Spaemann: Das Scheitern des Christentums ist christlich

Robert Spaemann sprach mit der Tagespost über die christlichen Verstehensvoraussetzungen der Aufklärung, die Diktatur des Relativismus, das Naturrecht, die Grenzen des Fortschritts und den Antichrist.

Tagespost: Herr Professor Spaemann, durch Ihr ganzes Denken, haben Sie einmal geschrieben, ziehe sich wie ein roter Faden das Bemühen, die Aufklärung gegen ihre Selbstdeutung zu verteidigen. Warum muss man die Aufklärung vor sich selbst in Schutz nehmen? Ihrem Selbstverständnis nach ist sie doch der Mut, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Sie sollte also ganz gut alleine zurechtkommen …

Spaemann: Der erste, der das sah, war Nietzsche. Nietzsche schreibt einmal, dass die Aufklärung letzten Endes zum Atheismus führe. Wenn aber dieses Ziel erreicht wird, wird die Aufklärung selbst sinnlos, denn sie bringt eine Voraussetzung mit, die sie vom Christentum geerbt hat, nämlich dass es Wahrheit gibt und – wie Nietzsche sagt – dass die Wahrheit göttlich ist. Wenn es Gott nicht gibt, sagte Nietzsche, dann gibt es keine Wahrheit, dann gibt es nur die individuellen Perspektiven jedes Menschen auf die Welt, und die Frage nach einer wahren Perspektive stellt sich nicht, denn das wäre die Perspektive Gottes. Wenn dem aber so ist, folgt daraus, dass das ganze Geschäft der Aufklärung rückblickend sinnlos war.

Hier geht es zu dem sehr lesenswerten Interview »Aufhalten ist alles!« : www.die-tagespost.de.

VD: EP

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Schandor
13 Jahre zuvor

„Als Christen glauben wir nicht, dass die Zivilisation am Ende das Reich Gottes hervorbringt, sondern die innere Dynamik der Geschichte bringt den Antichrist hervor. Und das Reich Gottes wird am Ende von außen her einbrechen. Das ist immer christliche Überzeugung gewesen.“ Wie entsetzlich! Denn das bedeutete nichts anderes, als dass Jesus ein Lügner und Heuchler ist! Jesus hat gesagt: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden“, und er hat gesagt: „Die Pforten der Hölle werden sie [die Gemeinde] nicht überwinden“! Zum einen ist die Aussage: „Das ist immer christliche Überzeugung gewesen“ kirchengeschichtlich schlicht falsch. Es trifft nicht einmal auf den Katholizismus zu, zumindest nicht vor Ribera und Bellarmin. Leider sind die meisten Christen heute in die Fußstapfen der zehn Spione getreten, die gesagt haben: Das Land ist uneinnehmbar! Sie heucheln fleißig mit: „Wir warten auf Christus“; in Wahrheit warten sie auf „den“ Anti-Christus oder darauf, dass sie auf unerklärliche Weise von der anderen Dimension aufgesogen werden. Wenn… Weiterlesen »

13 Jahre zuvor

Vielen Dank für den Hinweis auf dieses hochinteressante Interview! Spaemann – wie man auch im Detail zu seinen Positionen stehen mag – ist ein großer Denker mit Überblick und sehr scharfem Blick für unsere makrosinn- wie philosophievergessene Gegenwart. Sehr beeindruckend, dass es Menschen wie ihn noch gibt.

Alles Gute und Gottes Segen für 2011, Herr Kubsch – schätze Ihren Blog sehr als inspirierendes Werk und bleibe selbstverständlich treuer Feed-Mitlesender!-)

Schandor
13 Jahre zuvor

Hm, ja, das hab ich wohl übersehen. Die Hoffnung der Puritaner jedenfalls wird so schnell nicht zurückkehren, fürchte ich…

lg
Schandor

ernst
13 Jahre zuvor

Mich erstaunt immer wieder, zu welch unerklärlich massiven (moralischen!) Wertungen (Heuchler, Lügner, Defätist etc.) manche Einträge sich hinreißen lassen; was, bitteschön, ist denn falsch an der Aussage:“Als Christen glauben wir nicht, dass die Zivilisation am Ende das Reich Gottes hervorbringt, sondern die innere Dynamik der Geschichte bringt den Antichrist hervor. Und das Reich Gottes wird am Ende von außen her einbrechen. Das ist immer christliche Überzeugung gewesen” ? Sagt die Hl.Schrift etwas anderes? NAtürlich nicht! Dass Christus „alle Macht“ habe, ist kein Widerspruch, sondern entspricht ja gerade dem letzten Satz Spaemanns aus dem o.a. Zitat. Etwas mehr Zurückhaltung und Respekt oder, christlich gesprochen: Demut, gegenüber einem ausgewiesenen christlichen Denker wie Spaemann wäre wohl angesagt! Es sei denn, dass Denken und Vernuft unter Generalverdacht gestellt würden. (Leider kennt man das ja von manchen frommen Kreisen!). Richtig ist sicher, dass Spaemann nicht die eschatologischen Sprachhülsen verwendet, an die man in manchen (fundamentalistischen?) Kreisen gewöhnt ist. Das analoge Beispiel mit den Schachspielern ist… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

Mich erstaunt immer wieder, dass manche Leute den Konjunktiv I nicht zu kennen scheinen und daraus erstaunlich massive (moralische!) Wertungen über diejenigen fällen, die ihn einsetzen! Was bitteschön ist denn falsch an meiner hypothetischen Frage? Zum ersten: Ich habe einige Bücher Spaemanns und schätze ihn sehr! Etwas genaueres Lesen wäre angebracht! Gegen frömmelnde Sprachhülsen und gegen die Vernunftfeindlichkeit haben wir beide etwas, soviel ist klar. Gegen den Fundamentalismus offenbar auch. Was das Beispiel betrifft, so trifft es den Sachverhalt sogar äußerst genau. Zudem leben Beispiele von „metaphorischer Willkürlichkeit“. Ich habe kein Problem mit Kritik, aber sie sollte auch treffen, nicht nur den Stil zurechtweisen — das ist nämlich „sachlich nutzlos“. Falsch an der Aussage ist die Verallgemeinerung. Wer sind denn die „wir“? Dass Du dazugehörst, hast Du deutlich gemacht, und dagegen ist nichts einzuwenden, sehr wohl aber gegen die Verallgemeinerung. Ich bitte darum, sich nicht mit seiner eigenen Sichtweise zu identifizieren, sondern auf der Sachebene zu bleiben. Wär‘ das nicht… Weiterlesen »

ernst
13 Jahre zuvor

Nun ja… – aber wenn man andren Ratschläge gibt, sollte man selbst erst mal den Konjunktiv I vom Konjunktiv II unterscheiden können. Denn den Konjunktiv I hast Du, entgegen Deiner Behauptung, nirgendwo (!) verwendet. (Soviel dazu)

