Medienkritik

Die Rettungsphantasien von ARD und ZDF

In einem Gutachten, dass das ZDF vorgelegt hat,  versuchen die Professoren Dieter Dörr, Bernd Holznagel und Arnold Picot, die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu unterstreichen und deuten die notwendige Ausweitung der Arbeit innerhalb des Internets an. Die FAZ schreibt:

Die Gutachter halten ARD und ZDF als Stützen der Demokratie und Garanten für eine integrierte Gesellschaft für unersetzlich und wichtiger denn je, weil die unüberschaubare Vielfalt des Internets zu Verflachung und Segmentierung führe, der Markt versage und es in der digitalen Welt zu einer „Vermachtung“ durch Großkonzerne komme. (Die Rolle der unabhängigen Presse wird nur am Rande gewürdigt.) Also müssten ARD und ZDF auch „non-linear“, jenseits ihrer bisherigen Programme, alles zu jederzeit im Netz abrufbar aufbieten können, in Mediatheken und auf Plattformen. Das lässt sich in einigen Punkten inhaltlich gut begründen, etwa wenn es um Angebote für Jüngere geht, stellt zugleich aber einen weiteren Hebel zur Expansion der Sender dar. Apropos Expansion: Um wie viel der monatliche Rundfunkbeitrag steigt, wenn der BIP-Index kommt, weiß die ARD-Vorsitzende Wille schon: von 17,50 Euro auf 18,28 Euro – im ersten Jahr.

Das durch solche Maßnahmen gerade die unabhängige Presse, die es ja wirtschaftlich nicht gerade leicht hat, geschwächt und die Meinungsvielfalt eingeschränkt wird, fällt da natürlich unter den Tisch. Schade! Wie wäre es denn mal mit einer Kritik an der „Vermachtung“ und „Verblödung“ durch den Staat?

Hier: www.faz.net.

Facebook ist das neue Fernsehen

Das geschriebene Wort verliert an Bedeutung, im Internet dominieren Videos. Das nervt. So verlernen wir das Denken.

Hier ein Beitrag von Hossein Derakhshan, erschienen in der SZ:

Noch alarmierender ist eine andere Entwicklung: Nachdem Print-Journalismus an Bedeutung verloren hat, ist das Internet der letzte öffentliche Raum, in dem das Wort im Vordergrund steht – und ausgerechnet das Netz kapituliert gerade vor dem Format des Fernsehens. Das Verständnis des „Streams“, wie es Facebook, Twitter & Co. pflegen, tötet das Netz und damit den Journalismus in Textform. Facebook ähnelt mittlerweile eher der Zukunft des Fernsehens als dem, wonach das Internet mehr als zwei Jahrzehnte aussah.

Forscher der Universität Oxford zeigten vor kurzem, dass der Konsum von Online-Videos in den USA und den meisten anderen Teilen der Erde steigt. Die Ausnahme ist Nordeuropa. Das liegt vielleicht daran, dass die Menschen dort ein gesünderes Verhältnis von Leben und Arbeit pflegen und ihr öffentliches Bildungssystem nach wie vor Lesen und kritisches Denken fördert.

Mehr: www.sueddeutsche.de.

 

Alles unter Kontrolle

79 Prozent aller Smartphone-Benutzer fangen nach Schätzungen ihren Tag damit an, dass sie gleich nach dem Aufwachen ihr Gerät checken. Geht die reale Welt langsam unter? Für die digitale Existenz ist die Wirklichkeit auch bloß eine App. Wie uns das Internet abhängig von künstlich erzeugten Gefühlen macht, beschreibt das Buch Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen.

