Gerald McDermott, Experte für Jonathan Edwards und das Verhältnis des christlichen Glaubens zu anderen Religionen, blickt in der aktuellen Ausgabe des Journals of the Evangelical Society sorgenvoll auf erkennbare Aufspaltungstendenzen innerhalb der evangelikalen Theologie („The Emerging Divide in Evangelical Theology“, JETS, Vo. 56, Nr. 2, S. 355–377). Der Streit zwischen Traditionalisten und Progressiven könne laut McDermott zu einer enormen Belastung werden. Die Empfehlungen, die McDermott ausspricht, zeigen, dass eine mächtige Strömung innerhalb des Evangelikalismus den Spuren folgt, die Schleiermacher vorgezeichnet hat.
Drittens, evangelikale Theologen müssen das eigentümliche akademische Bestreben ablegen, nach Akzeptanz und Anerkennung bei unseren liberalen Kollegen zu streben. Wir wollen ihre Anerkennung und deshalb sind wir versucht, das zu schreiben und zu lehren, was mit den Idealen der Hochschulen und den theologischen Empfindsamkeiten übereinstimmt.
Oder wir suchen nach dem Nervenkitzel jener intellektuellen Perfektion, die nicht mit traditionellen Formulierungen belastet ist. Aber wie Donald MacKinnon einmal beobachtet und William Abraham uns zudem erinnert hat, schützen die großen orthodoxen Glaubensbekenntnisse die Christen üblicherweise vor der Genialität der Klugen und den intellektuell Überlegenen.
Die geläufigste Versuchung besteht heute darin, die Moraltheologie von der Dogmatik zu trennen, was in neupietistischer Mode bedeutet, dass Lehre und Moral letztendlich unwichtig sind, solange es warme, flauschige Gefühle über Jesus gibt.
Oder wir reduzieren die Schrift auf den menschlichen Ausdruck jener religiösen Erfahrung, die selbst außerhalb des biblischen Textes zu finden ist. Dabei übergehen wir jedoch rücksichtslos den Anspruch der Schrift an sich selbst, nämlich nicht Weisheit zu sein, wie Menschen sie lehren, „sondern Worte, wie der Geist sie lehrt“ (1Kor 2,13).
Eine gekürzte Version seines Aufsatzes ist bei First Things erschienen: www.firstthings.com.
VD: NK
Vielen Dank für den Artikel! Ich beobachte manche Entwicklungen innerhalb der evangelikalen Theologie ebenfalls mit Sorgen. Allerdings frage ich mich, ob dahinter in erster Linie („nur“) das „eigentümliche akademische Bestreben …, nach Akzeptanz und Anerkennung bei unseren liberalen Kollegen“ steht, oder ob nicht einige (viele?) bereits aus Überzeugung handeln? – Schade, dass man nicht aus der Geschichte lernt. Francis Schaeffer hat ja sehr ausführlich und leidenschaftlich in „Die große Anpassung“ darüber geschrieben. Der englische Originaltitel dieses Buches trifft die Sache noch besser: „The Great Evangelical Disaster“