“ Er ist ethischer Defätist“ oder“Sie heucheln fleißig“ – das ist immer jedenfalls immer noch der hammerharte Indikativ moralischen Urteilens.
Dass Du mir „genaueres Lesen“ empfiehlst, um auf der Sachebene zu bleiben, finde ich fast schon erheiternd, angesichts Deines ersten Eintrags.

Wo ich indes „erstaunlich massive (moralische!) Wertungen“ über Dich abgegeben hätte, ist für mich nicht nachvollziehbar; es trifft auch nicht zu.

Mit der „wir“-Verallgemeinerung meinst Du Spaemanns Aussage? Nochmals: Was soll denn daran falsch sein? Außer Negation führst Du nichts an, jedenfalls keine sachliche Begründung. Soll das die eingeforderte Sachebene sein?

13 Jahre zuvor

das Spaemann-Interview ist ein Fundus von interessanten Aspekten, die alle ihren eigenen Thread wert wären: So die Erkenntnis, daß Gott implizite Prämisse der Aufklärung ist/war. Erst damit wird die Lektüre von z.B. Kant zu einem halbwegs erträglichen Ereignis. Mir wurde immer erzählt, daß Kant mit „Bordmitteln“ zu denselben Erkenntnissen kam, wie er sie auch „auf christlichem Wege“ hätte haben können. So wie Prof. Spaemann es darstellt, wird das Bild komplett, so daß man Schlüsse im Hinblick auf moderne Ausprägungen der Aufklärung wagen kann. Ich finde auch bemerkenswert, wie sich Prof. Spaemann zuerst in wohlüberlegter Allgemeinheit zu einem Thema äußert, z.B. zum Modernismus und seinen Gegenströmungen, und wie er erst anschließend ein konkretes Beispiel liefert. Die heute gängige Diskussionskultur bleibt dagegen bei der „Stellvertreterdiskussion“, in der ein gut zur eigenen Meinung passendes praktischer Fall vorgestellt wird, und zur Verallgemeinerung kommt es dann gar nicht mehr. Weiter kommt man allerdings mit dem systematischen Ansatz à la Prof. Spaemann, auch wenn man seine… Weiterlesen »

Roderich
13 Jahre zuvor

@ernst, was meinst Du, wenn Du von „fundamentalistisch“ sprichst? Das ist ein Schlagwort, das heute gerne missbraucht wird, und das meist gar nicht definiert wird, sondern gerne als Schimpfwort verwendet wird (weil undefiniert, kann man sich auch kaum dagegen verteidigen).

Was Schandor meint, ist, dass man die Zukunft auch positiver sehen kann, und dass es dafuer auch eine rationale Begruendungsmoeglichkeit aus der Bibel gibt.
(D.h. sowohl die „pessimistische“ als die „optimistische“ Sicht sind mit guten Vernunftgruenden belegbar, daher handelt es sich nicht um eine Frage der Vernunft.)

Ich denke, die hervorragenden apologetischen Leistungen von Spaemann wird wohl keiner in Frage stellen.

Schandor
13 Jahre zuvor

@ernst Lieber Ernst! Zuerst danke ich Dir, dass Du sofort auf die Sachebene gewechselt hast. Ich habe schon den Konjunktiv I verwendet, der aber erst erkennbar wird, wenn man das Präsens am Ende des Satzes nicht übersieht: „Wie entsetzlich! Das bedeutetE … IST“. Ich weiß, dass der Konjunktiv II im deutschen Sprachraum ausstirbt, wie Du ja auch wissen wirst. Ich hätte aber — da gebe ich Dir unumwunden Recht — so schreiben sollen: „Das würde ja bedeuten …“ — dann hätte ich Missverständnissen vorgebeugt. Ja, das hammerharte Urteilen tut mir jetzt nachträglich wirklich leid, besonders deshalb, weil ich sehe, wie isoliert der Satz dasteht. Mir tut einfach weh, dass Spaemann (den ich eine Zeitlang nicht nur verehrt, sondern richtig geliebt habe) so pessimistisch denkt wie die meisten Evangelikalen! Ich nehme dieses Urteil mit aller Bitte um Verzeihung wieder zurück, wenn Du es mir nachsehen willst! Spaemanns Bücher „Personen“ und „Grenzen“ sind Schätze, die auch evangelikale Leser sich zu Gemüte führen… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

Der Prämillennialismus mitsamt der Annahme eines weitreichenden Abfalls (dh Pessimismus) vor dem Kommen Jesu ist keine dispensionalistische Erfindung sondern war die Mehrheitsmeinung der alten (verfolgten) Kirche bevor für diese durch die Konstantinische Wende scheinbar das Himmelreich anzubrechen schien. Aber auch der anschließend vorherrschende Ammillenialismus hat nicht wirklich eine optimistische Sicht. Siehe dazu die entsprechenden Seiten der englischen Wiki (die deutschen kannste diesbezüglich vergessen). Von daher weiß ich nicht, inwiefern Spaemanns Aussage kirchengeschichtlich inkorrekt sein soll.

