Bibelwissenschaft

Entmythologisierung für Evangelikale

Die ersten Kapitel der Bibel wollen nicht über die zeitlichen Anfänge der Menschheit berichten, sondern den tiefsten Grund des menschlichen Daseins erklären. Adam und Eva seien entsprechend nicht als bestimmte Personen zu verstehen. Der Theologieprofessor Siegfried Zimmer (ehemals Pädagogische Hochschule Ludwigsburg) begründet diese Auffassung damit, dass es in der Antike kaum ein historisches Interesse gegeben habe, weiterhin dass die biblischen Begriffe für „Anfang“ nicht zeitlich, sondern im Sinne von „grundsätzlich“ gemeint seien, und schließlich mit verschiedenen Beobachtungen an den Texten von Genesis 1–5. Außerdem würde ein historisches Verständnis von Genesis 2 und 3 zahlreiche Unstimmigkeiten beinhalten und sei daher auszuschließen.

Ein seinem Aufsatz „Entmythologisierung für Evangelikale: Haben Adam und Eva wirklich nicht gelebt?“ weist Reinhard Junker darauf hin, dass es in der Antike sehr wohl ein Interesse an der Historie gab, erst recht bei den Verfassern der alttestamentlichen Bücher. Im Weiteren wird anhand zahlreicher Beispiele gezeigt, dass in den Texten, in denen es um den „Anfang“ geht, der zeitliche Aspekt wichtig ist und dass die für einen „Anfang“ verwendeten Begriffe in den biblischen Sprachen ausdrücklich und in erster Linie den zeitlichen Aspekt beinhalten. Das Wort „Adam“ wird im Alten Testament zwar mehrheitlich im Sinne von „Menschheit“ gebraucht, kann aber in 1Mose 1–5 an mehreren Stellen nur im individuellen Sinne verstanden werden, und in diesem Sinne wird „Adam“ auch an prominenten Stellen des Neuen Testaments als erster Mensch verstanden (vgl. Röm 5; 1Kor 15,22; 1Tim 2,13). Schließlich wird gezeigt, dass der Verlust der biblischen Aussagen über einen zeitlichen Beginn und über historische Veränderungen zu einem Verlust des Verständnisses des Menschen als Geschöpf und erlösungsbedürftigen Sünder führen. Es geht also nicht darum, die biblischen Texte über die Anfänge auf historische Aspekte einzuschränken. Vielmehr werden viele wichtige Aspekte der Gegenwart und des Soseins des Menschen erst von der Geschichte her verständlich.

Hier der empfehlenswerte Aufsatz: a17.pdf.

Logos auf Deutsch

Die Bibelsoftware Logos gibt es inzwischen in einer lokalisierten deutschen Version. Ein Textpaket, das in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibelgesellschaft geschnürt wurde, ist bereits im Angebot. Weitere digitalisierte Bände in deutscher Sprache sollen folgen.

Ich habe mit dem Marketing-Manager Thomas Reiter für Glauben & Denken heute über die Zukunftspläne des Unternehmens gesprochen. Das vollständige Interview erscheint in der Ausgabe 2/2014. Einen Auszug aus dem Gespräch gibt es hier:

Ein Interview mit Thomas Reiter über die Bibelsoftware Logos

RK: Herr Reiter, Logos ist eine führende Software für die wissenschaftliche und theologische Arbeit mit der Bibel. Inzwischen gibt es eine deutsche Version des Softwarepakets. Warum expandieren Sie in den deutschen Sprachraum?

Logos Bibelsoftware

TR: Logos als Konzern hat ja eigentlich bereits eine lange Geschichte auf dem deutschen Markt mit der SESB, in deren Rahmen die Deutsche Bibelgesellschaft unser Programm als Basis nutzte. Nach dem Ende der SESB durch die DBG war es uns aufgrund von personellen Einschränkungen einfach noch nicht möglich, umfassend im deutschen Sprachraum aktiv zu werden. Jetzt können wir endlich dieses Ziel erfüllen und Spezialisten für die einzelnen Sprachen einstellen.

RK: Können Sie uns über die Technologie hinter Logos aufklären, so dass Laien es verstehen. Was steckt hinter der Logos Bible Software? Für welche Betriebssysteme ist sie nutzbar?