Mark Siemons gibt uns Einblicke in die guten Manipulationen der Netzwelt und die Sehnsucht nach dem Wirklichen. Lösungen gibt es nicht, aber gute Beschreibungen der Einwicklungen:

In seinem Buch „Hooked“ stellt der amerikanische Verbraucherpsychologe Nir Eyal das Internet als gigantische Manipulationsmaschine dar. Anders als zu Don Drapers Zeiten brauche das Marketing heute nicht mehr von außen in das Bewusstsein seiner Zielgruppen einzudringen, da es die potentiellen Kunden dazu verleiten könne, sich freiwillig selber in sein Inneres zu begeben: Das entscheidende Ziel für große Silicon-Valley-Konzerne ebenso wie für kleinste Start-ups bestehe in der Veränderung habituellen Verhaltens. Mit einer aus der Glücksspielautomaten-Industrie übernommenen Psychologie versuchten die Internetfirmen, die Menschen in einem geschlossenen Zirkel zu fangen.

Bemerkenswert an dieser Diagnose ist, dass sie nicht von einem Kulturkritiker, geschweige denn von einem Netzkritiker stammt, sondern von einem Agenten des beschriebenen Systems. Das Buch ist ein Ratgeber, „wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen“ – so formuliert es der Untertitel der deutschen Übersetzung. Der Autor präsentiert ein vierstufiges „Hakenmodell“: Ein äußerer Auslöser (Trigger), etwa in Form einer E-Mail oder eines App-Icon, muss die möglichst überzeugende assoziative Verbindung zu einer schon vorhandenen oder erst neu geschaffenen Emotion herstellen, zum Beispiel der Angst vor Langeweile oder Einsamkeit. Es folgt die durch eine möglichst benutzerfreundliche Oberfläche gelenkte Handlung, also das Klicken auf ein Bild oder eine Website, die eine Belohnung, also die Bewältigung des in der ersten Phase aufgerufenen Problems verspricht (zum Beispiel durch Kommunikation). Entscheidend ist dann, dass diese Belohnung variabel ausfällt, also jedes Mal etwas Neues, Überraschendes bietet, weil erst das eine habituelle und nicht bloß einmalige Verhaltensänderung bewirkt: „Variabilität schafft eine Fokussierung, welche diejenigen Gehirnareale unterdrückt, die mit Urteilsfähigkeit und Vernunft verknüpft sind.“ In der vierten Stufe investiert der Nutzer schließlich aus freien Stücken seine Zeit und seine Daten, vielleicht auch sein Geld, und schafft damit die Voraussetzung, dass er den Hakenzyklus immer wieder durchlaufen wird.

Mehr: www.faz.net.

VD: JS

 

Die Ich-Maschinen

Mathias Müller von Blumencron hat für die FAZ einen hilfreichen Beitrag über die neusten Informationstrends geschrieben. Eines der besten Schaufenster für die Zukunft der Informationsgesellschaft ist seiner Meinung nach das gerade zu Ende gegangene Tech-Festival „South by Southwest“ (SXSW) im texanischen Austin (USA). Seine These: Das Tun der Nutzer orientiert sich nicht primär an der Welterkenntnis, sondern stellt Identität her und ist ein Akt der Selbstvergewisserung. Subjektivität wird verobjektiviert.

Einige Schnipsel:

„Facebook verschlingt die ganze Welt“

Informationsrituale wie das morgendliche Abrufen von redaktionell komponierten Websites, Zeitungslektüre in der S-Bahn oder der Fernsehabend verschwinden. Der ständige Zugriff auf das Smartphone – bei Jüngeren im Schnitt mehr als hundertsechzig Mal pro Tag – führt zu einer Gleichzeitigkeit von Information, eigenem Erleben und Kommunikation, deren Adressaten weitere Reaktionskaskaden auslösen. Das Ergebnis ist ein unaufhörliches Schlagzeilen-Crescendo und ein granularer Medienstrom. Die Informationsgrundlagen des demokratischen Gemeinwesens verschieben sich, ohne dass der Gesellschaft Zeit bleibt, sie zu reflektieren.