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg Ja, es stimmt: der Prämillennialismus ist keine dispensationalistische Erfindung. Aber Achtung: Man muss auch genau sehen, weshalb und inwiefern es die Mehrheitsmeinung der verfolgten Kirche war. Selbst wenn sie es war (was ich aus guten Gründen zu bezweifeln wage), folgt daraus noch nicht die Wahrheit derselben (das wäre unlogisch). Dass der Amillennialismus nicht optimistisch ist, kann freilich nicht bestritten werden. Und ja, die deutsche Wiki-Seite ist (wie in den meisten Fällen) der englischen unterlegen. Nun gut, es scheint, als müsse ich doch etwas genauer auf die Thematik eingehen. Das kann und will ich aber nicht hier tun, sondern habe dazu ein Kapitel aus Keith A. Mathisons Buch „Postmillennialism — An Eschatology of Hope“ übersetzt (Ich weiß nicht, ob es rechtlich erlaubt ist, ein ganzes Kapitel eines Buches zu veröffentlichen, das noch nicht offiziell übersetzt ist [bin noch dabei, das Buch zu übersetzen; schlimmstenfalls für mich selbst]). Da bräuchte ich rechtlichen Beistand … Wie Du hier (http://www.lmn.org/magazine/170/Jesuits.html) sehen kannst, ist… Weiterlesen »

David
13 Jahre zuvor

Was ist denn am Dispensationalismus pessimistisch? Ich kenne den Vorwurf, dass er utopisch sei, aber pessimistisch? Vielleicht im Hinblick auf das System Welt (der autonome Mensch unter Einfluss Satans), aber nicht hinsichtlich der gesamtgeschichtlichen Entwicklung. Der Kulminationspunkt menschlicher Rebellion (2. Thess 2) bedeutet gleichzeitig auch das deutliche Eingreifen Gottes. Es gibt letztendlich einen geschichtlichen Höhepunkt, der beim Amillenialismus zu fehlen scheint.

Roderich
13 Jahre zuvor

@David, Die These, „Dispensationalismus fuehrt zu Pessismus“ gibt es aber oefters. Siehe z.B. http://www.twoagespilgrims.com/doctrine/?p=341, Thesen 84-88: „Dispensationalism encourages Christians to be pessimistic and to disengage from the culture.“ Es gibt ja den „Klassischen Praemillennialismus“, der als „weniger pessimistisch“ gilt als der „dispensationalistische Praemillennialismus“. Na klar, in letzter Hinsicht sind alle eschatologischen Sichtweisen (Prae-, Post-, A-Millennialismus) „optimistisch“. Denn jeder Christ weiss, dass am Ende der Satan mitsamt seinen Daemonen, Suende und Tod ganz vernichtet wird und Gott Sein ewiges Reich aufrichten wird. Die Frage ist nur: was geschieht zwischen heute und jenem Tage? Gibt es ein graduelles „Wachsen“ des Reiches Gottes schon jetzt, also in dieser Welt? Oder wird primaer das Boese wachsen? Oder beides gleichzeitig? Das ist wohl das, was mit der Kritik „pessimistisch“ gemeint ist. (Vielleicht hilft es Dir, mal ein paar Buecher von Gary North oder Greg Bahnsen zu lesen, die diese Kritik am Dispensationalismus machen). Also: wie weit wird das Evangelium in dieser Welt wachsen? (Inwieweit wird… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Roderich Ich hab das Vorwort von „The Breakup of Dispensational Theology“ übersetzt; es dürfte, da der englische Text frei zugänglich ist, auch auf deutsch frei zugänglich gemacht werden, wenn ich mich nicht irre… Ja, da kann man als Dispensationalist schon ganz schön ins Schleudern kommen 😉 @David Pessimistisch ist, dass alle Sichtweisen (mit Ausnahme des Postmillennialismus) am Ende der Zeit den mutatis mutandis Anti-Christus an der Herrschaft sehen. Nicht der Heilige Geist hat die Welt dann erlöst (und das ist ja die Absicht Gottes in Jesus Christus!), sondern der Anti-Christus hat die meisten Seelen der Menschen für sich gewonnen. Wenn die meisten Menschen sagen: six six six, the one for you and me — wo ist hier der Optimismus? Dass Jesus Christus bei seiner sichtbaren Wiederkunft alle Feinde vernichtet (1 Kor 15 besagt anderes: Er muss herrschen, BIS …), kann mich nicht optimistisch stimmen, denn zwischen der Wiederkunft Christi und mir stehen dann zwei eher unangenehme Dinge: mein Tod und… Weiterlesen »

David
13 Jahre zuvor

Seit wann erwarten Dispensationalisten denn die Ankunft des Antichristus? Das ist gerade angesichts der Vorentrückungslehre eine falsches Bild. Dispensationalisten warten nicht auf den Pseudochristos, sondern auf den wahren Messias. Dass man vielerorts wie besessen über Dinge wie eine Neue Weltordnung spekuliert und Barack Obama die Rolles des Antichristen andichtet ist mehr im Mainstream-Evangelikalismus vorzufinden…Tim LaHaye usw. Die Dispensationalisten, die ich lese, lehnen dies entschieden ab. Das ist ein Sensationalismus, der jeder Nüchternheit entbehrt. An eine Vorentrückung glaubte womöglich schon Irenäus. http://www.unifr.ch/bkv/kapitel745.htm Ich denke aber, dass es nicht ergiebig ist über dieses Thema jetzt an dieser Stelle zu diskutieren. Woraus speist sich denn der Optimismus, dass die Mehrheit der Menschheit sich vom Heiligen Geist bekehren lässt? Der Zustand am Ende offenbart doch nur überdeutlich, dass Gottes Gericht gerecht ist. Die meisten Menschen lehnen ihren Schöpfer ab. Ich weiß nicht wieso Pessimismus im Bezug auf den Zustand dieser Welt biblisch unangebracht ist. Zudem erscheint es mir unlogisch ad consequentiam zu argumentieren. Letztendlich… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@David Lieber David! Zunächst gibt es ja — wie Du selber wissen wirst — viele „Dispensationalismen“. Z. b. die posttribulationistischen. Du führst Irenäus ins Feld. Gut. In diesem Text von Irenäus findet sich weniger der Hinweis auf die Entrückung, sondern vielmehr die fehlerhafte Auffassung von Matthäus 24. Die Entrückungslehre ist eher auf Margaret McDonald zurückzuführen, auf ein Medium, das diese Lehre in einer Seance empfing. Zumindest hat es diese Lehre nicht vor 1830 gegeben. Du magst durchaus Recht haben mit deiner Vermutung, eine Diskussion sei hier unangebracht. Aber da Du selbst nicht unerheblich an einer Weiterführung der Diskussion beteiligt bist, können wir doch ruhig auch ein wenig überlegen, nicht? Woraus sich der Optimismus speist, kannst Du sehr schön im Büchlein „Die Hoffnung der Puritaner“ von Iain Murray nachlesen. Zum Beispiel. Als ehemals feuriger Dispensationalist verstehe ich Dich sehr gut. Zur reformierten Perspektive: Da hat es immer (fast) alles gegeben: Amillennialismus, Postmillennialismus, Prämillennialismus und (wenn auch seltener) den Dispensationalismus (bes. die… Weiterlesen »

