Volker Beck

Marie-Luise Vollbrecht vertritt einen inhumanen Biologismus

Wahrscheinlich hat es inzwischen jeder mitgekommen: Die Biologin Marie-Luise Vollbrecht wollte in der „Langen Nacht der Wissenschaften“ in Berlin an der Humboldt-Universität einen Vortrag über Sex und Gender halten. Aus Sicherheitsgründen wurde der Auftritt abgesagt. Denn Frau Vollbrecht ist dafür bekannt, dass sie die biologische Zweigeschlechtlichkeit des Menschen für gegeben hält. Wir dürfen dankbar sein, dass die Absage des Vortrags vielen Redaktionen aufgestoßen ist. Susanne Gaschke schrieb:

Normale Menschen werden nicht begreifen, warum diese biologische Erkenntnis so kontrovers ist, dass Genderaktivisten ihre Kommilitonin und die Universität mit Demonstrationen und offenbar auch mit Gewalt bedrohten – anders wäre jedenfalls nicht zu verstehen, warum die Uni-Leitung sofort einknickte und den Vortrag aus „Sicherheitsgründen“ im „Interesse der Gesamtveranstaltung und der Besucherinnen und Besucher“ absagte.

Thomas Thiel meinte: „Für Vollbrecht sind die Anfeindungen keine Bagatelle. Der Vorwurf der Trans- und Menschenfeindlichkeit schadet ihrer Reputation und gefährdet ihre Laufbahn. Für die Wissenschaft ist es eine gefährliche Tendenz, wenn ganze Disziplinen unter Verdacht gestellt werden.“

Der Druck auf die Humboldt-Universität war offensichtlich so stark, dass diese sich gedrängt fühlte, zu reagieren. Die FAZ informiert darüber, dass der gecancelter Gender-Vortrag am 14. Juli nachgeholt werden soll. Freilich erwartet die Universität, dass die Biologin ihre Behauptungen „kontextualisiert“.

Es gibt aber auch anderslautende Stellungnahmen. Volker Beck, der uns als „Vater“ der „Ehe für alle“ in Erinnerung bleiben wird, schreibt etwa auf Twitter: „Sicherheitsbedenken sollten kein Grund zur Absage eines Vortrages in einer demokratischen Gesellschaft sein. Die Ablehnung des inhumanen Biologismus der Vortragenden schon.“ Mit anderen Worten: Nach Beck ist die Behauptung, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt, unmenschlich. Aber nicht nur das: Es sollte eigentlich verboten werden, so etwas zu behaupten.

Die Nachrichtenagentur ntv meldet:

Bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ der Humboldt-Uni Berlin soll eigentlich auch die Biologin Vollbrecht sprechen. Doch Vollbrecht ist wegen ihrer Positionen in der Gender-Debatte höchst umstritten. Eine Studentenvereinigung kündigt Proteste an, die Uni-Leitung sagt den Vortrag kurzerhand ab.

Das muss man sich mal vorstellen. Die Redaktion benutzt das Wording „höchst umstritten“, weil Frau Vollbrecht als Biologin in der Genderdebatte die Position verteidigt: es gibt zwei Geschlechter.

Da wir schon mal beim Thema sind: Michael Kämpfer hat 2019 eine TV-Sendung des Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar zum Thema Zweigeschlechtlichkeit untersucht. Dabei hat er feststellen müssen, dass „der Aufklärer“ des öffentlich-rechtlicher Rundfunks ein Lehrstück postmoderner Umdeutung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse abgeliefert hat. Fazit: „Warum gibt es mehr als zwei Geschlechter? Nicht weil es dafür eine reale Entsprechung in der Natur gäbe, sondern weil postmoderne Denkweisen eine nicht gerechtfertigte Umdeutung von Wissenschaft und Wirklichkeit bewirkt haben.“ Es lohnt sich, diese Analyse anzuschauen: b-19-2_geschlechter.pdf.

Volker Beck erklärt uns die Philosophiegeschichte

David Berger hat sich Becks Kritik zu Kardinal Müllers neuem Buch Die Botschaft der Hoffnung genauer angesehen und befindet:

Die eigentliche intellektuelle Katastrophe beginnt aber so recht eigentlich dort, wo Beck sich zum Philosophiehistoriker aufzuschwingen sucht. So gut wie nichts stimmt an den Postulaten, die irgendwie nach Pseudophilosophie im Dienste des eigenen Trieblebens klingen.

Bergers Kommentar ist ein Genuss, auch wenn ich – anders als er – ein robustes teleologisches Naturrecht (griech. φύσει δίκαιον, ich vermute, auf das teleologische Naturrecht bezieht sich Beck) schon bei den Griechen in der Antike finde (Sophokles, Platon o. Aristoteles).

Davon abgesehen zeugt Becks Einlassung in der Tat von theologischer Ahnungslosigkeit, z.B., wenn er das Liebesgebot Jesu gegen Normen ausspielt. Diese naïve Liebesethik wird Augustinus’ „Liebe, und tue, was du willst“ ja auch gern untergeschoben. Aber da ist nachweislich etwas bei Augustinus hineingelesen worden, was er nie gesagt hat.

