Gendergerechte Sprache

Die Mär von der Freiwilligkeit des Genderns 

Staatsminister Wolfram Weimer hat in seiner Behörde Gendersonderzeichen verboten und dafür viel Kritik geerntet. Vor allem wird behauptet, dass dieses Verbot ideologisch motiviert sei, da es nie enen Genderzwang gegeben hatte. Fabian Payr verteidigt das Vorgehen von Wolfram Weimer. 

Vielfach wird Weimer vorgeworfen, er verböte mit seinem Vorstoß etwas, was nirgends geboten sei. Er beantworte Nichtzwang mit Zwang. Genderzwang – ein Phantasieprodukt? Samira El Ouassil schreibt im „Spiegel“: „Es musste vorher niemand gendern, wohlgemerkt, aber jetzt darf es dank der neuen Sprachpolizei auch niemand mehr.“ Will man einen Zwang zum Gendern empirisch belegen, wird man sicher nicht hinter der Bäckereitheke fündig, in der Schreinerwerkstatt oder beim Schneider. Anders im universitären Milieu, wo laut der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen rund 700 „Gleichstellungsakteur*innen“ sich auch mit dem Sprachgebrauch an den Unis befassen. Die von ihnen erstellten „Leitfäden“ zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch sind „Empfehlungen“, entfalten aber eine erstaunliche normative Kraft: Wissenschaftler bringen ihre Aufsätze nicht in Fachzeitschriften oder Fachpublikationen unter, wenn diese nicht gegendert sind, Anträge auf Fördermittel haben in ungegenderter Form keine Chance auf Bewilligung, und Studenten müssen mancherorts mit Punkteabzug rechnen, wenn ihre Arbeiten nicht gegendert sind. Als die „Zeit“ 2023 Universitäten zu ihrem Umgang mit Gendersprache befragte, antworteten 41 von 132 Einrichtungen auf die Frage „Ist es Professoren und anderen Dozenten an Ihrer Hochschule freigestellt, geschlechtergerechte Sprache in Prüfungsleistungen einzufordern?“ mit Ja.

Dass der Gebrauch von Gendersprache keine Sache der Freiwilligkeit ist, belegen auch die vielen teils seit Jahrzehnten gültigen Gesetze und amtlichen Regelungen, die den Sprachgebrauch im öffentlichen Dienst regeln. Wer unbefangen hinschaut, wird ihn entdecken – den Genderzwang in Behörden, Stadtverwaltungen, Ministerien und Firmen. Und es sind beileibe keine exotischen Einzelfälle, wie gern kolportiert wird. Der Soziologe Steffen Mau berichtet 2023 in einem „Spiegel“-Interview, dass ihn ein Bundesministerium zu einem Vortrag eingeladen hatte. Vertraglich sollte er sich verpflichten, „geschlechtergerechte Sprache zu nutzen“. Mau, der in seinen Publikationen selbst gendert, war irritiert: „Ich spreche gern geschlechtergerecht, aber freiwillig.“ Wenn Kulturstaatsminister Weimer also von „erzwungenem Gendern“ spricht, dann beschreibt er einen in vielen Bereichen tatsächlich existenten und nicht eingebildeten Druck zum Gendern.

Die gegen Weimer vorgebrachten Argumente erweisen sich als wenig substanziell, teils sogar kontrafaktisch, wie etwa die Mär von der Freiwilligkeit des Genderns. Sie verschleiern, dass Weimer einen reichlich harmlosen Vorstoß „gewagt“ hat: Er fordert von seinen Mitarbeitern die Beachtung geltender orthographischer Regeln. Macht ihn das zum Kulturkämpfer? Weimer unterstreicht: „Wer im öffentlichen Auftrag spricht, sollte eine Sprache wählen, die für alle nachvollziehbar ist und breite Akzeptanz findet.“ Ein Kulturstaatsminister hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Sprachgemeinschaft imstande ist, sich in einer allgemein verständlichen Sprache mit allgemein gültigen Regeln zu verständigen.