ernst
13 Jahre zuvor

@ schandor Dein Eintrag hat mich angerührt, und ich danke Dir für die versöhnlichen Worte – ja, wir mögen in einzelnen Pukten gar nicht so weit auseinander sein, das ist auch mein Eindruck. Was ich immer noch nicht nachvollziehen kann (ungeachtet aller Prä-, Post-, Quasi- oder wie auch sonst gearteten Millenialismen, wovon ich wenig Ahnung habe; da scheint immer viel Spekulatives im Spiel…), ist der Umstand, dass Spaemanns Äußerung, als Christen glaubten wir „nicht, dass die Zivilisation am Ende das Reich Gottes hervorbringt“,so problematisch gesehen wird: sollte das Gegenteil denn zutreffen? Das kann ja nicht sein. Eine Welt, losgelöst von Gott, wird demnach ernten, was sie gesät hat. Ich nehme aber an, dass Spaemann hier ganz bewusst von ´Zivilisation´ gesprochen hat, um deutlich zu machen, dass nicht menschliche Weisheit oder Handeln zum Ziel führt. Die Vorstellung, das Reich Gottes werde am Ende „von außen her einbrechen“, d.h. sichtbar für alle, kann ich nicht als Aufgeben einer Vorstellung von der Allmacht… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@ernst Ja, in Bezug auf Spaemann — darauf hat mich Ron schon hingewiesen — habe ich mich in diesem Punkt geirrt: Er hat — wie Du ja auch sagst — von der menschlichen Zivilisation gesprochen, nicht von den Christen. Da sind wir sicher d’accord. Was das „von außen her einbrechen“ anlangt, habe ich ihn so verstanden: Bis zum Ende (=Christi Wiederkunft) verschlechtern sich die Dinge (zumindest verbessern sie sich nicht). Dann, um dem ein Ende zu bereiten, kommt Christus wieder. (Das ist m. W. auch die lutherische Perspektive, mithin der Amillennialismus, aber auch der Prämillennialismus. Die deutschen Theologen verstehe ich in diesem Punkt nur schwer). Könnte es aber nicht auch sein, dass es noch eine außerordentliche „Ausgießung“ des Heiligen Geistes in der Zukunft gibt, die dem Treiben auf Erden auf friedfertige Weise ein Ende bereitet, um das Christentum auf seine Höhe zu bringen? Was, wenn John Howe recht gehabt hat (und noch hat), wenn er schreibt: „In der Tat lässt… Weiterlesen »

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

@Kenner der Millenniumstheorien Unstrittige Grundlage ist doch Apokalypse, 20. Kapitel. Die Zuordnung anderer Bibeltexte ist eine Frage des Bibelverständnisses, das sich in den verschiedenen Millenniumstheorien niederschlägt. Die Aussagen über das Millennium in Apokalypse 20 beginnen mit dem einzigen Kennzeichen, das auf der Erde zu verifizieren ist: Gott entzieht dem Theos dieses Äons vorübergehend die Freiheit, die er ihm bis dahin gewährt hat. Für mich ist dieses Kennzeichen bzw. seine irdischen Auswirkungen in Gegenwart und Geschichte beim besten Willen nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil. Wir sind doch offensichtlich auf dem besten Wege zu den Tagen des Menschensohnes, die den Tagen Noahs und Lots gleichen. (Mir ist klar, dass dieser Text wie jeder andere in jede Millenniumstheorie eingeordnet werden kann.) Der Theos dieses Äons hat sich nicht geändert, der Mensch hat sich nicht geändert, aber seine Möglichkeiten sind explodiert. Pessimismus war und ist einer der Hauptvorwürfe an die Propheten in und außerhalb der Bibel (Kassandra…). Spaemann scheint sehr gut gesagt zu haben,… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

Im Gegenteil: Offenbarung 20 ist allerhöchst (!) umstritten! Dieser Text darf gerade NICHT zur Grundlage neutestamentlicher klarer Stellen gemacht werden! Nach der Analogie des Glaubens muss man die unklaren Stellen im Licht der klaren Stellen lesen, nicht umgekehrt 🙂
Dass alle Sichtweisen Kap. 20 in ihrem Sinne deuten, ist freilich klar, zeigt aber nur, wie unklar die Stelle ist bzw. wie sehr sie für jede Sichtweise verwendet werden kann bzw. wie umstritten sie ist!

Wo wir „offensichtlich“ zu diesen Tagen unterwegs sind, ist mir nicht ganz klar (außer freilich, ich gebe bei youtube „Endgame“, Walter Veith oder dergleichen ein ;-). Und dass es zugeht wie in den Tagen Noahs — auf welche Zeit stimmte das in der Welt nicht?

lg
Schandor

13 Jahre zuvor

ja, der Artikel http://www.die-tagespost.de/art456,121002 wurde aus der Datenbank der Tagespost herausgenommen.

Du bist ersichtlich der einzige, der das bemerkt hat.

Ich habe einen Ausdruck des Interviews bei mir und lese es nun zum vierten Mal. Wirklich ein anregendes Stück Literatur.

Gruß aus dem eisig kalten Shanghai.

Martin

13 Jahre zuvor

Die Tagespost hat den Artikel inzwischen nicht mehr online stehen, aber es existieren (noch) diverse Kopien im Netz (dem Hort allen Wissens und allen Wahns). Einfach einen Artikelausschnitt in Google eingeben und man dürfte fündig werden.

