Ingmar Bergman

Ingmar Bergmans Fårö

Ulrich Schacht hat einen hinreißenden Artikel über Ingmar Bergman und seine Insel Fårö geschrieben. „Seine Filme und Theaterinszenierungen haben Ingmar Bergman berühmt gemacht. Doch zu seinem Werk zählt auch das Refugium, das er sich auf Fårö schuf: das stille Reich eines ungekrönten Königs“ („Der passende Platz zwischen Wald und Meer“, FAZ, Bilder und Zeiten, 02.06.2012,, Nr. 17, S. Z3).

Schacht widmet sogar Bergmans „Glaubenskampf“ einen Abschnitt:

Der Begriff des „Musters“ ist für Bergman dabei immer mehr gewesen als nur eine abstrakte Bezeichnung, die auf das Zusammenspiel lebendiger Formen oder Strukturen zielt; er war ihm zeit seines Lebens eine Chiffre für das Ganze: für Gott. Aber er, der Sohn eines ebenso strengen wie liebevollen lutherischen Theologen, suchte ihn deshalb nicht so sehr selbstquälerisch, voller Furcht wie einst Luther, auch wenn er, wie er eingestand, durchaus „maßlosen Schrecken vor Gott“ hatte, weil der ihm ein schlechtes Gewissen bereitete und er sich davon gedemütigt fühlte. Doch machte ihn das nicht etwa unterwürfig, sondern, wie er zugab, zornig, streitbar, ja, böse.

Wie von Gleich zu Gleich kämpfte er deshalb lange mit ihm – ähnlich wie der biblische Jakob, der eines Nachts eine Furt durchqueren will, aber auf eine mächtige Gestalt trifft, die ihm den Weg versperrt. Sie beginnen zu ringen, doch keiner kann den anderen besiegen. Als die Morgenröte anbricht, will der Fremde sich zurückziehen, aber Jakob hält eisern an ihm fest und sagt dazu den herausfordernden Satz: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ So geschieht es, und Jakob begreift, dass er mit niemand anderem als Gott gerungen hat, an den Bergman, trotz allem, als eine höhere Macht glaubt, weil er ihn für notwendig hält wie den Materialismus für eine bedrohliche Gefühllosigkeit.

Das siebente Siegel

Gerade habe ich gelernt, dass ich etwas mit Woody Allen gemeinsam habe. Das siebente Siegel ist sein liebster Ingmar Bergman-Film (siehe auch). Woody Allen in DIE ZEIT (10.02.2011, Nr. 7, S. 45):

Ich habe alle seine Filme immer wieder gesehen, und es gibt natürlich Dutzende großartiger Szenen. Aber am beeindruckendsten ist die Schlussszene von Das siebente Siegel: der Totentanz auf dem Hügel am Horizont.

Hier meine Lieblingszene aus Das siebente Siegel. Der Ritter Antonius Block beichtet, ohne es zu merken, dem Tod:


Ingmar Bergman ist tot

bergmann.jpgAm 30. Juli verstarb Ingmar Bergman im Alter von 89 Jahren. Wie seine Schwester mitteilte, ist der große schwedische Filmregisseur in seinem Haus auf der Ostseeinsel Farö für immer eingeschlafen.

Bergman hat mit seinen Filmen »die Verzweiflung unserer Generation am deutlichsten dargestellt« schrieb der christliche Apologet Francis Schaeffer 1968. Mit Filmen wie Wilde Erdbeeren, Wie in einem Spiegel, Das Schweigen oder Szenen einer Ehe verstand es Bergman, die seelischen Abgründe und die Einsamkeit der modernen Menschen so eindrucksvoll darzustellen, dass man selbst heute noch beim Zuschauen physischen Schmerz empfinden kann. Wie kein anderer zeigte der Schwede, dass Menschen einander nicht selbstlos lieben können und zum Alleinsein verdammt scheinen.

Die ›Billigproduktion‹ Das Siebente Siegel (1957) mit Max von Sydow als Ritter Antonius Block in der Hauptrolle ist einer meiner Lieblingsfilme. Bergmann sagte über den Film: »Das Siegel ist einer der wenigen Filme, die meinem Herzen wirkliche nahestehen« (Bilder, S. 208). Weiter schrieb Bergman zum Film (Bilder, S. 208–209):

Damals lebte ich mit den welken Resten einer kindlichen Frömigkeit, einer völlig naiven Vorstellung von einer, wie man sie nennen könnte, außerirdischen Erlösung.

Zur gleichen Zeit manifestierte sich meine heutige Überzeugung: Der Mensch trägt seine eigene Heiligkeit, und sie ist irdisch, sie verfügt über keine außerirdischen Erklärungen. In meinem Film lebt also ein leidlich unneurotischer Rest einer aufrichtigen und kindlichen Frömmigkeit. Sie vereinigt sich friedlich mit einer schroffen, rationalen Auffassung der Wirklichkeit.

Das Siegel ist einer der absolut letzten Ausdrücke manifester Glaubensvorstellungen, Glaubensvorstellungen, die ich von meinem Vater geerbt und seit der Kindheit mit mir herumgetragen hatte.

Als ich das Siegel machte, waren Gebet und Fürbitte zentrale Realitäten meines Lebens. Das Verrichten eines Gebets war eine völlig natürliche Handlung.

Holger Lahayne hat in einem Artikel Bergmans Weg in den Unglauben nachgezeichnet.

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Die Zitate entstammen: Ingmar Bergman, Bilder, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1991. Abbildung des Buchcovers mit freundlicher Genehmigung des Verlages Kiepenheuer & Witsch (der Titel ist nicht mehr lieferbar).

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