Emily Bell ist eine besonnene Wissenschaftlerin, bekannt für ihre klugen Analysen des Medienwandels. Doch wenn das Gespräch auf Facebook kommt, wird die ehemalige Digital-Chefin des „Guardian“ emotional: „Das Ende der Nachrichten, wie wir sie kennen: Wie Facebook den Journalismus verschlingt“ betitelte sie kürzlich eine Rede. Dabei hebt die Medienwissenschaftlerin, die an der Columbia School of Journalism in New York lehrt, eigentlich stets die Chancen der neuen Medien-Technologien hervor. Doch zuweilen kommt sie ins Zweifeln: „Unser News-Ökosystem hat sich in den vergangenen fünf Jahren stärker verändert als zu irgendeiner Zeit in den vergangenen fünfhundert Jahren“, sagt sie, „Facebook verschlingt die ganze Welt.“

Die Ego-Maschinen füttern

„Buzzfeed“ ist Vorbild für Dutzende von Start-ups und eines Geschäftsmodells, von dem auch etablierte Medien profitieren wollen. Entscheidend ist nicht mehr die Komposition von relevanten, aktuellen, unterhaltenden Stücken zu einem Gesamtprodukt wie einer Website, sondern die Distribution der einzelnen Werke auf alle Kanäle des sozialen Webs.

Traditionelle Medien nutzen die Verteilmechanismen und die Auslieferungstechnologie der Plattformen. Sie produzieren „Instant Articles“ für Facebook oder füttern Snapchats Medienecke „Discover“. Und zwar in großem Stil. „Das System fluten“ nennt das Mat Yurow, Direktor für „Audience Development“ bei der „New York Times“, einer Profession, die in Deutschland noch nahezu unbekannt ist, „und dann Facebook den Job machen lassen.“ Was Yurow meint: Die „New York Times“ postet einen Großteil ihrer Geschichten direkt auf Facebook und nutzt dessen Algorithmen, um die Artikel in die Timelines mutmaßlich interessierter Leser zu pressen. Geld verdient der Verlag, indem er die Artikel selbst mit Anzeigen belegt.

Es geht um die Selbstvergewisserung der Nutzer

Denn bei „Buzzfeed“ und ähnlichen Angeboten geht es primär nicht um Neuigkeiten, Nützliches oder Unterhaltendes. Es geht um die Selbstvergewisserung der Nutzer. Das höchste Ziel seiner Plattform sei es, sagt Frank Cooper, „Menschen mit sich selbst zu verbinden“. Danach komme die „Connection“ mit dem engsten Freundeskreis und dann mit der passenden Subkultur. Erst ganz am Schluss geht es um die Vermittlung gesellschaftlicher Themen.

Diese Ich-Bezogenheit und Selbstsucht ist der Motor von Facebook, „Buzzfeed“ und aller anderen Maschinen, die mit großer Raffinesse Millionen von Nutzern fesseln und durch das ganze Netz verfolgen. Das wäre möglicherweise noch zu verkraften. Allerdings sehen schon vierzig Prozent der Amerikaner, so ermittelte das Pew Research Center aus Washington, Facebook als Nachrichtenquelle an, um sich über das Geschehen in ihrem Land und der Welt zu informieren. So wird Subjektivität verobjektiviert. „Buzzfeed“ & Co. sind mediale Drogen einer im tiefsten Inneren verunsicherten Gesellschaft.

Hier mehr: www.faz.net.

VD: JS

Gefahr für die Vielfalt?

Bei Facebook wurde vor einigen Wochen von einem Mitarbeiter anscheinend die Frage gestellt, welche Verantwortung das soziale Netzwerk habe, zu verhindern, dass Trump Präsident der Vereinigten Staaten werde.

Diese Frage illustriert die Bedeutung digitaler Plattformen für die Meinungsbildung. Durch kleine Änderungen an den Algorithmen können Soziale Netzwerke oder Suchmaschinen Nachrichten filtern und gezielt begünstigen. Auf diese Weise lassen sich politische Meinungen verstärken oder schwächen. Nehmen wir einmal Apple. Mit iOS 9 führte der Konzern eine News-App (also ein Nachrichten-Programm) ein, die basierend auf den Nutzerinteressen eine Übersicht aktueller Nachrichten zusammenstellt. Dieser scheinbare Service lässt sich wunderbar missbrauchen. Bei mir scheint es so, als würden Meldungen des Spiegel-Konzerns priorisiert (dabei kann ich auf den Spiegel gern mal verzichten). Bisher habe ich als Nutzer keine Möglichkeit, das Verhalten der News-App zu steuern.

