Sexualität

Sexualität in einer liberalen Marktgesellschaft

Noch nie war Sexualität so enttabuisiert wie heute. Gleichzeitig machen Dating-Apps und digitale Plattformen sie zunehmend zur Ware. Ein schöner Abschnitt aus dem Artikel „Sexualität in einer liberalen Marktgesellschaft“ von Peter Schallenberg und David Dekorsi (IDEA, Nr. 38, 19.09.2025, S. 38–40, hier S. 40): 

Noch nie waren Menschen so einsam Was heute als „Befreiung“ gefeiert wird, führt in Wahrheit zu Isolation. Noch nie war Sexualität so enttabuisiert, so frei verfügbar – und doch: Noch nie waren Menschen so einsam. Der Akt, der einst Ausdruck tiefster Verbundenheit war, wird zum Tauschgeschäft. Begegnungen bleiben flüchtig, Beziehungen verkommen zu Transaktionen. Dauer, Tiefe und Hingabe gelten inzwischen als naiv oder als Hindernis für persönliche Selbstverwirklichung. Was früher als wertvoll galt, wird heute entweder als romantische Illusion abgetan – oder durch Effizienz und Selbstoptimierung ersetzt.

Innere Tugend zum Klingen bringen Wahre Freiheit beginnt dort, wo wir Verantwortung übernehmen: für unser Begehren, unsere Entscheidungen, unsere Mitmenschen. Sie ist nicht die Freiheit von allem, sondern die Freiheit zu etwas – zum Guten, Wahren, Dauerhaften. In ihr liegt Würde. Nicht im schrankenlosen Zugriff auf Lustobjekte oder digitale Selbstinszenierung, sondern in der Entscheidung, zu lieben – statt zu (be)nutzen.

Sexparty bei der ARD

Sich schamlos sexuell auszuprobieren, wie eine neue ARD-Serie für Kinder ab zwölf Jahren propagiert, verhindert nicht nur Selbstannahme und Beziehungsfähigkeit, sondern ist auch rechtlich bedenklich. Dorothea Schmidt stellt uns für DIE TAGESPOST vor, was die ARD mit der Serie „Lust“ vorhat: 

Die Zahlen der Kinder und Jugendlichen, die pornografische Inhalte konsumieren, steigen unaufhörlich. Allen Warnungen zum Trotz kommen immer wieder Angebote um die Ecke, die junge Menschen geradezu ermutigen, sich entsprechenden Inhalten auszusetzen. Neuerdings bietet die ARD in Deutschland die Serie „Lust“ an, in der Kinder ab zwölf Jahren angespornt werden, ihre innere Bremse zu übergehen und sich lustvoll und schamlos sexuell auszuprobieren. Ein Date jagt das andere, dreckige Klamottenberge und nackte Leiber stapeln sich — im Theater auf der Bühne, beim Dreier auf der Couch, bei homosexuellen Spielchen und so weiter. Auch Sexspielzeuge werden präsentiert.

„Die Reduktion auf sexuelle Lust geht an der Wirklichkeit des Menschen vorbei und unterstützt ihn nicht bei seinen eigentlichen Entwicklungsaufgaben“, kommentiert Elisabeth Luge auf Anfrage. Sie ist Vorsitzende von „TeenStar Deutschland e. V.“, einem Verein, der eine dem jeweiligen Alter und Entwicklungsstand der jungen Menschen gemäße, auf der Biologie und dem christlichen Menschenbild basierende Sexualerziehung anbietet. Pornografie zerstöre „den Schutzmechanismus einer für die sensible Phase der Pubertät typischen Körperscham und bewirkt den Verlust der Selbstannahme und Beziehungsfähigkeit“, denn sie zeige wenig „über die Bedeutung der sexuellen Vereinigung“ und fokussiere „einseitig auf den körperlichen Lusteffekt“, erklärt sie.

Mehr: www.die-tagespost.de.

Erlebnisräume in Kindertagesstätten

Nacktspiele oder Erlebnisräume in Kindertagesstätten lösen völlig berechtigt immer wieder das Entsetzen von Eltern aus. Dabei lassen die Bildungspläne der Bundesländer einen solchen „offenen“ Umgang mit Sexualität ausdrücklich zu. Sie orientieren sich an den Lehren des pädophilen Sexualforschers Helmut Kentler, wie Anna Kröning herausgearbeitet hat (siehe dazu auch hier). 

