C.S. Lewis über die Liebe Gottes

C.S. Lewis schreibt über die Liebe Gottes (Über den Schmerz, 1978, S. 58):

Wir nennen menschliche Liebe dann selbstsüchtig, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt auf Kosten der Bedürfnisse des Geliebten wenn etwa ein Vater seine Kinder zu Hause hält, weil er nicht auf ihre Gesellschaft verzichten kann, während sie doch, um ihres eigenen Interesses willen, in die Welt hinaus müßten. In dieser Situation ist also zunächst ein Bedürfnis oder ein Verlangen auf seiten des Liebenden, ferner ein dem entgegenstehendes Bedürfnis auf seiten des Geliebten, und schließlich auf seiten des Liebenden die Nichtbeachtung oder ein schuldhaftes Nichtkennen der Bedürfnisse des Geliebten. Nichts hiervon findet sich in der Beziehung Gottes zum Menschen. Gott hat keine Bedürfnisse.

Menschliche Liebe ist, wie Platon uns lehrt, das Kind der Armut, eines Bedürfens also oder eines Mangels; sie wird hervorgerufen durch ein, wirkliches oder vermeintliches, Gut im Geliebten, dessen der Liebende bedarf und wonach er verlangt. Gottes Liebe: aber wird nicht nur nicht hervorgerufen durch die Gutheit des Geliebten; sondern sie selbst ruft jegliche Gutheit im Geliebten hervor: Er liebt den Geliebten zuerst ins Dasein und dann in eine zwar abgeleitete, aber dennoch wirkliche Liebenswürdigkeit hinein. Gott ist Gutheit. Er vermag das Gute zu geben; aber es ist undenkbar, daß Er seiner bedürfte oder es erst erlangte. In solchem Sinn ist, kraft Definition, all Seine Liebe sozusagen bodenlos uneigennützig; sie hat alles zu geben und nichts zu empfangen.

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Bettina Klix
1 Tag zuvor

Lieber Ron, danke, dass Du an dieses großartige Buch erinnerst.
Das Buch über die Liebe von C.S. Lewis, das ich nur auf Englisch besitze „The four Loves“, fängt mit der Johannes-Definition an: „God is love“. Und die Untersuchung der menschlichen Liebe wird bei Lewis durch das Zitat von Denis de Rougemont markiert: „Love ceases to be a demon when he ceases to be a God“. Besser kann man das, was heute vergessen wird, kaum kennzeichnen.

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