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Verschwörungserzählung

Die feministische Gendersprache basiert auf einer Verwechslung von Genus und Sexus; es gebricht ihr an Legitimität, meint Gerald Ehegartner (NZZ, 14.04.25, S. 14):

Trotz all diesen Argumenten folgt die Genderlinguistik unbeirrt der trügerischen Verknüpfung von Sexus und Genus. Wer dieses Trugbild weiterhin als real liest, wird sich über die folgende Zählung des Dudens freuen: Etwa 46 Prozent aller Nomen sind feminin, 34 Prozent maskulin und 20 Prozent neutral. Weiters steht der Pluralartikel «die» im Deutschen mit dem femininen Artikel in Verbindung, genauso wie die 3. Person Plural «sie» mit der 3. Person Singular feminin gekoppelt ist. Hätten darob nicht auch die Männer Grund, sich nicht mitgemeint zu fühlen? Aber selbstredend war hier erneut kein «Kampf der Geschlechter» ausschlaggebend, sondern die kollektive Sprachintelligenz wählte unbewusst jenes Genus, das mit dem Plural (Kollektiva) korrespondiert.

Die Behauptung eines linguistischen Patriarchats ist eine moderne Verschwörungserzählung rund um das «generische Maskulinum», die als Grundlage für den ersten künstlichen Umbau der deutschen Grammatik dient. Dieser unterscheidet sich grundlegend von Orthografiereformen oder neuen Wortschöpfungen, da diese nicht in die Sprachstruktur eingreifen. Wir haben es hier mit einer auf fehlerhaften Annahmen basierenden Gesinnungsgrammatik zu tun, die nicht nur das Geschlecht sprachlich durchgehend sichtbar machen möchte, sondern in der Sprache auch eine bestimmte Ideologie abbilden möchte.

Die Gendersprache hat sich für die «Diesseitsreligion» des Wokeismus zu einem Fetisch oder einer Art Sakralsprache entwickelt. Der auf Falschannahmen beruhende Umbau der deutschen Grammatik und die Hinzufügung von Sonderzeichen, die nicht Teil der deutschen Orthografie sind, entziehen dem Bemühen um sprachliche Gleichstellung jedoch die Legitimität in der Sache.

Bekannt ist auch, dass sich die Mehrheit der Bürger und Sprachwissenschafter gegen die Gendersprache ausspricht. Dennoch wird der ideologische Umbau der Sprache nirgendwo sonst auf der Welt so systematisch vorangetrieben wie im deutschsprachigen Raum. Dabei war Deutsch stets eine widerständige, in der Mitte der Bevölkerung verwurzelte Sprache, die sich trotz lang andauernder Geringschätzung als Weltkultur- und Wissenschaftssprache etablieren konnte.

Niemand muss gendern

Niemand muss gendern, wird gesagt. Aber in Universitäten, Institutionen, Sendern und vielen Medien drängt eine einflussreiche Minderheit längst allen ihren Politjargon auf. Wer nicht mitspielt, zerstört seine Karriere. Der renommierte Wissenschaftsjournalist Tim Schröder berichtet für DIE WELT aus einer Parallelwelt:

Obwohl der Großteil der Bevölkerung dem Gendern nichts abgewinnen kann, gendert die akademische Elite. Zu einem Teil liegt es daran, dass das Gendern ein genuin akademisches Pflänzlein ist, das in den vergangenen Jahren vor allem in den Geisteswissenschaften kultiviert worden ist. Dass es sich in der gesamten akademischen Landschaft aber derart durchsetzen konnte, hat vor allem einen Grund: Weil Druck gemacht wird. Als Wissenschaftsjournalist schreibe ich für viele verschiedene Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Inzwischen ist es mir nicht mehr möglich, Texte mit generischem Maskulinum, also der korrekten Schreibweise, durchzukriegen. Die Beidnennung wie „Expertinnen und Experten“ ist das Mindeste; wobei das grober Unfug ist, denn mit der Beidnennung spricht man explizit nur von „Frau“ und Mann“. Diverse Menschen, um die es den Befürwortern der Gendersprache ja in erster Linie geht, sind damit ausdrücklich ausgeschlossen.