Zu Augustinus schrieb ich 2010 aus einem anderen Anlass:

»Alles, was aufgenommen wird, wird auf die Weise des Aufnehmenden aufgenommen«, sagten schon die mittelalterlichen Gelehrten. Diese Einsicht lässt sich wunderbar daran demonstrieren, wie … Luther, Bonhoeffer und Augustinus für die Rechtfertigung seiner sexualethischen Positionen in Anspruch nimmt. Auf Augustins »Liebe und tue, was du willst«-Zitat möchte ich kurz eingehen.

Augustinus von Hippo (354–430 n.Chr. ) schrieb auf Lateinisch. Das Zitat entstammt seinem Kommentar zum 1. Johannesbrief (In epistulam Ioannis ad Parthos, tractatus VII, 8). Er gebraucht dort für die Benennung der Liebe weder »amor« noch »caritas«, sondern »dilectio«. Die damit bezeichnete Liebe meint keine Gefühlsregung oder gar Sinnlichkeit, sondern die vernünftig ausgewählte Liebe (vgl. die etymologische Verwandtschaft zu »electio«). Augustinus fokussiert mit »dilectio« auf die Liebe, die den Menschen freisetzt, mit Freude das zu tun, was Gott gefällt, ganz im Sinne von Joh 14,15, wo Jesus sagt: »Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.« Gemeint ist also die Liebe, die dem Glaubenden durch den Heiligen Geist gegeben ist und die den Willen des Vaters im Himmel sucht (vgl. Röm 5,5). Der Kirchenvater kannte gar keine »wahre Liebe«, die sich über die von Gott geforderte Gerechtigkeit und die uns geschenkten Gebote hinwegsetzen könnte.

Es gibt in der Geistesgeschichte noch einen anderen »Großen«, der sich das »Tu, was du willst, soll sein das ganze Gesetz. Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen«, auf die Fahne geschrieben hatte, nämlich Aleister Crowley (1875–1947). Crowley verlegte den Schwerpunkt auf den »wahren Willen« des Menschen, wir könnten auch sagen: auf den Willen des Fleisches. Etwa so: »Wenn du tust, was du wirklich und bewusst willst, wirst du magische Macht (über andere) besitzen.«

Christen tun gut daran, Gottesliebe nicht mit Selbstliebe zu verwechseln.

Grüne Meinungsfreiheit

Soll die Diakonie zwei theologisch konservativ ausgerichtete Organisationen ausschließen? Das fordert der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck. Er wandte sich in einem Brief an den Präsidenten des Diakonischen Werks der EKD, Johannes Stockmeier (Berlin). Der Vorstoß des prominenten Grünen richtet sich gegen die ökumenische Kommunität „Offensive Junger Christen“ und den evangelischen Fachverband für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“. Die Nachrichtenagentur idea schreibt:

In seinem – von Beck veröffentlichten – Antwortbrief versichert Präsident Stockmeier, dass er auch weiterhin dafür eintreten werde, dass es keine Diskriminierung Homosexueller in Kirche und Diakonie geben dürfe. Er erhalte immer wieder Anfragen, inwieweit die Offensive Junger Christen, das ihr angeschlossene Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft und das Weiße Kreuz diese Position teilten. Deshalb suche er mit ihnen das regelmäßige Gespräch, um die Haltung des Diakonischen Werkes der EKD zu verdeutlichen. Dessen Mitglieder seien aber rechtlich selbstständige Organisationen. Das Diakonische Werk verfüge deshalb weder über eine Fach- noch eine Dienstaufsicht. Gemäß der Satzung sei das Diakonische Werk der EKD nicht befugt, in die Arbeit der Mitglieder einzugreifen. Ein Ausschluss könne nur dann erfolgen, wenn Mitgliedsorganisationen nicht mehr in Verbindung zur diakonischen oder volksmissionarischen Arbeit ihrer Kirche stünden. Abschließend schreibt Stockmeier: „Vor diesem Hintergrund ist das Gespräch mit den genannten Fachverbänden ein wichtiger Beitrag, um hier Klarheit zu erlangen und gegen eine mögliche Diskriminierung von Homosexualität einzutreten.“

Ich kann aufmerksame Staatsbürger nur bitten, genau hinzuschauen. Die Desinformationen, die Volker Beck seit Jahren verbreitet, und die politischen Forderungen, die er nachhaltig einklagt, bedrohen – finden sie Gehör – die Meinungsfreiheit, auf die er sich selbst über viele Jahre berufen hat. Gehören nicht Wissenschaftsfreiheit und Lehrfreiheit zu den bürgerlichen Grundrechten? Will Volker Beck die offene Gesellschaft tatsächlich stärken (vgl. auch den Beitrag: Die Tyrannei der liberalen Moral)?

Hier der vollständige idea-Beitrag: www.idea.de.

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