Gesellschaft

Schweigen, wo es laut sein müsste

Fast die gesamte deutsche Filmbranche ignoriere den neuen Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus, kritisiert Produzent Martin Moszkowicz. Obwohl Sensibilität gegenüber Minderheiten verlangt werde, nehme er bei Angriffen auf Juden ein „irritierendes Schweigen“ wahr.

In der FAZ schreibt er (19.09.2025, Nr. 218, S. 15):

Natürlich stehen viele deutsche Juden hinter Israel und seinem Existenzrecht. Doch wie in Israel selbst gibt es auch hier eine große Bandbreite politischer Positionen – von linken Regierungskritikern bis hin zu ultraorthodoxen Gruppen, die dem Staat Israel distanziert oder ablehnend gegenüberstehen. Antisemitismus aber macht diese Unterschiede irrelevant. Er trifft nicht „die israelische Regierung“. Er trifft Menschen. Juden. Unabhängig davon, wie sie politisch denken. Wer antisemitische Angriffe relativiert, weil sie angeblich „nur Israel“ gelten, verkennt diese Realität – und macht sich mitschuldig.

Der Fünf-Punkte-Plan endet mit einem Satz, der nicht deutlicher sein könnte: „Verantwortung zeigt sich nicht in Absichtserklärungen – sondern in Taten.“ Die erste, einfachste Tat wäre das Unterzeichnen. Jede Hochschule, jeder Berufsverband, jeder Sender, jede Produktionsfirma könnte es noch heute tun. Dass dies bislang nicht geschieht, verweist auf ein tiefgreifendes Problem. Eine Branche, die sonst lautstark Diversität und gesellschaftliche Verantwortung fordert, schweigt, wenn es um den Schutz jüdischen Lebens geht. Illouz liefert dafür eine bittere Erklärung: Es ist bequemer, sich im selbstgerechten moralischen Diskurs einzurichten, als sich offen und unmissverständlich gegen den ältesten Hass der Welt zu stellen.

Sexualität in einer liberalen Marktgesellschaft

Noch nie war Sexualität so enttabuisiert wie heute. Gleichzeitig machen Dating-Apps und digitale Plattformen sie zunehmend zur Ware. Ein schöner Abschnitt aus dem Artikel „Sexualität in einer liberalen Marktgesellschaft“ von Peter Schallenberg und David Dekorsi (IDEA, Nr. 38, 19.09.2025, S. 38–40, hier S. 40): 

Noch nie waren Menschen so einsam Was heute als „Befreiung“ gefeiert wird, führt in Wahrheit zu Isolation. Noch nie war Sexualität so enttabuisiert, so frei verfügbar – und doch: Noch nie waren Menschen so einsam. Der Akt, der einst Ausdruck tiefster Verbundenheit war, wird zum Tauschgeschäft. Begegnungen bleiben flüchtig, Beziehungen verkommen zu Transaktionen. Dauer, Tiefe und Hingabe gelten inzwischen als naiv oder als Hindernis für persönliche Selbstverwirklichung. Was früher als wertvoll galt, wird heute entweder als romantische Illusion abgetan – oder durch Effizienz und Selbstoptimierung ersetzt.

Innere Tugend zum Klingen bringen Wahre Freiheit beginnt dort, wo wir Verantwortung übernehmen: für unser Begehren, unsere Entscheidungen, unsere Mitmenschen. Sie ist nicht die Freiheit von allem, sondern die Freiheit zu etwas – zum Guten, Wahren, Dauerhaften. In ihr liegt Würde. Nicht im schrankenlosen Zugriff auf Lustobjekte oder digitale Selbstinszenierung, sondern in der Entscheidung, zu lieben – statt zu (be)nutzen.

Auf leisen Sohlen radikal

Ahmad Mansour beschreibt in einem ganzseitigen Artikel der NZZ das strategische Vorgehen des politischen Islam in Europa. Seiner Meinung nach arbeiten extremistische Kräfte an einer Unterwerfung Europas. In Frankreich ist folgendes schleichendes Vorgehen der Muslimbruderschaft bekannt geworden (NZZ, 06.09.2025, S. 13):

Ein streng geheimer Bericht, der Ende Mai in Paris an die Öffentlichkeit gelangte, zeichnet ein beklemmendes Bild. Die Muslimbruderschaft, seit Jahrzehnten globaler Vorreiter des politischen Islam, verfolgt in Frankreich eine präzise ausgearbeitete Strategie: zunächst die Verankerung in Stadtteilen, wo Perspektivlosigkeit und soziale Not den Nährboden bereiten. Dann die Inszenierung als Kümmerer, der scheinbar Gemeinschaftsbedürfnisse stillt – Nachhilfe, Sozialarbeit, Freizeit. Als Nächstes folgt die schrittweise Durchsetzung religiöser Normen: Kopftuch, Geschlechtertrennung, Loyalität gegenüber der «Umma». Am Ende steht der Eintritt in die kommunale Politik, um Einfluss und Deutungshoheit zu sichern.

