Indien

IT, Politik

Der gläserne Inder

Wohin das Zusammenspiel von privater und staatlicher Datensammelwut führen kann, kann man in Indien sehen. Das Land verkörpere das „dystopische Endresultat eines Überwachungsapparates“, meint der Journalist Emran Feroz:

Aadhaar – zu Hindi: „Grundlage“ – lautet der Name der größten biometrischen Datendank der Welt, die von der indischen Regierung ins Leben gerufen wurde. Laut dem offiziellen Narrativ soll die Datenbank, die bereits seit 2009 existiert, die Massenverwaltung in der „größten Demokratie der Welt“ erleichtern und Korruption bekämpfen. So soll etwa durch Aadhaar den Armen besserer Zugang zu Sozialhilfen ermöglicht werden.

Was vernünftig klingt, ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Denn Aadhaar sammelt so ziemlich alle Daten, die ein Mensch haben kann. Mittlerweile ist es zu einem Pflichtprogramm für jeden indischen Bürger geworden. Ungefähr so, als würde jeder Inder gezwungen, sich bei Facebook anzumelden und dort alle Daten über sich preiszugeben – und am Ende haben sowohl die Regierung als auch mächtige Privatkonzerne Zugriff darauf. Einfach ausgedrückt: In Indien muss jeder durchschaubar, ja gläsern werden.

Hier der vollständige Kommentar:

 

Missiologie

Mit Bartholomäus Ziegenbalg lernen

NewImageVor vielen Jahren hatte ich das Vorrecht, Niels Peter Moritzen bei der Herausgabe von zwei Werken aus der Frühgeschichte der evangelischen Mission zu unterstützen. Die Schrift „Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission“ wurde am 21. Juli 1717 in Tranquebar/Südindien in lateinischer Sprache von der Missionsdruckerei veröffentlicht. Als Autoren zeichnen die beiden Indienmissionare B. Ziegenbalg und J.E. Gründler.

Prof. Moritzen, der die Schrift übersetzte und damit erstmals einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machte, schreibt in seiner Einführung: „Diese Darstellung ist ein faszinierendes Beispiel für eine sachliche und werbende Missionsberichterstattung, die sich an Mitchristen wendet. Sie macht nicht nur den äusseren Aufbau der Arbeit, sondern auch das Selbstverständnis der führenden Missionare recht deutlich und ist so als eine Einführung recht brauchbar“ (Bartholomäus Ziegenbalg u. Johannes Ernst Gründler, Von den Anfängen evangelischer Mission, hrsg. von Niels Peter Moritzen, Bonn, 2002, S. 7).

Die beiden Verfasser der Schrift „Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission“ beschreiben unter Abschnitt XXV die Verkündigung des Evangeliums. Das gefällt mir natürlich:

Durch die Ankündigung des Evangeliums wird den Menschen der übergroße und allerkostbarste Schatz vorgestellt und dargeboten. Wer diesen annimmt und in seinem Gemüt wirklich zu eigen hat, der hat das Brot des Lebens; wer es isst, wird in Ewigkeit leben. Er hat eine Quelle lebendigen Wassers; wer daraus Wasser trinkt, wird in Ewigkeit nicht dürsten. Ja Ströme lebendigen Wassers fließen von seinem Leibe. Er hat das Licht der Welt, und wer dem folgt, wird nicht wandeln in der Finsternis. Er hat den Weg, und nur dieser führt uns zum ewigen Leben. Er hat die Pforte, durch die wir zur Teilnahme am Himmelreich eingehen. Dieser allerkostbarste und himmlische Schatz ist JESUS CHRISTUS, und zwar der gekreuzigt und von den Toten auferstanden ist. Er ist uns von Gott gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.

