragmatismus und des Postmodernismus bekannt. Er wandte sich vehement gegen einen Wahrheitsanspruch der Philosophie oder Religion und hat selbst – konsequenterweise – nie Philosophie gelehrt. Gern polemisierte er gegen die politische Rechte in Amerika und gegen die Evangelikalen.

In den letzten Jahren seines Lebens äußerte sich Rorty besorgt über die fatalen Folgen des postmodernen Relativismus. So stellt er fest, das die Relativierung aller Werte eben auch die Überzeugungen der Linken aushöhlt und zur Verdrossenheit führt. Die »Politikverachtung der postmodernen Denker arbeite den Konservativen auf fatale Weise in die Hände« und kapituliere vor den zerstörerischen Folgen der Globalisierung (vgl. Thomas Assheuer, »Der Schnee von gestern«, Die Zeit, Nr. 34, 1998).

Nach dem Verschwinden der Pariser Dreieinigkeit (Foucault, Lyotard und Deridda) ist mit Rorty einer der letzten großen Denker der Postmoderne verstorben. Steht uns ein Paradigmenwechsel bevor?

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