Das ist ebenfalls interessant:

Der politische Islam agiert auf zwei Ebenen: Einerseits infiltriert er linke Parteien, um deren Agenda für seine Ziele nutzbar zu machen. Andererseits bereitet er die Gründung eigener muslimischer Parteien vor – Formationen, die schon bald als politische Kraft auftreten könnten. Kritik an ihren Programmen oder an ihrem Personal wird reflexhaft als „fremdenfeindlich“ oder „islamophob“ abgewehrt – eine rhetorische Waffe, die nicht nur Muslime mobilisiert.

Mehr Ungleichheit, bitte!

Marc Felix Serrao beschreibt in seinem Artikel „Mehr Ungleichheit, bitte!“, wie tief das sozialistische Denken in Europa eingesickert ist und das es notwendig in einer neue Knechtschaft führen wird, wenn es kein Umdenken und keine Umkehr gibt. Bei seiner Diagnose greift er eine Rede von Carlos Carvalho auf, in der die Ungleichheit verteidigt. 

Hier ein Auszug aus dem Artikel: 

Die Bürger des Westens mögen allesamt satt und sicher sein. Trotzdem empfinden sie es mehrheitlich als Skandal, dass einige wenige von ihnen deutlich mehr besitzen als der Durchschnitt. In Deutschland etwa sprachen sich kürzlich 70 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage für eine höhere Besteuerung hoher Einkommen aus. Zur Erinnerung: Das Land hat bereits die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast aller Industrienationen. Nur Belgien liegt drüber.

Wie konnte sich das Leitmotiv des Sozialismus – Neid – so erfolgreich in den Köpfen auch im Westen festsetzen? Oder anders gefragt: Wie konnte die Ungleichheit, die jedem Streben nach Erfolg innewohnt, in ein derart trübes Licht geraten?

Eine fulminante Antwort hat nun Carlos Carvalho gegeben, der Präsident der University of Austin. Diese noch junge amerikanische Hochschule versteht sich als Bastion gegen akademische Wokeness und Cancel-Culture. „In Defense of Inequality“ lautete der Titel der Rede, die Carvalho zu Wochenbeginn vor der „Class of 2029“ und deren Eltern gehalten hat. Zur Verteidigung der Ungleichheit.

Der Statistik-Professor zitiert unter anderem Alexis de Tocquevilles berühmte Studie «Über die Demokratie in Amerika» aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der Analytiker der modernen Demokratie hatte als einer der Ersten auf die Schattenseite von deren Gleichheitsideal hingewiesen. Die rechtliche Gleichheit der Bürger sei zwar die Grundbedingung der Freiheit, so Tocqueville. Doch Gleichheit als politisches Ziel führe zu einem paternalistischen Staat, der diese Freiheit schleichend wieder einschränke. Am Ende des Weges stehe die Knechtschaft.

Mehr: www.nzz.ch.

Die Ideologie frisst unsere Kinder

Vierjährige erklären sich für non-binär, Sechsjährige verdammen Plastikspielzeug: Gerade im liberalen Milieu geraten Kinder unter „ethischen Leistungsdruck“ – und zerbrechen daran. Mirna Funk informiert über eine heranwachsende „Generation der Fragilität“.

Man erkennt eine Gesellschaft daran, wie sie mit ihren Kindern umgeht. In unserer dienen sie längst als Aushängeschilder der eigenen politischen Position. Klimakampf. Anti-Rassismus. Gender-Inklusion. Kinder sind keine Subjekte mehr, sondern Plattformen für die moralische Identitätsarbeit der Eltern. Der Aufkleber auf der Brotdose verrät alles und ersetzt gleichzeitig das Gespräch. Die Botschaft ist eindeutig: Sag das Richtige, sei das Richtige, fühl das Richtige. Denn alle sollen wissen, wo wir stehen.