Boris Paal und Moritz Hennemann haben in dem Artikel „Gefahr für die Vielfalt?“ (FAZ vom 25.05.2106, Nr 120, S. 6) auf die Macht der Dienstleister hingewiesen:

Facebooks Dementi beruhigte die Diskussion kaum – woraufhin das Unternehmen seine Leitlinien offenlegte. Die vorgebliche Neutralität schwand damit ins Reich der Illusion. Vielmehr belegen die Leitlinien, dass Facebook eine quasi-redaktionelle Endkontrolle der algorithmisch ermittelten Trend-Nachrichten vornimmt – so etwa bei der in den Leitlinien beispielhaft abgebildeten Meldung über Papst Franziskus’ Stellungnahme zu Trump („Ich sage nur, dieser Mann ist kein Christ, wenn er solche Dinge sagt.“). Die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Meinungsbildung resultiert aus der Konzentration von Daten und Nutzern bei bestimmten Anbietern. Denkt man unwillkürlich an Bevorzugung und Unterdrückung von Meinungen, ist zu bedenken: Technik und Medien sind schon im Ausgangspunkt nicht neutral – richtigerweise können und sollen Medien das mit Blick auf ihre rechtlich abgesicherte Tendenzfreiheit auch gar nicht sein.

Wie weit der Einfluss der Algorithmen reicht, illustrieren die Autoren am Beispiel des Wahlkampfs:

Suchmaschinen und Medienportale offerieren in Anbetracht der Informationsfülle eine populäre und oft hilfreiche Dienstleistung. Dabei gilt: Welche Inhalte und Meinungen – welche Welt – wir im Internet finden und wahrnehmen, bestimmt sich (auch diesseits von gezielten Eingriffen) vor allem anhand von Such- und Auswahlalgorithmen. Der „Herr“ über den Algorithmus ist zu einem guten Teil „Herrscher“ über die Meinungsbildung der Kunden: Wer den jeweiligen Algorithmus konfiguriert, trifft wesentliche Wertungsentscheidungen über die angezeigten Informationen. Das gilt zum Beispiel für die heikle Frage, was für Treffer bei Eingabe des Suchworts „Suizid“ aufgelistet werden. Die Such- und Auswahlalgorithmen orientieren sich vielfach vor allem an der von den Betreibern selbst definierten „Relevanz“. Soweit sich die Relevanz regelmäßig an Mehrheitspräferenzen ausrichtet, bedeutet dies eine sich selbst verstärkende Verzerrung zugunsten von beliebten Inhalten. Auf Wahlkämpfe übertragen folgt hieraus, dass ein entsprechender Algorithmus die zu Beginn des Wahlkampfs bestehende Mehrheitsmeinung begünstigt. Tendenziell positiv könnte sich das etwa für die Befürworter eines Verbleibs Großbritanniens in der EU auswirken: Denn zum Zeitpunkt der Ankündigung der Brexit-Abstimmung im Februar lagen die Befürworter in den Umfragen knapp vorne.

Also: Die Kanalisierung von Informationen durch private Konzerne und staatliche Institutionen gefährdet die Meinungsvielfalt und kann als Steuerungsinstrument missbraucht werden. Es lohnt sich, eigenständig zu denken!

Warum wir Donald Trump brauchen

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass uns Medienexperten den überraschenden Erfolg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump erklären.