Interessanterweise wird der Genderzwang meist nicht direkt ausgeübt. Er spielt sich subtiler ab. In den Verträgen, die ich unterschreiben muss, wird auf „Genderleitfäden“ oder „Richtlinien“ verwiesen. So etwa in dem Vertrag eines Forschungsinstituts, den ich kürzlich erhielt. Darin stand: „Wir empfehlen, bei der Nennung von Geschlechtern beide zu nennen oder geschlechterneutrale Formulierungen zu verwenden, vor allem in personalpolitischen Bereichen.“

Da hier „empfohlen“ wurde, wählte ich für meinen Text das generische Maskulinum als korrekte geschlechtsneutrale Form. Die E-Mail, die mir die Kollegin aus dem Institut schickte, las sich dann wie folgt: „Zum Thema Gendern haben wir sehr klare Richtlinien, die wir auch umsetzen müssen. Ich habe diese nun bereits auf den Text angewendet (siehe anbei). Wenn Sie sich damit nicht identifizieren können, würde ich auf Ihre Nennung als Autor verzichten.“ Die Empfehlung entpuppte sich als Zwang.

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Die Jugend will nicht gendern

Gute Nachrichten: Die junge Leute in Deutschland wollen nicht gendern und schätzen stabile Beziehungen. Julia Schaaf gibt einige Ergebnisse die 19. Shell-Jugendstudie mit folgenden Worten wieder: 

Auch bei den Werteinstellungen finden sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Junge Frauen sind „woker“ als junge Männer. Zeitgeistthemen wie „eine vielfältige bunte Gesellschaft“ und Feminismus sind ihnen deutlich wichtiger als den Männern, für die wiederum Themen wie Männlichkeit und „sportliche Autos/Motorräder“ eine größere Rolle spielen. Während sich ungefähr jede dritte Frau für das Gendern ausspricht, tut das nur etwa jeder zehnte Mann. Insgesamt lehnen 42 Prozent der Ju­gend­lichen das Gendern ab, nur 22 Prozent äußern sich dafür. 35 Prozent ist das Thema schlichtweg egal.

Obwohl bei der Jugendstudie 2019 weder das Thema Corona noch der Ukraine­krieg oder Tiktok eine Rolle im Leben der Jugendlichen gespielt hätten, betonte Studienleiter Albert die große Kontinuität. Familie, Freunde und stabile Beziehungen sind nach wie vor der Dreh- und Angelpunkt für das Wohl­befinden von Jugendlichen.

Mehr: zeitung.faz.net.

Dey, Xier, Hen

Am 1. August tritt das so genannte Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Dann kann jeder sein Geschlecht und den Vornamen, der ihm von seinen Eltern gegeben wurde, auf Antrag ändern lassen. Nachvollziehen kann man solch eine Gesetzgebung eigentlich nur, wenn man die geistesgeschichtlichen Umbrüche kennt, die sie vorbereitet haben (vgl. Der Siegeszug des modernen Selbst #ad). Das Gesetz wird allerlei familiäre und gesellschaftliche Konflikte provozieren und wohl auch die Gerichte, die sowieso überlastet sind, schwer beschäftigen.

Matthias Heine gibt uns einen Vorgeschmack:

Nicht nur am Zutritt zu Umkleidekabinen, Toiletten und anderen bisher ausschließlich biologischen Frauen vorbehaltenen Räumen könnten sich demnächst juristische Konflikte entzünden. Ein viel allgemeinerer Kampfplatz droht das sogenannte „Misgendern“ zu werden.

Das sogenannte „Offenbarungsverbot“ besagt laut Paragraf 13 des Selbstbestimmungsgesetzes: „Sind Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person nach § 2 geändert worden, so dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden.“ Damit hat es aber eine Bewandtnis, die verschiedene Deutungen und Auslegungen zulässt. 

Inwieweit es künftig strafbar ist, eine Person zu misgendern – also ihr unerwünschtes abgewähltes Geschlecht sprachlich zu enthüllen, ist umstritten. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung steht unter Paragraf 14: „(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen §13 Absatz 1 Satz 1 die Geschlechtszugehörigkeit oder einen Vornamen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden“. 

Doch wo beginnt das misgendern? Schon wenn man unerwünschte Pronomen gebraucht – also eine Person, die jetzt Frau ist, mit er bezeichnet? Das Bundesfamilienministerium versucht, entsprechende Bedenken zu entkräften: „Ein generelles Verbot des sogenannten ,Misgenderns’ oder ,Deadnamings’ ist im Selbstbestimmungsgesetz nicht geregelt.“ Bußgeldbewehrt sei das Misgendern nur, wenn eine „Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt“ würde. In einem frühen Entwurf war 2022 noch die Rede davon gewesen, strafbar sei es, wenn eine Person absichtlich oder fahrlässig misgegendert würde – was die interessante philosophische Frage aufwirft, welche Möglichkeiten der Verhaltensinterpretation es denn zwischen „absichtlich“ und „fahrlässig“ überhaupt gäbe.