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

@ Schandor

Dass das Verständnis bzw. die Auslegung von Offenbarung 20 umstritten ist,
war mir klar. Das gilt wohl für die ganze „mysteriöse“ Zeit-Prophetie.
Ich wollte deshalb vor dem Verständnis bzw. der Auslegung ansetzen und feststellen, dass Offenbarung 20 zwangsläufig die Grundlage aller Millenniumstheorien ist,
weil nämlich (meines Wissens) anderswo in der Bibel nicht expressis verbis,
also eindeutig, von Millennium die Rede ist.
Ich nehme an, dass niemand ohne Offenbarung 20
eine Millenniums(!)theorie entwickelt hätte.
Vielleicht findest Du „Grundlage“ nicht gut und „Ausgangspunkt“ besser.
Ich hätte gerne erst einmal Klarheit, ob wir uns in diesem Punkt einig sind.
Wie gesagt, Fragen zu Verständnis und Auslegung
sind für mich erst die nächsten oder übernächsten Fragen.

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

@ Michael und Martin

Ich werde es versuchen.
Wenn ich erfolglos sein sollte,
werde ich Martin bitten, das Interview zu scannen.

Gruß nach Shanghai

Jörg
13 Jahre zuvor

Offenbarung 20 darf nicht von Offenbarung 19,11ff getrennt werden, da Offenbarung 20,10 auf Offenbarung 19,20 zurückgreift. Die Kapiteleinteilung ist hier mal wieder nicht so glücklich.

Ich sehe nicht, wie man etwas anderes als Prämill mit dieser Perikope vereinbaren kann – die Wiederkunft Jesu (Offb 19) wird vor dem „Millennium“ (Offb 20) geschildert, und das „Millennium“ als Zeitperiode innerhalb einer Chronologie (Offb 20,3.5.7)

Das zur biblisch-theologischen Fragestellung. Hinsichtlich der kirchengeschichtlichen Fragestellung scheint hier ja ein Konsens gefunden worden zu sein, dass Spaemanns Aussage in ihrer notwendigen Abstraktion als Zusammenfassung von 2000 Jahren Vorherrschaft von (pessimistischem) Prämill und Amill zulässig ist. Aber eine Rückfrage an Schandor: Welche guten Gründe (dh Quellen) sprechen deiner Meinung nach gegen die Vorherrschaft von Prämill zu Anfang der Alten Kirche?

grüßle

Jörg
13 Jahre zuvor
Schandor
13 Jahre zuvor

Doch, da sind wir uns einig. Ohne Offb. 20 keine Millennialismen! Und ja, das andere sind in der Tat nächste und übernächste Fragen!

@Jörg
Dass Offenbarung 20 chronologisch auf Kap. 19 folgt, bedeutet nicht notwendigerweise, dass auch der Inhalt chronologisch nachgeordnet sein muss (Die Offenbarung „verstößt“ öfter gegen diese chronologische Regel).
Zur Beantwortung der anderen Frage bitte ich um ein wenig Zeit (bis morgen), damit ich in einiger Klarheit darauf antworten kann 🙂

Lieben Gruß euch allen!
Schandor

Jörg
13 Jahre zuvor

Dass Offenbarung öfter gegen diese Regel verstößt, wäre im Einzelfall jeweils zu beweisen, und selbst wenn es so wäre, ließe sich daraus keine gültige Schlussfolgerung für einen konkreten (weiteren) Einzelfall herleiten.

Wie ich schon schrieb, setzt Offb 20,10 Offb 19,20 literarisch und damit INHALTLICH voraus. Es gibt keinerlei Hinweis im Text, dass Offb 19,11-20,15 innerhalb der erzählten Welt nicht chronologisch aufeinanderfolgend zu verstehen ist.

Im Übrigen würde ich behaupten, dass ohne Offb 20 nur die Terminologie, die Worthülse, eine andere wäre, inhaltlich jedoch mehr oder weniger diesselben Positionen diskutiert würden, da das Motiv und Thema Herrschaft des Messias bzw. des Gottesvolkes unabhängig davon durch das AT und das NT der theologischen Reflexion aufgegeben wäre.

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg Es wäre an sich freilich machbar, auf das Gedankengut zum Thema Eschatologie bei den Kirchenvätern zu sprechen zu kommen. Aber es nützt nichts, vereinzelte Zitate hervorzuzerren, da es bei den alten Kirchenvätern so etwas wie eine entwickelte Endzeitlehre noch nicht gegeben hat, das hat m. W. erst (langsam) mit Augustinus eingesetzt. Wir müssen uns m. E. folgende grundsätzliche Fragen stellen: Lehrt die Bibel ein Endzeitmodell? Ich glaube es nicht (das ist auch der Grund, weshalb ich die bekannten Endzeitsichten in der Form nicht sehr überzeugend finde). Dr. Thomas Kinker vom Bucer-Seminar scheint (zumindest in seiner „Hermeneutik“ eine ähnliche (!) Sichtweise einznehmen; er stellt jedem dieser Systeme sehr gezielte und durchdachte Fragen). Dann stellt sich die Frage: Kann die Überzeugung der frühen Väter ein valider Hinweis auf die „richtige“ Lehre sein? Auch das ist höchst fraglich. Ich messe der kirchengeschichtlichen Tradition hier große Bedeutung bei. Der Hinweis, eine gewisse Überzeugung sei nicht „biblisch“, hilft uns nicht weiter, da, wie wir… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