Die Ausgangsfrage ist dabei folgende: Wie kann es sein, dass ein Populist, der für jedes komplizierte Problem eine einfache Lösung bietet, im Wahlkampf fulminant durchstartet, so dass alle Demoskopen, die sein grandioses Scheitern mit breiter Brust vorhergesagt haben, Lügen gestraft werden? Wie konnte ein Mann mit irrer Frisur, drittklassiger Theatralik, Großspurigkeit, Selbstverliebtheit, Rüpelhaftigkeit, Unbeherrschtheit und Wechselhaftigkeit so beliebt werden?  Sollte etwa ein pathologischer Lügner, Hetzer, Demagoge, Rabulist, dümmlicher Provokateur, Schürzenjäger, gefährlicher Brabbler, intellektueller Tiefflieger im November der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden (die Charakteristika habe ich allesamt einer Kolumne von Theo Sommer entnommen)? Allein die Vorstellung ist so gespenstisch, dass jeder andere untaugliche Politiker nur die bessere Wahl sein kann.

Wie lauten die Antworten? Der gemeinsame Nenner für Trumps Erfolg ist die Sehnsucht nach einem starken Mann an der Spitze des Staates. Trump ist ein Nicht-Politiker, der endlich mal die politischen Dynastien durcheinander wirbelt. Ein erfolgreicher Unternehmer wird auch erfolgreich regieren. Es ist die Siegermentalität; endlich glaubt da jemand an sich selbst. Natürlich: Er braucht kein Geld der Steuerzahler, da er selbst genug Kohle hat.

An all diesen Erklärungen mag was dran sein. Eine aber fehlt. Trump ist nur deshalb so erfolgreich, weil die Medien, allen voran die TV-Stationen, genau so jemanden wie ihn brauchen. Trump ist in gewisser Weise ihr folgsamster Schüler, jemand, der noch besser als Barak Obama die Entertainmentformate bedienen kann. Er folgt genau der Richtung, die das Medium ihm vorzeichnet. Für den Erfolg im Fernsehen braucht es kein Urteilsvermögen, keine Demut oder Fairness. Wie sagte Neil Postman? „Denken kommt auf dem Bildschirm nicht gut an, das haben die Programmdirektoren schon vor langer Zeit herausgefunden.“ Das Fernsehen, Leitmedium der postmodernen Kultur schlechthin, und seine fügsamen Horden, brauchen einen Trump, um sich an ihm austoben zu können. Unendlicher Spaß!

Wie die Political Correctness zu Sprechverboten führt

Haben wir Tabus in Deutschland? Gibt es Sprechverbote, Sprachregelungen, bei deren Verletzung es ungemütlich wird?  Susanne Gaschke nennt in „Wie Political Correctness zu Sprechverboten führt“ vier Problemzonen auf:

(1) „Seit fast 20 Jahren – SPD-Kampe 1998! – ist die deutsche Politik extrem PR-getrieben. Authentizität wird simuliert, Parteitage und Politikerauftritte immer stärker inszeniert. Unvollkommenheit und Fehler sollen möglichst nicht sichtbar werden. Die Menschen merken aber, dass es sich um uneigentliche Kommunikation handelt, …“

(2) Es fehlt „die Selbstkritik der Medien – oder Kritik der Medien untereinander. Sind sie unfehlbar? Haben sie nicht jahrelang friedlich mit dem oben zitierten Pressekodex gelebt? Wer kann eigentlich sie kritisieren, wer dringt zu ihnen durch? Seit die alten Rechts-links-Gegensätze auch in Redaktionen verschwommen sind, wirkt der Medienbetrieb auf Leser und Zuschauer offenbar immer hermetischer.“

(3) „Die Zeiten werden nicht übersichtlicher, auch nicht für die wahlentscheidende Mittelschicht.“

(4) Es „herrscht bei uns seit den 2000er-Jahren eine Art von Machbarkeitsoptimismus, den man fast eher in Amerika vermutet hätte. Es ist, das muss in Richtung der Rechten betont werden, nicht verboten, ihm zu widersprechen. Es macht nur auch nicht besonders viel Spaß.“

Hier der Artikel: www.welt.de.