Zitat:

Eine Schlüsselrolle spielt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die 2016 zusammen mit den Ländern ein Rahmenkonzept entwickelte und seit 2011 „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ herausgibt. Die BZgA, eine Behörde des Bundesgesundheitsministeriums, übernahm 1992 die Hoheit über das Thema Sexualität, als ihr die Aufklärung zum Schwangerschaftskonfliktgesetz übertragen wurde. Dieses Gesetz zielte ganz klar auf Erwachsene und Jugendliche ab.

Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO verschrieb sie sich dann aber einer „ganzheitlichen“ Sexualaufklärung. Diese beginnt bei Babys und erstreckt sich vom frühkindlichen über den schulischen Bereich bis zur Erwachsenenberatung. Sexualität sei „von Geburt an Teil der Persönlichkeitsentwicklung“. Von der BZgA stammt auch die Formulierung von „Lustgefühlen“ bei Säuglingen, die sich in einigen der Landesprogramme findet. In der Publikation „Über Sexualität reden“, das für Eltern bereitgestellt wird, findet sich die Formulierung der „körperliche Lusterfahrungen in Form von Lutschen und Saugen“ bei Säuglingen und dem Mund als „erste erogene Zone“.

Kinderschützerin Barbaric nennt solche Formulierungen „päderastisch anmutend“. Davon könnten sich tatgeneigte Menschen oder jene mit sexueller Präferenzstörung hinsichtlich einer Pädophilie angesprochen fühlen. Die These, Kinder seien „sexuelle Wesen von Geburt an“ sei nicht mit dem Straftatbestand vereinbar, dass sexuell motivierte Handlungen von und mit bis 14-Jährigen geahndet würden. „Wären Kinder sexuelle Wesen, gäbe es die Paragrafen 174 StGB und 176 StGB so nicht“, sagt Barbaric über die gesetzlichen Regelungen zum Missbrauch. Die Bundeszentrale verwende „nahezu identische Sätze“ zu den Äußerungen des verstorbenen Sexualpädagogen Helmut Kentler, jenes Psychologen, der Pflegekinder über 30 Jahre lang an pädophile Männer vermittelte und als Gutachter pädokriminelle Täter entlastet hatte.

Quelle: www.welt.de.

Die Repressionsthese auf dem Prüfstand

Schon in seiner kulturtheoretischen Abhandlung „Die ‚kulturelle‘ Sexualmoral und die moderne Nervosität“ (enthalten in: Das Unbehagen in der Kultur und andere kulturtheoretische Schriften, 5. Aufl., Fischer, 2018) aus dem Jahre 1908 stellt Sigmund Freud einerseits die These auf, dass die Bändigung, Umleitung oder Veredlung des Sexualtriebs zur Kulturentwicklung beiträgt (Sublimierung). Andererseits behauptet er, dass der Triebverzicht gleichwohl psychische Erkrankungen fördert (er sprach von „Nervosität“). Die Neurose ist das negative Pendant zur Perversion, „weil sie dieselben Neigungen wie die positiv Perversen im ‚verdrängten‘ Zustand enthalten“ (S. 120).

Für Freud produziert die Sexualität selbst keine inneren Konflikte, wenn sie auf natürliche Weise ausgelebt wird. Erst durch die Regulierung mittels gesellschaftlicher Normen kommt es zu Spannungen und innerer Zerrissenheit. Die gesellschaftliche Repression der Triebe führe zu seelischen Erkrankungen (Repression). Das klingt dann so (S. 123):

Wer in die Bedingtheit nervöser Erkrankung einzudringen versteht, verschafft sich bald die Überzeugung, daß die Zunahme der nervösen Erkrankungen in unserer Gesellschaft von der Steigerung der sexuellen Einschränkung herrührt.

Anders gesagt: Um so weniger die Sexualität eingeschränkt wird, desto seltener treten nervöse Erkrankungen auf.

Freud war dennoch nicht dafür, Sexualität ungehemmt auszuleben. Das forderte erst später sein Schüler Wilhelm Reich. Ulrich Gutmair, Kulturredakteur der taz, schreibt:

Reich entwickelte aus der Freud’schen Idee der Libido eine psychosomatische Theorie. Er verstand psychische Strukturen als erstarrte Energie, die es freizusetzen gilt, um Panzerungen in Körper und Charakter zu lösen. Er war seiner Zeit voraus. Massenhaft suchten Patienten die sexualhygienischen Beratungsstellen auf, die Reich erst in Wien, dann in Berlin betrieb.