Aber beeindruckend ist auch, was die Missionare über die Zielsetzung der errichteten Schulen kundtun. Es heißt dazu unter XIII.:

Das wichtigste Ziel in diesen Schulen ist: 1) Die wahre Frömmigkeit oder Erkenntnis der Wahrheit nach Art der Frömmigkeit in ihre Seelen zu pflanzen. 2) Das Wort Gottes und die göttlichen Wahrheiten aus der Heiligen Schrift selbst ihnen vertraut zu machen. 3) Die Lehren des wahren Christentums aus der Heiligen Schrift und anderen christlichen Büchern so zu lehren, daß sie den wahren Sinn und Zusammenhang der ganzen Ordnung der Gnade und des Heils erfassen, wie Gott in unseren Seelen das Werk der Erlösung bewirkt. 4) Den wahren Gebrauch und Sinn christlicher Schriften durch die Erziehung der Kleinen in diesen bisher dunklen Ländern einzuführen. 5) Die Schüler zu guten Sitten zu erziehen, damit die eingeübten Sitten der Heiden ausgelöscht und eine christliche Kultur der Seelen begründet werde. 6) Die biblische Geschichte nach ihrem Zusammenhang ihnen einzuprägen. 7) Rechtschreibung und Rechenkunst zu lehren. 8) Ihnen einen guten Stil anzugewöhnen usw.

Es folgt ein – wie ich meine – besonders wertvoller Abschnitt. Unter XIV. beschreiben die Missionare, wie sie einige begabte und fortgeschrittene tamulische Schüler für den Missions- und Pastorendienst vorbereiten. Zu ihren Aufgaben gehört:

1) Täglich halten sie fortlaufende biblische Lesung. 2) Kernstellen der Bibel werden auswendig gelernt. 3) Die thetische Theologie lernen sie ernstlich. 4) An den oben kurz beschriebenen tamulischen Schulen halten sie Katechisationen. 5) Die Predigten, die die Missionare öffentlich halten, schreiben sie in der Kirche aus ihrem Munde eilends mit Eilschrift auf, bedenken sie zu Hause und wiederholen sie vor der Versammlung der Schüler und Katechumenen aus dem Gedächtnis. 6) Gewisse theologische Stoffe und biblische Aussagen werden ihnen zur Erklärung vorgelegt, die sie nach ausreichender privater Verarbeitung und nach tamulischer Niederschrift auf Papier, wohlbedacht zum Vortrag ihrer Überlegungen vor den übrigen Schülern Gelegenheit haben. 7) Die biblische Geschichte machen sie sich durch häufigen Unterricht und Lesung vertraut. 8) Sie besuchen das Collegium Biblicum et Exegeticum, d.h. die Bibelauslegungsstunde bei den Missionaren. 9) Sie bemühen sich um medizinische Kenntnisse nach den Prinzipien der tamulischen Ärzte sowohl theoretisch wie praktisch. 10) Sie lernen das Portugiesische, Geographie und Kenntnis des Globus usw.

Na, da können wir heute viel lernen!

Bücher, Kirchengeschichte, Rezensionen

Rezension: Durch Leiden geprägt

Nachfolgend eine Rezension zum Buch:

  • Ekkehard Graf: Durch Leiden geprägt: Die gegenwärtigen Leidenserfahrungen der indischen Nethanja-Kirche mit einem Blick auf die paulinischen Gemeinden, Dortmunder Beiträge zu Theologie und Religionspädagogik 10, Lit Verlag, 344 S., ISBN 364-3-643-11595-9, Euro 29,90.

 

Durch Leiden geprägt

Die Christen der noch jungen Nethanja-Kirche in Ostindien erdulden seit Jahren Bedrängnisse und Verfolgungen wegen ihres Glaubens. Trotz dieser Widerstände wächst die Kirche unablässig. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der erfahrenen Repression und dem Gemeindewachstum?

Ekkehard Graf, Pfarrer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Mitarbeiter beim „Arbeitskreis für Religionsfreiheit, Menschenrechte u. Verfolgte Christen“ der Evangelischen Allianz hat in seiner Promotion die Situation der indischen Kirche eingehend untersucht und sie mit der Verhältnissen der durch Paulus gegründeten urchristlichen Gemeinden verglichen.