TR: Logos ist viel mehr als nur ein einzelnes Programm. Logos ist eine Sammlung von Programmen auf verschiedenen Plattformen, die separat oder in Verknüpfung miteinander genutzt werden können. Sie können Logos also mit Ihrem Mac, Ihrem PC, Ihrem Tablet, Mobiltelefon oder Browser nutzen.

RK: Stimmt es, dass Sie Apps, also kleinere Programme für mobile Geräte, zur Verfügung stellen, damit die Bibeltexte, Lexika und Bücher usw. auch dort gelesen werden können?

Genau, wie oben auch bereits angedeutet bieten wir eine Reihe von Apps an. Primär in Verbindung mit Logos nutzen User natürlich unsere Logos-App, welche Ihnen Zugriff auf die von Ihnen erworbenen Bücher, Notizen, Werkzeuge usw. erlaubt. Darüber hinaus haben wir aber auch noch einige weitere Apps, wie die „Faithlife Study Bible“, „Everyday Bible“, etc. Alle diese Apps gibt es kostenlos im Appstore und sind sowohl für iOS als auch Android verfügbar.

Logos Screen

RK: Logos bietet unfassbar viele Ressourcen an. Die meisten Werke sind zweifelsohne in englischer Sprache verfasst. Anwender und Interessenten in Deutschland wollen natürlich wissen, welche deutschsprachigen Kollektionen es gibt. Was liegt bereits auf Deutsch vor, was ist in Arbeit, was ist geplant?

TR: Das stimmt natürlich. Logos gibt es nun seit knapp 25 Jahren und es war natürlich im Rahmen des Wachstums verständlicherweise erstmals auf den englischsprachigen Raum ausgerichtet. Wir haben bereits eine Reihe deutscher Werke und fügen auch, so schnell es nur geht, weitere Werke hinzu. Dass wir hier noch nicht alle Werke anbieten, die wir gerne hätten ist natürlich auch klar. Wir arbeiten aber im Moment bereits fieberhaft mit einer Vielzahl renommierter deutscher Verlagshäuser zusammen und Sie können in den kommenden Wochen und Monaten ein exponentiell wachsendes deutsches Literaturangebot erwarten. Wir bieten momentan bereits ein gutes Einstiegspaket mit deutschen Bibeln und Referenzwerken an und planen auch, in 2015 ein deutsches Basispaket anzubieten.

RK: Kooperieren Sie auch mit der Deutschen Bibelgesellschaft?

TR: Die Deutsche Bibelgesellschaft ist selbst nach Ablauf der SESB noch immer einer unserer wichtigsten Partner, nicht nur für den deutschen Markt, sondern auch weltweit. Wir arbeiten umfangreich mit der DBG zusammen und bieten mit dem „German Bible Society Bundle“ ein sehr umfangreiches deutsches Paket an.

RK: Kann Logos die aktuellen griechischen und hebräischen wissenschaftlichen Bibelausgaben mit textkritischen Apparaten liefern?

TR: Ja, Logos bietet alle griechischen und hebräischen Standardwerke wie NA28, BDAG, HALOT etc. an. Darüber hinaus bieten wir sogar kostenlose griechische und hebräische Werke an, die von hoch angesehenen Wissenschaftlern spezifisch für Logos erstellt worden sind. Auch etwas seltenere Werke, wie z.B. extensive Talmudwerke, etc. bieten wir an. Und zu guter Letzt bietet Logos auch eine Vielzahl von Werkzeugen an die es jedem, vom Laien bis zum Akademiker, erlauben, möglichst effektiv mit den Urtexten zu arbeiten.

RK: Wie kann man sich denn über die deutschen Angebote von Logos auf dem Laufenden halten?

TR: Wir haben eine deutsche E-Mail Liste auf die Sie sich eintragen können, nachdem Sie sich ein kostenloses Benutzerkonto erstellt haben. Sie finden uns natürlich auf FacebookTwitter und co. Darüber hinaus können Sie natürlich auf unserem Blog auch alles Wichtige erfahren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Vom Umgang mit der Bibel

Bernhard Rothen schreibt in Die Klarheit der Schrift (Bd. 1, 1990, S. 44):