Aber sind die nervösen Erkrankungen mit der sexuellen Befreiung zurückgegangen?

Schauen wir mal nach Berlin. Sarah Obertreis hat kürzlich in der FAZ den interessante Artikel „Wo Monogamie out ist“ veröffentlicht. Sie zeigt dort anhand von Umfrageergebnissen und Beispielen, dass in der Hauptstadt die Verbindlichkeit in den Beziehungen verloren gegangen ist wie in keiner anderen Stadt Deutschlands. Sie schreibt:

Berlin ist nicht wie andere Millionenstädte. Es ist schnelllebiger, anarchischer und diverser als München, Köln oder Hamburg. Hier zählt das Leben oft mehr als die Arbeit – und Geld nur, wenn es mal nicht für die Miete reicht. Sesshaft zu werden sei hier viel schwerer als anderswo, konstatiert eine Psychologin. Was das für Auswirkungen hat, lässt sich in einem Lebensbereich besonders gut beobachten: dem Dating. Dutzende Umfragen zeigen: In der Hauptstadt folgt die Liebe anderen Gesetzen als im Rest der Republik.

Tatsächlich zeigen Statistiken: Berlin ist die Stadt der Partnerlosen. Je nachdem welche Studien man liest, reichen die Schätzungen von 30 bis 50 Prozent Singles. Gleichzeitig gibt es hier so viele junge und so viele offen queere Menschen wie kaum an einem anderen Ort in Deutschland. Sie treffen sich auf den Tanzflächen, in den Cafés, Parks und den berühmt-berüchtigten Sexclubs der Stadt. Oft zählt dabei der Austausch von Körperflüssigkeiten mehr als der Austausch von Gedanken.

Bei so viel ungehemmter Sexualität in der Hauptstadt erwartet man eigentlich – vorausgesetzt an Repressionsthese ist was dran, dass es dort deutlich weniger psychische Erkrankungen gibt als anderswo. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Wie aus einem DAK-Report hervorgeht, gibt es in keinem anderen Bundesland es so viele Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen wie in Berlin/Brandenburg (vgl. a. hier).

Natürlich soll das keine Widerlegung der Repressionsthese sein. Es soll lediglich dazu anregen, vielleicht mal darüber nachzudenken, ob wir für unverbindliche Sexualität einen sehr hohen Preis zahlen, der auch die „Nervosität“ betrifft.

Der letzte Absatz im Artikel „Wo Monogamie out ist“ zeigt übrigens, dass bei so viel Unverbindlichkeit in Beziehungsfragen die Sehnsucht nach Verlässlichkeit und Bindung zurückkehrt:

Deswegen erzählen Menschen wie Falk, die trotz allem eine glückliche verbindliche Beziehung gefunden haben, davon auch wie von einem Lottogewinn: ziemlich stolz, aber auch ein bisschen ungläubig und fast schon verschämt. Falk hat seine Freundin über Bekannte kennengelernt, nach ein paar Monaten fragte er: Könntest du dir eine Beziehung vorstellen? Sie antwortete: Ja, aber nur eine offene. Diesmal war Falk nicht bereit, seine Grenzen zu verschieben. Sie wurden trotzdem ein Paar, weil ihre Lust auf Falk größer war als die auf eine offene Partnerschaft. Und es fühlt sich für ihn gut an: „Jetzt bin ich seit sieben Monaten in einer ganz stinknormalen Beziehung und denke: Wow, ist Monogamie geil!“

Das Geschäft mit der neuen Lust

Was Silke Weber in ihrem Artikel „Das Geschäft mit der neuen Lust“ über die neue Sex-Ordnung schreibt, macht deutlich, wie bedeutsam die Kulturanalyse von Carl Truemann zum „neuen Selbst“ ist. 

Zitat: 

„Sexualität und Gender sind keine politischen Nebenschauplätze“, hat die britische Feministin Laurie Penny postuliert: In den vergangenen Jahren sei eine sexuelle Revolution angestoßen worden, die unser Verständnis von Sex, Macht und Widerstand neu bestimme. Und gleichzeitig stellen Frauen, Männer und LGBTQ überall die gewohnte Geschlechterbinarität infrage.