Die von Professor Rainer Riesner betreute Arbeit enstand in den Jahren zwischen 2006 und 2011 und wurde 2012 von der Fakultät Humanwissenschaften und Theologie der TU Dortmund angenommen. Ekkehard Graf setzt drei Schwerpunkte. In einem ersten Teil wird die gegenwärtige Lage der indischen Nethanja-Kirche erfasst. Der Autor beleuchtet den gesellschaftlichen Hintergrund, auf dem die Kirche erwachsen ist, ihre Enstehung sowie Entwicklung und erfasst schließlich systematisch ihre Leidenserfahrungen. Da bisher nur spärlich über die Kirche publiziert wurde, musste die Lage der Christen aufwendig erschlossen werden. Graf konnte auf wenige schriflliche Quellen zurückgreifen, überwiegend auf das Mitteilungsblatt „Nethanja Post“ des deutschen Missionsvereins „Kinderheim Nethanka Narsapurt – Christliche Mission Indien“ e.V. und auf Liedgut, das 2007 erstmalig in einem Nethanja-Liederbuch gesammelt wurde. Das Buch enthält 489 Lieder, ungefähr 100 davon stammen von Pastoren und Musikern der Nethanja-Kirche. 12 dieser Lieder stehen in einem besonderen Zusammenhang mit aktuellen Leidenserfahrungen und wurden eingehend durchleuchtet. Darüber hinaus hat Graf Christen der Nethanja-Kirche aufwendig interviewt, Konversionsberichte ausgewertet und Gottesdienste beobachtet. Die narrativen Interviews sind im Anschluss an die Transkription statistisch verwertet und systematisch kategorisiert worden. Die Lektüre ist spannend und zugleich bedrückend. Geschildert werden unglaubliche Unterdrückungs- und Gewalterfahrungen, angefangen von sanfter Diskriminierung bis hin zu Familienausschlüssen, Massenvergewaltigungen und Mordanschlägen. Die dafür Verantwortlichen sind Familienangehörige, Hindus, Animisten, maoistische Naxaliten sowie staatliche Behörden.

Im zweiten Teil untersucht Graf die von dem Heidenapostel Paulus gegründeten Gemeinden. Die Leidenserfahrungen dieser Urgemeinden werden beschrieben und systematisch-theologisch betrachtet, um sie dann in ein Verhältnis zu den Erfahrungen der indischen Christen zu setzen. Graf zeigt einerseits, dass sich aufgrund der Lage der Nethanja-Kirche die paulinische Texte besser verstehen lassen (da vergleichbare Phänomene zugrunde liegen), sich andererseits auch zeigen lässt, wie „in Bedrängnis Glaube gelebt und Kirche gestaltet werden kann“ (S. 15). Es werden besondere Hilfe im Leiden herausgestellt. Dazu gehören die Hilfe durch die Gemeinde (S. 241–245), Hilfe durch das Gebet (S. 246–249), Hilfe durch Bibeltexte (S. 251–253), Hilfe durch die Christusbeziehung (S. 254–256) und sonstigen Beistand wie beispielsweise Wundererfahrungen (S. 258–260).

