2011

Spaemann: Das Scheitern des Christentums ist christlich

Robert Spaemann sprach mit der Tagespost über die christlichen Verstehensvoraussetzungen der Aufklärung, die Diktatur des Relativismus, das Naturrecht, die Grenzen des Fortschritts und den Antichrist.

Tagespost: Herr Professor Spaemann, durch Ihr ganzes Denken, haben Sie einmal geschrieben, ziehe sich wie ein roter Faden das Bemühen, die Aufklärung gegen ihre Selbstdeutung zu verteidigen. Warum muss man die Aufklärung vor sich selbst in Schutz nehmen? Ihrem Selbstverständnis nach ist sie doch der Mut, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Sie sollte also ganz gut alleine zurechtkommen …

Spaemann: Der erste, der das sah, war Nietzsche. Nietzsche schreibt einmal, dass die Aufklärung letzten Endes zum Atheismus führe. Wenn aber dieses Ziel erreicht wird, wird die Aufklärung selbst sinnlos, denn sie bringt eine Voraussetzung mit, die sie vom Christentum geerbt hat, nämlich dass es Wahrheit gibt und – wie Nietzsche sagt – dass die Wahrheit göttlich ist. Wenn es Gott nicht gibt, sagte Nietzsche, dann gibt es keine Wahrheit, dann gibt es nur die individuellen Perspektiven jedes Menschen auf die Welt, und die Frage nach einer wahren Perspektive stellt sich nicht, denn das wäre die Perspektive Gottes. Wenn dem aber so ist, folgt daraus, dass das ganze Geschäft der Aufklärung rückblickend sinnlos war.

Hier geht es zu dem sehr lesenswerten Interview »Aufhalten ist alles!« : www.die-tagespost.de.

VD: EP

Augustinus: Vater der abendländischen Theologie (Teil 4 – Schluss)

Seit der Zeit des Kaisers Augustus war Rom die ewige Stadt. Als religiöses und politisches Zentrum des Reiches galt Rom als unbesiegbar. Inzwischen war die offizielle Politik im Römischen Reich christlich geprägt und viele Christen glaubten, Rom sei ein bleibende Stadt. Rom war für sie die Stadt mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus und religiöses Zentrum der Christenheit. Für die christlichen »Reichstheologen« waren das Römische Reich und das Christentum damit zwei Seiten einer Medaille.

Von hier aus wird Unruhe verständlich, die nach dem Fall von Rom auf christlicher Seite aufkam. Musste der Sturz Roms nicht auch den Untergang des Römischen Reiches und zwangsläufig auch das Ende der Reichskirche mit sich bringen? Als Hieronymus und andere Kirchenlehrer jetzt klagten, dass die Welt ihrem Ende zugehe, ergriff Augustinus öffentlich das Wort:

Schaut her, sagen sie, Rom fällt, und es fällt auch das Christentum. Aber bei der christlichen Religion geht es doch nicht um den Zustand einer Stadt. Es geht dabei doch nicht um Steine und Holz oder schöne Gebäude und Mauern. Das, was der Mensch baut, zerstört er auch. Das ist nichts Neues.

Hier der letzte Teil der DLF-Reihe über den Kirchenvater Aurelius Augustinus:

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