Doch in der aktivistischen queeren Szene zeichnet sich schon jetzt ab, dass man das neue Gesetz offensiv im eigenen Sinne zu interpretieren gedenkt.

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Gendern: Das Schweigen der Medien

Auch in Hessen will die Regierung korrektes Deutsch in der Amtssprache wieder zur Pflicht machen. Dabei kämpfen Gender-Gegner gegen hohe politische Hürden und das Schweigen der Medien. Bernd Fischer, Autor ist Initiator eines Volksbegehrens gegen das Gendern in der Amtssprache, erklärt in einem Gastbeitrag für DIE WELT, wie sich der ÖRR und die Universitäten als Opfer im „Kulturkampf“ darstellen und einfach nicht darüber reden, dass eine große Mehrheit das Gendern ablehnt.

Ein Auszug:

Die entscheidende Schlacht muss jedoch mit den Universitäten ausgefochten werden. Von dieser Seite wird ja nun in schöner Regelmäßigkeit die Parole ausgegeben, dass der Koalitionsbeschluss zum Gendern einen „Kulturkampf“ heraufbeschwöre; ein Terminus, der natürlich auch von den Grünen übernommen wird. Hierbei handelt es sich um ein Paradebeispiel für die Projektionsneigung des Wahrheitsregimes (Begriff von Michel Foucault) an unseren Universitäten, sind sie es doch die Identitätspolitiker selbst, die diesen Kulturkampf – wenn man diesen Begriff denn verwenden will – ohne irgendeine demokratische Legitimation eröffnet haben.

Hier geht es allerdings um weit mehr als um die Zumutung einer Orwellschen Kunstsprache, die sich als „gendergerecht“ tarnt und die den Bürgern aufgezwungen werden soll. Hier geht es um die unterschiedlichen Facetten der Identitätspolitik, von denen das Gender-Mainstreaming nur eine darstellt. Einige Bereiche der Universitäten, die sich mit den Critical Social Justice Theories beschäftigen (neben den Gender Studies soll hier noch die sogenannte Postkoloniale Theorie genannt werden) leugnen geradewegs die Prinzipien der Aufklärung und einer universellen Vernunft, da sie diese als Schöpfungen der privilegierten westlichen Gesellschaft ansehen. Sie ersetzen Wissenschaft durch eine Glaubenslehre, die auf der nicht tilgbaren Schuld der westlichen Gesellschaft basiert. Bereits der Zweifel an den absurden Dogmen gilt als verächtlich.

Zahlreiche Autoren wie Pluckrose und Lindsay, Ulrike Schröter und Ulrike Ackermann haben mittlerweile dargelegt, welchen Sprengstoff diese Theorien bergen. Die Theorien sind durch die gemeinsame Hypothese verbunden, dass die als ideal angesehene gesellschaftliche Ordnung durch Sprechakte geschaffen werden kann. Durch die Proklamation solcher Ersatzreligionen sind Universitäten immer weniger Orte, in denen objektive Wissenschaft betrieben werden kann. Insofern muss man sogar dem Vorwurf des Kulturkampfes zustimmen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

ARD und ZDF werben fürs Gendern

Die Bevölkerungsmehrheit ist gegen das Gendern. Im ÖRR gewinnt die geschlechtergerechte Sprache trotzdem die Oberhand. Drei Jahre haben Fabian Payr und Stefan Beher  untersucht, mit welchen Methoden die Sender für Varianten der vermeintlich gendergerechten Sprache werben. Gern beruft man sich auf DIE Wissenschaft. Besonders auffällig ist, wie Kinder indoktriniert werden. 