Die Bedrängnisse haben eminente Auswirkungen für das Leben der Christen. Graf untersucht diese zunächst im Bereich des Gemeindelebens (S. 263–278): „Die paulinische Aussage, dass Glaube, Liebe und Hoffnung Kennzeichen der bedrängten Gemeinde sind (lThess 1,3), lässt sich an der Nethanja-Kirche verifizieren, denn die Leidenserfahrungen prägen den von den indischen Christen praktizierten Glauben in hohem Maße. Die Bedrängnis führt zu stark frequentierten Gottesdiensten, in denen die Christen Gemeinschaft, Trost und Angenommensein erfahren. Im Gebet werden die Leiden vor Gott gebracht und [wird] gemeinsam für Erhörung gedankt. Die in der Nethanja-Kirche entstandenen Lieder helfen den Christen Gefühle und Überzeugungen in der ihnen eigenen Sprache und Melodik zum Ausdruck zu bringen. Im Singen von Lobliedern werden die Leiden in einem gewissen Maß relativiert und der Leidende wird zum Ertragen ermutigt. In Verkündigung und Lehre der Nethanja-Kirche spielen die Leiden Christi wie auch die Kreuzestheologie des Paulus eine große Rolle. Zudem sind alttestamentliche Personen von Bedeutung, die ein hohes Maß an Identifikation ermöglichen“ (S. 301). Die Leidenserfahrungen haben massive Konsequenzen für die Lebensführung der Christen (S. 281–292): „Das Leben in einer feindlich gesinnten Umwelt bringt die Christen zu einer Ethik, die orientiert an der christlichen Überlieferung, die richtige Balance von Abgrenzung und Zuwendung zur Gesellschaft sucht. Besonders in praktizierter Nächstenliebe tun sich die Christen der Nethanja-Kirche hervor und erfüllen damit die Weisung Jesu Christi. Für ihr Umfeld anstößig, aber motiviert vom Evangelium, überschreitet die Nethanja-Kirche bewusst die Grenzen der Kastenordnung, zudem wertet sie die Frauen in der Gemeinde auf. Trotz teils massiver Angriffe verzichten die Christen der Nethanja-Kirche konsequent auf Gewaltanwendung, selbst ehemalige Naxaliten in ihren Reihen entsagen einer Gegenwehr. Vielmehr beten sie für ihre Feinde und handeln an ihnen mit Taten der Barmherzigkeit. Gegenüber dem Staat verhält sich die Nethanja-Kirche in Distanz und Loyalität unterschiedlicher Nuancierung“ (S. 302). Schlussendlich schöpfen die Christen Hoffnung, indem sie inniglich die Wiederkunft ihres Herrn erwarten (S. 294–299): „Die Leidenserfahrungen prägen die Hoffnung der Christen, indem sie in Bedrängnis eine ermutigende Eschatologie entwickeln. Eine unmittelbare Erwartung der baldigen Wiederkunft Jesus Christi zeigt sich in der Nethanja-Kirche ähnlich wie schon bei Paulus. Diese Parusie-Erwartung prägt die Christen und wird zur Ermutigung inmitten der Bedrängnis. Geduldig werden Anfeindungen ertragen in der Gewissheit, dass die Leiden dieser Zeit begrenzt sind im Gegensatz zu dem zu erwartenden Reichtum des Himmels. So prägt und motiviert das Ziel, mit Christus aufzuerstehen (Rom 6,3–5) und im „Buch des Lebens“ eingetragen zu sein (Phil 4,3), die Christen in den paulinischen Gemeinden wie auch in der Nethanja-Kirche: Die Tränen des Leides werden in der Ewigkeit abgewischt werden, aber auch schon in der Gegenwart in Freudentränen verwandelt angesichts der zu erwartenden Herrlichkeit. Diese Freude findet im gottesdienstlichen Gesang der Nethanja-Kirche ihren Niederschlag und richtet sich auf die Person Jesu, mit der der Glaubende im Leiden wie auch in der zu erwartenden Herrlichkeit persönlich verbunden ist“ (S. 302).

Die Untersuchung von Ekkehard Graf liefert eine erste zusammenhängende Dokumentation zur Kirchen- und Leidensgeschichte der Christen in Andhra Pradesch. Sie erweitert darüber hinaus allgemein das Verständnis für die Nöte und Segnungen einer bedrängten Kirche. Die Tragweite der Gemeinschaft, der Verkündigung, der Paraklese und der daraus resultierenden Ethik werden eindringlich zur Geltung gebracht. Die Geschichte der Nethanja-Kirche zeigt, dass in geradezu paradox anmutender Weise „in der Schwachheit des Leidens die Kraft der Verkündigung zunimmt“ (S. 305). Mögen die vom Autor am Schluss entwickelten Anregungen für die Christen der westlichen Kirchen Gehör finden.

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PDF-Version der Rezension: EkkehardGraf.pdf.



Religionsfreiheit

Fürbitte für bedrängte und verfolgte Christen in Indien

Auf Wunsch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland haben der Rat der EKD und die Kirchenkonferenz beschlossen, an einem festen Ort im Kirchenjahr der Lage von bedrängten und verfolgten Christen mit einer Fürbitte zu gedenken. Dafür wurde der 2. Sonntag der Passionszeit, Reminiszere, ausgewählt. Das Kirchenamt gibt jedes Jahr dazu eine Materialhilfe heraus, die jeweils ein Land zum Schwerpunkt macht. Im Jahr 2011 wird besonders an die bedrängten und verfolgten Christen in Indien gedacht.