Einvernehmlichkeit, Gemeinschaft und Offenheit bilden eine neue Ordnung. Clubnächte werden zu sexpositiven Partys, bei denen Gäste, wenn sie wollen, einfach nackt tanzen können. Wenn sie Begehren verspüren, dürfen sie dieses auch ausleben. Auf einer Schaukel, einer Liege, im Darkroom. Die Großstädte werden zu Spielwiesen, in denen Shibari-Workshops angeboten werden, um die erotische Kunst des Fesselns zu erlernen.

Die Sicht auf Sexualität und der Umgang mit ihr haben sich in weiten Teilen der Gesellschaft über die vergangenen Jahre radikal verändert.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Aber Sex ist schön!

Können sich junge, hedonistische Menschen an ein Sexverbot halten, wenn ihnen bei Missachtung eine Geldstrafe droht? So fragt ein Erfolgsformat auf Netflix. Das Trash-Fernsehen hat die Scham abgeschafft und will gleichzeitig moralisch sein, mein Birgit Schmid in ihrer erhellenden Kritik an beliebten Reality-Formaten:

Glaubt man den Konzeptentwicklern, so steht hinter «Too Hot to Handle» tatsächlich eine pädagogische Absicht. Die britische Produzentin Laura Gibson sagt, die «brutale Dating-Kultur im Zeitalter von Tinder» habe sie inspiriert. Beziehungen enden, bevor sie richtig angefangen haben, weil nun der Sex nach dem ersten Date darüber entscheidet, ob es weitergeht. Das führt, in den Worten der Soziologin Eva Illouz, zu einer «Kultur der Lieblosigkeit».

Die attraktiven Bewohner des Tropenresorts sind die Verkörperung dieser These – jedenfalls zu Beginn. So sagt Tobias, ein IT-Consultant, er habe immer zuerst Sex, bevor er eine Beziehung mit einer Frau eingehe: «Ich will doch wissen, was die draufhat.» Er könne ohne Sex keine emotionale Beziehung aufbauen, behauptet er.

Vor zwei Jahrzehnten hätten solche Aussagen noch zu der heiss diskutierten Frage geführt, wie viel Exhibitionismus erlaubt sei und was der Triumph des Trivialen bedeute. Medienprofessoren und Psychiater erklärten damals, dass in Reality-Formaten das Private politisch werde oder man den Trash schaue, um sich besser als die Vorgeführten zu fühlen. Heute fragt auch keiner mehr danach, was an Reality-Shows real und was inszeniert sei. Die sozialen Netzwerke sind voll solcher Selbstinszenierungen, jeder präsentiert ein schöneres, erfolgreicheres, perfektes Ich. Auch «Too Hot to Handle» folgt einem Drehbuch, doch die Haltungen der Zeit, die die Serie abbildet, bleiben trotzdem wahr.

Mehr hier: www.nzz.ch.

Sex vor der Ehe

Ein junges, verlobtes Pärchen kämpft mit der Frage, ob Sex vor der Ehe in Ordnung ist und wendet sich deshalb an einen evangelischen Pfarrer, der auf evangelisch.de seine Antwort öffentlich macht. Der Geistliche schreibt dort unter anderem:

Wenn jemandem wichtig ist, dass die Ehe allein der Ort für Sex ist, wird dieser jemand immer Argumente dafür finden. Das gilt insbesondere, wenn dieser jemand ein frommer Mensch ist und die Bibel als Argumentationshilfe nutzt. Das Problem dabei ist, dass dabei eigene Moralvorstellungen unhinterfragt auf antike Texte übertragen werden. Redlicher ist es, die Texte genau anzuschauen und zu erkennen, was sie aus sich selbst heraus sind. 

Und weiter schreibt er:

Die Bibel dafür heranzuziehen, Paaren zu verbieten, vor der Ehe Sex zu haben, empfinde ich als unredlich gegenüber der Bibel selbst. Besonders ärgerlich werde ich, wenn diese Menschen sagen, sie würden die Bibel ernst nehmen, weil sie ja eindeutig sei. Wer das behauptet, meint in der Regel die eigene Auslegung und nicht die Bibel. Wie ich bereits schrieb: Die Moral steckt nicht im Hohenlied, sondern in den Köpfen der Interpretierenden. 

