Religionswissenschaft

Kritische Islamforschung stirbt langsam aus

Während es derzeit in Deutschland rund 170 Professuren für Gender Studies gibt, stirbt die kritische Islamforschung einen langsames Tod. Das Frankfurter Islamzentrum unter der Leitung der Ethnologin Susanne Schröter wird aufgelöst.

Die NZZ berichtet:

Als in dieser Woche der islamistische Terrorist Issa al-Hasan zu einer lebenslänglichen Haftstrafe mit anschliessender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, zeigte sich wieder einmal, wie akut der Islamismus in Deutschland die öffentliche Sicherheit bedroht. Hasan hatte im vergangenen Jahr auf einem Stadtfest in Solingen unter „Allahu akbar“-Rufen drei Menschen mit einem Messer ermordet und acht weitere verletzt.

Über die Bedrohungslage hinaus ist nahezu alles andere am Phänomen Islamismus Gegenstand intensiver Debatten: wie sehr es sich vom Islam unterscheidet, was seine sozioökonomischen Ursachen sind und wie sich islamistische Radikalisierung verhindern lässt. Genau diesen Fragen widmet sich das 2014 von der mittlerweile emeritierten Ethnologieprofessorin Susanne Schröter gegründete Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI). Es ist an der Goethe-Universität angesiedelt, jedoch nicht in der „Organisationsstruktur“ verankert, wie es vom Pressesprecher der Universität auf Anfrage heisst.

Der Think-Tank war zunächst an Schröters Professur gekoppelt und wurde ab 2023 im Rahmen von Schröters Goethe-Forschungsprofessur weitergeführt, die durch Drittmittel finanziert wurde. Mit dem planmässigen Auslaufen dieser Professur löst sich Ende September nun auch das Zentrum auf. Zwei Mitarbeiter werden nicht weiterbeschäftigt. „Es gibt keine kritische Islamforschung mehr an den Universitäten in Deutschland“, konstatiert Schröter im Gespräch mit der NZZ, für die sie immer wieder als Gastautorin tätig ist. Die Islamforschung an den Universitäten sei „fast ausschliesslich affirmativ“: Kritische Forschung etwa zu nichtjihadistischen Strömungen des Islamismus werde weitgehend abgelehnt oder unter den Verdacht des antimuslimischen Rassismus gestellt. Im Gegensatz dazu wolle das FFGI liberale und extremistische Strömungen des Islam sichtbar machen.

Mehr: www.nzz.ch.

Auf leisen Sohlen radikal

Ahmad Mansour beschreibt in einem ganzseitigen Artikel der NZZ das strategische Vorgehen des politischen Islam in Europa. Seiner Meinung nach arbeiten extremistische Kräfte an einer Unterwerfung Europas. In Frankreich ist folgendes schleichendes Vorgehen der Muslimbruderschaft bekannt geworden (NZZ, 06.09.2025, S. 13):

Ein streng geheimer Bericht, der Ende Mai in Paris an die Öffentlichkeit gelangte, zeichnet ein beklemmendes Bild. Die Muslimbruderschaft, seit Jahrzehnten globaler Vorreiter des politischen Islam, verfolgt in Frankreich eine präzise ausgearbeitete Strategie: zunächst die Verankerung in Stadtteilen, wo Perspektivlosigkeit und soziale Not den Nährboden bereiten. Dann die Inszenierung als Kümmerer, der scheinbar Gemeinschaftsbedürfnisse stillt – Nachhilfe, Sozialarbeit, Freizeit. Als Nächstes folgt die schrittweise Durchsetzung religiöser Normen: Kopftuch, Geschlechtertrennung, Loyalität gegenüber der «Umma». Am Ende steht der Eintritt in die kommunale Politik, um Einfluss und Deutungshoheit zu sichern.

Das ist ebenfalls interessant:

Der politische Islam agiert auf zwei Ebenen: Einerseits infiltriert er linke Parteien, um deren Agenda für seine Ziele nutzbar zu machen. Andererseits bereitet er die Gründung eigener muslimischer Parteien vor – Formationen, die schon bald als politische Kraft auftreten könnten. Kritik an ihren Programmen oder an ihrem Personal wird reflexhaft als „fremdenfeindlich“ oder „islamophob“ abgewehrt – eine rhetorische Waffe, die nicht nur Muslime mobilisiert.

