Gottesbilder

Ist Gott queer?

Queere Theologie läuft Gefahr, sich von zentralen Glaubensgrundsätzen zu entfernen, meint Ulrich Körtner in einem Gespräch mit der WELT: 

„Eine dramatische Veränderung“ ergebe sich durch die queere Theologie für die Kirche. „Denn wenn das biologische Geschlecht irrelevant sein soll, muss auch die kirchliche Sexualethik irrelevant werden, da sie von der Zweigeschlechtlichkeit ausgeht und die Prinzipien der zweigeschlechtlichen Ehe auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften anzuwenden vermag. Das erodiert, wenn biologische Geschlechtlichkeit bestritten wird.“

Zudem ergäben sich „gewaltige Probleme“ beim christlichen Gottesbild. „Die feministische Theologie wollte zwar auch weibliche Seiten in Gott entdecken, ging aber im christlichen Kontext noch davon aus, dass Gott die Versöhnung zwischen den von ihm geschaffenen Geschlechtern will, die seinem Bilde entspricht“, sagt Körtner. „Demgegenüber wird in einer Theologie der Queerness versucht, die eigene sexuelle Identität, die man sich selbst in Zurückweisung biologischer Geschlechtlichkeit konstruiert, nun auch in einer sexuellen Queer-Identität Gottes zu verankern, die ebenfalls in Zurückweisung biologischer Geschlechtlichkeit konstruiert wird.“

Das aber widerspreche „diametral“ dem Gottesbild der Bibel. „Denn in ihr ist Gott sexuell weder aktiv noch konnotiert. Dass er als Vater bezeichnet wird, macht aus ihm keinen Mann im sexuellen Sinne. Deshalb kann man ihn für keine sexuelle Identität welcher Art auch immer in Anspruch nehmen, nicht das Eigene auf ihn projizieren oder ihn als Analogie des eigenen Lebens konstruieren.“ Insofern habe „eine reflektierte Lehre von Gott eine kritische Funktion“, sagt Körtner. „Sie ist ein Einspruch dagegen, die eigene Identität auf Gott zu übertragen und damit absolut zu setzen.“

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Gott ist nicht einfach die Liebe

Emil Brunner schreibt in seinem Werk Der Mittler über die Liebe Gottes (Tübingen: Mohr Siebeck, 1927):

Gott ist nicht einfach die Liebe. Gottes Wesen soll nicht mit einem einzigen Wort ausgesagt werden können. Der Vater geht nicht in den Sohn über, wie das Vorläufige in das Definitive übergeht. Der dunkle Hintergrund hinter der Gestalt des Sohnes darf nicht verschwinden, sonst verfallen wir im Glauben einer falschen Sicherheit. Aus der certitudo wird die securitas. Wir sollen es als das große unergründliche Wollen Gottes und niemals als Selbstverständlichkeit wissen, daß Gott die Liebe ist. Gott liebt wen er lieben will. Von seiner Liebe wissen, heißt sich erwählt wissen. Gott hört auch in der Liebe nicht auf, der freie Herr zu sein. Daß wir hier nicht an die Stelle der Bewegung den Ruhezustand, das platte, selbstverständliche Sosein setzen, das ist das andere entscheidend wichtige Anliegen, das die Trinitätslehre zum Ausdruck bringt. Gott ist der Vater und der Sohn. Wir sollen an Gott als die Liebe glauben, das heißt, wir sollen die Einheit in der Zweiheit, als die im Glauben stets neu zu überwindende Zweiheit haben. Gott ist nicht einfach die Liebe, er bestimmt sich als Liebe. Liebe ist sein Wille, nicht seine Natur, ob auch sein ewiger Wille. Als seine Natur aber müssen wir, auch in Christus, seine majestätische Souveränität und Heiligkeit verehren. Dieses Doppelte muß in der Bewegung bleiben: Gott ist die Liebe; aber auch: Gott ist die Liebe.