Jesus, mein Smartphone und ich

Es lohnt, bei Wortzentriert.at vorbeizuschauen. In dem Artikel „Jesus, mein Smartphone und ich“ heißt es:

Das Smartphone kann zur Tendenz verleiten, nicht einmal mehr verbal kommunizieren zu wollen (d.h. zu telefonieren) sondern nur noch “unpersönlich” per Messaging. Es kann dazu verleiten, jede “ungenutzte” Minute mit Spielen, Sozialen Medien, Nachrichten, Videos oder Musik beschäftigt zu sein, statt Menschen um einen herum und ihre Nöte wahrzunehmen. Wie eine jüngste Studie aufgezeigt hat, können Smartphones Stress und Abhängigkeit verursachen — und das schon bei unseren jüngsten Schulkindern — weil man sich ständig gezwungen fühlt, mit all der Information auf dem Laufenden zu bleiben, die einem das Smartphone liefert.
Diese aufgezeichneten Tendenzen stehen eindeutig in Konkurrenz zu der erneuerten Gesinnung, die wir als Nachfolger Christi haben. Weil das Smartphone die Tendenz mit sich bringt, dass es meine ganze Aufmerksamkeit vereinnahmt, will ich als Christ umso bewusster darauf achten, dass ich aus Liebe zu meinem Nächsten (Joh 13,35; Röm 12,9-10), meine Aufmerksamkeit auf ihn und die Nöte um mich herum lenke (1Kor 10,24). Als Nachfolger Christi will ich bewusst der Tatsache entsprechend leben, dass Gott Menschen in mein Leben stellt und mir über den Weg laufen lässt, den ich dienen kann und soll (Phil 2,3-5). Dieser Gedanke gilt insbesondere für die Aufmerksamkeit, die ich meinem Ehepartner, Kindern, Arbeitskollegen und Geschwistern in der Gemeinde zuwende, statt mich vom Smartphone vereinnahmen zu lassen (Eph 5,28).

Mehr: www.wortzentriert.at.

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Siehe dazu auch: „Wider die digitale Scheinwelt“.

Mediennutzung junger Erwachsener

Der im März verstorbenen Mediensoziologe Professor Kurt Imhof hat vor einigen Jahren zusammen mit einer Forschergruppe begonnen, dass Medienverhalten junger Erwachsener in der Schweiz zu untersuchen. Die Ergebnisse werden im Jahrbuch Qualität der Medien publiziert. Die Hauptbefunde der diesjährigen Untersuchung lauten:

  • Die Digitalisierung erhöht die Bedeutung von Soft­news;
  • Die Digitalisierung des Mediensystems schwächt die Informationsmedien auch  finanziell;
  • Aufwertung publizistikfremder Bereiche, mehr Kon­zentration und weniger Vielfalt;
  • Gesteigerte Konkurrenzwahrnehmung;
  • Die Strukturschwäche im Informationsjournalismus wirkt sich messbar negativ auf die Medieninhalte aus.

Die NZZ schreibt zur gestern vorgestellten Studie:

Gerade für die Anbieter von Hintergrundinformationen wird nach Ansicht des Fög die Lage schwieriger – dies angesichts der wachsenden Bedeutung von Facebook und der mobilen Mediennutzung via Smartphones. Die Social Media dienen zunehmend als primäre Informationsquelle – dies macht der «Reuters Digital News Report» (2015) als international dominierenden Trend aus. Gemäss dem Institut Pew Research konsumieren in den USA bereits über 60% der jungen Erwachsenen Nachrichten hauptsächlich über soziale Netzwerke.

Über diese Plattformen wird wiederum vor allem leichtgewichtiger Informationsstoff weitergereicht. Von den 200 Beiträgen, die im vergangenen Jahr am meisten verlinkt oder mit einem «Like» versehen wurden, sind laut den Zürcher Forschern 61% der Kategorie Soft News zuzuordnen, und 80% haben nur episodischen Charakter; sie bieten also keine Einordnung eines Themas. Wenn sich die Medienunternehmen zunehmend am viralen Erfolg ihrer Informationsprodukte orientieren, würden umso mehr leichtgewichtige, unterhaltende Angebote an Bedeutung gewinnen, heisst es im Jahrbuch.

