Gottesliebe

C.S. Lewis über die Liebe Gottes

C.S. Lewis schreibt über die Liebe Gottes (Über den Schmerz, 1978, S. 58):

Wir nennen menschliche Liebe dann selbstsüchtig, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt auf Kosten der Bedürfnisse des Geliebten wenn etwa ein Vater seine Kinder zu Hause hält, weil er nicht auf ihre Gesellschaft verzichten kann, während sie doch, um ihres eigenen Interesses willen, in die Welt hinaus müßten. In dieser Situation ist also zunächst ein Bedürfnis oder ein Verlangen auf seiten des Liebenden, ferner ein dem entgegenstehendes Bedürfnis auf seiten des Geliebten, und schließlich auf seiten des Liebenden die Nichtbeachtung oder ein schuldhaftes Nichtkennen der Bedürfnisse des Geliebten. Nichts hiervon findet sich in der Beziehung Gottes zum Menschen. Gott hat keine Bedürfnisse.

Menschliche Liebe ist, wie Platon uns lehrt, das Kind der Armut, eines Bedürfens also oder eines Mangels; sie wird hervorgerufen durch ein, wirkliches oder vermeintliches, Gut im Geliebten, dessen der Liebende bedarf und wonach er verlangt. Gottes Liebe: aber wird nicht nur nicht hervorgerufen durch die Gutheit des Geliebten; sondern sie selbst ruft jegliche Gutheit im Geliebten hervor: Er liebt den Geliebten zuerst ins Dasein und dann in eine zwar abgeleitete, aber dennoch wirkliche Liebenswürdigkeit hinein. Gott ist Gutheit. Er vermag das Gute zu geben; aber es ist undenkbar, daß Er seiner bedürfte oder es erst erlangte. In solchem Sinn ist, kraft Definition, all Seine Liebe sozusagen bodenlos uneigennützig; sie hat alles zu geben und nichts zu empfangen.

Die komplexe Lehre von der Liebe Gottes

3982288584 01 S001 LXXXXXXXD.A. Carsons Buch Die komplexe Lehre von der Liebe Gottes ist nun endlich auch in deutscher Sprache erhältlich. Das Buch geht auf Vorträge zurück, die Carson im Februar 1998 am Dallas Theological Seminary gehalten hat. Erörtert werden Fragen wie: Kann Gott angesichts seiner Unveränderlichkeit Gefühle haben? Wie verhält sich die Liebe Gottes zu seiner Souveränität und zu seinem Zorn?

D.A. Carson verteidigt in dem Werk den sogenannten Kompatibilismus, nachdem die absolute Souveränität Gottes die Verantwortung des Menschen nicht aufhebt. Er schreibt auf (S. 50–51):

Das vielleicht auffälligste Beispiel für Kompatibilismus findet sich in Apostelgeschichte 4,23–29. Die Kirche hat ihren ersten Hauch von Verfolgung erlebt. Petrus und Johannes berichten, was geschehen ist. Die Gemeinde betet zu Gott in der Sprache von Psalm 2. Ihr Gebet geht folgendermaßen weiter (4,27–28): „Und so ist es tatsächlich gekommen: Hier in dieser Stadt haben sich Herodes und Pontius Pilatus zusammen mit den heidnischen Nationen und den Stämmen Israels gegen deinen heiligen Diener Jesus verbündet, den du gesalbt hast. Doch indem sie so vorgingen, ist genau das eingetreten, was du in deiner Macht vorherbestimmt hattest und was nach deinem Plan geschehen sollte.“ Beachte genau: Einerseits gab es eine schreckliche Verschwörung, die Herodes, Pilatus, die heidnischen Behörden und die jüdischen Führer mitriss. Es war eine Verschwörung und sie sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Andererseits taten sie das, was Gott in seiner Macht vorherbestimmt hatte und was nach seinem Plan geschehen sollte.