Hier das Material zur Fürbitte und eine Ausarbeitung über Hintergründe der Gewalt gegen Christen in Indien (2008):

Religionsfreiheit

Überraschend friedliche Weihnachten in Orissa

indien2Nach Monaten ständiger Angriffe auf Christen und trotz Drohungen radikaler Hindus, Weihnachten durch Gewaltaktionen zu stören, konnten die Christen in Orissa Christi Geburt in Frieden feiern. Sowohl die Regierung des Bundesstaates Orissa als auch die indischen Bundesbehörden haben dafür gesorgt, dass die Christen die Feiertage in Sicherheit genießen konnten. Korrespondenten von Gospel for Asia berichten, dass die mitternächtlichen Gottesdienste unter den wachsamen Augen der von der Regierung aufgebotenen Sicherheitskräfte stattfanden. Auch die Christen in den Flüchtlingslagern konnten Weihnachten feiern.

Die friedlichen Weihnachten waren eine angenehme Überraschung für die Christen, die seit August Angriffen von Extremisten ausgesetzt waren. Die Gewaltausbrüche begannen nach der Ermordung eines Hinduführers. Obwohl sich maoistischen Rebellen zu seiner Ermordung bekannt haben, nahmen seine Anhänger seinen Tod zum Vorwand zur Gewalttätigkeit gegen Christen. Schätzungen zufolge kamen etwa 500 Menschen ums Leben, Tauende wurden obdachlos, weil Extremisten ihre Häuser niedergebrannt haben. Auch Dutzende Kirchen und Gebetsräume wurden zerstört. Eine allgemein bekannte Extremistengruppe hatte angekündigt, Kirchen bzw. christliche Gemeinden anzugreifen, die Weihnachtsgottesdienste durchführen.

Christen in Indien und in vielen anderen Ländern haben für die indischen Christen gebetet, als die Drohungen bekannt wurden und der Herr hat diese Gebete erhört. Lob und Dank sei Ihm. Die einheimischen Missionare und Christen in Orissa bitten weiterhin um Gebet. Sie sind besorgt, dass die radikalen Gruppen ihre Angriffe auf Christen wieder aufnehmen werden, sobald die Sicherheitskräfte das Gebiet verlassen haben.

Religionsfreiheit

Gewalt gegen Christen in Westindien

indien2Wie einschlägige (überwiegend christliche) Medien berichtet haben, kam es in Westindien zu Gewaltausbrüchen gegen die christliche Bevölkerung. Da die Bundesregierung in Neu Delhi intervenierte, wurden die Demonstrationen der Hindu-Extremisten inzwischen verboten. Trotzdem bleibt die Lage angespannt. Idea berichtete:

Mit Furcht und Zittern sehen Christen im indischen Bundesstaat Orissa Weihnachten entgegen. Ihren Befürchtungen, dass es über die Feiertage zu weiteren blutigen Ausschreitungen hinduistischer Extremisten kommt, sind staatliche Institutionen entgegengetreten.

Die Bundesregierung in Neu Delhi hat die Landesregierung von Orissa gedrängt, weitere Übergriffe zu verhindern. Orissas Regierung in Bhubaneswar untersagte daraufhin einen von Hindu-Extremisten geplanten Generalstreik am 25. Dezember. Er hätten Anlass zu Ausschreitungen geben können. Orissas Chefminister Naveen Paitnak kündigte am 15. Dezember an, dass keine Demonstrationen über Weihnachten genehmigt würden. Der besonders von antichristlicher Gewalt betroffene Distrikt Kandhamal soll von der Außenwelt abgeriegelt werden. Mit Erleichterung reagierte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die Ankündigung. »Das Einlenken der Regierung Orissas garantiert den Christen zwar kein friedliches Weihnachtsfest, ist aber ein erster wichtiger Schritt, um die Gewalt gegen religiöse Minderheiten einzudämmen«, sagte Asienreferent Ulrich Delius (Göttingen). Hindu-Nationalisten haben allerdings bekräftigt, am geplanten Generalstreik festhalten zu wollen.