Das Verstehen beginnt doch damit, daß man sich Zeit nimmt für das, was man verstehen will. Zeit aber hat der Mensch nicht beliebig viel. Also muß er aus- und abgrenzen. Das Verstehen der Schrift beginnt also gerade damit, daß man sie von anderen Texten abgrenzt und sie aus der Menge der übrigen Bücher heraushebt, im Vertrauen darauf, daß der besonders hingebungsvolle Umgang mit ihr sich lohnt, daß sie die inhaltlichen und die formalen Qualitäten besitzt, um ihre Schüler richtig und heilsam zu leiten, auch wenn sie nicht die Menge der Sekundärliteratur zu bewältigen vermögen. Haben wir dieses Vertrauen zur Schrift noch – oder stehen wir nicht mehr auf dem Boden der Reformation, sondern auf dem einer neuen „historisch-kritischen“ Scholastik?

Was ist der Gräuel der Verwüstung?

Wir lesen in  Mt 24,15-16 folgende Worte Jesu:

„Und dieses Evangelium vom Reich wird auf dem ganzen Erdkreis verkündigt werden als ein Zeichen für alle Völker, und dann wird das Ende kommen. Wenn ihr nun den Greuel der Verwüstung, von dem der Prophet Daniel gesprochen hat, an heiliger Stätte stehen seht — wer es liest, merke auf! —, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen. Wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um seine Habe aus dem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um seinen Mantel zu holen. Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet, dass eure Flucht nicht im Winter geschehe oder an einem Sabbat. Denn es wird dann eine Bedrängnis geben, wie es noch keine gegeben hat vom Anfang der Welt bis jetzt und wie auch keine mehr sein wird. Und würden jene Tage nicht verkürzt, es würde kein Mensch gerettet werden; um der Erwählten willen aber werden jene Tage verkürzt werden.“

Kein einfacher Text. Was ist hier mit Greuel der Verwüstung gemeint? Der Exeget Dan Doriani, Dozent am Covenant Seminary (USA), hat die Stelle untersucht. Seine Antwort gibt es auf der Internetseite von Evangelium21: www.evangelium21.net.

D. Jackman: Die Autorität und Beständigkeit des Wortes Gottes

IMG 7132In dem Vortrag „Die Autorität und Beständigkeit des Wortes Gottes sowie die Notwendigkeit der biblischen Auslegung“ legte David Jackman aus London die Grundlage für seinen Ausführungen zur Predigtlehre. Wer einmal John Sott zu dem Thema sprechen hörte, wird spüren, dass er Jackman in dieser Frage (und in einigen anderen) geprägt hat.

Auch die anderen Vorträge wurden inzwischen bei Evangelium21 eingestellt: www.evangelium21.net.

Die göttliche Autorität des Alten Testaments

Ulrich Wilckens schreibt über die Autorität des Alten Testaments (Theologie des Neuen Testaments, 2014, Bd. 2, S. 61):

Was zunächst das Alte Testament betrifft, so ist zunächst noch einmal daran zu erinnern, daß dessen Zeugnis in der Urkirche nicht nur in fester Schriftform vorlag (»es steht geschrieben«; Mose oder einer der Propheten »haben geschrieben«), sondern daß es eigentlich der »heilige« Gott selbst ist, der in dem von Menschen »Geschriebenen« zu Wort kommt. Weil Gott heilig ist, gelten die Schriften als »heilig« (Röm 1,2). Was sie »lehren«, gilt uns, »damit wir durch die Geduld und durch die Tröstung (die Gott uns in ihnen zuspricht) an der Hoffnung festhalten« (Röm 15,4). Daß alle Schriften prophetisch auf Christus verweisen (Lk 24,27), dient »uns« Christen zur Bekräftigung unseres Glaubens an den Messias Jesus als Gottes Sohn, in dem Gott das seinem Volk zugedachte Heil vollendet hat. Jede zitierte Schriftstelle ist insofern als Christuszeugnis immer auch Zeugnis des heilsgeschichtlichen Handelns Gottes in der Geschichte Israels, seines wirkkräftigen »Redens« einst zu den Vätern und jetzt zu uns (Hebr 1,1f.). Darum ist die Schrift von göttlicher Autorität, so daß Paulus im Streit um die jeweils höchste Autorität von Menschen in der Gemeinde von Korinth die Grundregel aktuell zur Geltung bringt: »nicht über das hinaus, was geschrieben steht!« 1Kor 4,6).