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man diese seelsorgerische Antwort mit Humor nehmen. Zu offensichtlich macht der Pfarrer genau das, was er den (aus seiner Sicht) unaufrichtigen Bibellesern unterstellt: „Das Problem dabei ist, dass dabei eigene Moralvorstellungen unhinterfragt auf antike Texte übertragen werden.“ Mit einer Geste der Überlegenheit und Reife projiziert er seine Vorstellungen zur Sexualität (die – so dürfen wir vermuten – von der Sexuellen Revolution imprägniert sind) auf die biblischen Texte zurück; gegen ihren Sinngehalt und gegen ihre lange Auslegungsgeschichte.

Dass für das Judentum der Sex in die Ehe gehört, kann man in so gut wie jedem Standardwerk nachlesen. „Das erste biblische Gebot über die Fortpflanzung des Menschengeschlechts soll nur in der Ehe erfüllt werden (TRE, Bd. 9, 1982, S. 314). Das Judentum kennt ein klares Ideal, nämlich den ehelichen Sex. Dennis Prager schreibt in „Das Geschenk des Judentums an unsere Kultur“

Alle anderen Formen sexuellen Verhaltens, obwohl sie nicht alle gleich verwerflich sind, weichen von diesem Ideal ab. Je mehr sie abweichen, desto ausgeprägter ist die Abneigung des Judentums gegen dieses Verhalten.

Das Alte Testament selbst verortet die Sexualität eindeutig in der Ehe. Zum Erweis vorehelicher Keuschheit bewahrten die jüdischen Familien etwa das Hochzeitsgewand als „Beweisstück“ auf (vgl. 5Mose 22,13ff). Oder: „Wenn jemand eine Jungfrau beredet, die noch nicht verlobt ist, und schläft bei ihr, so soll er den Brautpreis für sie geben und sie zur Frau nehmen“ (2Mose 22,15).

Und das Neue Testament? Jesus hat die alttestamentliche Eheordnung bestätigt und in gewisser Hinsicht sogar strenger ausgelegt als das Judentum (vgl. Mt 5,27ff). Und Paulus können wir nicht gegen Jesus ausspielen. Für den Apostel gehörte Sex in den Ehebund. So schreibt er etwa in 1Thess 4,3–8 (ELB): 

Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligung, dass ihr euch von der Unzucht fernhaltet, dass jeder von euch sich sein eigenes Gefäß in Heiligung und Ehrbarkeit zu gewinnen weiß, nicht in Leidenschaft der Begierde wie die Nationen, die Gott nicht kennen; dass er sich keine Übergriffe erlaubt noch seinen Bruder in der Sache übervorteilt, weil der Herr Rächer ist über dies alles, wie wir euch auch vorher schon gesagt und eindringlich bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen, sondern in Heiligung. Deshalb nun, wer dies verwirft, verwirft nicht einen Menschen, sondern Gott, der auch seinen Heiligen Geist in euch gibt.

Ich zitiere mal Douglas Moo dazu (A Theology of Paul and His Letters, Zondervan, 2021, S. 631–632): 

Wenn wir über die Ehe diskutieren, müssen natürlich auch ein paar Worte zum Thema Sex gesagt werden. Zur Zeit des Paulus, so wie auch zu unserer Zeit, war Sex ein Lebensbereich, in dem die biblischen Maßstäbe besonders hart mit den zeitgenössischen Sitten kollidierten. Es überrascht uns daher nicht, dass er seinen nichtjüdischen Bekehrten einige Warnungen mit auf den Weg gibt. Wie ich bereits erwähnt habe, ist Sexualität der Bereich der Sündhaftigkeit, den Paulus am häufigsten in seinen Lasterkatalogen erwähnt. 1Thess 4 ist besonders pointiert. Paulus wiederholt hier, was er jenen hauptsächlich nichtjüdischen Bekehrten in der kurzen Zeit, die er mit ihnen verbracht hat, darüber gelehrt hat – wie sie leben sollen, „um Gott zu gefallen“ (V. 1). Das erste, was er erwähnt und mit ihrer Heiligung in Verbindung bringt (V. 3), ist die Notwendigkeit, „sexuelle Unmoral zu meiden“ (porneia, das griechische Wort für unangemessenes sexuelles Verhalten). Wie ich oben dargelegt habe, konkretisiert Paulus dies, indem er die Gläubigen auffordert, ihre Geschlechtsorgane „in heiliger und ehrbarer Weise“ zu gebrauchen (V. 4). Paulus folgt dem jüdischen Präzedenzfall, indem er unangemessenes sexuelles Verhalten als ein besonders deutliches Anzeichen dafür sieht, wie sich die Menschen von der Anbetung Gottes abgewandt haben (vgl. Röm 1,24–27).