Dabei ist dieser Zugriff auf das Kind nicht neu. Wer in der DDR aufwuchs, wie ich, erinnert sich an Fahnenappelle, Pioniertücher, den Schwur zur Treue gegenüber der Sache des Sozialismus. In der Vergangenheit wurden Kinder immer wieder ideologisch vereinnahmt. Die „Kinder der Arbeiterbewegung“ etwa lernten schon früh, politische Lieder zu singen und rote Fahnen zu tragen, oft als Symbol klassenbewusster Erziehung. Die Hitlerjugend wiederum war das extremste Beispiel für totalitäre Frühformung. „Jugend soll durch Jugend geführt werden“, hieß es.

Doch tatsächlich wurde die Erziehung von oben gesteuert, mit dem Ziel, das Kind vollständig im Sinne der Ideologie zu prägen. Die Jugend wurde benutzt. Als Werkzeug des Regimes, als Kanonenfutter, als kontrollierte Masse. Das heißt, das Kind war weniger Mensch als Idee. Weniger eigenständiges Wesen als Projektionsfläche. Weniger Subjekt als Beweis: für richtige Erziehung, für die moralische Überlegenheit des Systems, für die Relevanz der eigenen politischen Mission. Dass heute ein Kind mit veganem Schulbrot und T-Shirt mit der Aufschrift „There is no planet B“ in dieser Tradition steht, mag auf den ersten Blick übertrieben wirken, auf den zweiten ist es das nicht. Denn das Muster bleibt gleich. Nur die Inhalte wechseln.

Heute ist es der vermeintlich progressive Habitus, der sich das Kind einverleibt. Der Vierjährige, der „they/them“ genannt werden will, wird zum gefeierten TikTok-Clip; die Sechsjährige, die sich gegen Plastikspielzeug ausspricht, ist das Instagram-Testimonial für „bewusste Elternschaft“. Im liberalen Milieu gilt das Kind dann als besonders reif, als „weise alte Seele“, die schon früh das Richtige fühlt. Dass das Kind vielleicht einfach gefallen will, einfach dazugehören möchte, wird ignoriert. Denn es stört das Narrativ. Und das Narrativ lautet: Unsere Kinder sind genauso toll wie wir.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Das Moskauer Patriarchat als Staatsorgan

Eine enge Verquickung von Kirche und Staat ist meist hochproblematisch. Stephan Baier weist darauf hin, dass die Russisch-Orthodoxe Kirche sich neoimperialen Zielen unterordnet und in die aggressive Politik des Kremls integriert ist. Die Ukraine ist zumindest um Religionsfreiheit bemüht, auch wenn das wahrscheinlich in der Praxis recht kompliziert ist und aus der Sicht mancher Gemeinden unbefriedigend läuft.

Zitat:

Anders als in Russland herrscht in der Ukraine ein bunter konfessioneller Pluralismus, wobei der Staat seit seiner Unabhängigkeit 1991 je nach Regierung die eine oder die andere Orthodoxie unterstützte. In der Erklärung des Allukrainischen Rates heißt es dazu: „Seit Beginn ihrer Unabhängigkeit ist die Ukraine weltweit für ihre hohen Standards der Religionsfreiheit bekannt, die auch unter Kriegsrecht gewahrt und respektiert werden.“ Das im August 2024 verabschiedete „Gesetz zum Schutz der Verfassungsordnung im Bereich der Tätigkeit religiöser Organisationen“ habe den Grund, dass sich die russische Orthodoxie „direkt am Krieg gegen die Ukraine beteiligt, offen zur Zerstörung der ukrainischen Souveränität, Kultur und nationalen Identität bekennt, den Einsatz von Massenvernichtungswaffen segnet und die Tötung ukrainischer Zivilisten sowie die illegale Besetzung ukrainischer Gebiete offen unterstützt“.

Die ukrainischen Kirchen und Religionen erinnern daran, dass der russische Patriarch Kyrill von einem „Heiligen Krieg“ sprach und russischen Soldaten, die im Krieg sterben, die „vollständige Vergebung ihrer Sünden“ zusagte. Damit billige er die Tötung von Ukrainern, auch von Christen verschiedener Konfessionen. Die Erklärung des Allukrainischen Rates, dem auch die katholische Kirche des lateinischen wie des byzantinischen Ritus angehört, weist mit Recht darauf hin, dass in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine die Aktivitäten der christlichen Konfessionen eingeschränkt oder verboten sind: „Der russische Staat verletzt und missachtet sowohl auf seinem eigenen Territorium als auch in den besetzten ukrainischen Gebieten systematisch alle Grundprinzipien der Religionsfreiheit.“

Mehr: www.die-tagespost.de.