Lieber Schandor ich habe in keiner meiner Posts explizit oder implizit von kirchengeschichtlichen Fragen auf (biblisch- oder systematisch) theologische Fragen rückgeschlossen sondern beides getrennt behandelt. Natürlcih besteht ein Zusammenhang. Aber bevor dieser bestimmt werden kann, muss jede Ebene für sich sachgemäß behandelt werden, und meine EInwürfe sind daraus erwachsen, dass mir letzteres nicht gegeben zu sein schien: Spaemanns Aussage ist KIRCHENGESCHICHTLICH absolut zulässig; wenn man den Forschungskonsens über die Vorherrschaft des Prämil in der Alten Kirche infrage stellt, muss man überzeugende HISTORISCHE Argumente (dh Quellen bzw. deren Neuinterpretation) tatsächlich vorlegen; und wenn man Offenbarung 20 sachgemäß THEOLOGISCH (oder sonst wie) behandeln will, darf man das aufgrund des Textcharakters nicht vom Rest der Perikope in Offb 19,11ff trennen. Leider vermisse ich weiterhin die von Dir in Aussicht gestellten guten Gründe für die Kritik des oben erwähnten Forschungskonsenes – es geht um eine rein historische Fragestellung, die mit der Methodik der historischen Wissenschaften behandelt und beantwortet werden kann und muss. Ich habe… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg Lieber Jörg! Danke für Deine Anregungen/Korrekturen! Du wirst verstehen, dass ich ein wenig Zeit brauchen werde, um mir Deinen Kommentar „zu Gemüte“ zu führen. Aber ich sehe jetzt schon eines ganz klar: Du hast mich da bereichert — und wenn ich mich in den nächsten Tagen an die Recherche mache, werde ich weiter bereichert werden. Sorry, dass ich Dich da falsch verstanden habe, was die Interferenz kirchengeschichtlicher Belange mit theologischen Fragen betrifft. Meine eigene „Endzeitsicht“ ist alles andere als zementiert oder abgeschlossen; ich muss auch noch lernen, kirchengeschichtliches sauberer von theologischem zu trennen — als Laie keine leichte Aufgabe ;-). Den Satz: „Ich gehe davon aus, dass ein Mensch nicht kein Denksystem haben kann, …“ — den kann ich unterstreichen. Am besten gefällt mir die Ansicht, dass unsere Antworten nicht weiter gehen dürfen als die biblischen Texte erlauben — und das scheint mir in besonderer Weise ein Problem des Postmillennialismus zu sein (vom Disp. einmal abgesehen). Danke nochmal für… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg
Ach übrigens, der Link funktioniert leider nicht …
Würd mir das aber gerne anhören…
lg

Johannes Strehle
13 Jahre zuvor

@ Jörg

Danke für die Interview-Quelle

Schandor
13 Jahre zuvor

@ Eine Diskussion, bei der nur Prämillennialisten mitwirken — ist das ausgeglichen? Wo werden sie in ihrer Untersuchung wohl landen? Ein Ex-Amillennialist präsentiert die Schwächen des A. Die Auferstehung meint also immer die physische Auferstehung? Das ist eine Behauptung, kein Beweis, auch nicht, wenn N. T. Wright sie macht. Der Schluss, es gehe nicht zusammen, dass in Offb. 12 Satan auf die Erde geworfen wird, während er in Offb. 20 in den Abyssos geworfen wird, da das mit dem Amil unverträglich sei, leuchtet mir nicht ein. Ohne auf die präteristische Sichtweise überhaupt einzugehen, gehen die geschätzten Herren davon aus, dass Biest&falscherProphet in *unserer* Zukunft liegen *müssen* und argumentieren dann von da aus. Klar, dass man zu einer prämillennialistischen Sicht kommen muss, denn da nimmt die linke Hand, was die rechte Hand ihr reicht. Ok, ich glaube auch, dass dies nicht die Plattform ist, auf der wir das diskutieren sollten, da wir hier zu keiner Lösung kommen können. Eines ist klar,… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

Da das Buch von Mathison laut KVK in keiner Bibliothek in Deutschland zugänglich ist, ist der Verweis wenig hilfreich. Zumindest könntest du eine Kurzzusammenfassung seiner kirchengeschichtlichen Untersuchung liefern, inklusive der Hauptargumente. Solange das nicht gegeben ist, kannst du von niemandem verlangen, das Buch als eine möglicherweise erfolgreiche Kritik des Forschungskonsenses anzusehen und sich darum zu bemühen. In jedem Fall hast du uns hier die von dir in Aussicht gestellten guten Gründe nicht geliefert, die Vorherrschaft des Prämil in der Alten Kirche entgegen dem Forschungskonsens infrage zu stellen. Zum Wert kirchengeschichtlicher Ergebnisse für die Beantwortunge theologischer Fragen hatte ich mich noch nicht geäußert, möchte das aber jetzt skizzenhaft tun, als Gedankenanregung. Ich bin mit dir konform, dass die Kirchengecshichte nicht die Norma normans ist (fundamentaltheologisch) und auch nicht sein kann (logisch, da in sich zu widersprüchlich). Allerdings würde ich behaupten, dass man den kirchengeschichtlichen Befund auch nicht einfach beiseite legen darf, denn Jesus gibt den Jüngern als Kollektiv die Verheißung, dass… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg Du hast Recht. Das kann ich nicht verlangen. Tu ich auch nicht. „In jedem Fall hast du uns hier die von dir in Aussicht gestellten guten Gründe nicht geliefert, die Vorherrschaft des Prämil in der Alten Kirche entgegen dem Forschungskonsens infrage zu stellen.“ Stimmt. Und dazu habe ich auch keine Lust mehr, denn wie wir beide wissen: Selbst wenn es gelänge, führte es zu nichts. „Mit welcher Legitimation definierst du Jesu Wiederkunft als den Zeitpunkt, bis zu dem sich Jesu Allmacht durchgesetzt haben muss?“ Dazu brauche ich keine Legitimation. Auch habe ich nichts von „müssen“ gesagt. Es ist einfach *o f f e n s i c h t l i c h*. Christen scheinen blind dafür zu sein; Nichtchristen reagieren auf diese christlich-pessimistische Sicht deshalb oft mit Spott. „Da Welt und Gemeinde aber nicht identisch sind, könnte man das ganze auch so deuten, dass sich Jesu Allmacht im Sinne des Missionsbefehls seither im Gewinnen von menschlichen Existenzen zeigt“… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

„Stimmt. Und dazu habe ich auch keine Lust mehr, denn wie wir beide wissen: Selbst wenn es gelänge, führte es zu nichts.“ Dann war du in diesem Punkt deiner Ausführungen nicht wahrhaftig sondern hast suggestiv argumentiert. Das ist der Sache abträglich, auch wenn es nur um eine Nebensächlichkeit ginge. Ich bin das – und einiges andere – von dir aus deinen bisherigen Posts eigentlich nicht gewöhnt und frage mich, ob das mit einer besonderen existenziellen Betroffenheit zusammenhängt, deren Leidenschaft antreibt und deshalb ein Segen ist, aber vielleicht auch manchmal überhand nimmt. „Dazu brauche ich keine Legitimation“ Doch, wer Aussagen über transzendete Dinge macht, die dem Menschen an sich nicht zugänglich sind, braucht eine Legitimation, die für uns Christen in der Schrift liegt. Ansonsten landen wir bei bloßer Willkür – man könnte jeden beliebigen vergangen oder zukünftigen Punkt der Weltgeschichte statt der Wiederkunft Christi annehmen und gäbe dem von dir skizzierten Nichtchristen genausoviel und genausowenige Anlass zum Spott über den angeblich… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg
Bitte nicht böse sein, aber diese eristische Dialektik ist mir jetzt doch zu verdrießlich 🙁