Obwohl dieser Abschnitt an Nichtjuden geschrieben wurde, zeigt er auch, dass sich Paulus in seiner ethischen Lehre dem Alten Testament verpflichtet fühlt. Der Abschnitt ist durchdrungen von Aufrufen zur Heiligkeit (1Thess 4,3.4.7), die an den bekannten alttestamentlichen Aufruf zur Heiligkeit anknüpfen (z.B. Lev 11,44; siehe oben). Paulus’ Verweis auf die Gabe des Heiligen Geistes in V. 8 erinnert an die Verheißung in Hesekiel 36,25–27, dass Gott sein Volk durch eine neue Ausgießung seines Geistes von „Unreinheit“ und Götzendienst „reinigen“ würde (vgl. 1Thess 1,9). Die vielleicht klarste theologische Grundlage für Paulus’ Aufruf zur sexuellen Reinheit findet sich in 1Korinther 6,12–20. Als Antwort auf eine korinthische Ansicht, die den Körper offenbar als unwichtig für das geistliche Leben ansah, bekräftigt Paulus hier die Bedeutung des Körpers und unterstreicht daher die Notwendigkeit, den Körper im sexuellen Bereich angemessen zu gebrauchen. Man darf sich nicht mit Prostituierten zusammentun, denn das würde die intime und exklusive Verbindung der Gläubigen mit Christus verletzen (V. 15–17). Unsere Leiber sind in der Tat „Tempel des Heiligen Geistes“ (V. 19). Gläubige müssen, so schließt Paulus, „Gott mit [ihren] Leibern ehren“ (V. 20) – und das bedeutet natürlich, sie im sexuellen Bereich so zu gebrauchen, dass sie Gott wohlgefällig sind.

Auch Christen sündigen. Was haben die antiken Gläubigen in den Gemeinden getan, wenn ein unverheiratetes Paar doch Sex vor der Ehe hatte? Armin Baum wird mit seiner Vermutung richtig liegen

Wie Paulus oder die paulinischen Gemeinden mit festen Paaren verfahren
sind, die unverheiratet Geschlechtsverkehr hatten, wird im Neuen Testament
nirgends ausdrücklich gesagt. Am wahrscheinlichsten ist, dass man
eine ähnliche Differenzierung vornahm wie im 5. Mosebuch (Dtn 22,13–29). Man kann daher vermuten, „dass eine christliche Gemeinde, wenn ein
solches Verhalten bekannt geworden wäre, es missbilligt und … auf die
Legalisierung des Verhältnisses gedrungen hätte“.

VD: WH

Warum die Biologie nur zwei Geschlechter kennt

Auffällig viele Journalisten und Gender-Experten sind derzeit um den Nachweis bemüht, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt (vgl. hier). So behaupten zwei Sprachwissenschaftlerinnen in der ZEIT, einen „Konsens, was definitiv und im Detail das Geschlecht festlegt“, gebe es „in der Forschung nicht“. Folglich existierten selbstverständlich mehr als zwei Geschlechter.

Es blüht die Pseudo-Expertise, meinen Uwe Steinhoff und Aglaja Stirn in einem Gastbeitrag für die FAZ und verteidigen die Expertise von Marie-Luise Vollbrecht:

Der Biologin wird von diesen Expertise abgesprochen und die besagte Wahrheit zur unwissenschaftlichen „Meinung“ erklärt. Es kommt einem der Kinderreim „Wer es sagt, der ist es auch“ in den Sinn. Denn Vollbrechts Kritiker sind entweder völlig frei von biologischer Expertise oder doch zumindest von dem Willen, diese gegen den genderideologischen Zeitgeist auch in Anschlag zu bringen.