Die Abdankung der Transzendenz

Peter L. Berger schreibt über den (angeblichen) Verlust der Transzendenz in unserer modernen Kutlur – letztlich in der Tradition von Schleiermacher stehend (Auf den Spuren der Engel, 1991, S. 20): 

Die Entmachtung oder Abdankung der Transzendenz hat verschieden getönte Reaktionen ausgelöst: prophetischen Zorn, tiefe Trauer, Triumph – oder auch nur eine von keinerlei Gefühl getrübte Sachlichkeit. Der konservative Wortführer der Religion, der ein gottloses Zeitalter verdonnert, der „fortschrittliche“ Intellektuelle, der es willkommen heißt, und der kühle Analytiker, der es lediglich registriert, haben jedoch eines gemeinsam: sie halten diese Lage in einer Zeit, in der sich das Göttliche – mindestens in seinen klassischen Formen – in den Hintergrund menschlicher Belange und Vorstellungen zurückgezogen hat, für unausweichlich.

Das Wort „übernatürlich“  (oder auch „transzendent“) ist zu Recht auf Kritik aus den verschiedensten Lagern gestoßen. Religionshistoriker und Kulturanthropologen weisen darauf hin, daß es eine Ieilung der Wirklichkeit suggeriert: ein geschlossenes System rational faßbarer „Natur“ und, jenseits und außerhalb, ein geheimnisvolles Irgendwo. Eine solche Vorstellung ist für die Moderne bezeichnend und führt sogleich in die Irre, wenn man mit ihr an primitive oder archaische Kulturen herangeht. Alttestamentler bemängeln, das Wort „übernatürlich“ werde der Konkretheit und Historizität der jüdischen Religion nicht gerecht, christliche Theologen, daß es zu einer der Inkarnations-, wenn nicht schon der Schöpfungslehre innewohnenden Weltbejahung im Widerspruch stehe. Dennoch trifft es, vor allem in seiner alltäglichen Bedeutung, eine fundamentale Kategorie der Religion: nämlich die Überzeugung oder den Glauben, daß es eine andere Wirklichkeit gibt, und zwar eine von absoluter Bedeutung für den Menschen, welche die Wirklichkeit unseres Alltags transzendiert. Diese Grundvorstellung von Wirklichkeit, nicht nur von irgendeiner ihrer historischen Varianten, ist es, was angeblich in der modernen Welt abgestorben oder im Absterben begriffen ist.

Der moralische Gottesbeweis bei Kant

Rüdiger Safranski schreibt in Romantik: Eine deutsche Affäre (2007, S. 137):

Kant hatte die alte Metaphysik mit ihren Gottesspekulationen destruiert. Die theoretische Vernunft, so lehrte er, kann Gott nicht erkennen. Kant vertrieb die theoretische Vernunft damit rigoros aus den seligmachenden Gefilden, wo sie nichts zu suchen, jedenfalls nichts zu finden hat. Ubriggeblieben war die Gotteshypothese für die praktische Vernunft, also für die Moral. Kant erklärt die Sittlichkeit zum einzig verbleibenden religiösen Organ. Dabei ist, genaugenommen, die Religion nicht das Fundament der Moral, sondern es wird umgekehrt die Religion auf die Moral gegründet. Das ist sehr bedeutsam. Würde Moral auf Religion begründet sein, wäre sie gottgegeben, also heteronom [d.h. von fremden Gesetzen/Gesetzgebern abhängend, Anm. R.K.]. Sie soll aber autonom sein. So will es der Kantsche Freiheitsbegriff.

Klima-Religion

Die Klimabewegung trägt viele Züge einer religiösen Gemeinschaft, mit Askese, Sühne und Verboten. Ein Historiker erklärt der WELT die neue Form des Ablasshandels und spricht von einer „Öko-Schuld-Industrie“. Das ganze erinnert fatal an Römer 1,22–23: „Die sich für Weise hielten, sind zu aNarren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere.“

Hier ein Zitat: 

„Die Kirchen werden heute nicht mehr als Vermittler von transzendentaler Wahrheit angesehen“, erklärt der Historiker Volker Reinhardt im Gespräch mit WELT AM SONNTAG. Damit aber habe sich die Religion nicht erledigt, sie werde nur verschoben. Reinhardt ist überzeugt davon, dass die große Mehrheit der Menschen so etwas wie einen transzendentalen Halt brauche. An die Stelle Gottes und der Kirche sei jedoch die Verherrlichung der Natur getreten.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Gott ist für die Deutschen ziemlich tot

Susanne Gaschke beschreibt die Lage unverblühmt: 

Während sich auf deutschen Strassen ein fanatisch-islamistischer Hass auf Israel und die Juden entlädt, kommt den Deutschen ihr christlicher Gott immer mehr abhanden. Die Bedeutung der Kirchen bricht in sich zusammen.