[Wohlwollen und lächeln ein]
Ich schlage vor, Du vertrittst weiterhin Deinen Prämillennialismus und bleibst mein Bruder in Christus, und während Du bei „dein Reich komme“ voraussetzt, dass das Reich Gottes auf Erden wie im Himmel noch nicht Realität ist und deshalb um die Verwirklichung desselben betest, bleibe ich Dein Bruder in Christus und bitte Gott bei den besagten Worten im Geiste, dass er sein Reich, das Jesus Christus vor 2000 Jahren aufgerichtet *hat*, zur Vollendung auf Erden führt – das ist doch ok, oder? 🙂
Als ehemaliger Schwerstdispensationalist, der diesem theologischen Treibsand Gott sei Dank entrinnen durfte, weiß ich, wie sich der Prämillennialismus anfühlt. Für mich fühlt er sich an wie eine Theologie der Verzweiflung. Ich kann ihn nicht mehr durchdenken. Möge Gott mir die Augen öffnen und Dich segnen!
In brüderlicher Verbundenheit in Christus!
*handreich*
Schandor

Roderich
13 Jahre zuvor

Hier noch ein Artikel-Hinweis von einem sehr scharfen Denker:
http://www.cmfnow.com/articles/pt031.htm
(„The Prima Facie Acceptability of Postmillennialism“ von Greg L. Bahnsen).

„Prima Facie Acceptability“ ist so etwas wie „Plausiblitaet“.

Bin leider theologischer Laie, und kann exegetisch nicht wirklich mitreden (kann kein griechisch und hebraeisch). Will aber Schandor zustimmen, dass Postmillennialismus jedenfalls als rationale Alternative diskutiert werden sollte, auch wenn man der Sichtweise selbst nicht anhaengt.

Roderich
13 Jahre zuvor

… und hier noch ein Verweis auf einen interessanten Klassiker: William Symington, „Messiah the Prince, or, The Mediatorial Dominion of Jesus Christ“ aus dem Jahre 1884.

http://www.reformed.org/eschaton/symington/index.html?mainframe=/eschaton/symington/index_mtp.html

(Siehe u.a. Kapitel 8. „The Mediatorial Dominion over the Nations“).

Jörg
13 Jahre zuvor

Lieber Schandor tut mir leid, dass die letzten Postings bei dir als Schlagabtausch um Rechthaben (eristisch?) ankamen und Verdrießlichkeit ausgelöst haben! Das war nicht meine Absicht. Gerne reiche ich dir die Hand in brüderlicher Verbindlichkeit, allerdings war meine Hand nie geballt oder verkrampft oder gar ein Messer führend oder zu einem Schlag ausholend oder ähnliches. Ich wollte Dir nach bestem Wissen und Gewissen, soweit ich beurteilen kann aus geschwisterlicher Liebe, Anregungen geben für späteres Weiterreflektieren in einer Sache, die dich scheinbar aus biographischen Gründen stark beschäftigt. Und aus deinen Reaktionen kamen mir neue Anregungen oder Klarstellungen, wobei ich mich schon vor der letzten Mail gefragt hatte, ob es nicht genug ist, aber bei einer Wahrheitssuche etwas zurückzuhalten, fällt mir schwer – leider ebenso wie Kürze und die Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem. Ich dachte mir: nur bei dingen, die ich dir schreibe, besteht zumindest die Möglichkeit, dass ich dein Nachdenken dadurch bereichern kann. Erlaube noch eine Disambiguierung. Als ich schrieb… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

@roderich

danke für die beiden Links!!

„dass Postmillennialismus jedenfalls als rationale Alternative diskutiert werden sollte, “

Wurde der Postmil hier irgendwo als irrational dargestellt?

Roderich
13 Jahre zuvor

@Joerg: nein, das hattest Du eigentlich nicht 🙂 (hoechstens als weniger plausibel). Schandor hatte den Postmill. aber als rationale bzw. plausible Alternative bezeichnet, dem ich beipflichten wollte. Noch ein kurzer Hinweis zur fruehen Kirchengeschichte: Justin der Maertyrer (110 – 165 n.Chr.) sagte: „But I and others, who are right-minded Christians on all points, are assured that there will be a resurrection of the dead, and a thousand years in Jerusalem, which will then be built, adorned, and enlarged, [as] the prophet Ezekiel and Isaiah and others declare“ (Aus: „Dialogue with Trypho, a Jew“, chapter 80, zitiert nach „The Still Great Planet Earth. Four Scenarios for the End of the World“, im 3. Kapitel ueber Praemillennialismus (ca. S. 32), das man kostenlos downloaden kann unter: http://www.sbsgermany.de/en/leitfdown.html Justin war also Praemillennialist. (Er erwartete die woertliche Erfuellung gewisser Prophetien, und glaubte, dass Jesus VOR dem Tausendjaehrigen Reich zurueckkommen wuerde.) Weiter sagte Justin aber auch: „I admitted to you formerly, that I and many… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Jörg „Ich dachte mir: nur bei dingen, die ich dir schreibe, besteht zumindest die Möglichkeit, dass ich dein Nachdenken dadurch bereichern kann.“ Das hast Du, das hast Du! Den Ausdruck „Denkschablone“ lass ich gerne gelten. Eine pessimistische Zukunftsperspektive ist für mich nur kein modus vivendi mehr; unter diesen Auspizien will und kann ich die Bibel nicht mehr lesen. Das mag jetzt unlogisch/subjektiv oder sonst was klingen, aber ich kann es einfach nicht mehr. Übrigens finde ich den Postmillennialismus in der Form, wie er derzeit von seinen Protagonisten vertreten wird (und auch von den Puritanern!), nicht so überzeugend, wie es scheinen mag. Ich glaube einfach an mein Beispiel vom Schachspiel. Ich glaube an das Wort „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist!“ (Sach. 4,6). Ich glaube es, weil ich es glauben will. Alles andere ist mir psychisch einfach nicht mehr erträglich. Hab grad Hans-Ottos Darstellung gelesen. Ich glaube, viele Christen denken auch so. Sollte Hans Otto mit… Weiterlesen »

