Afghanistan

Wer Terry Jones verachtet, muss ihn ignorieren

Meine im September 2010 geäußerten Befürchtungen haben sich leider erfüllt. In Afghanistan starben Menschen, weil ein Verrückter in den USA zündelte. Trotzdem ist die eigentliche Tragik der Gewaltausbruch in Masar-i-Scharif. Kaum jemand in den USA unterstützt den Koran verbrennenden Hassprediger Terry Jones. Die Muslime sollten lernen, solche irrationalen Blasphemien zu ertragen.

Nun sind Kausalketten nicht immer identisch mit Verantwortlichkeiten. Wenn Christen im Jemen hingerichtet werden, weil sie in der Bibel lasen, haben die Mörder ein Verbrechen verübt, nicht die Christen. Ebenso gilt in Afghanistan: Wer Norweger und Schweden umbringt, weil er sich durch eine zutiefst blasphemische Tat verletzt fühlt, begeht ein Verbrechen, das durch nichts zu rechtfertigen ist. Mord wiegt tausendfach schwerer als jede Form der Gotteslästerung. Wer den Blick allein auf Terry Jones richtet, läuft Gefahr, die wahren Schuldigen zu entschuldigen.

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Weltweite Evangelische Allianz verurteilt den Mord an UN-Mitarbeitern

Wutentbrand haben am Freitag Hunderte Demonstranten in Afghanistan das Büro der Vereinten Nationen in Masar-i-Scharif gestürmt und dabei mindestens elf Menschen getötet. Die UNO bestätigte am späten Freitagabend, dass sieben ihrer Mitarbeiter zu den Opfern gehören, darunter vier nepalesische Wachleute. Hintergrund für die Proteste ist die Koran-Verbrennung durch einen Pastor aus dem US-Staat Florida. Dort wurde ein Koran in Spiritus getränkt und verbrannt (siehe hier).

Afghanistans Präsident Hamid Karzai hatte die Aktion als Verbrechen gegen die Religion verurteilt und die USA und die Vereinten Nationen aufgerufen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Prediger in der Blauen Moschee, einer bekannten Gebetsstätten in Afghanistan, hatten dann am Freitag gegen Koran-Verbrennungen in den USA gehetzt und die Menge aufgestachelt, berichteten Einwohner von Masar-i-Scharif. Nach dem Freitagsgebet seien rund 2000 Menschen durch die Straßen der Stadt gezogen und hätten Parolen gegen die USA und die UNO skandiert. Afghanische Behörden vermuten, dass sich Extremisten unter die zunächst friedlichen Demonstranten gemischt haben und so aus der Protestaktion eine Gewaltorgie wurde (siehe hier).

Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) hat sowohl die Verbrennung des Koran durch eine winzige Splittergruppe in den USA, als auch die Ermordung von UN-Mitarbeitern in Afghanistan auf das Schärfste verurteilt. Wie der Generalsekretär der WEA, der Kanadier Geoff Tunnicliffe, in einer Erklärung mitteilte, könne eine verabscheuungswürdige Tat, die mit dem christlichen Glauben nichts zu tun habe, niemals eine noch verabscheuungswürdigere Tat rechtfertigen. Tunnicliffe sprach den Angehörigen der UN-Mitarbeiter sein tiefes Beileid aus und forderte muslimische Leiter weltweit auf, gewaltbereite Menschen zu beruhigen und deutlich zu machen, dass die Koranverbrennung von allen christlichen Kirchen verurteilt worden wäre.

Der Vorsitzende der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher, erklärte, die Koranverbrennung sei gegen den eindeutigen Willen Jesu geschehen, der seinen Jüngern sowohl das Schwert gegen andere untersagt habe, als auch den Ruf nach Feuer vom Himmel. Die Gemeinde in Gainesville habe im Beisein von Terry Jones habe mit ihrem Akt den Namen Jesu Christi vor aller Welt in den Schmutz gezogen. Er verwies darauf, dass sich die WEA mehrfach massiv gegen die Koranverbrennung gewandt und in den USA in dieser Sache einen Schulterschluss mit muslimischen Leitern vollzogen habe.