Aufstieg und Fall des Journalisten Claas Relotius

Der SPIEGEL-Reporter Claas Relotius fesselte jahrelang die Leser mit seinen außergewöhnlichen Reportagen und bekam dafür zahlreiche renommierte Preise. Allein in den Jahren 2012 bis 2018 erhielt er 19 journalistische Auszeichnungen. Das amerikanische Forbes-Magazin zählte ihn zu den herausragenden europäischen Autoren unter 30 Jahren.

Im Herbst 2018 wurde dann entdeckt, dass Relotius seine Reportagen im großen Umfang frei erfunden hatte. Dieser Medienskandal erschütterte den Journalismus bis ins Mark. Wie konnte es passieren, dass ein Autor über viele Jahre Geschichten kolportiert und dafür von Kollegen, renommierten Redaktionen und Preisgebern bewundert wird? 

Die Geschichte wird in der Dokumentation „Erfundene Wahrheit – die Relotius Affäre“ analysiert und aufgearbeitet. Und es lohnt sich, sich das mal anzuschauen. Deutlich wird, wie schnell der erzählerische Journalismus Traumwelten entwirft. Deutlich wird auch, dass es Journalisten mit einer „Liebe zur Wahrheit“ gibt; diese aber allerlei Widerstände zu ertragen haben. 

Der Film kann derzeit bei Amazon-Prime gestreamt werden: www.amazon.de.

Die Mär von der Freiwilligkeit des Genderns 

Staatsminister Wolfram Weimer hat in seiner Behörde Gendersonderzeichen verboten und dafür viel Kritik geerntet. Vor allem wird behauptet, dass dieses Verbot ideologisch motiviert sei, da es nie enen Genderzwang gegeben hatte. Fabian Payr verteidigt das Vorgehen von Wolfram Weimer. 

Vielfach wird Weimer vorgeworfen, er verböte mit seinem Vorstoß etwas, was nirgends geboten sei. Er beantworte Nichtzwang mit Zwang. Genderzwang – ein Phantasieprodukt? Samira El Ouassil schreibt im „Spiegel“: „Es musste vorher niemand gendern, wohlgemerkt, aber jetzt darf es dank der neuen Sprachpolizei auch niemand mehr.“ Will man einen Zwang zum Gendern empirisch belegen, wird man sicher nicht hinter der Bäckereitheke fündig, in der Schreinerwerkstatt oder beim Schneider. Anders im universitären Milieu, wo laut der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen rund 700 „Gleichstellungsakteur*innen“ sich auch mit dem Sprachgebrauch an den Unis befassen. Die von ihnen erstellten „Leitfäden“ zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch sind „Empfehlungen“, entfalten aber eine erstaunliche normative Kraft: Wissenschaftler bringen ihre Aufsätze nicht in Fachzeitschriften oder Fachpublikationen unter, wenn diese nicht gegendert sind, Anträge auf Fördermittel haben in ungegenderter Form keine Chance auf Bewilligung, und Studenten müssen mancherorts mit Punkteabzug rechnen, wenn ihre Arbeiten nicht gegendert sind. Als die „Zeit“ 2023 Universitäten zu ihrem Umgang mit Gendersprache befragte, antworteten 41 von 132 Einrichtungen auf die Frage „Ist es Professoren und anderen Dozenten an Ihrer Hochschule freigestellt, geschlechtergerechte Sprache in Prüfungsleistungen einzufordern?“ mit Ja.

Dass der Gebrauch von Gendersprache keine Sache der Freiwilligkeit ist, belegen auch die vielen teils seit Jahrzehnten gültigen Gesetze und amtlichen Regelungen, die den Sprachgebrauch im öffentlichen Dienst regeln. Wer unbefangen hinschaut, wird ihn entdecken – den Genderzwang in Behörden, Stadtverwaltungen, Ministerien und Firmen. Und es sind beileibe keine exotischen Einzelfälle, wie gern kolportiert wird. Der Soziologe Steffen Mau berichtet 2023 in einem „Spiegel“-Interview, dass ihn ein Bundesministerium zu einem Vortrag eingeladen hatte. Vertraglich sollte er sich verpflichten, „geschlechtergerechte Sprache zu nutzen“. Mau, der in seinen Publikationen selbst gendert, war irritiert: „Ich spreche gern geschlechtergerecht, aber freiwillig.“ Wenn Kulturstaatsminister Weimer also von „erzwungenem Gendern“ spricht, dann beschreibt er einen in vielen Bereichen tatsächlich existenten und nicht eingebildeten Druck zum Gendern.