Roderich
13 Jahre zuvor

@Schandor, ich denke, es ist empfehlenswert, die Bibel „induktiv“ zu lesen (bzw. es zu versuchen). D.h. man geht ohne Schablone (weder pessimistisch noch optimistisch noch „ausgeglichen“) heran, und versucht, erst mal zu lesen, was dasteht. Nun kann man natuerlich nicht „induktiv leben“. Der Mensch hat immer „eine Gesamtsicht“, und da wir auch sonst nicht „autonom“ denken, sondern „anlehnungsbeduerftig“ sind (d.h. der Rationalismus ist falsch, da er von einer autonomen Vernunft ausgeht), werden wir unsere Grundannahmen nicht einfach „abstellen“ koennen. Aber es ist gut, sich der eigenen Grundannahmen bewusst zu sein, und zumindest von der Methode her zu versuchen, induktiv an die Bibel heranzugehen. D.h. als „Praemillennialist“ versucht man, seinen „Praemillennialismus“ erst mal zu parken und die Bibel zu lesen, und dasselbe als „Postmillennialist“. Als kleine Hilfestellung gibt es dazu ja die „Methode des induktiven Bibelstudiums“. Das Deduktive (die systematische Theologie) sollte sich dann auch ergeben, aber idealerweise aus lauter Einzelbeobachtungen. Natuerlich ist es immer eine Wechselwirkung aus Einzelbeobachtungen, die man… Weiterlesen »

Schandor
13 Jahre zuvor

@Roderich DAS ist eine gute Zu-Recht-Weisung (jemand, der einem anderen die Richtung erklärt, mit dem Finger in die Ferne zeigt und sagt: Da, diese Richtung geh, da kommst du hin!) Ja, ich stimme dem in jeder Hinsicht zu. Apologetisch versuche ich nicht rationalistisch, sondern voraussetzungsbewusst (echter Präsuppositionalismus nach Gordon Clark) zu denken. Insofern habe ich ja immer darauf hingewiesen, dass ich glaube, die Bibel sei die Zukunft betreffend „offen“. Aber ich bin gezwungen, deinen Argumenten zuzustimmen. Ja, ich weiß, dass ich nicht einfach postmillennialistische Denkschemata an die Bibel herantragen darf. Ich versuche derzeit, da ein klareres Bild zu gewinnen. Bevor ich mich mit dem Postmillennialismus eingehender beschäftigt habe, habe ich zum Amillennialismus tendiert (bes. nach der Übersetzung von Kim Riddlebargers „A Case for Amillennialism“). Aber die Argumente haben mich auch nicht wirklich überzeugt. Der Prämillennialismus hat überhaupt sehr viele Schwierigkeiten; er lebt quasi davon, dass Offb. 20 in seinem Sinn verstanden werden muss. Knickt diese Voraussetzung ein, bleibt nach meiner… Weiterlesen »

Jörg
13 Jahre zuvor

@roderich (gestern) Da du dich auf meine postings beziehst: Nein das hatte ich wirklich nicht, da gebe ich dir recht. Aber weshalb dann die Einschränkungen – „eigentlich“, „höchstens“, Gegenüberstellung zu Schandor mittels „aber“? Lasst uns doch in allem auf das beschränken, was belegbar/exegetisierbar ist, und gegen die bewusste wie unbewusste Eisegese (bezogen auf Texte, Personen, Positionen, usw) bei uns und anderen in Liebe und Wahrheit ankämpfen!! Sorgfalt, Sachlichkeit und Redlichkeit muss uns ein höheres Gut werden, sein und bleiben als Argumente, denn nur so können die Argumente wahrheitsführend sein. Und man könnte sich in der Theologie (wie in allem anderen) viel Arbeit und Streit sparen. Es wurde hier (von mir) nie behauptet, dass der Prämil Konsens in der Alten Kirche war, sondern dass es Konsens in der Forschung gibt, dass der Prämil in der Alten Kirche bis Augustinus vorherrschend war. Es wurde hier (von mir) nie ein Konsens der Kirchengeschichte für den Prämil behauptet, sondern dass bei einer für eine… Weiterlesen »

1794
13 Jahre zuvor

Lest mal von dem Logiker Christoph Zimmer, Spaemanns Homilie und ihr letzter Gottesbeweis, http://www.zmm.cc. Rationalität und Glaube sind nicht ganz so einfach zu verbinden. Was Robert Spaemann über das Absolute Bewußtsein sagt, wird sehr stark kritisiert.

Schandor
13 Jahre zuvor

@1794 Ich habe den Artikel angelesen, mag ihn aber gar nicht fertig lesen. Es ist schon verblüffend, mit welcher seltsamen Logik Paulus das Sein Gottes ganz einfach und unphilosophisch postuliert, nicht wahr? Behauptet er doch glatt: „[Gottes] unsichtbares Wesen (sic!), nämlich seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit Erschaffung der Welt an den Werken durch Nachdenken (!!!) wahrgenommen, so dass sie keine Entschuldigung haben.“ Das ist doch recht frech angesichts hochlogischer und philosophischer Überlegungen, oder nicht? Wieso verband Paulus Glaube und Rationalität so ohne weiters? Ich halte Dr. Zimmers Schriften für anregend, finde sie aber zum Teil verwirrend. Worauf will er eigentlich hinaus? (Er argumentiert, aber ich kann nichts einwenden, etwa wenn ich gewisse Voraussetzungen gar nicht teile. Und Schopi hat einmal gesagt, „contra principia negantem non est disputandum“. Ja, ich weiß, der Spruch ist schon älter…) Oder verstehe ich Dr. Zimmers Anliegen einfach nicht? Du hast den Artikel gelesen. Könntest Du bitte in wenigen Sätzen ein Resümee ziehen? Ich… Weiterlesen »

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