Schirrmacher verwies auch darauf, dass die WEA Jones und andere mehrfach gewarnt hatte, dass den Preis für seinen Irrsinn nicht Jones und andere im sicheren Amerika, sondern Unschuldige in aller Welt bezahlen müssten. Genau das sei jetzt geschehen, sowenig die Verbrennung eines Buches die Ermordung von Menschen rechtfertigen könne.

Dass bei dem Anschlag auch Hindus und Nichtreligiöse ermordet wurden, zeige, so Schirrmacher, dass der Islamismus nicht nur gegen das Christentum antrete, sondern gegen alle Andersdenkenden mobil mache. Dagegen müssten sich friedliebende Menschen aller Religionen und Weltanschauungen gemeinsam wenden. Religionsfreiheit, Frieden und Gerechtigkeit seien unteilbar.

Afghanistan: Mit Folter zurück zum Islam

Ein Afghane soll hingerichtet werden, weil er zum Christentum übertrat – es sei denn, er bekennt sich wieder zum Islam. Vor acht Monaten wurde der Konvertit vor der deutschen Botschaft in Kabul verhaftet – dann folgten Folter und Schikane. Hasnain Kazim berichtet für den SPIEGEL über den Vorfall:

Erstmals seit seiner Festnahme durfte Musa jetzt einem Journalisten ein Interview geben. Die Agenten hätten ihn »72 Tage lang gegrillt«, sagte er der »Sunday Times«. »Sie schlugen mich und folterten mich mit Stöcken. Sie sagten mir, ich solle zurück zum Islam konvertieren. Als ich mich weigerte, nannten sie mich einen dreckigen Ungläubigen«, zitiert die Zeitung ihn. Außerdem sei er aufgefordert worden, weitere Afghanen sowie Ausländer zu benennen, die Christen seien. Als er sich weigerte, sei er erneut geschlagen worden.

Später sei er in ein normales Gefängnis in Kabul verlegt worden, wo er sowohl von Gefängnismitarbeitern als auch von Mitgefangenen geschlagen und sexuell misshandelt worden sei.

Musa ist vor neun Jahren vom Islam zum Christentum übergetreten. Zu den Gründen schweigt er, aber die »Sunday Times« schreibt unter Berufung auf Freunde von ihm, er sei von den Fernsehbildern eines Bombenanschlags im pakistanischen Karatschi erschüttert gewesen – er habe sich gefragt, warum Muslime unschuldige Menschen töteten und habe sich daraufhin taufen lassen. »Die Bibel hat mich gelehrt, meine Feine zu lieben«, zitiert die Zeitung Musa. »Sie hat mich gelehrt, die andere Wange hinzuhalten, wenn mich jemand verletzt hat.«

Ein Richter und ein islamischer Geistlicher besuchten Musa laut »Sunday Times« in seiner Gefängniszelle und drohten ihm mit seiner Hinrichtung innerhalb von drei Tagen, sollte er sich nicht wieder zum Islam bekennen. Als Musa sich weigerte, soll der Mullah die Wärter angewiesen haben, „dieses schmutzige Tier“ aus der Zelle zu holen und zu schlagen. Erst auf Druck der US-Botschaft sei er in eine sichere Zelle verlegt worden und werde von Schlägen verschont. Auch mehrere Anwälte sollen sich geweigert haben, Musa zu verteidigen, solange er sich nicht zum Islam bekenne.

Leider ist es in islamischen Staaten nicht unüblich, Apostasie (Abfall vom Islam) mit dem Tod zu bestrafen. Hier ein Video zum Thema (leider nur in Englisch):




Hier der vollständige SPIEGEL-Beitrag: www.spiegel.de.

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