Die gegen Weimer vorgebrachten Argumente erweisen sich als wenig substanziell, teils sogar kontrafaktisch, wie etwa die Mär von der Freiwilligkeit des Genderns. Sie verschleiern, dass Weimer einen reichlich harmlosen Vorstoß „gewagt“ hat: Er fordert von seinen Mitarbeitern die Beachtung geltender orthographischer Regeln. Macht ihn das zum Kulturkämpfer? Weimer unterstreicht: „Wer im öffentlichen Auftrag spricht, sollte eine Sprache wählen, die für alle nachvollziehbar ist und breite Akzeptanz findet.“ Ein Kulturstaatsminister hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Sprachgemeinschaft imstande ist, sich in einer allgemein verständlichen Sprache mit allgemein gültigen Regeln zu verständigen.

Mehr: zeitung.faz.net.

Ehrliche Auseinandersetzung mit dem politischen Islam fehlt

In manchen linken Kreisen herrscht Solidarität mit islamistischen Strukturen. Die Aktivistin Schilan Kurdpoor warnt in ihrem aufschlussreichen Interview vor gefährlichen Diskursverschiebungen in Deutschland. Unter anderem sagt sie:

Präsident Erdogan macht keinen Hehl daraus, dass er vom Osmanischen Reich träumt. Er versucht, die arabische und kurdische Welt gezielt für sich zu gewinnen – und setzt dabei ganz bewusst auf den politischen Islam. Islamismus ist für ihn ein Werkzeug zur Machterweiterung. Die Besetzung kurdischer Gebiete wie Afrin im Nordwesten Syriens seit 2018 ist längst Realität.

Doch gerade in Europa – insbesondere in linken Diskursen – fehlt oft jedes Bewusstsein für diesen spezifischen Imperialismus. Es gibt kaum eine Auseinandersetzung mit der imperialen Ideologie. Stattdessen wird jede Kritik daran schnell als „rassistisch“ oder „islamophob“ abgetan. Diese analytische Leerstelle ist gefährlich. Denn sie verhindert eine ehrliche Auseinandersetzung mit der realen Bedrohung, die von autoritären, islamistisch geprägten Regimen ausgeht – und damit auch eine klare Positionierung im Sinne echter Solidarität gegenüber denjenigen, die unter deren Herrschaft leiden.

Mehr: www.welt.de.

Revierkampf unter dem Regenbogen

Wie sehr die LGBTQ+Bewegung zerstritten ist, dokumentiert der Streit um korrekte Regenbogenflagge. Thomas Thiel schreibt in seiner Besprechung des Jahrbuch Sexualitäten 2025 (FAZ, 19.08.2025, Nr. 191, S. 10):

Auch bei der Wahl der Regenbogenflagge ist die Selbstverständlichkeit verloren gegangen. Denn welche soll man nehmen? Neben die sechsstreifige Fahne, die der amerikanische Designer Gilbert Braker 1978 als Banner der Schwulenbewegung entwarf, ist eine bunte Vielfalt von Alternativen getreten. Die Progress Pride Flag, 2018 von Daniel Quasar entworfen, fügt dem Regenbogen einen Keil mit den Farben der Transgender Pride Flag hinzu. Das Auswärtige Amt hisste die Flagge vergangenes Jahr, damals noch unter Annalena Baerbock. Daneben gibt es Flaggen für Bisexuelle, Aromantiker, Sexarbeiter, Genderfluide und andere Minderheiten, die das Original jeweils mit eigenen Motiven und Farbgebungen variieren.

Till Randolf Amelung interpretiert die wundersame Flaggenvermehrung im neuen „Jahrbuch Sexualitäten“ als Symptom der Spaltung innerhalb der LGBTQ-Bewegung, die sich von den ursprünglichen Anliegen der Lesben- und Schwulenbewegung immer weiter entferne. Der Herausgeber des Jahrbuchs, Jan Feddersen, hat schon vor Jahren auf Schwulenfeindlichkeit in der LGBTQ-Szene aufmerksam gemacht. Von Trans- und Queer-Seite wird Homosexuellen verübelt, das binäre Geschlechtsschema zu bestätigen, das man dringend loswerden will, und die körperlichen Aspekte von Geschlecht in Erinnerung zu rufen, die im neuen Konzept der Geschlechtsidentität nicht mehr interessieren. Amelung weist demgegenüber darauf hin, dass man den Geschlechtspartner nicht abstrakt nach der Identität wählt, sondern durchaus auch nach der körperlichen Anziehung. Queeraktivistische Forderungen, das biologische Geschlecht zu verabschieden, nennt er homosexuellenfeindlich.

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