So behaupten zwei Sprachwissenschaftlerinnen in der „Zeit“, einen „Konsens, was definitiv und im Detail das Geschlecht festlegt“, gebe es „in der Forschung nicht“. Dies belege „eine Vielzahl von Forschungsliteratur (etwa Nature: Ainsworth, 2015 oder Making Sex Revisited: Voß, 2011)“. Der Aufsatz in „Nature“ ist jedoch keine „Forschungsliteratur“, sondern lediglich ein Essay einer Wissenschaftsjournalistin. Die hat zudem auf die kritische Nachfrage: „Behaupten Sie, es gebe mehr als zwei Geschlechter?“ auf Twitter klargestellt: „Nein, nicht im mindesten. Zwei Geschlechter, mit einem Kontinuum von Variationen in der Anatomie/Physiologie.“ Ainsworth behauptet also genau dasselbe wie Vollbrecht. Unseren Sprachwissenschaftlerinnen ist das entgangen.

Das ZDF wiederum, dem eine Autorengruppe, der auch Vollbrecht und der Erstautor des vorliegenden Artikels angehören, die Verbreitung der Falschaussage der „Vielgeschlechtlichkeit“ vorgeworfen haben, bestätigt den Vorwurf abermals mit einem Interview, bei dem man sich fragt, wie lange das ZDF hat suchen müssen, um einen Evolutionsbiologen zu finden, der sich unklar genug ausdrückt, um die intendierte Botschaft zu senden. So redet der Interviewte von der „chromosomalen Geschlechtsbestimmung“ und erklärt, dass Männer „ein X- und ein Y-Chromosom, Frauen zwei X-Chromosomen“ besitzen. Erstens sind Männer und Frauen evolutionsbiologisch keine Geschlechter, sondern die Geschlechter sind das männliche und das weibliche, und das gibt es nicht nur bei Männern und Frauen, sondern auch bei Jungen und Mädchen wie auch bei Spargel. Zweitens sind Menschen mit Turner- oder Klinefelter-Syndrom (beides chromosomale Anomalien) ebenfalls Frauen oder Männer. Er meint zudem: „Es gibt keine klaren Kategorien männlich/weiblich, es gibt nur einen Durchschnitt.“ Falsch. Um statistisch den Durchschnittswert einer Klasse bestimmen zu können, muss man zunächst einmal die Elemente der Klasse identifizieren können. Anders gesagt: Um zu berechnen, wie der Durchschnittsmann aussieht, muss man zunächst wissen, was ein Mann ist – dafür bedarf man klarer Kategorisierung. Als i-Tüpfelchen des Interviews bekommen wir dann auch noch sozialkonstruktivistische Slogans: „Wenn ich aber Geschlecht darüber definiere, wie ein Mensch reagiert und sich verhält, dann sind zwei Geschlechter nur ein soziales Konstrukt.“

Mehr hinter einer Bezahlschranke: www.faz.net.

Coldplay und die Anbetung des Eros

Peter Biles zeigt am Beispiel des Albums Music of the Spheres der Band Coldplay, dass wir eine Kultur geschaffen haben, in der der Eros angebetet wird:

Coldplay ist nicht allein darin, romantische Liebe als ein Mittel zur spirituellen Erfüllung und Selbstverwirklichung zu betrachten. Unsere Popkultur in allen ihren Facetten vermittelt uns ständig die Botschaft, dass der eine romantische Partner das Potenzial hat, all unsere emotionalen Bedürfnisse zu füllen, uns „ganz zu machen“ und die Sehnsüchte unserer Seele zu stillen – zumindest für den Moment. Ob in Dating-Shows wie The Bachelor oder romantische Komödien auf Netflix – romantische Liebe (Eros) wird in unserem säkularen Zeitalter zu einem Phänomen spiritueller Transzendenz erhöht. Wir hören auch, dass Gefühle und Emotionen die primären Indikatoren dafür sein sollen, dass wir den sagenumwobenen „Seelenverwandten“ gefunden haben. Aber was ist, wenn Gefühle nicht ausreichen? Oder noch schlimmer: Angenommen, wir verlieben uns in die Gefühle und nicht in die Person selbst?

C.S. Lewis thematisiert dies in seinem Buch The Four Loves. Er bejaht Eros im Kontext einer Ehe zwischen Mann und Frau als einen guten Teil der göttlichen Schöpfung. Anders als manch irrender Christ verurteilt er weder die Sexualität noch den Körper. Interessanterweise warnt er auch nicht vor den Gefahren der Vergötterung eines romantischen Partners, sondern vor der Vergötterung der Romantik selbst: „Die wirkliche Gefahr scheint mir nicht zu sein, dass die Liebenden einander vergöttern, sondern dass sie den Eros selbst vergöttern.“

Mehr hier: www.evangelium21.net.

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