Nachfolgend möchte ich gekürzt den Bericht eines Missionars wiedergeben, der mir vor einigen Tagen zugespielt wurde. Ich will die Organisation, für die er spricht, aus verschiedenen Gründen nicht erwähnen (und ich glaube, ähnliche Berichte könnten auch von anderen Christen aus der Region kommen). Es geht vor allem darum: Wir sollten in der Fürbitte an die Christen und ihre Verfolger in Indien denken!

Hier der Bericht:

Wir haben noch nie etwas wie dies gesehen. Wir wussten, dass Orissa im Bezug auf das Evangelium der resistenteste und feindlichste Staat Indiens ist. Und wir haben uns nicht beirren lassen von anhaltenden Drohungen und Schikane/Störungen, die uns begegneten während wir Sein Werk angingen. Aber keiner unsrer Mitarbeiter hat damit gerechnet so ein Blutbad zu erleben … and it seems to be totally under the radar of the Western Media …

Lasst mich erklären … Ein militanter Hindu-Priester und 4 seiner Gehilfen, die eifrig die Dörfer Orissas abklapperten und Menschen zum Hinduismus ›zurückbekehrten‹, wurden letztes Wochenende im Zentrum Orissas von unbekannten Tätern niedergeschossen.

Sofort wurden die Christen beschuldigt … Die Stimmen wurden lauter … ›Tötet die Christen!‹ Und der Horror begann … In den letzten 4 Tagen erfuhren wir von Augenzeugen davon, dass hunderte Kirchen gesprengt oder niedergebrannt wurden, und viele dutzende christliche Stämme abgeschlachtet [er schreibt ›slaughtered‹] wurden. Aus keinem anderen Grund als dass sie den Namen Christi tragen.

Tag und Nacht war ich in Kontakt mit unseren Leitern, die auf 14 ›Dream Centers‹ [ich denke das sind Waisenhäuser] in Orissa verteilt sind … sie befinden sich inmitten von all diesem Chaos. In Tihidi, gerade nachdem die Polizei gekommen war um uns Schutz anzubieten, kam eine Gruppe von 70 blutdurstigen Militanten, um unsren Mitarbeiterstab zu töten und das Heim zu zerstören. Ihnen wurde nicht erlaubt, in das Haus einzudringen, aber sie fügten unserm Dream Center eine Menge Schaden zu, indem sie Steine und Pflastersteine warfen, und unser Tor zerstörten etc.

Sie haben zugesichert zurückzukommen und ›es zu Ende zu bringen‹. Unsre Kinder und die Mitarbeiter sind eingeschlossen und blieben so, mit verschlossenen Fenstern und Türen, schon die letzten 3 Tage. Es war eine Zeit des sehnsüchtigen Anrufens des Herrn im Gebet.

Mehr Polizei kam um uns Schutz anzubieten. In Kalahandi gingen die Polizei und einige örtliche Sympathisanten zu einem unserer Dream Center und gaben unseren Mitarbeitern und den Kindern Bescheid, innerhalb ca 3 Minuten das Gebäude zu verlassen. Niemand hatte Zeit, Wechselklamotten oder irgendwelche persönliche Sachen mitzunehmen. Während sie flüchteten, kam die blutdurstige Meute, um jeden in dem Gebäude umzubringen. Wir hätten eine Massenbeerdigung gehabt dort, aber Dank Seiner Gnade … Die hinduistischen Anwohner, unsre Nachbarn, wimmelten sie ab, indem sie sagten, es wären in dieser Gegend keine Christen … So gingen diese wieder … Wir hatten [Gottes] Gunst … Dasselbe geschah in Balasore.

Alle unsre Dream Center sind abgeriegelt, mit unsren Mitarbeitern und Kindern innen zusammengedrängt, und der Polizei draußen. Die Fanatiker stehen draußen bereit und warten auf ihre Chance zu morden. Anderen entkamen nicht so glücklich. In einem nahegelegenen katholischen Waisenhaus erlaubte die Meute den Kindern zu gehen und schlossen den Priester und einen Computerlehrer in dem Haus ein und ließen sie verbrennen. Viele Gläubige sind ermordet und in Stücke zerhackt auf der Straße zurückgelassen worden … sogar Frauen und Kinder …

Religionsfreiheit

Indien: Friedensmarsch und »Dharna« gegen Christenverfolgung

Leiter von Kirchen, Gemeinden, christlichen Organisationen und Institutionen halten in New Delhi seit Sonntag eine 5-tägige Protestversammlung ab, um gegen die andauernden Grausamkeiten gegen Christen in Orissa und anderen indischen Bundesstaaten zu protestieren.

