Datenschutz

Aus der Steuer-ID wird allumfassende Personenkennziffer

Ohne gesellschaftlichen Diskurs und trotz massiver datenschutzrechtlicher Bedenken soll die Steuer-ID mit privaten Kontoverbindungsdaten zusammengeführt werden, zum Beispiel, um Klimageld zahlen zu können. Wird uns nicht seit Jahren erzählt, dass die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten enorm wichtig sind?

Der Datenschützer Oliver Stutz schreibt:

Um dies zu ermöglichen, werden die Banken verpflichtet (!), ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sie die Kontodaten ihrer Kunden (also die IBAN-Nummer und den Bank-Code BIC) an das Bundes­zentral­amt für Steuern übermitteln. Die bisher ohnehin nur noch sehr lose Zweckbindung wird hierdurch nun völlig aufgehoben: Auf die zur umfassenden Personenkennziffer gewandelte Steuer-ID werden ab 2024 geschätzt mindestens fünfzig Behörden zugreifen können. Bereichsspezifische Nutzung Anno 2007: Ade!

Jeder, dem das (wie mir) mindestens prüfungswürdig erscheint, fragt sich ggf. als Erstes, ob nicht der Bundes­datenschutzbeauftragte, der in solche Verfahren ja einbezogen wird, hierzu Einwände hatte? Prof. Kelber dazu: „Die Bundes­regierung hat mit ihrem Entwurf datenschutzrechtlich nicht den optimalen Weg gewählt.“ Ja, äh, kann man so sagen. Aber… ist das wirklich alles an Kritik? Nicht den optimalen Weg?

Mehr: www.datenschutz-notizen.de.

Upload-Filter und Leistungsschutzrecht in der EU

Während Vereine, Betriebe und Kirchengemeinden noch mit der Umsetzung der neuen Europäischen Datenschutzverordnung kämpfen (DS-GVO), deutet sich am Horizont eine Änderung des Urheberrechts an, die den Abschied von der Informationsfreiheit im Internet bedeuten könnte.

Die EU-Staaten haben im Mai eine gemeinsame Position zur Urheberrechtsreform beschlossen. Kommission, Parlament und Mitgliedsländer diskutieren derzeit hinter verschlossenen Türen über die endgültige Fassung eines neuen Urheberrechts auf europäischer Ebene. Es wird möglicherweise bald nicht mehr erlaubt sein, Zeitungsartikel und andere urheberrechtliche Veröffentlichungen kostenfrei zu verlinken. Plattformen und Blogs sollen zukünftig jeden Upload mit einer kostenpflichtigen Datenbank abgleichen, um Beiträge urheberrechtlich zu prüfen. Kritiker warnen vor „Zensurmaschinen“ und dem Ende der Informationsfreiheit.

Obwohl ich nachvollziehen kann, dass Verlage und Autoren ihre Texte besser schützen wollen, könnte das Leitungsschutzrecht die Architektur des Internet erheblich verändern.

T3n schreibt:

Jede Plattform soll zukünftig durch einen automatischen Mechanismus prüfen, ob ein Inhalt sich mit einer Datenbank voller urheberrechtlicher Beiträge beißt. Die Idee ist vergleichbar mit Youtubes Uploadfilter und alleine der Vergleich zeigt schon, wie sinnlos die Idee ist. Die Identifizierung wird schlichtweg nicht richtig funktionieren. Solche Systeme sind technisch hoch anfällig, unpräzise und in einem derart großangelegten Kontext gemeingefährliche Zensurmaschinen.

Noch wesentlich schlimmer ist die Tatsache, dass das System ganz simpel missbraucht werden kann. Jeder kann jederzeit Urheberrechte für Inhalte beanspruchen und dann sind alle Nutzer von der Gnade eines Algorithmus abhängig. Die Electronic-Frontier-Foundation beschreibt beispielsweise, was passieren würde, wenn jemand die ganze Wikipedia hochladen würde: Niemand wäre mehr in der Lage, Wikipedia-Inhalte zu zitieren oder zu verlinken, bis die Maschinerie den Unfug wieder aussortiert hätte.

Nutzer, deren Inhalte böswillig von einem anderen Nutzer als urheberrechtlich geschützt deklariert wurden, müssten erst einmal den Rechtsweg beschreiten und klagen – um ihre eigenen Inhalte wieder nutzen zu können.

Mehr: t3n.de.

Was der neue Datenschutz angerichtet hat

Die neue Europäische Datenschutz-Verordnung (DS-GVO) hinterlässt erste Spuren: Blogs schließen, Twitter sperrt Nutzerkonten, ein Vereinsvorstand tritt zurück. Wer bei Instapaper ein Archiv aufgebaut hat, schaut in die Röhre. Der Dienst ist nämlich für Europa erst einmal gesperrt.

Die Katholische Kirche stoppt sogar alle Gottesdienstübertragungen:

Angesichts der neuen Datenschutz-Regeln hat auch die katholische Kirche ihre Datenschutz-Regeln überarbeitet. Die Folge: Die Erzdiözese Freiburg stoppt alle Übertragungen von Gottesdiensten im Internet, auch schon den an Fronleichnam. Die neuen Kirchen-Regeln sehen nämlich vor, dass jeder Gottesdienst-Besucher der Übertragung einzeln schriftlich zustimmen muss.

Mehr: www.faz.net.