Klaus Berger: Zur historisch-kritische Exegese

Die historisch-kritische Exegese der letzten 200 Jahre hat viel Porzellan im Haus der Christenheit zerschlagen. Prof. Klaus Berger übt in seinem Buch Die Bibelfälscher scharfe Grundsatzkritik an der historisch-kritischen Methode der Bibelauslegung. Der katholische Christ und Moderator Wolfgang Severin spricht mit Klaus Berger und verliert dabei fast die Fassung.

Weitere Blicke auf die Neue Paulusperspektive

Hier der Hinweis auf zwei frei verfügbare Aufsätze zur „Neuen Paulusperspektive“ (NPP), die 2010 im SBJT  erschienen sind:

  • Der Aufsatz  „The New Perspektive from Paul“ von Mark A. Seifrid ist eine überarbeitete Version des Vortrags, der bereits in deutscher Sprache erschienen ist als: „Die neue Perspektive auf Paulus im Lichte der neuen Perspektive des Paulus“, Theologisches Gespräch 31 (2007), S. 75–88.
  • In dem Beitrag „Another Look at the New Perspective“ von Thomas R. Schreiner geht es um die Verteidigung der reformierten Rechtfertigungslehre im Lichte der Herausforderungen, die sich durch die NPP ergeben.

Im Jahre 2012 veröffentlichte die Zeitschrift Kerygma und Dogma (Jg. 58, S. 268–283) zudem den Aufsatz „Paulus und seine neue Perspektive“ von Mark A. Seifrid. Darin heißt es (S. 282–283):

Das Umdenken über die paulinische Rechtfertigungslehre hat auch ein Umdenken über seine Ethik mit sich gebracht, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zwischen Rechtfertigung und Endgericht. An dieser Stelle ist es besonders evident, dass, wie immer ihre Stärken und Schwächen geartet sein mögen, die „neue Perspektive“ auf Paulus ein Ausdruck der theologischen Fragen unserer Zeit ist. Ist es wahr, dass die Rechtfertigungsbotschaft, die die Vergebung der Sünden bringt, für die Erlösung ausreicht? Ist diese Botschaft die Botschaft des Paulus? Bereits E.P. Sanders nahm eine Unterscheidung im frühjüdischen Verständnis der Errettung vor, nämlich zwischen „Hineinkommen“ (durch Gottes erwählende Gnade) und „Darinbleiben“ (durch ein gewisses Maß an Gehorsam). Einige der bekannteren Vertreter der „neuen Perspektive“ gingen soweit zu behaupten, dass auch Paulus mit diesem Erlösungsverständnis arbeitet. Man wird zunächst aus Glauben gerechtfertigt, doch werden die eigenen Werke schlussendlich für die Errettung im Endgericht mitzählen.

Nach einem anderen Modell ist Rechtfertigung Gottes Beurteilung, dass wir wirklich Menschen sind, die Glauben haben und ihm treu sind. Es ist mehr als nur leicht ironisch, dass jene, die mit Luthers Rechtfertigungslehre aufzuräumen suchen, dem Erlösungsverständnis, das er zu reformieren suchte, wieder bemerkenswert nahe kommen! Es gibt eindeutig schwierige Texte über das Endgericht (z. B. 2Kor 5, 10; Röm 2, 12–16), die ausführlichere Diskussion verdienen, als wir ihnen hier geben können. Sicher werden sie zukünftig im Zentrum der Debatte stehen. Paulus macht es aber ziemlich deutlich, dass Gottes Rechtfertigungswerk in Christus und unsere Verbindung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn uns durch das Endgericht hindurch zur neuen Schöpfung bringen und uns die Gabe des Geistes, d.h. neues Leben hier und jetzt verleihen (Röm 6, 4–5; 8, 1–3; Gal 6, 15). Wir werden durch das Endgericht hindurch getragen, weil wir in Jesus Christus schon das Leben jenseits des Gerichts besitzen. Doch nicht nur das, sondern das Leben, das wir durch den Glauben an Jesus Christus ergreifen, macht uns zu neuen Menschen (2 Kor 5, 17). Das Werk der Rechtfertigung Gottes in Christus reicht für christlichen Gehorsam aus und zwar ohne Ergänzungen, weil nämlich Gehorsam nur aus einem erneuerten Herzen erwachsen kann. Die „neue Perspektive auf Paulus“ hat noch immer viel von der neuen Perspektive des Paulus zu lernen!

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