So lässt sich das Ergebnis der neuen «Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung» zusammenfassen, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) seit 1972 alle zehn Jahre durchführen lässt. Die Untersuchung steht auf einer breiten empirischen Grundlage und ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung.

Nur noch 13 Prozent der Befragten vertreten traditionelle «kirchlich-religiöse Einstellungen». Mehr als die Hälfte, nämlich 56 Prozent, sind «säkular», also gar nicht religiös. Viele «Säkulare» denken sogar aktiv religionsfeindlich, weil sie «Wissenschaft» in direktem Widerspruch zum Glauben begreifen.

Der Ansehensverlust der Kirchen geht mit dem Schwinden der individuellen Frömmigkeit Hand in Hand. Glaubten im Jahr 1949 noch 90 Prozent der Deutschen an Gott, so sind es heute lediglich 50 Prozent; nur 20 Prozent verstehen ihn dabei im Sinne der Bibel. 30 Prozent glauben an irgendeine höhere Macht, die man genauso gut «Schicksal» nennen könnte.

Mehr: www.nzz.ch.

KMU 6: Historische Transformation

Alle zehn Jahre untersucht die evangelische Kirche, was ihre Mitglieder über Religion und Kirche denken. Erstmals wurden dabei auch Katholiken befragt. Der aktuelle Befund der KMU 6 dokument die voranschreitende Säkularisierung innerhalb der beiden Großkirchen.

Reinhard Bingener schreibt für die FAZ:

Wenn Soziologen über Seismographen verfügten, kämen sie wohl aus ihren Büros gelaufen und würden „Achtung, Erdbeben!“ rufen. Denn die Ergebnisse der neuen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung legen nahe, dass sich gegenwärtig eine historische Transformation vollzieht. Religion erodiert in rapider Geschwindigkeit und beide große Kirchen, so schreiben die Autoren, scheinen an einem „Kipppunkt“ angelangt zu sein, der schon in den nächsten Jahren zu „disruptiven Abbrüchen“ führen könne.

Die methodische Basis dieses Befunds könnte kaum breiter sein. Seit fünfzig Jahren beauftragt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einmal im Jahrzehnt eine große Untersuchung über die Kirchenmitgliedschaft. Für die nunmehr sechste Folge wurden insgesamt 592 Fragen für 5282 Teilnehmer entwickelt.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Die Postmoderne verfängt sich in ihren eigenen Logiken

Anna Mayr beschreibt in dem Artikel „Warum sich die postmoderne Linke soschwertut, den Terror gegen Israel zuverurteilen“, wie sich die Postmodernen angesichts der Krise im Nahen Osten selbst zerlegen. Die Theoretiker der Postmoderne von gestern haben den Diktatoren von heute einen roten Teppich ausgelegt. Wenn sich Probleme nicht mit vernünftigen Argumenten lösen lassen, werden die Säbel gezogen. 

Mayr schreibt: 

Es gibt ein Video im Internet, das ganz gut erklärt, warum diese Positionierung vielen nicht gelang. Darin sitzt die Sängerin Achan Malonda neben dem Autor Fabian Wolff, der sich jahrelang als Jude ausgegeben hatte, auch als jüdischer Autor bei ZEIT ONLINE Texte veröffentlichte, ohne wirklich Jude zu sein. Die beiden sprechen über die Solidarität zwischen People of Color und Juden. Malonda fragt darin Wolff, den sie zu dem Zeitpunkt wohl für einen Juden hält: „Denkst du, dass sie euch im Prinzip whiteness ge-offered haben?“ Übersetzung: Denkst du, Juden können sich aktiv dafür entscheiden, Weiße zu sein? Er stimmt ihr zu. Juden hätten die Wahl, ob sie zu den Diskriminierten gehören wollten oder nicht.

Wenn man das weiterdenkt, können Juden alles nur falsch machen: Werden sie zu Weißen, sind sie Teil der Mehrheitsgesellschaft. Lassen sie sich unterdrücken, sind sie selber schuld, denn sie hätten sich anders entscheiden können.

Judith Butler, postmoderne Vordenkerin, hat vor einigen Tagen einen Essay veröffentlicht, in dem nichts drinsteht. Eigentlich hat Butler die Hamas einst unterstützt, als Freiheitskämpfer für die Palästinenser. Doch in ihrem neuen Essay steht zig Absätze lang immer wieder das Gleiche: Die Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen, und man muss dennoch die Gewalt der Besatzungsmacht Israel sehen. Es wird deutlich, dass sie(nachvollziehbarerweise) nicht weiß, wohin sie noch denken soll. Von radikalen angloamerikanischen Postmodernen wird sie bereits geächtet; sie sei wohlauch nur eine reaktionäre, weiße Progressive, schreibt einer auf Twitter. Butler ist jüdisch.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.zeit.de.