Digital-Manifest

Joachim Müller-Jung informiert über einen Versuch, im digitalen Zeitalter die Macht der Rechner und Daten zu begrenzen. Neun Wissenschaftler arbeiten an einem „Digital-Manifest“:

„Das Biohacking des Menschen läuft.“ Markus Hengstschläger, Genetiker und Chef der österreichischen Bioethik-Kommission, sieht seine Zunft an einem historischen Punkt und fürchtet, dass erstmals in der Geschichte unserer Gattung das „endogene Grundgerüst des Menschen zur Disposition steht“. Mit Genome-Editing, so fürchtet er, könnte schon bald ein Weg direkt zur Selbstoptimierung führen, am Ende zum gefährlichen Spiel mit dem Schicksal nachfolgender Generationen. Nun, wenn Genom-Manipulation der Verlust der Natürlichkeit im Inneren darstellt, könnte das, was in der Spektrum-Veröffentlichung behandelt wird, als der Frevel an dem äußeren Grundgerüst des Menschseins, seiner Selbstbestimmung, und damit als Verrat an unseren kulturellen Errungenschaften bezeichnet werden. Es geht, um es auf den Punkt zu bringen, um die fortschreitende Manipulation unseres Verhaltens durch digitale Systeme. Um Fremdsteuerung und Fremdoptimierung.

Neun namhafte und manche durchaus prominente Wissenschaftler, Kultur- wie Naturwissenschaftler, Sozial- und Bildungsforscher, IT-Praktiker und –Theoretiker, haben sich gemeinsam zur Formulierung eines „Digital-Manifestes“ verabredet.

Hier mehr: blogs.faz.net.

Der Überwachungsstaat ist längst Realität

Der Staat misstraut seinen Bürgern. Die Geheimdienste zapfen offensichtlich alle Informationsquellen an, derer sie habhaft werden können. Die US-Nachrichtendienst NSA hat Zugriff auf Massen an E-Mails, Fotos, Videos und sonstige Daten der US-amerikanischen Internetfirmen. Keine schönen Zukunftsaussichten. Werden wir bald durch Rechner gesteuert? Wie ist es um die Meinungsfreiheit oder um die Demokratie bestellt?

Der sympathische Ernst Grandits hat für die 3sat-Kulturzeit mit Yvonne Hofstetter, Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens, über das Thema gesprochen. Es lohnt sich, fünf Minuten für das Reinhören zu investieren: www.3sat.de.

Der supersüße Spion im Wohnzimmer

Die jüngste Datenpanne beim Versicherungskonzern Allianz zeigt, wie risikobehaftet die neuen Technologien für den Datenschutz sind. Die digitale und vernetzte Welt der Daten wird immer anfälliger für den Missbrauch, sogar im Privathaushalt. Vom Smartphone bis zum kommunizierenden Plastikhasen sind heute alle möglichen Geräte mit der digitalen Cloud verbunden. Auch wer die Diktierfunktion des neuesten MAC Betriebssystems Mountain Lion (10.8) nutzt, stimmt der Übertragung seiner Texte an Apple zu. Was aber passiert mit diesen Daten? Peter Läppert hat in einem Beitrag für die FAZ viele gute Fragen gestellt. Die Antworten stehen aus. Trotzdem können die Nutzer gegensteuern.

Längst sind auch andere Geräte auf diese Weise mit Sendefunktionen versehen worden, etwa Roboterstaubsauger (mit WLAN und Kamera.) Ähnlich funktioniert auch Microsoft Kinect, ein Spielecontroller mit Kameras, Infrarotkameras und Mikrofonen. Oder das iPhone oder iPad mit der Sprachsteuerung Siri. Es ist inzwischen bekannt, dass Apple Daten von Siri-Dialogen auf einer eigenen Wolke speichert. Nicht bekannt ist, was das Unternehmen damit tut.

Smartphones speichern ohnehin kaum noch etwas auf dem Gerät selbst, alles steigt auf in die digitale Wolke. Alle Android-Geräte nutzen Googles Cloud, alle Apple-Geräte die iCloud, alle Blackberrys die von Research in Motion (RIM). Allerdings geschieht das mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen; Google verdient explizit Geld mit der Auswertung dieser Daten. Apple hält sich bedeckt, was das angeht, und RIM schließt eine Auswertung explizit aus.

Mehr: www.faz.net.

VD: JS

Watch Your Web

Watch your web ist eine Initiative des Projekts Jugend online der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. (IJAB) und wird durch das Bundesverbraucherschutzministerium sowie durch das Bundesfamilienministerium gefördert. Ziel ist es, den kreativen und kritischen Umgang junger Menschen mit Internet, Multimedia und mobilen Medien zu fördern. Vermittelt werden soll, dass im Internet nichts privat bleibt. »Wer im Internet jemandem ein Geheimnis anvertraut, kann es gleich ans Schwarze Brett der Schule hängen«, sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner. Dies gilt auch für diffamierende Bilder oder Äußerungen über andere bis hin zu Cyber Mobbing.

Gerd Hoofe, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sagt dazu:

Viele Jugendliche nutzen begeistert die Möglichkeiten des Internets. Sie sind in Chats und Blogs aktiv, stellen Filme und Fotos von sich ins Netz. Die Wenigsten sind sich des Risikos bewusst, das sie dabei eingehen. Denn persönliche Daten, die einmal im Netz stehen, verbreiten sich blitzschnell und sind kaum mehr zurückzuholen. Die Initiative watch your web sensibilisiert spielerisch für die Gefahren und zeigt, wie man klug mit persönlichen Daten im Netz umgeht …

Hier geht es zur Website: www.watchyourweb.de.

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