Zitat aus der WELT: 

Die Unausgewogenheit in der Darstellung „gendersensibler Sprache“ manifestiert sich in den Sendungen auf unterschiedlichen Ebenen: 1) Gender-Befürworter erhalten in vielen Sendungen einen deutlich größeren Redeanteil als Genderkritiker. 2) Die konsultierten Experten stammen schwerpunktmäßig aus dem Lager der Befürworter. 3) Wird auf Forschung Bezug genommen, so vorrangig aus den Bereichen der Psycho- oder Genderlinguistik. 4) Die Auswahl der Gesprächspartner bildet die Positionen in der kontroversen Debatte und deren Zustimmungsraten in der Bevölkerung nicht ab. 5) Oft wird die Pro-Position in aller Breite dargestellt, die Kontra-Argumente erhalten hingegen nur wenig Raum. Nicht selten wird auf diese auch ganz verzichtet, nicht zuletzt in den satirischen Formaten der Sender (z.B. „Die Anstalt“, „Heute Show“). Dort werden Genderkritiker mit nur wenigen Ausnahmen als reaktionär, rückständig, schrullig oder frauenfeindlich dargestellt.

Diese wenig schmeichelhafte Charakterisierung von Genderskeptikern wird aber auch in anderen Formaten durch geschicktes Framing erreicht, etwa in der 3sat-Doku „Krieg der Sternchen“ (Oktober 2022), in der die Bandbreite aller säuberlich aufgelisteten Genderkritiker bis hin zu AfD und Wladimir Putin reicht – ein Club, in den wohl die weitaus meisten Genderskeptiker nicht aufgenommen werden möchten.

Zur Klarstellung: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk lässt durchaus auch Kritiker des Genderns zu Wort kommen. Im Vergleich zu den vielen Stimmen aus dem Pro-Lager, in die sich gerne auch Moderatoren einreihen, sind diese jedoch deutlich in der Minderheit – und das, obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung diesen Sprachgebrauch ablehnt und diese Ablehnung auch nachvollziehbar begründen kann. 

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Der pädagogische Anspruch der Gendersprache

Gendern wird von vielen Menschen, die sich gegen staatliche Erziehungsübergriffe sträuben, als Vertreibung aus der Sprachheimat empfunden, meint Fabian Payr in einem Gastbeitrag für die NZZ:

Der gendergerechte Umbau der Sprache führt nach Ansicht von Kritikern auch zu einer erheblichen Beschädigung des Kommunikationsmittels Sprache. Zentrale Kritikpunkte sind: Verkomplizierung der Sprache, unnötige Aufblähung von Texten, Verlust an sprachlicher Prägnanz, ästhetische und stilistische Defizite, ungrammatische Formen (Arzt*in, Bauer*in), semantisch falsche Verwendung von Verlaufsformen (verstorbene Mitarbeitende / nicht wählende Wählende), Entpersönlichung der Sprache durch Neutralisierungstechniken (Kollegium statt Kollegen), Verwendung fremdartiger Neuformen (bergsteigende Person, Gästin, Vorständin), Erfindung falscher Neubildungen (Mitglieder:innen, Krankenschwester:innen, Interessiert:innen), unlesbare Sätze («Wir suchen eine*n interessierte*n Franzos*in für eine Umfrage»).

Gendersprache hat einen pädagogischen Anspruch. Sie möchte für die Geschlechterfrage sensibilisieren und folgt dabei der wissenschaftlich höchst umstrittenen Formel «Sprache schafft Wirklichkeit». Wer mit der erklärten Absicht, über das Denken der Sprachrezipienten die Wirklichkeit zu verändern, ins Sprachsystem eingreift, verfolgt unbestreitbar eine erzieherische Absicht.

Die Mehrheit der Leute empfindet diese Art des betreuten Sprechens als übergriffig, bevormundend, anmassend. Wenn Gendern in der Bevölkerung eine so breite und entschiedene Ablehnung erfährt, dann ist einer der Gründe hier zu suchen.

Mehr: www.nzz.ch.

Roman Jakobson: Hinter dem generischen Maskulinum steckt ein Strukturprinzip

Vertreter einer gendergerechten Sprache mögen die die strukturalistische Grammatik nicht, da sie wissenschaftliche Argumente gegen ihre gefühlten Wahrheiten liefert. Begründer des Strukturalismus war Roman Ossipowitsch Jakobson, der in New York auf Claude Lévi-Strauss traf und ihn nachhaltig beeinflusste. Jakobson hatte bereits Anfang der Dreißigerjahre herausgefunden, „dass zwischen dem Maskulinum eines Wortes wie Bürger und der femininen Bürgerin eine semantische und grammatische Asymmetrie besteht: Der Bürger ist nicht nur kürzer als die Bürgerin, er hat im Gegensatz zu ihr auch eine sexusneutrale Grundbedeutung“.

