Bergpredigt

Ethik, Neues Testament

John Stott: Mein Schlüsselvers der Bergpredigt

John Stott (Die Botschaft der Bergpredigt, 2010, S. 13):

Für mich findet sich der Schlüsselvers der Bergpredigt in 6,8: „Macht es nicht wie sie.“ [Neue Genfer, Luther. „Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen.] Das erinnert uns unmittelbar an Gottes Wort an Israel in früheren Tagen: „Tut nicht nach der Weise des Landes Ägypten“ (3Mose 18,3) – derselbe Ruf, anders zu sein, der durch die ganze Bergpredigt weiter entfaltet wird. Ihr Charakter soll gänzlich verschieden sein von dem, den die Welt bewundert, wie wir an den Seligpreisungen sehen werden. Wie Lichter sollen sie in der Dunkelheit scheinen. Ihre Gerechtigkeit soll über die der Pharisäer und Schriftgelehrten hinausgehen, im ethischen Verhalten wie auch in der religiösen Hingabe, während ihre Liebe größer und ihr Bestrebungen edler sind als die ihrer heidnischen Nachbarn. Es gibt keinen einzigen Abschnitt in der Bergpredigt, in dem dieser Kontrast zwischen christlichen und nicht christlichen Maßstäben nicht beleuchtet wird. Dieses Thema durchzieht und eint die ganze Bergpredigt, alles andere ist eine Variation davon. 

Zitate

Von schändlichen Fantasien

John Stott zu Matthäus 5,27-30 (Die Botschaft der Bergpredigt, 2010, S. 98)

Schandtaten geschehen dort, wo vorher schändliche Fantasien wuchern konnten, und die werden dort entfesselt, wo die Augen bereits Grenzen überschritten haben. Unsere lebhafte Vorstellungskraft (eine der vielen Fähigkeiten, die Menschen von Tieren unterscheidet) ist ein wertvolles Geschenk von Gott. Ohne sie wäre keine Kunst der Welt und kaum eine edle menschliche Errungenschaft möglich. Fantasie erhöht die Lebensqualität. Aber alle Gottesgaben müssen verantwortlich gebraucht werden, denn sie entarten schnell und sind leicht zu missbrauchen. Das gilt ganz sicher auch für unsere Fantasie. Ich bezweifle, dass Menschen jemals Opfer der Unmoral geworden sind, die nicht vorher die Schleusentore der Leidenschaft durch ihre Augen geöffnet haben. Wo Männer und Frauen sexuelle Selbstbeherrschung praktizieren, da haben sie zuerst gelernt, die Augen ihres Fleisches und ihrer Fantasie im Griff zu haben.

Zitate

Die tiefere Gerechtigkeit

John Stott zu Matthäus 5,19–20 (Die Botschaft der Bergpredigt, 2010, S. 79)

Die Pharisäer meinten, es sei genug, nach außen hin mit dem Gesetz übereinzustimmen. Der „Lehrer der Gerechtigkeit“, der in den Schriftrollen vom Toten Meer auftaucht, war strenger, wie Davies erklärt: „Hier wurde das Gesetz noch verzweifelter’… als bei den Pharisäern interpretiert und ernst genommen … Das ,ganze’ Gesetz sollte so, wie es in der Tradition der Sekte (der Essener von Qumran) interpretiert wurde, gehalten werden.“

Aber Jesus ist noch radikaler, denn wo die Essener nach immer mehr Gehorsam verlangen, erwartet er immer noch tieferen. Dieser tiefe Gehorsam ist es, der Gerechtigkeit des Herzens bedeutet und nur in demjenigen möglich ist, der durch den Heiligen Geist erneuert worden ist. Darum ist der Eintritt ins Reich Gottes also unmöglich ohne eine „bessere (d. h. tiefere) Gerechtigkeit“ als die der Pharisäer: Weil solch eine Gerechtigkeit die Wiedergeburt belegt, ohne die niemand ins Reich Gottes kommt.

Bücher, Neues Testament

Die Botschaft der Bergpredigt

511bq0BbSvL SX360 BO1 204 203 200John Stotts Auslegung der Bergpredigt ist eine fantastische Hilfe zum besseren Verständnis ihrer Botschaft. Die wunderbare Frauke Bielefeld hat das Buch meisterhaft in die deutsche Sprache übersetzt, sodass die Lektüre inhaltlich und sprachlich ein Vergnügen ist.

Hier eine Kostprobe:

So wie beim Salz wird auch beim Licht eine Bedingung eingeführt: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten.“ So wie das Salz seinen Salzgehalt verlieren kann, so kann das Licht in uns dunkel werden, wie wir auch später in 6,23 sehen werden. Aber das Licht Christi in uns soll von uns ausstrahlen, sodass die Menschen es sehen können. Kein Dorf, das sich in eine Talmulde schmiegt, sodass seine Lichter in der Senke verschwinden, sondern wie eine „Stadt auf einem Berge“, die „nicht verborgen sein“ kann und deren Lichter meilenweit zu sehen sind. Oder wie eine brennende Lampe, „ein brennendes und scheinendes Licht“ (Joh 5,35) wie Johannes der Täufer, die an zentraler Stelle im Haus auf einen Leuchter gesetzt wird, damit sie weithin Licht gibt, anstatt unter einen Eimer oder Topf [Luther. „Scheffel“], wo sie nichts Gutes mehr tun kann.

Das bedeutet, dass wir als Jünger Jesu weder die Wahrheit, die wir kennen, noch die Wahrheit darüber, wer wir selbst sind, verbergen sollen. Geben wir nicht etwas anderes vor, als wir sind, sondern stehen sichtbar zu unserem Christsein! „Flucht in die Unsichtbarkeit ist Verleugnung des Rufes. Gemeinde Jesu, die unsichtbare Gemeinde sein will, ist keine nachfolgende Gemeinde mehr“ (Bonhoeffer).

Seien wir unser echtes christliches Selbst, leben wir nach den Seligpreisungen und schämen wir uns nicht für Christus! Dann werden andere uns und unsere Werke sehen und den Vater preisen, weil es nicht ausbleiben kann, dass sie erkennen, dass wir durch Gottes Gnade sind, was wir sind, dass unser Licht sein Licht ist und er seine Werke in und durch uns tut. So werden sie das Licht ehren, nicht die Lampe – unseren Vater im Himmel, nicht die Kinder, die er in die Welt gesetzt hat und die eine gewisse Familienähnlichkeit mit ihm aufweisen. Selbst diejenigen, die uns schlecht machen, werden ihren Teil dazu beitragen, wenn sie uns um eben dieser Gerechtigkeit willen verfolgen (V. 10-12).

Es sind nicht mehr viele Exemplare auf dem Markt. Noch ist das Buch hier günstig zu erwerben.

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Nachtrag vom 04.04.2017: Das Buch ist inzwischen ausverkauft.

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