Calvin zum zweiten Gebot

Die Institutio zum zweiten Gebot (II,8,16):

»Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, noch des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht …«

Wie Gott im vorigen Gebot kundtat, daß er der eine ist, außer welchem keinerlei andere Götter zu denken oder zu verehren sind, so gibt er jetzt deutlich zu verstehen, was für ein Gott er ist und welcher Gottesdienst ihm zu seiner Verehrung wohlgefällt, damit wir ihm nicht etwas Fleischliches anzudichten wagen! Die Absicht dieses Gebotes geht dahin, daß er seine rechte Verehrung nicht durch abergläubische Gebräuche entweihen lassen will. Deshalb will er uns — und das ist im wesentlichen der Inhalt des Gebots — von allen fleischlichen Vorstellungen, die unser Sinn, wenn er Gott nach seiner eigenen, groben Art denken will, notwendig aufbringt, gänzlich wegrufen und abziehen und uns zu dem rechtmäßigen Gottes­dienst, der da geistlich ist und den er selbst angeordnet hat, bereit machen. Das scheußlichste Laster, das bei der Übertretung dieses Gebots eintreten kann, nennt er mit Namen: den offenen Götzendienst.

Jesus, ich vergebe dir

Meine Frau liest derzeit den Bestseller Die Hütte. In unserem Haus ergeben sich so immer wieder Gespräche über den Roman und die in ihm vermittelten Vorstellungen über Gott, Offenbarung, Erlösung (vgl. hier) und Heilung.

Kürzlich empfing ich via ePost die Empfehlung für eine Live-Sendung des Evangeliumsrundfunks (ERF) über Gottesbilder. Da in dieser Sendung auch über Die Hütte gesprochen werden sollte, habe ich mir gestern »wirklich. Gottesbilder« angeschaut und wurde überrascht.

Vorab: (1) Gewöhnlich schaue ich mir keine frommen Programme im TV an. Ich kann und will nichts über den ERF allgemein sagen. Ich vermute, dass dieses Missionswerk im Radio und im Fernsehen gute Programme ausstrahlt und das Leben vieler Menschen bereichert. (2) Das besagte Format »wirklich.« wird live ausgestrahlt. In einer live-Sendung laufen die Dinge nicht immer so, wie sie laufen sollten und der Handlungsspielraum des Moderators ist begrenzt. (3) Ein Studiengast ist spontan für jemanden eingesprungen, der wegen Krankheit absagen musste. Unvorbereitet an so einer Sendung teilzunehmen, ist ein Wagnis, das bewundernswerten Mut erfordert.

Trotzdem ist es erlaubt, öffentliche Programme wie diese öffentlich zu kommentieren.

Über die Sendung schreibt der ERF:

Die Vorstellungen von Gott reichen vom alten Mann mit Rauschebart bis zum strengen Despoten mit erhobenem Zeigefinger. Durch die verschiedensten Prägungen haben Menschen Bilder von Gott, die den Glauben verharmlosen, blockieren oder sogar zu einer Qual werden lassen. Wie kann man Gott kennenlernen, so wie er wirklich ist?

Als einfacher Christ und Seelsorger kann ich das bestätigen. Unsere Vorstellungen über Gott sind oft »harte Nüsse«, die zu knacken sind. Noch stärker behaupte ich sogar, dass falsche Bilder von Gott ein Haupthindernis für den wahrhaftigen und lebendigen Gottesdienst sind. Genau aus diesem Grund sagt Gott in 2Mose 20,4: »Du sollst dir kein Gottesbild machen«.

Also war ich darauf vorbereitet, dass die Gäste von »wirklich. Gottesbilder« einen willkürlichen Despoten, der Freude daran hat, uns Menschen Angst zu machen, hinterfragen und einen liebenden Gott in den Mittelpunkt des Gesprächs stellen würden. Dass das Gefühl hervorgehoben, der Gott des Alten Testmanents problematisiert und der griechische Dualismus von Kopf und Herz vorausgesetzt wurde, all das hat mich nicht überrascht. Ja, wir Christen dürfen Fehler machen und leben ganz von der Gnade Gottes. Ja, es gibt nicht auf jede Frage eine Antwort. Sogar die Ausführungen über das »herrliche Buch« Die Hütte (O-Ton) ließen mich kalt.