Wolfgang Krischke schreibt in seinem Artikel für DIE WELT: 

Der Kampf für eine „geschlechtergerechte Sprache“ ist ein Kampf gegen das generische Maskulinum. Es wird verwendet, wenn es auf die Geschlechtszugehörigkeit nicht ankommt. Werden alle Wähler zur Stimmabgabe aufgefordert, gilt das für die Gesamtheit der Wahlberechtigten, nicht nur die Männer unter ihnen. Doch die Genderer leugnen diese Geschlechtsneutralität. In Ausdrücke wie Wähler oder Einwohner ist nach ihrer Überzeugung die Männlichkeit tief eingeschrieben. Im generischen Maskulinum sehen sie einen Trick des Patriarchats, mit dem willkürlich ein Teil für die Gesamtheit der Geschlechter gesetzt wird.

Was die Genderverfechter nicht wahrhaben wollen: Hinter dem generischen Maskulinum steckt ein grundlegendes Strukturprinzip, das sich in vielen Sprachen nicht nur in der Grammatik, sondern auch im Lautsystem und im Wortschatz findet. Es ist die Opposition zwischen „markierten“ und „unmarkierten“ Formen. Entdeckt hat sie der russische Linguist Roman Jakobson (1896–1982), einer der bedeutendsten und brillantesten Vertreter seines Fachs.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Studien zum genderneutralen Maskulinum

Verfechter einer „gendergerechten“ Sprache wollen das generische Maskulinum aus dem Formenbestand des Deutschen tilgen. Sie berufen sich dabei auf ein falsches Narrativ. Der Sprachwissenschaftler Eckard Meineke zeigt ein einem umfangreichen Buch, was hinter dieser Deformierung der deutschen Sprache steckt. 

Die WELT schreibt dazu: 

Es ist schon seltsam: In einer Gesellschaft, in der angeblich über alles geredet werden kann, wird ausgerechnet die grammatische Form der Rede mit Tabus belegt. Ganz oben auf der Liste der Sprachformen, die in Behördenbriefen, Politikerreden und öffentlich-rechtlichen Sendungen auffällig vermieden werden, steht dabei das „generische Maskulinum“. Es hat den denkbar schlechtesten Ruf. Als „männlich“ und anti-emanzipatorisch geschmäht, da Frauen und Diverse angeblich nur „mitgemeint seien“, gilt es als Inbegriff einer rückständigen Sprachpraxis, von der sich eine sogenannte „geschlechtergerechte Sprache“ im Namen einer höherwertigen Diskursmoral abgrenzt.

Vor allem Journalisten und Pressesprecher sind bestrebt, diese Sprachform tunlichst aus allen Mitteilungen zu verbannen, und sie durch umständliche, oft missverständliche Wendungen zu ersetzen, etwa, indem Partizipien zu „geschlechtergerechten“ Bezeichnungen umgedeutet werden. Da werden Mitarbeiter zu „Mitarbeitenden“, oder Schauspieler zu „Schauspielenden“. Und eine Gesundheitsstudie befragt „Hamburgerinnen und Hamburger“. Ein gewaltiger Aufwand wird also betrieben, um den Gebrauch einer Form zu vermeiden, die seit 1200 Jahren von Sprechern, Hörern und Lesern problemlos verwendet und verstanden wird: das „generische Maskulinum“ als geschlechtsneutrale Form.

Dazu hat der Sprachwissenschaftler Eckard Meineke nun ein umfangreiches Buch veröffentlicht, von dem zu wünschen wäre, dass es an Journalistenschulen und Universitäten zur Pflichtlektüre wird. Meineke behandelt darin das genderneutrale Maskulinum. Darunter ist ein neutraler Allgemeinbegriff zu verstehen, der sich auf Personen ungeachtet ihres Geschlechts bezieht. Seine Verwendung hat bewährte Vorteile, denn auf diese Weise lässt sich verallgemeinernd von Personen sprechen, ohne deren Geschlecht schon durch die Wortwahl „markieren“ zu müssen: etwa dann, wenn die Geschlechtszugehörigkeit für die beabsichtigte Aussage keine Rolle spielt („die Teilnehmer“). Auch ein Femininum kann genderneutral funktionieren („die Person“). Ebenso wie das neutrale Genus („das Kind“).

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

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