Kurz und gut: Unter den jungen Erwachsenen wächst die Gruppe der «News-Deprivierten», die gar oder fast keine Informationen mehr nutzen und vorwiegend Unterhaltungsangebote aufsuchen. Diese Entwicklung bezeichnen die Forscher in demokratiepolitischer Hinsicht als alarmierend.

Mehr: www.nzz.ch.

Die neue Ordnung der digitalen Technik

Markus Keiser hat sich freundlicherweise die Schweizer Studie Die Zukunft der vernetzten Gesellschaft angeschaut und kurz kommentiert:

Teaser big GDI SWISSCOMEs war Frühling 1990, meine Frau und ich waren auf der Suche nach einem familientauglichen Auto, da wir unser erstes Kind erwarteten. Dem Fahrzeughändler, dem wir gegenüberstanden, ein großer Mann mit dickem Bauch und feinrandiger Brille, hielt einen schwarzen Plastikklotz geheimnisvoll in seiner rechten Hand. Es war eines der ersten Motorola Handys der Natel C Generation (hier ein Bild), riesig in Ausmaßen und schwer in der Hand. „Fr. 6000.- hat es mich gekostet“ vertraute er uns an. Teuerungsbereingt sind das heute um die 8000.- Schweizer Franken.

Dieses Erlebnis von damals erinnert mich immer wieder daran, was diese Geräte einst gekostet haben und wie schnelllebig dieser Markt geworden ist. Das GDI (Gottlieb Duttweiler Institut), benannt nach dem Gründer des heutigen Großverteilers Migros, hat im Auftrag der Swisscom (größter Telekomanbieter der Schweiz) eine Studie über die zukünftige Vernetzung erstellt. Darin werden die Anfänge des Internets besprochen und verschiedene Szenarien für die Zukunft erstellt und durchdacht. Ganz nach dem Moto: Wo geht die Reise hin?
Eines wird nach dem Lesen der Studie klar: Es wird alles noch viel engmaschiger, Mensch und Maschine werden zusammenwachsen und eine interaktive Symbiose bilden und der eine oder andere Science-Fiction Film, den man gesehen hat, scheint Realität zu werden.

Logisch-stringent wird von „neuer Weltordnung“ als Konsequenz dieser neuen Technologien gesprochen, eine Welt, in welcher der Mensch so eng mit Maschinen verbunden ist, dass er ohne sie nicht mehr leben kann. Die Technik wird dem Menschen immer dichter auf den Leib geschnitten, immer kleiner, und legt sich mittlerweile um unsere Handgelenke.
Der nächste Schritt soll die „Digisphäre“ sein, in welcher dem Menschen Chips eingepflanzt werden, um z.B. die Gesundheitsvorsorge zu fördern. „Sie haben die Möglichkeit ihre Krankenkassenbeiträge zu senken, wenn sie es erlauben unseren Gesundheitschip zu tragen, der frühzeitig Alarm schlägt, sobald sich in ihrem Körper ein Gesundheitsrisiko anbahnt“. Wäre das nicht ein verlockendes Angebot um Risiken und Kosten zu senken?

Was tun wir als Christen, um dieser Kontrolle, die in ihrer Konsequenz wirklich total sein, wird zu entkommen? Technologie ist nicht per se schlecht, aber ich bin der Überzeugung, dass wir lernen müssen, nicht einfach alles als gut und gegeben zu akzeptieren. Warum müssen wir „always online“ sein und zwingend einen Smartphone-Datenvertrag haben, damit wir jederzeit mit jedem im Kontakt stehen? Wohin führen diese vermeintlichen Annehmlichkeiten letztlich? Die Gewöhnung an „always online“ ist die Basis für alles, was noch kommen wird!

Als ich vor 24 Jahren das erste Mal diesen „Motorolaknochen“ sah, konnte ich mir nicht vorstellen, wie die technische Entwicklung aussehen wird. Heute sehen wir vielleicht etwas besser, was in den nächsten 24 Jahren kommen mag. Die Verheißungen von damals, nämlich „Freiheit“ und „Flexibilität“, scheinen sich in Zwänge und Beklemmung zu verwandeln.

Markus Keiser

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