Wach wurde ich, als ein Studiogast darauf verwies, dass auch wir Menschen gelegentlich Gott vergeben müssen. »Moment mal! Geht es nicht um falsche Gottesbilder?«, dachte ich. »Setzt ein Gott, dem wir vergeben müssen, nicht ein verwirrtes und verwirrendes Gottesbild voraus?« »Ist hier nicht ein Punkt erreicht, wo etwas gesagt werden muss?«

Es passierte nichts. So will ich hier, zugegebenermaßen spontan und ungefiltert, kurz etwas dazu sagen.

Vergebung richtet sich auf Sünde und Schuld (vgl. den dritten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses sowie die fünfte Bitte des Vaterunsers). Sie ist immer Bewegung in eine Richtung: Derjenige, an dem jemand schuldig geworden ist, vergibt dem, der Unrecht tat.

Da wir als Menschen untereinander schuldig werden, brauchen wir den gegenseitigen Zuspruch der Vergebung. Weil es unsere Hauptsünde ist, dass wir unser Verhältnis zu Gott verfehlen und ihm nicht die Ehre geben, die ihm gebührt (vgl. Röm 1,21), sind wir auf Gottes Vergebung angewiesen (vgl. Eph 1,7 u. Kol 1,14).

Vergebung, die Gott uns zuspricht, hat nichts mit einem Übersehen unserer Sünde zu tun. Gott kann uns vergeben, weil Jesus Christus die Lasten unserer Gottlosigkeit und unserer Vergehen am Kreuz getragen hat. Da er für uns zum Fluch geworden ist, kann Gott uns von unserer Sünde freisprechen (vgl. Gal 3,13).

Deshalb dürfen wir mit Luther beten: »Wir bitten in diesem Gebet, dass der Vater im Himmel nicht ansehen wolle unsere Sünden und um ihretwillen solche Bitten nicht versagen; denn wir sind nichts von dem wert, was wir bitten, haben’s auch nicht verdient; sondern er wolle es uns alles aus Gnaden geben, weil wir täglich viel sündigen und nichts als Strafe verdienen. So wollen wir wiederum auch herzlich vergeben und gerne wohl tun denen, die sich an uns versündigen« (Kleiner Katechismus, Die fünfte Bitte zum Vaterunser).

Sollte es stimmen, dass wir lernen müssen, Gott zu vergeben, setzt dies voraus, dass Gott Fehler macht und ungerecht ist. Nicht nur das. Vorausgesetzt wird auch, dass Gott an uns schuldig wird und uns gegenüber Rechenschaft abzulegen hat. Kurz: Wir treten Gott gegenüber als Richter auf. Unser HERR sitzt auf der Anklagebank.

Wird hier ein Gottesbild vermittelt, das dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift entspricht? Natürlich ist die Bibel voller Geschichten, die zeigen, dass wir Menschen Gott oft nicht verstehen. Die Klagepsalmen signalisieren, dass wir mit Gott ringen (dürfen). Ich befürchte allerdings, dass die Empfehlung, Gott zu vergeben, der Selbstoffenbarung Gottes nicht gerecht wird. Auch wenn es manchmal scheint, als sei Gott ungerecht, ist er es nicht. Gott ist »Licht, und Finsternis ist keine in ihm« (1Joh 1,5). »Geht es bei Gott etwa ungerecht zu?« (Röm 9,14). »Gewiss nicht! Denn Gott ist nicht ungerecht« (Hebr 6,10). Gerade weil Gott gerecht ist und uns Menschen in Jesus Christus entgegenkommt (und damit im Fall unserer Sündhaftigkeit Gnade vor Recht gilt), dürfen wir ihm vertrauen.

Es stimmt, unser Gottesbild ist nie fertig. Unsere Vorstellungen von Gott müssen sich immer wieder an dem bewähren, was Gott von sich selbst in seinem Sohn und seinem Wort bezeugt. Aber mit dieser Selbstoffenbarung Gottes haben wir behutsam und sorgfältig umzugehen. Stellen wir das, was Gott sagt, nicht auf den Kopf!

So sehe ich das. Jeder kann sich selbst überzeugen, ob ich »wirklich. Gottesbilder« oder das Zeugnis der Heiligen Schrift falsch wahrnehme.

Hier die Adresse für den Mittschnitt: www.erf.de.

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