Wenn man einen Moment darüber nachdenkt, wird deutlich, dass jede andere Darstellung der Ereignisse das biblische Christentum zerstören würde. Wenn wir uns die Kreuzigung Jesu Christi ausschließlich als eine Verschwörung der damaligen politischen Behörden vorstellen und nicht als einen Plan Gottes (außer vielleicht, dass er im letzten Moment eingriff und beschloss, den Tod auf eine Weise zu nutzen, die er selbst nicht vorhergesehen hatte), dann bedeutet das, dass das Kreuz ein Unfall der Geschichte war. Vielleicht war es ein Unfall, der von Gott in seinem eigenen Interesse geschickt manipuliert wurde, aber es war nicht Teil des göttlichen Plans. In diesem Fall wird das gesamte Muster der im Vorfeld vorhergesagten Offenbarung zerstört: Yom Kippur, das Passahlamm, das Opfersystem und so weiter. Wenn dem so wäre, könntest du schon mal als Start den Hebräerbrief aus deiner Bibel herausreißen.

Wenn andererseits jemand die Souveränität Gottes beim Tod Jesu hervorhebt und begeistert davon spricht, dass aufgrund des Vorgehens aller Beteiligten „genau das eingetreten [ist], was du in deiner Macht vorherbestimmt hattest und was nach deinem Plan geschehen sollte“ (4,28) und dabei vergisst, dass es sich um eine böswillige Verschwörung handelte, wären Herodes, Pilatus, Judas Iskariot und die anderen vom Bösen entlastet. Wenn Gottes Souveränität bedeutet, dass alle, die ihm unterstehen, immun sind gegen den Vorwurf der Gesetzesverstöße, dann sind auch alle immun. In diesem Fall gibt es keine Sünde, für die gesühnt werden muss. Warum also das Kreuz? So oder so, das Kreuz wird zunichte gemacht.

Kurz gesagt, der Kompatibilismus ist ein notwendiger Bestandteil jeder reifen und orthodoxen Auffassung von Gott und der Welt. Er wirft unweigerlich wichtige und schwierige Fragen zur sekundären Kausalität auf, zur Frage, wie die menschliche Verantwortlichkeit begründet werden sollte und vieles mehr. Aus Platzgründen kann ich hier nicht auf diese Fragen eingehen.

Das Buch wurde von Solid Rock Verlag herausgegeben und kann hier bestellt werden.

Christlicher Hedonismus

Pascal schreibt im 280. Fragment seiner Gedanken: »Wie weit ist es von der Erkenntnis Gottes bis dahin, dass man ihn liebe.« Ich würde mit Blick auf 1Joh 4,18 hinzufügen: »Wie weit ist es von der Furcht Gottes bis dahin, dass man ihn liebe.« Augustinus unterrichtet dazu wunderschön (Vom ersten katechetischen Unterricht, 1985, S. 58):

Wer aber wegen der ewigen Glückseligkeit und der immerwährenden Ruhe, die den Heiligen für die Zeit nach diesem Leben in Aussicht gestellt ist, Christ werden will, damit er nicht mit dem Teufel ins ewige Feuer, sondern mit Christus ins ewige Reich eintritt, der ist wahrhaft ein Christ. In jeder Versuchung ist er auf der Hut, daß das Glück ihn nicht verderbe, das Unglück ihn nicht breche; im Überfluß der irdischen Güter bleibt er bescheiden und maßvoll, in der Bedrängnis tapfer und geduldig. Wenn er sich noch weiter vervollkommnet, kann er zu solcher Glaubensstärke kommen, daß seine Liebe zu Gott größer wird als die Furcht vor der Hölle; sogar wenn Gott zu ihm sagen würde: »Gib dich für immer den fleischlichen Genüssen hin und sündige, soviel du vermagst, und du wirst trotzdem nicht sterben und nicht in die Hölle geworfen, allein bei mir wirst du nicht sein«, würde er entsetzt sein darüber und auch jetzt keine einzige Sünde begehen, aber nicht so sehr aus Angst, dorthin zu stürzen, wovor er sich fürchtete, sondern um dem keinen Anstoß zu geben, den er so sehr liebt. In ihm allein ist die Ruhe, »die kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, und die in keines Menschen Herz eingedrungen ist, die Gott denen bereitet hat, welche ihn lieben«.

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