Die als Dharna bezeichnete Zusammenkunft ist eine typisch indische Form, Gerechtigkeit zu fordern, bei der man traditionell vor der Tür eines Schuldners oder einer Person, die einem Unrecht getan hat, sitzt und fastet, bis die Gerechtigkeit hergestellt ist. Dieses Dharna begann am Sonntag und dauert bis 2. Oktober, das ist der Geburtstag Mahatma Gandhis. An diesem Tag wird ein Friedensmarsch stattfinden, der am Ort der Einäscherung Ghandis enden wird.

Ein eintägiges Dharna wurde letzte Woche bei Raj Ghat abgehalten, um die Aufmerksamkeit der Regierung auf die andauernde Gewalt gegen Christen zu lenken. Vertreter andere Minderheiten haben sich dem friedlichen Protest der Christen angeschlossen und es fiel die Entscheidung, das längere Dharna abzuhalten. Auch H.D. Deve Gowda, ein ehemaliger Premierminister Indiens hat sich den Protesten angeschlossen. Er kam nach New Delhi um gemeinsam mit den Christen an diesem traditionellen indischen Sitzstreik teilzunehmen. Er kritisierte die, wie er es nannte »andauernden unmenschlichen Handlungen der Bajrang Dal«, der so genannten Hindukrieger und appellierte an die Zentralregierung, die Grausamkeiten gegen Christen zu beenden.

»Ich glaube, der Herr wird dieses Ereignis verwenden und ich habe unsere Leiter in ganz Indien angewiesen, den Kontakt mit anderen christlichen Leitern zu suchen, mit ihnen Gemeinschaft zu haben und in dieser Zeit der Verfolgung an ihrer Seite zu stehen« sagte Dr. K.P. Yohannan, der Leiter von Gospel for Asia. Dr. Yohannan musste zu seinem Bedauern feststellen, dass sich zur selben Zeit, als sich indische Christen und Menschenrechtsaktivisten zum Dharna in New Delhi versammelten, die Situation in Orissa weiter verschlechterte. »Aber es wird jetzt nur wenig darüber nach außen berichtet, da die Medien von den Orten der Übergriffe ferngehalten werden, während sogar ganze Dörfer zerstört werden«, sagte Yohannan.

In einem Telefongespräch aus Indien berichtete Dr. Yohannan, was die radikalen antichristlichen Gruppen tun:

Die Politiker in New Delhi müssen wissen, dass auch jetzt radikale Hindus durch viele Bezirke ziehen und die Häuser von Hindus mit Hinduflaggen kennzeichnen. Dann gehen sie in die Häuser der Christen und geben ihnen so und so viele Tage, um zu konvertieren, ansonsten würden ihre Häuser zerstört. Wenn die Christen sich weigern, ihren Glauben zu verleugnen, ziehen die Hindus durch und zerstören ihre Häuser.

»Ich bete, dass dieses Dharna und die Gebete von Christen auf der ganzen Welt eine Auswirkung auf die Regierung haben werden«, erklärte Dr. Yohannan.

Noch werden die Dinge schlimmer. »Eine der schlimmsten Nachrichten, die ich gehört habe, ist, dass Polizisten die Menschen in den Flüchtlingslagern unter Druck setzen und versuchen, sie zur Rückkehr in ihre Dörfer zu bewegen«, sagte Dr. Yohannan. In ihren Dörfern, aus denen sie geflohen sind, würden sie attackiert und im schlimmsten Fall getötet.

Der Appell von Dr. Yohannan: »Den Christen im Westen möchte ich nur eines sagen: Bitte betet weiter!«.

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Quelle: Gospel for Asia, Übersetzung: ÖEA.

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