VD: JL

Der Westen und die Religion

Es ist höchste Zeit, dass sich ein religionslos gewordener Westen wieder der Religion zuwendet, intellektuell und lebenspraktisch. Sonst versteht er bald die Welt nicht mehr, meint Martin Grichting in einem ziemlich schonungsfreien Beitrag für die NZZ. Seiner Meinung nach unterschätzen die Politiker die Wirkmächtigkeit religiöser Lehren, da sie nicht mehr davon verstehen. 

Grichting schreibt: 

Wenn es heute um die Frage nach der Ursache von islamisch motivierter Gewalt und Parallelgesellschaften geht, begegnet man immer wieder Deutungen, die den religiösen Hintergrund ausblenden. Die Weigerung muslimischer Migranten, sich in die westlichen Gesellschaften zu integrieren, sei das Erbe des Kolonialismus sowie die Folge rassistischer, wirtschaftlicher und sozialer Diskriminierung. Das führe zu Abschottung und in der Folge zu Gewalt.

Akte der Entmenschlichung, wie die Welt sie beim Überfall der Hamas auf Israel gesehen hat, werden mit der Psychologie frustrierter und perspektivloser Männer oder mit dem Einsatz von Drogen «erklärt». Sosehr das alles auch eine Rolle spielt: Der Elefant im Raum ist die Religion. Man ist offenbar nicht in der Lage, ihn zu sehen.

Nicht nur Gewaltaufrufe gehören zum Bestand islamischer Lehre. Vielmehr segregiert diese Religion die Menschen: «Nehmt euch die Juden und Christen nicht zu Freunden! Sie sind einander Freunde. Wer von euch sich ihnen anschliesst, der gehört zu ihnen.» So lautet die Ansage des Koran [Sure 5,51]. Sie bedeutet im heutigen Kontext: Wer sich im Westen integriert, ist ein Verräter. Nur wer sich in einer Parallelgesellschaft auf Distanz hält, ist ein guter Gläubiger.

Mehr: www.nzz.ch.

Glaube schrumpft auch in Amerika

Lange waren die Amerikaner deutlich frommer als die Europäer. Inzwischen gibt es auch in den Kirchen Nordamerikas immer mehr leere Plätze. Weniger als die Hälfte der Amerikaner ist noch Mitglied einer Kirche. Die NZZ schreibt: 

Die Religiosität der Amerikaner nimmt rasant ab. Die Säkularisierung, die in Europa schon viel früher einsetzte, holt nun auch die USA ein. Nach einer Gallup-Umfrage sind nur noch 47 Prozent der Bürger Mitglied einer Kirche, einer Synagoge oder einer Moschee. Das ist der tiefste Wert, seit das Meinungsforschungsinstitut vor 80 Jahren mit diesen Erhebungen begann. 1999 gehörten noch 70 Prozent einer Kirche oder einem anderen Gotteshaus an.

Der Niedergang beschränkt sich allerdings nicht auf die institutionalisierte Religion, sondern er betrifft auch den Glauben generell. So beten heute nur noch 45 Prozent der erwachsenen Amerikaner täglich. 2007 waren es noch 58 Prozent.

Es ist auch nicht so, dass die Ungläubigkeit lediglich unter der nachwachsenden Generation verbreitet ist. Es gibt rund 40 Millionen erwachsene Amerikaner, die zur Kirche gingen, jedoch damit aufgehört haben. Der Trend geht durch alle Bevölkerungsschichten hindurch: Junge, Alte, Männer, Frauen, Weisse, Schwarze – fast alle Glaubensrichtungen sind von der Schrumpfung betroffen, wenn auch in verschiedenem Masse.

Die üblichen Verdächtigen, die im Artikel „Auch die Amerikaner glauben immer weniger an Gott“ gennannt werden – etwa Missbrauchsfälle und Heuchelei, haben meines Erachtens ursächlich weniger mit der Säkularisierung zu tun als behauptet. Das soziale Vorstellungsschema, um mal den Begriff von Charles Taylor zu verwenden, wird auch von anderen Entwicklungen massiv beeinflusst – denken wir nur an die Musik- und Filmindustrie. Aber das ist ein anderes Thema. 

Mehr: www.nzz.ch.

 

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