Lutherische Kirche

Theologie

Einheit in der Verschiedenheit: Das Scheitern der GER

Stephan Schaede zeichnet zum fünfundzwanzigsten Jubiläum in der FAZ von heute (28.10.2024, Nr. 251, S. 6) das letztlich Scheitern der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER) nach: 

Niemals zuvor und seither niemals mehr hat es in der Geschichte der Ökumene Ähnliches gegeben. Lutheraner und Katholiken erklärten bestehende Lehrverurteilungen für nichtig – mehr noch: Sie stellten fest, dass die Rechtfertigungslehre keinen kirchentrennenden Charakter mehr habe. Damit schien eine Dynamik entfacht, die auf Kircheneinheit hindrängte. Kein Wunder also und einmalig auch dies, dass das Dokument auf andere Konfessionen ansteckend wirkte: 2006 unterzeichnete der Weltrat methodistischer Kirchen, im Reformationsjubiläumssommer 2017 war es die Weltgemeinschaft der reformierten Kirchen. Am Reformationstag jenes Jahres erklärten auch die Anglikaner ihre Zustimmung, nachdem ihr Konsultativrat schon im April 2016 den Inhalt der GER „begrüßt und bestätigt“ hatte.

Und: 

Der Vorhang fiel, viele Fragen sind seitdem offen. Man kann sich wundern darüber, dass in Deutschland ein Papier gefeiert wurde, in dem sich die Begeisterung vor allem auf die diplomatische Meisterleistung des Anhangs konzentrierte, nicht auf den Text der Erklärung selbst. Man wird auch eingestehen müssen, dass vor 25 Jahren trotz der internationalen Reichweite der Unterzeichnenden der deutschsprachige theologische Diskurs den internationalen auf eigentümliche Weise dominierte. 

Dogmatik, Historische Theologie

Mensch und freier Wille bei Luther und Erasmus

Wo liegen die Unterschiede im Menschenbild und in der Gnadenlehre zwischen Melanchthon und Luther? Peter Heinrich hat die Zugänge der beiden Theologen miteinander verglichen. Ich stelle das Buch bei E21 vor. Es heißt in der Rezension zur Sichtweise von Erasmus:

Erasmus behauptet keine Autonomie der Willensfreiheit. Vielmehr schreibt er dem freien Vermögen fast nichts und der Gnade sehr viel zu. Für Erasmus kann der Mensch ohne eine „außerordentliche Gnade“ das Gute nicht wollen (vgl. S. 21). Und doch können göttliche Gnade und menschlicher Wille miteinander kooperieren. Die Gnade ist Erstursache, der menschliche Wille die von dieser abhängige Zweitursache. „Die Fähigkeit, in cooperatio mit der göttlichen Gnade zu treten, ist ja selbst ein Geschenk Gottes, aber dann liegt es – nach erasmischer Ansicht – auch beim Menschen, das Herz von der angebotenen Gnade abzuwenden, oder sich im menschlichen Streben mit der göttlichen Gnade zu verbinden, damit der Mensch über die Stufen der Tugend zur Vollendung gelange“ (S. 23). Dem Humanisten liegt viel daran, den Menschen als ethisch verantwortliches Geschöpf zu zeichnen: „Wenn aber der Mensch nichts tut, gibt es für Verdienst und Schuld keinen Platz. Wo es für Verdienst und Schuld keinen Platz gibt, dort ist auch kein Platz für Strafen und Belohnungen. Wenn der Mensch alles tut, gibt es keinen Platz für die Gnade …“ (De libero arbitrio, IIIa, 17 vgl. S. 24). Schließlich wäre für Erasmus die Frage der Theodizee unlösbar, wenn die Freiheit des Willens beseitigt würde (vgl. S. 25).

Mehr: www.evangelium21.net.

Allgemein

USA: Konservative Lutheraner gründen neue Kirche

In der größten lutherischen Kirche der USA, der Evangelischen Lutherischen Kirche in Amerika, haben sich im Konflikt um Sexualethik, Homosexualität und Bibelauslegung die Fronten verhärtet: Bekenntnistreue Theologen und lutherische Gemeinden wollen in dieser Woche eine neue Kirche gründen, die Nordamerikanische Lutherische Kirche.

Motor hinter der neuen Kirche ist die »Koalition für Erneuerung«, ein Verband konservativer lutherischer Geistlicher und Gemeinden. Mehr als 1000 Gläubige werden bei der Kirchengründung erwartet. Die Nordamerikanische Lutherische Kirche versteht sich als Gegengewicht zu der angeblich zu liberalen und bibelfernen Evangelischen Lutherischen Kirche in Amerika, die 1988 aus der Fusion von drei Kirchen hervorging.

Die neue Kirche verkörpere das »Zentrum des Luthertums in Amerika« und halte fest an der Autorität der Heiligen Schrift als der »einzigen Quelle und Norm für Glauben und Leben«, erläutert Chavez. Natürlich fange die neue Kirche zahlenmäßig klein an, räumt er ein. Schon vor der Kirchengründung hätten ein gutes Dutzend Gemeinden ihren Beitritt erklärt. Er sei beeindruckt, sagt Chavez, dass Hunderte der 10.300 lutherischen Gemeinden einen Ausstieg aus der »Mutterkirche« erwögen.

Hier der Artikel aus dem WELT Online-Portal: www.welt.de.

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